(fortsetzung: 016:eigentum/subtext)

SUBTEXT
arg.: 2.8.001-018

2.8.001

den stoff einer abhandlung zu begrenzen ist einerseits ein kompromiss(*1), andererseits eine notwendigkeit. Es wird gesagt, dass über tausend ecken auch der teufel mit dem lieben gott identisch sei, ebenso kann jede konkrete frage mit den allgemeinen fragen so weitläufig verknüpft werden, dass alles, was erscheint, mit bedeutungen aufgeladen wird, deren wichtigkeit sich im erscheinen erschöpft. Die beobachtung, dass das individuum als ich auf seinen raum und seine zeit beschränkt ist, macht deutlich, dass es in der welt zwar vielerlei gibt, das individuum als ich aber im moment der gelebten gegenwart seine aufmerksamkeit nur auf eines unter vielen konzentrieren kann. Dieser grenze ist der autor sich bewusst, wenn er seinen blick gewollt auf wenige bestimmte gegenstände beschränkt und das übrige als horizont präsent hat, der, wie es dem adressaten erscheint, in der abstraktion verschwunden ist. Das ist der grund, warum Ich bestimmte fragen schlicht ausblende, obgleich Ich weiss, dass argumente geltend gemacht werden können, die eine antwort in anderer perspektive als zwingend erscheinen lassen. Dass in einem augenblick nicht alles gemacht werden kann, ist eine binsenweisheit.
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(*1)
die bedingungen von raum und zeit nötigen das sich frei fühlende individuum als ich zu kompromissen - und diese müssen nicht immer schlecht sein. Der zwang, dem jeder autor sich ausgesetzt weiss, seinen text kurz zu halten, kann ein segen sein, wenn der autor die zeichen richtig zu interpretieren weiss, ein segen für den leser, dessen geduld durch einen überflüssigen text nicht strapaziert wird, aber auch für den autor, der mit kurzen texten seine chancen vergrössert, überhaupt gelesen zu werden. Ob mir das geglückt ist, kann nur der leser entscheiden.   <==//
2.8.002
was als eine selbstverständlichkeit erscheinen mag, die nicht näher ausgeführt werden muss, das kann dennoch einer erläuterung bedürftig sein, nämlich dann, wenn die termini: eigentum und besitz, zur bezeichnung bestimmter phänomene beliebig benutzt werden, vorausgesetzt, dass ein konsens besteht, der die termini in ihrer bedeutung und reichweite limitiert. Es ist also, wenn es gewollt wird, möglich, die termini: besitz und eigentum, abhängig vom verfolgten interesse, für jeden anderen aspekt der welt zu instrumentalisieren, in guter oder böser absicht. Im horizont dieser möglichkeiten gerät jeder diskurs auf die schiefe bahn, wenn die diskurtanten mit ihren argumenten von hölzchen auf stöckchen kämen. Mit selbst auferlegter disziplin aller beteiligter ist diese gefahr rational beherrschbar.  <==//
2.8.003
der verdacht ist plausibel, wenn vermutet wird, dass Ich wieder der umfassenden bestimmung des begriffs: das individuum als ich,  ausweiche. Einerseits führt die praxis, mit bestimmten formeln einen begriff zu definieren, zu keinen neuen erkenntnissen, andererseits verfolge Ich aber nicht den plan, in diesem text eine theorie des begriffs: das individuum als ich, zu formulieren. Das, so scheint es, belastet zwar die reflexion der begriffe: besitz und eigentum, die gegenstand dieses textes sind, aber für meine argumentation genügt es, wenn Ich darauf verweise, dass unter dem zeichen: a, des abstrakten schema: der trialektische modus, das individuum als ich in seiner funktion, subjekt zu sein, eingesetzt ist. Das subjekt, das das schema: der trialektische modus, in bewegung hält, ist das individuum als ich. Die funktion des subjekts können weder ein gott okkupieren, noch eine wesende idee, und wenn dies der fall zu sein scheint, dann ist das, was als die ersetzung der funktionstelle: subjekt, mit anderen vorstellungen erscheint, die tat eines anderen individuums, das, andere terrorisierend, meint, sich in dieser weise als ich bestimmen zu können.   <==//
2.8.004
