BIBLIOGRAPHIE
TEXTSAMMLUNG

011:reine/leben:

 Das reine, der terror und das leben.
 Die metamorphose der zitate: Reines Leben zu denken - das Leben denken - lebe das denken.
 text/subtext
 (2004)
 (*abs.001-034*) / (*arg.1.001-6.017*)
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stichworte:

Hegel,G.F.W.
dialektik
trialektik
terrorismus
relationale  argument
ontologische argument
erkenntnistheorie
metaphysik                         <--//
abstract
(fassung vom 14.05.2004)

Der titel des anstehenden Hegelkongresses: das leben denken, ist der anknüpfungspunkt des referats. Das lemma greift das Hegelwort auf: Reines Leben zu denken ist die Aufgabe. Ich reformuliere diese sätze in dem satz: lebe das denken. Die metamorphose des hegelschen satzes aus dem jahr 1798 öffnet 2004 sowohl den blick auf das denken Hegels als auch den blick auf die realität des gelebten lebens heute. Mein standpunkt sind die erfahrungen des jahres 2004.

Der terminus: metamorphose des zitats, bezeichnet eine metapher, die das denken Hegels in die gegenwart einbindet. Die philologischen fragen werden soweit erörtert wie sie für die reflexion des Hegelschen zitates heute unabdingbar sind. Das programm des zitats hatte Hegel in seiner geschichtstheologie (Phil.d.Gesch.) entfaltet, die im dialektischen prozess des begriffs(Phän.d.G.) sich entwickelt hat. Das gedachte reine, in raum und zeit in die praxis des lebens umgesetzt, transformiert sich in den terror des gelebten moments. Mit diesem theorem beschrieb Hegel den mechanismus des totalitären denkens, das heute als religiös getarnter fundamentalismus geläufig ist. Ich mache mit Hegel gegen Hegel geltend, dass die reflexion auf das leben ungenügend sein muss, wenn sie allein auf den prozess reduziert wird, an dessen ende nur ein ziel stehen kann - real ist das der tod des individuums als ich. Ich kritisiere Hegels theorie des dialektischen prozesses als notwendig defizitär, weil sie die dimension der gegenwart in der philosophischen reflexion als transitorischen durchgangspunkt eines unendlich-endlichen prozesses fasst, der das leben des individuums als ich zu dem schrecken verdichtet, den das individuum als ich im horizont des prozesses real erlebt. Ich verschiebe den fokus des blicks auf den moment der gegenwart, in dem das leben ruht, und begreife den prozess als den flüchtigen durchgangsmoment, der in den bildern des schreckens real ist, die in  den facta der vergangenheit und den projektionen in die zukunft erinnert werden. Das individuum als ich ist in die spannung zwischen den dimensionen seiner zeiterfahrung eingebunden, und so lange es diese spannung ín den bildern des reinen und des schreckens sich vorstellen und denken kann, lebt es auch.
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übersicht

Ulrich Richter
Das reine, der terror und das leben.
Die metamorphose der zitate: Reines Leben zu denken - das Leben denken - lebe das denken.

einleitung

1.1 die metamorphose des Hegel-zitats
1.2 die explikation des problems
1.3 die these

hauptstück

2.1 Hegels dialektik und ihr strukturelles defizit
 2.11 der terminus: leben, und seine funktion in der dialektik Hegels
 2.12 die dialektik der geschichtstheologie Hegels und ihr ungenügen

2.2 die realität des lebens

2.3 das relationale argument als fundament der kritik der Hegelschen dialektik
 2.31 die raum-/zeiterfahrung des individuums als ich und seine relationen zu den dingen der welt
 2.32 im leben realisiert das individuum als ich denkend das, was es selbst ist.

schluss

3.1 das leben hat keine alternative
3.2 der terror ist indifferent (binLaden/Bush)
3.3 das leben und die funktion der differenz im begriff: leben

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text                                                                                                                         (anfang<--//)

einleitung
1.1 die metamorphose des Hegel-zitats

Die metamorphose dieser zitate(*5.004) ist die geschichte ihres schöpfers(*5.002). Hegel's programmatischer satz aus dem jahr 1798: Reines Leben zu denken ist die Aufgabe, war im jahr 2004 in Toulouse der quellgrund des kongresslemmas: Das Leben denken(*5.001). Diese zitate habe Ich mit der formel: lebe das denken(*5.003), erweitert; es ist ein neues programm. (*abs.001*)

Es liegen drei texte in der form eines zitats vor(*5.011); zum gegenstand haben die texte zwei phänomene, die mit den termini: leben und denken, gekennzeichnet sind. Für den philologen mag es ein gewagtes unternehmen sein, den text der drei zitate in eine historischen entwicklungslinie einzuordnen, die nur eine zeitrichtung logisch zulassen kann, in der philosophischen reflexion aber, die mit der abfolge historischer zeitphänomene frei und eigenwillig umgeht, erscheinen diese zitate in einem gemeinsamen kontext, den Ich in der metapher der metamorphose zusammenfasse; wie die metamorphose einer hässlichen larve zu einem farbenprächtigen Schmetterling die möglichkeiten des lebens enthält, die in der fruchttragenden eizelle des schmetterlings angelegt sind, so kann das individuum als ich sein leben und denken in den texten der drei zitate verfügbar haben. (*abs.002*)
 