die maxime, für eine behauptung beispiele einzufordern, mag löblich sein, aber sie ist auch ein probates mittel, jedes geltend gemachte argument zu konterkarieren, wenn der zweck sein soll, das argument nicht reflektieren zu müssen; denn zu jedem denkbaren argument ist auch ein gegenargument formulierbar und es ist nur eine frage der geschicklichkeit und auch der verfügbaren ressourcen, phänomene aufzuzeigen, die dem entsprechen könnten, dem sie entsprechen sollen. Die aufforderung an den autor, für seine behauptung auch die einschlägige umfassende phänomenologie möglicher fälle zu liefern, ist eine forderung, die nicht einlösbar ist, weil die klasse der denkbaren fälle in raum und zeit nicht limitierbar ist. Um dem gedanken flügel zu verschaffen, kann es zweckmässig sein, nicht auf das bestimmte phänomen zu zeigen, das als gedanke noch eine projektion in die zukunft ist, eine projektion, die erst im moment der gelebten gegenwart das factum der vergangenheit sein wird, das als reales phänomen erinnert werden kann.   <==//
2.8.005
es sollte strikt unterschieden werden zwischen dem, was eine regel der logik ist, und dem, was als die logik widerstreitender interessen erscheint. D'accord, im politischen diskurs hat man sich auf die logik als maass aller argumente verständigt, aber welches argument sich durchsetzen wird, das ist nicht in der logischen stringenz des arguments gegründet, sondern in der macht, die jedem interesse beigesellt ist, und wenn's in's kalkül der macht passt, dann werden halt die schemata der logik schon mal passend gemacht, damit das resultat als logisch korrekt auch präsentiert werden kann. Das glückt nicht immer, aber niemals ist die fehlende stärke der logik der grund des scheiterns, sondern die schwäche des mächtigen. Was in der theorie präzis bestimmt sein muss, das zeigt sich in der praxis immer nur in teilen, die das erhoffte in seiner gänze nicht sein können.   <==//
2.8.006
es kann plausibel vermutet werden, dass Ich der revitalisierung des anthropozentrismus das wort rede. Das ist aber nicht meine intention. Zwei dinge sollten auseinander gehalten werden. Das eine ist das wissen, dass der mensch auf seiner erde nicht das zentrum des universums ist. Das ist, so scheint es, heute der standpunkt der forschung und des wissens. Das andere ist aber das resultat der reflexion eines jeden menschen, dass er, wenn er über seine welt und sich selbst reflektiert, er sich als mittelpunkt seiner welt begreift, der nicht der mittelpunkt der welt des genossen sein kann. Zwar ist es möglich, dass das individuum als ich in seinem forum internum sich in die rolle seines genossen hineinversetzen kann, aber in diesem denken bleibt es selbst immer der mittelpunkt seiner welt. Diese these ist nicht vereinbar mit dem, was historisch als anthropozentrismus definiert wird.  <==//
2.8.007
im schluss seines radikalen zweifelns formuliert Descartes sein postulat: cogito, ergo sum,(*1) aber das ich des Descartes', das denkt, ist kein deus, auch dann nicht, wenn das tun dieses ich in allen seinen handlungen dem gott als schöpfer gleicht(*2). Die vorstellung, dass das individuum, das ein ich ist, sich als sein eigener gott begreift, mag abstossend erscheinen, ja sie kann dem zeitgenossen obszön sein, aber dieser vorwurf ist nur denkbar, wenn es den allmächtigen gott der tradition als prämisse des schlusses faktisch auch gibt(*3). Das sind aber spekulationen, in den jahrhunderten immer wieder gewälzt, die nicht beweisbar sind - als konkretion eines glaubens zulässig, als wissen unzulässig. Das individuum, das sich als ich geschaffen hat, bedarf der vorstellung eines gottes nicht, gleichgültig, welche vorstellungen das auch sein mögen, aber mit der vorstellung eines gottes, für sich gültig, kann das individuum als ich auch existieren.
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(*1)
Descartes,René: Abhandlung über die Methode .... 4.kapitel. ==> bibliographie: 2.9.303.