1.2 die explikation des problems

Hegels programm der jahre 1798-1800 und mein programm im jahr 2004(*5.010) stehen zueinander in der relation eines gegensatzes(*3.008). Prima vista haben das Hegelzitat und meine reformulierung nicht viel gemeinsam(*3.006). Hegel spricht vom leben, das zu denken sei; Ich spreche vom denken, das zu leben ist. Die differenz ist offenkundig, und es kann als eine zumutung gewertet werden, wenn Ich im blick auf diese differenz behaupte, dass meine reflexion den gedanken Hegels aufnähme und weitertreibe. Der zweite blick aber(*5.014) legt in der differenz nuancen offen, die meiner behauptung zumindest den anschein einer gewissen plausibilität verschaffen können. Das leben ist für Hegel das objekt seines denkens; Ich setze dagegen und sage, das denken ist das objekt meines lebens. Die grammatikalische funktion der termini: leben und denken, vertausche Ich, und in dieser vertauschung der grammatikalischen funktion fixiere Ich die differenz, mit der Hegel seine welt wahrgenommen hatte, und Ich meine welt wahrnehme, die das fundament des eigenen verstehens ist(*2.019). Hegel stellt in den mittelpunkt seiner reflexion das denken, das leben ist der mittelpunkt meiner reflexion. Für Hegel ist das zu untersuchende objekt das leben, sein eigenes leben eingeschlossen; mein objekt ist das denken, in dem Ich mein leben und darin mich selbst als ein ich erfahren kann. Ich verknüpfe die beiden zitate in ihrer schroffen entgegensetzung über kreuz in einem horizont, der für Hegel die grenze seines selbstverständnisses als ich(*4.013) gewesen war, so wie dieser horizont für mich in meinem selbstverständnis die grenze ist. So wie Hegel in den jahren 1798-1800 seine welt gesehen hatte, so blicke Ich im jahr 2004 auf meine welt; in raum und zeit ist der blick auf diese welten verschieden, die struktur dieser blicke aber unterliegt nicht den bedingungen von raum und zeit(*3.004). (*abs.003*)
 

1.3 die these

Hegels manier, auf die welt zu schauen, teile Ich nicht. Sein programm, das reine leben denken zu wollen, ist respektabel, aber unter den bedingungen von raum und zeit ist es nur um den preis der vernichtung des realen lebens in seinem biologischen tod realisierbar(*2.016). Das leben hat keine reale alternative - das individuum als ich lebt, oder es ist nicht, eine dritte möglichkeit ist ausgeschlossen(*4.014). Ich fokussiere meinen blick auf das leben, das das individuum als ich lebt; sein leben ist zwischen die pole: geburt und tod, gespannt, das, als die zeit im raum gekommen war, in seiner geburt erschienen ist, und das, wenn die zeit im raum erfüllt sein wird, im tode verschwunden ist. Das reale leben, das das individuum als ich mit den anderen realisiert, ist nicht rein(*2.005), aber seine vorstellungen von einem reinen leben kann das individuum als ich in die zukunft projizieren, und diese vorstellungen erinnert es als facta der vergangenheit im moment seiner gegenwart, den es, gelebt als factum der vergangenheit, in diese absinken sieht. In seiner zeit war Hegel kein utopischer träumer gewesen, vielmehr stand er mit seinem programm, das reine des lebens zu denken, fest verwurzelt in einer noch unbestrittenen tradition, aber es ist das schicksal Hegels, dass in der logik dieser tradition sein programm notwendig scheitern muss und im scheitern das kritische potential freisetzt, das das politische handlungsmuster des terrors im 20. und 21. jahrhundert verstehbar macht(*2.017). (*abs.004*)
 

hauptstück
2.1  Hegels dialektik und ihr strukturelles defizit

2.11 der terminus: leben, und seine funktion in der dialektik Hegels

Das satzfragment: Reines Leben zu denken ist die Aufgabe, verknüpfe Ich mit bestimmten phänomenen und begriffen in analytischer absicht(*3.012). Der leitende terminus ist das reine leben(*5.005)(*2.004). Im umkreis dieses zitats(*1.001) bestimmt Hegel das reine leben einmal als das sein, ein anderes mal als das göttliche. Die begriffe: das sein und das göttliche, nutze Ich als orientierungspunkte, mit denen Ich die vorstellungswelt Hegels eingrenze und für mich bestimme; diese welt Hegels ist einerseits in die tradition eingebunden, die Ich mit dem terminus: das ontologische argument, kennzeichne(*4.016), andererseits ist sie der ort, wo Hegel seine dialektik der geschichte entfaltet, die Ich als die geschichte seines selbstbewusstseins interpretiere(*5.006). Unter dem terminus: reines leben, verbindet Hegel sowohl die bestimmungen des seins als auch die des göttlichen(*2.006). Die verknüpfung der beiden dinge seiner welt erweitere Ich zu meiner operativen these, dass die termini: "reines leben, das sein und das göttliche" dasselbe bezeichnen(*1.002). Ich behaupte, dass diese termini, mit denen Hegel in seinem dokumentierten werk operierte, gegeneinander austauschbar sind, soweit sie auf den gleichen gegenstand zurückgeführt werden; allein die distinkten termini suggerieren eine verschiedenheit, die weder in den begriffen noch in den phänomenen ausweisbar ist. (*abs.005*)
 

2.12 die dialektik der geschichtstheologie Hegels und ihr ungenügen

Die struktur der Hegelschen dialektik reflektiere Ich in der fassung der vorlesungen zur philosophie der geschichte 1822ff(*2.007). Was Hegel 1798 mit dem terminus: das reine leben, bezeichnet hatte, das bezeichnet er 1822 mit dem terminus: freiheit(*1.003). Im beginn der existenz, so Hegel's argument, habe das ich die freiheit unbewusst verfügbar, die es zum ende seiner existenz bewusst verfügbar haben soll. Ich stütze mich auf Hegel's satz: "Die Weltgeschichte zeigt nur, wie der Geist allmählich zum Bewusstsein und zum Wollen der Wahrheit// kommt; es dämmert in ihm, er findet Hauptpunkte, am Ende gelangt er zum vollen Bewusstsein"(*1.004). Ich fokussiere das problem dieser sich in dialektischen stufen entfaltenden freiheit auf die begriffe: endzweck und geschichte, die Ich analytisch voneinander getrennt erörtern werde, deren sinn aber nur in der synthese erfasst werden kann. (*abs.006*)

Hegels begriff: endzweck, ist eine konstruktion(*1.005). In der verknüpfung mit dem begriff: weltgeschichte, ist das reine leben der gegenstand des endzwecks. "Dieser Endzweck", so sagt es Hegel präzisierend, "ist das, was Gott mit der Welt will, Gott aber ist als das Vollkommenste und kann darum nichts als sich selbst, seinen eigenen Willen wollen"(*1.005a). In der vorstellung des ich ist das reine leben, als endzweck gedacht, das ganze(*2.014) und als dieses ganze ist das reine leben das sein. In seiner bestimmung, das ganze zu sein, erscheinen die momente des reinen leben, sei's als subjekt oder objekt, sei's als position oder negation, sei's als anfang oder ziel der geschichte, als getrennte momente, die in der identität des ganzen gefasst sind. Was das ziel sein soll, das ist dem ich im anfang noch unbewusst vorausgesetzt; was der anfang ist, das kann, wenn das ich im ziel seines selbst bewusst geworden sein soll, im ziel nichts anderes sein als das, was im anfang schon gewesen war. Diese konstruktion des begriffs: endzweck, ist ein zirkel, in dem jedes argument ununterscheidbar verschwindet(*3.011). (*abs.007*)

Hegels begriff: geschichte, definiert die geschichte als einen fortwährenden prozess, den das ich als endzweck seiner existenz realisiert, der im beginn seiner geschichte schon vorbestimmt gewesen war. Hegel sagt: "Die Weltgeschichte ist der Fortschritt im Bewusstsein der Freiheit - ein Fortschritt, den wir in seiner Notwendigkeit zu erkennen haben"(*1.004a). Diesen fortschritt im bewusstsein beschreibt Hegel mit einem prozessverlauf, der in stufen gegliedert ist(*2.009). Das den prozess vorantreibende moment ist in der vorstellung Hegels die einsicht des ich, dass es, wenn es sich seine welt vorstellt, diese vorstellungen in der form einer position verfügbar hat, die aber das ganze seiner welt nicht sein können. In den reflexionen auf seine welt setzt das ich im bewusstsein seines selbst den positionen seine negationen entgegen. Diese momente, die position und die negation als die konstitutiven elemente seiner welt, verknüpft das ich zu einem ganzen, das das ich in seinem denken nur in seiner position verfügbar haben kann, dem es, wenn es das ganze denkt, wiederum eine negation entgegenstellen muss. Damit ist jede positive bestimmung eines dinges der welt für sich notwendig defizitär, weil seine bestimmung als position die negation entbehren muss, ohne die das ich die bestimmung nicht denken kann; aber auch die negation ist für sich notwendig defizitär, weil das ich im denken die negation nur als position fassen kann. Hegel's konstruktion der vorstellung seiner welt umschliesst im fundament zwei momente, die zueinander in der relation eines wechselseitigen mangels stehen. Mit einem genialen gedanken(*2.010) löst Hegel das problem; er hebt die entgegensetzung der position und negation in einer vermittlung auf(*1.006), die sowohl die position in seiner negation als auch die negation in seiner position umfasst. Im reflexionsprozess aber, in dem die aufhebung dem ich als gegenstand verfügbar ist, kann das ich die aufhebung nur in der form einer position denken, der es, denkend, im reflektionsprozess die negation entgegensetzen muss(*2.008). Im reflexionsprozess sind dem ich die formen der position und der negation in den phänomenen der entzweiung(*2.011) präsent, denen das ich sich nicht entziehen kann, soweit es sich in dem reflexionsprozess eingebunden weiss. Insofern erscheint dem individuum als ich unter den bedingungen der realen geschichte jede denkbare position seiner existenz als ein transitorisches moment(*4.010), das zwischen dem anfang seiner existenz und seinem ziel eingespannt ist. (*abs.008*)

Die realität des lebens ist die wahrheit der hegelschen dialektik, und diese wahrheit ist als phänomen auf die geschichte begrenzt, die ein problem der zeit ist(*2.012). In der raum-/zeiterfahrung(*3.017) des individuums als ich ist der dialektische prozess der geschichte nicht abschliessbar. Entweder bleibt das individuums als ich in der zeit, dann ist es in den kreislauf von position, negation und aufhebung eingeschlossen, aus dem es nicht ausbrechen kann; oder, das individuum als ich tritt aus der zeit heraus, dann erscheint die einheit, das ganze, zwar als vollendet, aber es selbst ist in dieser einheit ununterscheidbar verschwunden. Ich will die möglichkeit nicht ausschliessen, dass ein individuum als ich das reine leben mittels der hegelschen dialektik spekulativ denkt(*4.015), aber real gelebt ist diese spekulation, die die position durch die negation in einer aufhebung vermittelt, eine krude position, in der dem individuum das abhanden gekommen ist, was es sein will: ein ich. (*abs.009*)

Hegel kann in der konstruktion seiner dialektik weder die erbschaft der tradition beiseite legen noch kann er diese überwinden. Diese tradition, in meiner terminologie das ontologische argument, impliziert zwei aporien, die das individuum als ich logisch nicht auflösen kann, praktisch aber in der einen oder der anderen manier realisiert. (*abs.010*)

Der brennpunkt der ersten aporie ist die frage nach dem sein, theologisch gewendet, die frage nach dem EINEN GOTT(*4.012): warum muss das sein als das ganze, oder der EINE GOTT als das allumfassende, sich überhaupt entäussern? - ihr genügen haben sie in dem, dass sie als gott oder als sein das sind, was sie als sein und als gott sind - eine klassische tautologie, die die praktische vernunft mit einer aufspaltung des in sich ruhenden seins in das in die teile zerfallende daseiende auflöst, oder theologisch gewendet, dass gott sich selbst ein entgegen, die welt, setzt oder erschafft. Diese entgegensetzungen sind aus den begriffen: sein und gott, nicht ableitbar oder es sind, wie die praktische vernunft des ich sich behilft, die willkürlichen annahmen eines individuums als ich(*5.018). (*abs.011*)

Der fokus der zweiten aporie ist die frage nach der einheit des getrennten: warum müssen die teile eines ursprünglich ganzen, also das daseiende im sein, wieder in einem ganzen, dem sein, verknüpft werden? - oder die frage theologisch formuliert: warum sollen die geschöpfe, die geschöpfe gottes sind, sich auf gott orientieren?(*5.017). Genügt es nicht, so fragt das individuum als ich naiv, dass die teile das sind, was sie sind? - offenbar nicht; denn das ich kann sich in seinem bewusstsein von sich selbst nicht mit der feststellung benügen, dass die dinge der welt das sind, was sie sind; es muss die dinge der welt in ihrem ganzen fassen, und es will dieses ganze in seinen teilen auch fassen, das den dingen seiner welt, und damit sich selbst, eine ordnung gibt, in der es sich als ich erfahren kann. (*abs.012*)