(*2)
die option des modernen atheismus war Descartes nicht verfügbar gewesen, sodass sein rekurs auf den beweis des daseins gottes nicht als ein widerspruch zu seinem radikalen zweifel, gedacht als methode, gedeutet werden muss. Die traditionalen vorstellungen von einem absoluten prinzip, das nicht in der verfügung des menschen steht, waren der horizont gewesen, in dem Descartes die meinungen seiner zeit einer methodisch geleiteten prüfung unterzogen hatte. Was die zeitgenossen Descartes' aufregte, das war die methode, die einen neuen zugang zur welt eröffnete; denn im prinzip war jeder rückgriff auf einen gott mit Descartes' überlegungen zur methode theoretisch abgeschnitten, aber das problem: gott, war mit diesem schritt praktisch nicht aus der welt, weil das individuum als ich einen festen ort nötig hat, von dem aus es sich in der welt orientieren könne. Diesen ort kann das individuum als ich aber nur für sich verbindlich festlegen, es bleibt auf sich selbst verwiesen und in einem zirkel gefangen, aus dem es nicht heraus kann. Was dem individuum als ich allein möglich ist, das ist die struktur des zirkels zu begreifen, um eine position zu formulieren, die für das individuum als ich verbindlich und für den genossen rational kalkulierbar ist. Mehr ist nicht möglich.
(*3)
die vorstellung des absoluten gottes ist die conditio sine qua non jeder monotheistischen religion. Das kann geglaubt werden, das ist viel, aber was gewusst werden kann, das wird immer streitig bleiben.   <==//
2.8.008
die these, dass das individuum als ich, für sich absolut bindend, festlegt, was der gegenstand seiner relationen sein soll, ist mit dem ontologischen argument nicht vereinbar, weil das prinzip des seins, analog des allmächtigen gottes, nicht nur nicht negiert ist, sondern auch als überflüssig, eben als ein beliebiges ding der welt erscheinen muss. Im relationalen argument ist der gründene grund des ontologischen arguments nur ein mögliches element des systems neben anderen, nämlich die vorstellung des SEYN's(*1), das das EINE sein solle, aus dem das viele emaniert. Mit der rückstufung des gründenden grundes zu einem beliebigen element(*2), ist die theologie jeder gottesvorstellung relativiert und was theoretisch bleibt, formuliert als ein rationales argument, das ist ein ort im systen, an dem jederman seinen hausgott in die vorgesehene nische der verehrung stellen kann.
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(*1)
Ich rekurriere gewollt auf die terminologie Heidegger's, ohne das problem seiner sprachvirtuosität weiter zu erörtern.
(*2)
es wäre aber ein böses missverständnis, wenn mit der relativierung des gottes oder der götter behauptet würde, diese seien für die ordnung in der welt überflüssig geworden. Sie sind nicht mehr notwendig, aber das ist etwas anderes. Wer als individuum, das autonom sich als ich bestimmt hat, die option: gott, als fundament seiner welt wählt, der ist in der gesellschaft ebenso legitimiert wie sein genosse, der diese option in der gleichen weise verworfen hat, und beide müssen sich als konsens auf einen modus vivendi verständigen, der beiden die freiheit in der gesellschaft sichert.   <==//
2.8.009
in diesem essay werden die begriffe: macht und herrschaft, nicht thematisiert, gleichwohl einige aspekte der phänomene: herrschaft und macht, in der erörterung der phänomene: besitz und eigentum, nicht ausgeblendet werden können. Wenn es erforderlich ist, in raum und zeit zu bestimmen, ob das individuum als ich und sein genosse ansprüche des eigentums und/oder des besitzes am weltding: n, geltend machen können, dann bleibt in der synthetisierenden reflexion die relation: macht<==|==>herrschaft, in ihrer funktion des begrenzenden horizontes präsent. Die erörterung der begriffe: macht und herrschaft, ist gegenstand eines anderen essays, auf den Ich hiermit verweisen will(*1).