Die antworten des ontologischen arguments sind doppeldeutig. Entweder es verortet die antwort im sein oder dem EINEN GOTT, was das argument über eine tautologie nicht hinausbringen kann, oder die antwort wird im daseienden, den dingen der welt verortet, die für sich (im sinne der identität) zwar absolut(*3.002), im verhältnis zueinander aber gleichgültig sind, es sei, es wird eine hierarchie der daseienden dinge der welt vorausgesetzt, die aber, wie jedes moment der hierarchie nur ein daseiendes sein kann. Eingeschlossen in das zirkelargument ist das dilemma nur in einem zirkelschluss auflösbar, von denen die facta der vergangenheit beredt zeugnis ablegen, die aber das individuum als ich nicht immer überzeugen können. Jeder versuch eines individuums als ich, das daseiende im sein zu bestimmen, ist als das bestimmte daseiende im sein eine position, die eine negation im verhältnis zum sein ist. Insofern erfährt das individuum als ich seine arbeit, das daseiende im sein zu bestimmen, als einen prozess, der unablässig zwischen der position und der negation oszilliert, der nicht zum stillstand kommen darf, solange das individuum als ich sich als ein selbst bestimmen und erfahren kann(*4.017). (*abs.013)*

Das problem der zweiten aporie des ontologischen arguments(*2.002) ist der gegenstand der hegelschen dialektik der geschichte, die er einerseits präzis beschrieben, deren immanenten widerspruch er andererseits nicht erkannt hatte. Aber Hegel musste sich der ahnung dieses widerspruchs gewiss gewesen sein, wenn er vor der "lebensverachtenden Schwärmerei"(*1.007) warnte, die lösungen da verspricht, wo es keine lösungen geben kann. Unter den bedingungen des lebens, das in raum und zeit eingebunden ist, kann das individuum als ich den prozess seiner geschichte nicht abschliessen, und ihr endzweck ist eine fata morgana, weil in seiner erfüllung das individuum als ich in einer letzten vermittlung verschwinden muss - physisch ist das sein biologischer tod. (*abs.014*)

Der begriff: position, ist das dilemma der hegelschen dialektik. Das ich hat die position in einer dreifachen form präsent. Die erste form ist die position als position; das ist eine tautologie, die über die behauptung, dass etwas ist oder sein soll, nicht hinausgehen kann. Die zweite form ist die negation der position, die bestimmt, was die position nicht ist oder nicht sein soll, und die dem ich als das bestimmte nur in einer position präsent sein kann(*3.005). Die dritte form ist die aufhebung der negation im aufgehobenen, die die negation nur in seiner position aufnehmen kann. In dieser konstruktion hat das ich den begriff: endzweck der geschichte oder das reine leben, in einer gedoppelten form verfügbar. Das reine leben erscheint dem ich einmal in der funktion der negation, das als das durchgangsmoment im vermittlungsprozess eine position ist, und dem ich erscheint das reine leben zugleich ein andermal in der funktion des aufgehobenseins, das als endzweck des prozesses ebenso eine position sein muss. Das sind, im licht der logik betrachtet(*3.001), aussagen, die dem logischen subjekt prädikate zuordnen, die zueinander in der relation des widerspruchs stehen. Die folgerung ist nicht abweisbar, dass der begriff: das reine leben, in der hegelschen fassung unzulässig ist und die unterscheidung der phänomene, wenn der begriff im diskurs verwandt wird, im zwielicht der gegensätze belassen muss(*3.007). (*abs.015*)

Den begriff: das reine leben, als endzweck seiner existenz gedacht, hat das individuum als ich unter den bedingungen von raum und zeit nur als phänomen verfügbar(*3.003), das in seiner position auch die negation als gegensatz umfasst. Nach Hegels intention ist der begriff: das reine leben, wenn er als der endzeck der geschichte in der form seiner aufhebung gedacht werden soll, die verknüpfung von position und negation. In der wahrnehmung durch ein individuum als ich aber erscheint dieser begriff in zwei phänomenen aufgespalten, die ihren bestimmungen nach zueinander gegensätze sind, einmal in der funktion, das transitorische moment eines prozesses zu sein, ein anderes mal in der funktion als endzweck dieses prozesses. Das phänomen: das reine leben als endzweck, und das phänomen: das reine leben als durchgangspunkt des prozesses, fallen beziehungslos auseinander oder sie werden, wenn die individuen als ich sich ihrer bemächtigen, nach gusto miteinander verknüpft und instrumentalisiert(*5.016). Als endzweck erscheint das phänomen: das reine leben, dem individuum als ich als ein fernes ideal, das die blendung einer fata morgana ist, und als transitorischer punkt in diesem prozess(*3.009) ist das phänomen: das reine leben, für das individuum als ich die bestimmte negation des unreinen lebens, das es leidvoll erlebt. Im reflexionsprozess des individuums als ich sind die phänomene beliebig austauschbar, und das individuum als ich lebt das gefühl, im beginn seines lebens das ziel seines lebens präsent gehabt zu haben, vom dem es im unreinen leben entzweit ist. In seiner theorie der dialektik löst Hegel das versprechen der theorie nicht ein, und die transitorischen momente sind in der praxis bilder von endzwecken, die, solange das leben eines individuums als ich währt, das reale endziel dieses prozesses nicht sein können. (*abs.016*)

Dennoch wäre es verfehlt, Hegels dialektik der geschichte als substanzlose spekulation abzutun. So wie Hegel von einer "list der vernunft"(*2.009/2) in der weltgeschichte gesprochen hatte, so will Ich von der list der hegelschen dialektik sprechen, die in der absurdität ihrer konstruktion das moment ihrer wahrheit wirksam werden lässt, das nur der kritiker der hegelschen philosophie fixieren kann. Hegel hatte vor den schwärmern gewarnt, die, den prozess des lebens abkürzend, das heil im resultat festmachen wollen. Für die schwärmer ist das resultat das motiv ihres handelns, aber sie beseitigen, wohl wissend, dass das erträumte resultat nur im prozess hin zum resultat erreicht werden kann, im erträumten resultat das moment der negation, das den prozess in bewegung hält, und sie setzen eine position, die sie mit dem endzweck des prozesses identifizieren, in der das erträumte, das keine negation mehr haben darf, im erträumten verschwindet(*5.007) - dieser erträumte endzweck wird beliebig und ist als zustand nicht von dem zu unterscheiden, das Ich mit dem zeichen: NATUR, fixiere(*4.011). Die schwärmenden individuen als ich realisieren beliebigkeiten, die sie mit gewalt gegeneinander austauschen(*5.021). Das hegelsche modell der dialektik ist die präzise beschreibung der historischen prozesse, deren mechanismen im letzten jahrhundert die menschen geängstigt haben; sie ängstigen auch heute(*5.020). Als ein instrument der analyse ist die hegelsche dialektik hilfreich, aber sie genügt nicht, wenn das individuum als ich das analytisch getrennte in der reflexion synthetisch zusammenbindet und sein leben nachdenkend lebt. (*abs.017*)
 

2.2 die realität des lebens

In raum und zeit ist das leben eines individuums als ich zwischen die pole: geburt und tod, gespannt; das ist im urteil Hegels die existenz in der entzweiung. So wie das individuum als ich bei seiner geburt aus dem dunkel des unbestimmten in das leben getreten war, so wird es in seinem biologischen tod im dunkel des unbestimmten verschwinden - die konstante seiner existenz ist der moment der gelebten gegenwart, die der ort ist, wo dem individuum als ich seine sonne strahlt(*5.008). In den momenten der gelebten gegenwart hat das individuum als ich die gegenstände seiner reflexionen präsent, die als positionen in raum und zeit endlichen transformationsprozessen unterworfen sind. Der abschliessende horizont dieser prozesse ist der biologische tod; diesen tod als negation seiner existenz kann das individuum als ich real nicht erfahren(*4.002), faktisch aber hat es diesen tod im realen tod des anderen als negation seiner existenz in einer position präsent. Das individuum als ich erfindet konstruktionen, die jenseits des horizontes das spiegeln, was diesseits des horizontes real sein soll. In den projektionen in die zukunft entwirft das individuum als ich seine welt, die das individuum als ich sich anders vorstellt als die welt, die es erinnernd als facta seiner vergangenheit in der gegenwart lebt. Hegel's begriff eines reinen lebens ist, wie seine deutung der geschichte, eine projektion in die zukunft, die in der erinnerung als ein factum der vergangenheit das vorausnimmt, was als resultat erst real werden soll. Nicht die projektion in die zukunft(*3.019) ist das problem, deren gegenstand alles sein kann, was für ein individuum als ich in raum und zeit vorstellbar ist; das problem ist, wie das individuum als ich diese projektionen in die zukunft in die gelebte realität seiner gegenwart einfügen kann. Der begriff: moment der gelebten gegenwart, impliziert die vorstellung, dass für das individuum als ich der tod als negation des lebens keine reale option sein kann(*4.003). Das individuum als ich lebt, und alles reden über die negation seiner existenz ist das reden über den tod eines anderen; es lebt die momente seiner gelebten gegenwart als transitorische momente eines endlichen prozesses, die es in seinen erinnerungen auf dauer gestellt hat. In den projektionen in die zukunft sind die geträumten bilder einer versöhnung von leben und tod als facta seiner vergangenheit real, und solange das individuum als ich diese facta der vergangenheit erinnert, ist es in den prozess seines lebens eingebunden, der, wenn er der gegenstand einer analytischen reflexion ist, mit der hegelschen dialektik plausibel beschrieben werden kann. (*abs.018*)

Aber das individuum als ich kann sich mit der analyse nicht bescheiden, es will mehr, und in einer synthese träumt es interessengebunden(*5.013) das ziel der versöhnung - das paradigma ist das utopische bild des paradieses, das sowohl die christen als auch die juden und muslime malen. Die träume von den paradiesen sind konstruktionen, die in der theorie das als real erscheinen lassen, was das individuum als ich in seinen projektionen als real vorstellt. Einerseits behaupten sie, dass der prozess des lebens unaufhebbar sei, andererseits aber kassieren sie diesen vorschuss mit dem versprechen, das erträumte ziel in der praxis zu realisieren; dieses versprechen ist ohne gewalttätige beendigung des realen lebensprozesses nicht einlösbar. Hegels utopie des reinen lebens erscheint in dieser logik, wenn sie im moment der gelebten gegenwart ins werk gesetz wird, als ein terror(*2.015), den das individuum als ich fürchtet, und in dem es als ich verschwindet. (*abs.019*)

Die ideologen des postmodernen fundamentalismus(*5.019) haben nur das muster aktualisiert, das der gläubige in seiner finalen tat realisiert, in der er spurenlos verschwindet. Mit dem versprechen, einen unheilvollen prozess abzukürzen, behaupten diese ideologen, dass das ziel, im anfang des wegs verheissen, wenn noch nicht erreicht so doch greifbar nahe sei, um in der finalen tat das heil zu realisieren. Die logik dieses wahnsinns ist mit Hegels dialektik der geschichte beschreibbar, aber es ist historisch falsch und systematisch unzulässig, das theoretische defizit seiner dialektik in einen beweis umzudeuten und als beweis zu missbrauchen, um kruden machtinteressen den schein der legitimität zu verschaffen(*2.018). (*abs.020*)

Das defizit in der theorie Hegel's ist für mich der anstooss, ihren strukturfehler zu fixieren, um so den ideologen des modernen terrors den guten schein zu entziehen. Auf dem fundament des ontologischen arguments ist die geforderte kritik der hegelschen dialektik nicht leistbar. (*abs.021*)
 

2.3  das relationale argument als fundament der kritik der hegelschen dialektik

Ich wechsle die perspektive. (*abs.022*)

2.31 die raum-/zeiterfahrung des individuums als ich und seine relationen zu den dingen der welt

Der fokus des relationalen arguments ist das individuum als ich. Es lebt, und denkend realisiert es die vorstellungen, die in den texten Hegels mit dem terminus: das reine leben, bezeichnet werden. (*abs.023*)