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(*1)
Richter,Ulrich: Der begriff: das_politische im trialektischen modus. 014:das_politische. ==> bibliographie: 2.9.314<==//
2.8.010
im politischen prozess wird häufig klage darüber geführt, dass die verrechtlichung aller lebensverhältnisse in der moderne ungebremst voranschreite. Prima vista ist das argument als warnung plausibel, dem steht aber secunda vista entgegen, dass das recht, totale geltung beanspruchend, auch die funktion der sicherung potentiell immer gefährdeter lebenssituationen hat. Unbestreitbar besteht der gegensatz, dass das recht in seiner totalität einerseits sicherheit gewährt, andererseits aber die freiheit des individuums als ich in unerträglicher weise einschränkt, weil der anspruch auf das recht, den anspruch auf totalität behauptend, in raum und zeit faktisch nicht durchgesetzt werden kann(*1). Es sollte nicht übersehen werden, dass im widerstreit von ordnung und bürgerlichen freiheiten bereiche der sozialen beziehungen möglich sein müssen, in denen die fragen des zwingenden rechts nachrangig sind(*2). In den komplexen strukturen moderner gesellschaften scheinen diese bereiche zu schrumpfen(*3), zumindest aber werden sie verschoben, entwicklungen, die unterschiedlich bewertet werden müssen. Libertäres verhalten ist leicht zu verwechseln mit der allgegenwärtigen gewalt des vermeintlich stärkeren. Das sind jedoch aspekte am rande meines themas und diese will Ich hier nicht diskutieren.
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(*1)
mit gewalt kann jedes totalitäre regime die bürgerlichen freiheiten bis auf null reduzieren, niemals aber die autonomie des individuums zerstören, das sich als ich begreift. Wenn die faktische beseitigung der autonomie des individuums als ich der fall wäre, dann wäre die rede von einem ich gegenstandslos und das individuum ist in das zurückgefallen, was mit dem terminus: natur, bezeichnet wird.
(*2)
die bürgerlichen freiheiten sind die bedingungen, die real gegeben sein müssen, wenn das individuum als ich und sein genosse sich als bürger des staates begreifen können sollen. Nach allgemeiner überzeugung gibt es ein minimum an bürgerlichen freiheiten, die jeder mensch auf der erde sollte in anspruch nehmen können. Der gegenwärtig gültige maasstab sind die freiheiten der UN-menschenrechtscharta - die realität aber ist anders.
(*3)
der verdacht ist nicht abwegig, das die neuen medien, ständig davor warnend, diese prozesse der rechtlichen einschränkung sozialer räume zu begünstigen scheinen.  <==//
2.8.011
auf seine physis ist das individuum, das ein ich sein will, nicht reduzierbar(*1), seine psyche gehört dazu und diese kann mit dem blossen brot nicht genährt werden. Die theologischen konnotationen beiseitegelassen(*2), deutet der alte spruch auf eine erfahrungsschicht des menschen hin, in der physis und psyche oder kultur und natur als ein ganzes angesehen werden, das, wenn es gültig sein soll, immer beide momente umfasst. Es mag sein, dass jedes individuum als ich, für sich gültig, akzente setzt, die kalkulatorisch sehr ungleich ausfallen können, aber in keinem fall kann das eine oder das andere ausgeschlossen werden(*3). Das individuum als ich kann das eine oder das andere immer nur im horizont des ausgeschlossenen anderen moments bestimmt fassen. Es sind situationen möglich, die dokumente der historia geben davon vielfältig kunde, dass im mangel an brot alles auf dieses eine moment konzentriert ist, aber auch in diesen extremsituationen kann das andere moment, die normen der kultur, noch wetterleuchten, nicht anders muss das individuum als ich, wenn es sich als individuum nicht vernichten will, auch im durch keinen materiellen mangel gehinderten ausleben seiner kulturellen wahngebilde der eigenen physis das erforderliche zukommen lassen(*4).
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(*1)
davon ist die methode: trennung in analytischer absicht, zu unterscheiden, weil in bestimmten situationen es zweckmässig sein kann, das eine oder andere beiseite zu stellen. Das ablegen ist ein aspekt der ökonomie des denkens. Was aber analytisch getrennt vorliegt und in die synthetisierende reflexion einbezogen wird, das unterliegt den bedingungen der synthese, die nichts draussen lassen kann, was zum ganzen gehört.