Im relationalen argument erscheint die frage nach dem sein als die frage nach den seienden dingen(*2.003), die das individuum als ich in seinen relationen zu den dingen der welt(*3.013) als seine gegenstände verfügbar hat, und die die bedingung sind, dass es sich als ein ich denken kann. Die grenzpunkte seines lebens: geburt und tod, markieren die absolute grenze seiner welt. Was das individuum als ich in seiner raum-/zeiterfahrung in diesen grenzen feststellt, das ist für das individuum als ich ein ding seiner welt und als dieses ist es für das individuum als ich relevant; aber über das, was jenseits dieser vom individuum als ich real imaginierten grenze seiner welt noch sein soll, darüber kann es nichts sagen(*3.015). Gleichwohl projiziert es, die dinge diesseits der grenze fest im blick, seine vorstellungen auf das, was jenseits der grenze auch noch sein soll und gemäss des begriffs: grenze(*3.014), auch noch sein muss, aber über jenes, worauf seine diesseitige begierde aus ist, kann das individuum als ich in seiner sprache nichts prädizieren, und was es dennoch prädiziert, das ist ein ding seiner welt, und als dieses ist es in seiner welterfahrung präzise in einer relation verortet, die das individuum als ich mit dem ding seiner welt hat(*3.016). Diese relation ist eine position, und das moment der negation erscheint nur in der aussage, dass die behauptete relation zwischen dem individuum als ich und seinem ding der welt nicht bestehen soll; die behauptung aber, dass eine behauptete relation nicht bestehe, ist formal eine relation, die das ich konstituiert hat, und als diese ist die behauptung eine position, die eine negation zum gegenstand hat. Über das leben, sein leben, kann das individuum als ich nicht anders sprechen als in positionen, die sowohl positionen als auch negationen zum gegenstand haben können. Dieses sprechen über sein leben ist dem individuum als ich nur im moment seiner gelebten gegenwart möglich, und auf Hegels argument zurückgreifend ist die folgerung zwingend, dass das individuum als ich im moment seiner gelebten gegenwart über das reine und das unreine leben nicht zugleich sprechen kann, die nach Hegel als begriffe zueinander in dem verhältnis von position und negation stehen, oder die, das gleiche in der sprache der logik ausgedrückt, zueinander ein widerspruch sind, der unzulässig ist und die konstruktion zerstört. Diesen widerspruch fixiert das relationale argument, aber es deutet diesen widerspruch um, der in der raum-/zeiterfahrung des ich als gegensatz in einen vermittlungsprozess erscheint, der das leben des individuums als ich ist. In dieser raum-/zeiterfahrung verknüpft das individuum als ich die dimensionen des traditionalen zeitbegriffs: "vergangenheit, gegenwart und zukunft" in einer konstruktion, die das leben des individuums als ich im moment seiner gegenwart fokussiert, der dem individuum als ich in den facta der vergangenheit und den projektionen in die zukunft präsent ist, die es in diesem moment der gegenwart erinnert(*3.018). In dieser deutung der zeit ist der moment der gelebten gegenwart kein transitorisches moment eines prozesses, in dem die zeit aus der finsternis der zukünfte kommend in der finsternis der vergangenheiten verschwindet; in sich ruht das leben des individuums als ich, das das individuum als ich, solange es in der zeit existiert, in seiner welt autonom gestalten kann und in den grenzen seiner welt gestalten muss. (*abs.024*)

Der begriff: zeit, im relationalen argument ist mit dem hegelschen begriff: zeit(*2.013), nicht vereinbar. Hegel kann, d'accord mit dem zeitbegriff der tradition, die zeit, in der das leben des individuums als ich eingebunden ist, nur als einen nichtabschliessbarer prozess interpretieren, in dem jede definierte gegenwart ein transitorisches moment eines unendlich-endlichen prozesses ist, der einem imaginierten ziel zustreben soll. Eingebunden in seine gegenwart erscheint dem hegelschen subjekt das transitorische moment des prozesses zugleich als real und nicht real. Real ist dieser moment, soweit das hegelsche subjekt diesen moment in seiner gelebten gegenwart als eine position wahrnimmt, nicht real ist dieser moment, soweit das hegelsche subjekt das moment seiner gelebten gegenwart in einer relation zu dem imaginierten endzweck des prozesses denkt. (*abs.025*)

Die analyse der relation: transitorische_moment<==>ziel_des_prozesses(*4.009), markiert die differenz zwischen dem zeitbegriff Hegels und dem zeitbegriff des relationalen arguments; Hegel setzt die relation absolut, das individuum als ich aber denkt im horizont seiner raum-/zeiterfahrung diskret. (*abs.026*)

In der absolutsetzung Hegel's ist sein subjekt, wenn's im transitorischen moment den endzweck seiner geschichte vollendet hat, im ziel verschwunden, weil im moment der vollendung keine differenz zwischen dem transitorischen moment des prozesses und seinem ziel mehr denkbar ist. In der raum-/zeiterfahrung des individuums als ich aber bedeutet die metapher des verschwindens in der indifferenz des todes das verlöschen dieses individuums als ich in seinem biologischen tod, der entweder den zusammenhang zwischen dem realen moment des durchgangs und seinem imaginierten ziel entfallen lässt - das ist die aufhebung der zeit, oder, sein biologischer tod ist der tod des anderen, der den zusammenhang von durchgang und ziel wieder erneuert, weil seine nachlebenden für sich diesen zusammenhang in raum und zeit als ihr leben weiter behaupten müssen. Das eine ist der zustand der entzweiung, das andere ist eine imaginierte versöhnung, der keine realität korrespondieren kann; im fall der versöhnung ist es sinnlos, von einer geschichte zu sprechen, sei's die geschichte im hegelschen sinne, sei's die geschichte in einer anderen mythischen weise; im fall der fortdauernden entzweiung kann jeder transitorische moment in der zeit zum endzweck der geschichte erklärt werden, weil das subjekt der tradition sich als das subjekt der geschichte interpretiert und sich als täter dieser geschichte geriert, de facto aber nur der schatten eines weltgeistes ist, den jederman imaginieren kann - der rest ist gewalt. (*abs.027*)
 

2.32 im leben realisiert das individuum als ich denkend das, was es selbst ist.

Im horizont des relationalen arguments denkt das individuum als ich das transitorische moment und das ziel des prozesses in zwei distinkten relationen, die in seiner vorstellung in einer 3.relation verknüpft sind:

              individuum_als_ich<==>das_transitorische_moment (=1.relation)
              individuum_als_ich<==>ziel_des_prozesses              (=2.relation)
 das_transitorische_moment<==>ziel_des_prozesses              (=3.relation).

In der 3.relation erscheint, im strukturellen unterschied zu den relationen 1 und 2, das individuum als ich nicht als ein moment der relation. Jedes der drei momente: "individuum als ich, transistorisches moment und ziel des prozesses" ist in der vorstellung des individuums als ich in einer bestimmten relation sowohl direkt als auch vermittelt durch das jeweils dritte moment miteinander verknüpft, das als das ausgeschlossene dritte moment nicht in der konkreten relation erscheint, aber als horizont präsent ist(*4.007). (*abs.028*)

Das individuum als ich hat, wenn es in seiner raum-/zeiterfahrung die
distinkten momente: transitorisches moment und ziel des prozesses, zum gegenstand seiner relationen macht, diese momente im moment seiner gelebten gegenwart in einem komplexen vermittlungsprozess erinnerter facta der vergangenheit und projektionen in die zukunft gegenwärtig. Was die tradition als das denken der geschichte fasst, das erscheint im relationalen argument entweder als ein factum der vergangenheit oder als eine projektion in die zukunft, die das individuum als ich erinnert. Das erinnern dieser facta der vergangenheit und jener projektionen in die zukunft ist im moment der gelebten gegenwart für das individuum als ich die realität; es lebt sein leben, indem es sein leben erinnernd denkt(*5.009) und den anfang und das ende seiner existenz mit dem moment seiner gegenwart verknüpft. Den prozess der erinnerung, der das individuum als ich in seiner gelebten gegenwart mit den facta der vergangenheit und den projektionen in die zukunft verbindet, verknüpft das individuum als ich in einen system von drei distinkten relationen:

 gegenwart(=individuum_als_ich)<==>factum_der_vergangenheit  (1)
 gegenwart(=individuum_als_ich)<==>projektion_in_d._zukunft    (2)
          factum_der_vergangenheit<==>projektion_in_die_zukunft   (3).

Das individuum als ich ist es selbst im moment seiner gelebten gegenwart; entweder es erinnert ein factum der vergangenheit oder es erinnert eine projektion in die zukunft - tertium non datur(*3.010). Vermittelt durch die momente: factum der vergangenheit und projektion in die zukunft, hat das individuum als ich die relation: factum_der_vergangenheit<==>projektion_in_die_zukunft, verfügbar, in der das individuum als ich aber nicht unmittelbar erscheint, aber als horizont präsent ist. (*abs.029*)

Die verknüpfung der relationen 1 + 2 mit der relation 3 relativiert die starre zuordnung des transitorischen moments und des ziels des prozesses auf der skala des traditionalen zeitbegriffs; in gegensatz zum traditionalen zeitbegriffs ist weder das transitorische moment noch ist das ziel des prozesses für sich in der raum-/zeiterfahrung des individuums als ich eindeutig bestimmt. Den gedanken erläutere Ich, auf die terminologie Hegels und der tradition zurückgreifend, mit den folgenden gleichsetzungen(*4.008):

1.gleichsetzung:
reines leben oder ziel/endzweck = utopie = projektion in die zukunft

2.gleichsetzung:
unreines leben oder transitorisches moment = brutale realität oder gewalt = factum der vergangenheit

3.gleichsetzung:
subjekt = mensch = individuum als ich oder moment der gelebten gegenwart.

Im moment seiner gelebten gegenwart, wenn das individuum als ich die facta der vergangenheit und die projektionen in die zukunft erinnert, weiss es sich entzweit zwischen dem, was es als factum der vergangenheit erlebt hatte und dem, was es als projektion in die zukunft noch erhofft. Das factum der vergangenheit war mit ihrer gewalt eine brutale realität gewesen, die projektion in die zukunft steht als das erhoffte bessere noch aus. Im moment der gelebten gegenwart ist aber weder das erinnerte factum der vergangenheit als die real erlebte gewalt das allein bestimmende moment, weil das als projektion in die zukunft erhoffte bessere in seiner funktion des ausgeschlossenen dritten moments der begrenzende horizont ist, noch ist im moment der gelebten gegenwart die projektion in die zukunft als das real gelebte heil das allein bestimmende moment, weil die als facta der vergangenheit erinnerte gewalt in ihrer funktion des ausgeschlossenen dritten moments der begrenzende horizont ist. Für das individuum als ich ist im gelebten moment der gegenwart keine erinnerung eines factums der vergangenheit denkbar, die, auf sich zurückgefallen, nur das wiederholt, was einmal gewesen sein sollte, weil das erinnerte factum, vermittelt durch das ausgeschlossene dritte moment, die utopie, im moment der gegenwart als factum der vergangenheit in diese zurücksinkt. In der gleichen weise ist für das individuum als ich im gelebten moment der gegenwart kein utopisches bild real, das für sich das bessere spiegelt, weil durch das ausgeschlossene dritte moment vermittelt, den facta der vergangenheit, das ersehnte, das heil, im moment der gelebten gegenwart in ein factum der vergangenheit transformiert wird, das als ein factum der vergangenheit in diese absinkt. (*abs.030*)

Die gleiche überlegung gilt auch für die struktur der 3.relation:
factum_der_vergangenheit<==>projektion_in_die_zukunft, die ihren bestimmten sinn im individuum als ich hat, dem als das ausgeschlossene dritte moment die funktion des begrenzenden horizonts zukommt. Losgelöst vom individuum als ich erscheint diese relation als etwas objektives, das durch kein subjekt getrübt zu sein scheint(*5.015). Im relationalen argument ist es methodisch zulässig, in analytischer absicht das individuum als ich auszublenden, aber wenn im argument das analytisch getrennte in der synthese wieder verknüpft wird, dann muss das individuum als ich, das die relation konkret denkt, wieder in das argument mit einbezogen werden, das der horizont ist, der die relation auf den moment beschränkt, in dem sie vom individuum als ich in seiner gelebten gegenwart gedacht wird. Die unmöglichkeit, in der konstruktion des arguments das individuum als ich als moment zu eliminieren, schliesst jede behauptung eines individuums als ich aus, dass ein bestimmtes utopisches bild im moment der gelebten gegenwart real geworden sei, weil als horizont des ausgeschlossenen dritten moments die krude realität der erinnerten facta der vergangenheit diese behauptung im moment der gelebten gegenwart dementiert, die, ins werk gesetzt, eine form von gewalt ist. Ebenso ist jede behauptung eines individuums als ich ausgeschlossen, dass die krude realität nicht anders sein könne als sie ist, weil das utopische bild, das alles, was ist, auch anders sein könne, als horizont des ausgeschlossenen dritten moments diese behauptung im moment der gelebten gegenwart dementiert, das die faktische gewalt kaschieren soll. Es ist der trick der ideologen, dass sie das individuum als ich als den begrenzenden horizont aller heilsgeschichten ausblenden, um für die gläubigen, wie sie sagen, den blick auf die eine absolute wahrheit freizumachen, die, wie jede absolute wahrheit, die gläubigen blendet und narkotisiert, damit sie die dürftigen heilsversprechen ihrer propheten nicht durchschauen können. (*abs.031*)
 