(*2)
das wort gottes ist für den gläubigen entscheidend, aber dieses wort setzt einen glauben voraus, der für das individuum als ich nicht zwingend sein kann, weil dies mit seiner autonomie nicht vereinbar ist.
(*3)
auf der skala: 0-100 (oder: kultur/natur), kann die eine oder andere seite bis ins extrem getrieben werden, kalkulatorisch bleibt die zahl: 50, die mitte. Wird eine seite durchgestrichen, dann entfällt die kalkulation und mit dieser auch die skala.
(*4)
auch im excess, zu dem das individuum als ich allein fähig ist, kann das individuum als ich sich nicht soweit entmächtigen, dass es nur noch als kreatur oder, wie auch geredet wird, als rein geistiges wesen wahrgenommen wird.   <==//
2.8.012
die formel: schlechte Wirklichkeit, habe Ich bei Th.W.Adorno aufgelesen(*1). Ich erinnere mich gut(*2), dass diese formel in der zeit der 68-iger en vogue gewesen war, ohne dass die wortführer der diskurse damals besondere kenntnis von der quelle gehabt haben dürften. Man redete von der schlechten wirklichkeit, weil die verhältnisse, in denen man lebte, als unbehaglich gefühlt wurden. Auf diese situation vielfältigen unbehagens ist die wirkungsweise des terminus: schlechte wirklichkeit, abgestellt, der al gusto mit bedeutungen aufgeladen werden kann. Die zuordnung von bedeutungen, gleichviel welchen, wenn sie nur verstehbar sind, ist nicht das problem, das problem ist der versuch, mit einer methode scheinbar abgesichert, aus dem terminus: x, auf den bezeichneten begriff: x, zu schliessen. Methodisch ist das unzulässig, dennoch hat der terminus, hier die schlechte wirklichkeit, im argument eine bestimmte funktion, er bezeichnet ein werturteil, das sich als tatsache camoufliert.
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(*1)
das zitat im kontext: "Die Kritik an den Ideologien (...) lebt von der Verschiebung der Einsicht in die schlechte Wirklichkeit auf die Schlechtigkeit der Ideen, die damit bewiesen sein soll, daß sie nicht verwirklicht sind. Was dieser eingängigen Kritik gleichwohl ihre Erkenntniskraft verleiht, ist ihr tiefes Einverständnis mit den Mächten, die sich durchsetzen. Spengler und seinesgleichen sind weniger die Propheten des Zuges, den der Weltgeist nimmt, als seine befliessenen Agenten."(+1)
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(+1)
Th.W.Adorno: Spengler nach dem Untergang. in: Prismen. Bd.10.1,p.64. ==> bibliographie: 2.9.301.
(*2)
die erinnerung ist kein starker beweis, wenn nicht ein dokument der historia unterstützend an die seite gestellt werden kann. Es kann sein, dass in meinen alten aufzeichnungen die formel fixiert ist, und wenn das der fall ist, dann dürften, wenn Ich heute die formel wieder aufgreife, in der zeit einige verschiebungen zu beobachten sein. Nach der relektüre des aufsatzes über Oswald Spengler(+1) kann Ich mit modifizierter bedeutung den terminus weiter verwenden.
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(+1)
Adorno deutet Spengler als den hellsichtigen propheten des untergangs einer kultur, die im NS-Deutschland und der nachfolgenden restauration verschwunden war, ein prophet, der zugleich der "befliessene Agent" des aufkommenden unheils gewesen ist. In anderen formen ist die dialektik von agent und prophet heute weiter wirksam.   <==//
2.8.013
es ist üblich geworden, im markt von einer rendite auf's eigenkapital zu schwätzen, die, bei strafe der vernichtung im markt, den zahlwert: 25, nicht unterschreiten darf(*1). Das zahlzeichen markiert aber nur einen wert, der den austausch der benötigten weltdinge ausschliesst, wenn dem ausstauch der weltdinge das prädikat: gleich, zugeordnet werden soll; denn das pendant des zahlzeichens ist der gleiche zahlenwert auf der anderen seite der gleichung - soweit zur logik der zahl. Im austausch der weltdinge gibt es aber ein maass, das die strikte gleichung: 1 = 1, auflöst und die numerische gleichheit der gelebten realität anpasst, wenn das individuum als ich und sein genosse miteinander auskommen wollen. Abweichungen vom rechnerischen mittelwert sind also zugestanden, wenn die dynamik der beziehungen gesichert werden soll, extreme ausschläge aber vernichten die dynamik dieser entwicklungen.