schluss
3.1 das leben hat keine alternative

Im relationalen argument ist die behauptung gegenstandslos, dass das leben eine alternative haben könne; das individuum als ich lebt, wenn es denkend die facta der vergangenheit und die projektionen in die zukunft erinnert(*4.001) oder das individuum als ich ist nicht, und was als facta der vergangenheit oder projektionen in die zukunft sonst noch verhandelt werden könnte, ist ein fall für die nachlebenden(*4.004). So wie seine geburt der anfang seines lebens gewesen war, in dem das individuum sich als ein ich schafft, so ist der biologische tod das ende seines lebens; im tod wird das individuum als ich ebenso spurenlos(*4.005) aus dem leben verschwinden, wie es spurenlos in der geburt in's leben aufgetaucht war. Ausserhalb dieser grenzen, die der biologische tod und die geburt als die absoluten grenzen des lebens markieren, ist für das individuum als ich kein leben denkbar. Der gedanke ist absurd, von einer alternative zum leben zu sprechen, wenn das individuum als ich das maass der rede ist. Gleichwohl ist es sinnvoll von einer alternative zum realen leben zu sprechen, wenn das reale leben der individuen als ich nicht mit ihren projektionen in die zukunft korrespondiert, die als spiegelbilder der facta der vergangenheit ein anderes leben zum gegenstand haben als das leben, das sie zu leben tagtäglich genötigt sind. (*abs.032*)
 

3.2 der terror ist indifferent (binLaden/Bush)

Ich richte meinen blick auf die aktuelle diskussion, die den sogenannten terrorismus in der welt zum gegenstand hat. Die protagonisten des terrors, deren lebendes symbol ein gewisser Osama bin Laden ist, und die protagonisten im kampf gegen den terror, ihr vormann ist G.W.Bush, sprechen differenzlos davon, dass es eine alternative zum leben gäbe. Der eine, bin Laden, will die alternative herbeizwingen, indem er behauptet, dass das böse, konkret der american way of life, ausgerottet werden müsse; der andere, G.W.Bush, behauptet, dass die alternative erscheine, wenn das böse, konkret der islamismus, ausgerottet sei(*5.022). Beide reduzieren das leben auf dieselbe alternative: gut oder böse(*5.012), und beide erklären das böse zum feind, damit der freund, das gute und reine desto heller leuchten möge. Sie brechen die differenz auf, die das gute und das böse als dinge der welt trennt und die nur in der differenz für das individuum als ich bestimmt sind. Die beseitigung der differenz folgt immer der gleichen logik. Das böse, so sagt es bin Laden, müsse im fundament vernichtet werden, dann bliebe das gute übrig; G.W.Bush sagt es scheinbar freundlicher, das gute müsse realisiert werden, dann verschwände auch das böse. Der gedanke kann auch so formuliert werden: das böse, so sagt es G.W.Bush, müsse im fundament vernichtet werden, dann bliebe das gute übrig; bin Laden sagt es scheinbar freundlicher, das gute müsse realisiert werden, dann verschwände auch das böse. Die beseitigung der differenz macht die argumente beliebig austauschbar, und das eine wie das andere erscheint über kreuz als das andere oder das eine. Die erfahrungen der historia belegen hinreichend, dass, wenn das eine böse als phänomen vernichtet oder das eine gute als phänomen realisiert worden war, im übergebliebenen begriff des guten oder bösen die differenz als phänomen wieder erneuert wurde, allenfalls ein paar marginale umstände wie das historische personal hatten gewechselt. Das gute und das böse sind als begriffe in ihrer differenz für das individuum als ich rational handhabbar, erst der zustand der indifferenz, in dem das eine phänomen im anderen nicht entscheidbar verschwindet, reproduziert das phänomen, das gegenwärtig so gefürchtet wird: den terror. Im schrecken ist jede differenz auf null geschrumpft - und das ist exakt der sinn, den die metapher des todes vermittelt. (*abs.033*)
 

3.3 die funktion der differenz im begriff: leben

Die phänomene des lebens und des todes sind gegensätze, die begriffe: leben und tod, schliessen sich als widerspuch aus; sie definieren die differenz, die die phänomene unterscheidbar hält. Das individuum als ich kann sein leben nur in der differenz zum tod denken. Indem es diese differenz denkt(*4.006), lebt und erfährt es sich selbst als ein individuum, das ein ich ist. Die relation zwischen dem leben in seiner biologischen dimension und dem denken dieses lebens in den vorstellungen eines individuums als ich ist eine wechselseitige vermittlung, die, wenn sie nicht von einander getrennt wird, die phänomene erkennbar werden lässt, die jedes individuum als ich fürchtet, wenn sie den eigenen vorstellungen des lebens nicht entsprechen, und die es schätzt, wenn wunsch und realität harmonieren. Ich sage, im gegensatz zu Hegel, dass das leben in raum und zeit nicht das unreine leben ist, es ist das wirkende leben; ob aber das wirkende leben der lebenszweck sein kann, den Hegel mit dem terminus: das reine leben, fixiert, und das die tradition des utopischen denkens vielfältig in faszinierenden bildern ausgepinselt hatte, das muss jeder für sich selbst ausmachen und nicht versuchen, andere mit seinen bildern zu belästigen. (*abs.034*)
finis.

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stand: 09.01.01.  //  eingestellt: 04.10.16.

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