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(*1)
herrn Ackermann, chef der Deutschen Bank, kommt der geteilte ruhm zu, den wert: 25, in der öffentlichkeit gesetzt zu haben - nur 25? was für ein dürftiger wert, wenn die boni der bankmanagern im geschäft das maass sind, figuren, die privatim milliarden an dollars einstreichen und als kapital nur ihre gier einbringen können.   <==//
2.8.014
die formel: eigentum ist diebstahl, ist griffig, aber falsch. Das individuum als ich, das mit seiner arbeit sich selbst eigentum geschaffen hat, kann sich selbst nicht bestehlen(*1). Passender scheint zu sein, wenn der spruch reformuliert so lauten würde: besitz ist diebstahl. Aber auch dieser versuch scheitert, weil in jeder rechtsordnung zugestanden ist, dass der besitz einer sache legitim erworben werden kann. Die formel: rendite ist diebstahl, ist korrekt, weil das, was im tauschprozess als rendite erscheint, ein mehr ist, das von der kalkulatorische mitte abweicht. Die frage ist, wem dieses mehr zusteht. Das kann das resultat eines fairen ausgleichs der interessen sein, das ist aber unter den bedingungen einer gesellschaft, in der der besitz der weltdinge grob ungleich verteilt ist, in der regel das resultat ungleicher machtverteilung, sodass das, was in der rechtsordnung ein rechtmässiges geschäft sein soll, de facto eine enteignung durch gewalt ist, also eine handlung, die dem gleichgestellt ist, was landläufig als diebstahl bezeichnet wird.
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(*1)
das ist mit der definition des tatbestands: diebstahl, nicht vereinbar. Nur eine fremde sache kann gestohlen werden; das, was eigentum des individuums als ich ist, kann keine fremde sache sein.   <==//
2.8.015
jede politische streitfrage kann, wenn das gewollt ist, mittels analyse auf die frage nach eigentum und besitz reduziert werden. Es sollte also strikt beachtet werden, mit welchem ziel das problem der moderne/2010 analysiert wird. Mein interesse ist auf die frage nach dem eigentum und den besitz eines weltdinges fixiert, gleichgültig, welches ding der welt das auch sein mag. Ich nutze also die termini: eigentum und besitz, um den gegenstand meines diskurses zu fixieren und der gegenstand des diskurses ist die struktur der sozialen beziehungen zwischen dem individuum als ich und seinem genossen, beziehungen, deren grenzpunkte die frage nach ihrem eigentum und ihrem legitimen besitz sind.   <==//
2.8.016
das eigentum ist mit der autonomie korreliert, die bürgerlichen freiheiten mit dem besitz. Weil es zwischen den bürgerlichen freiheiten und der autonomie des ich keine kausalität im strikten sinn des begriffs geben kann, können das eigentum an der sache und der besitz derselben nicht im verhältnis von ursache und wirkung zueinander gestellt werden, obgleich der anschein dies nahelegt. Der anschein wird durch die behauptung gestützt, dass das eigentum des individuums als ich nur im horizont seines faktischen besitzes bestimmt sein kann, der besitz des individuums als ich aber nur im horizont des eigentums als dem ausgeschlossenen dritten moment bestimmt ist, legitim oder auch nicht. In der pragmatik kann es keine eindeutige auflösung geben und was als lösung erscheint, das ist, durch macht bewirkt, nicht von dauer.   <==//
2.8.017
es ist eine böse illusion, den frieden, immer wieder in den gebeten erfleht, als eine zeit ohne gewalt zu imaginieren, weil die imagination der gewaltfreien welt selbst eine form der latenten gewalt ist, der als erbschaft ihrer natur sich weder das individuum als ich noch sein genosse entziehen können. In der hoffnung erscheint der frieden als eine periode des glücks, aber das ist ein trügerisches glück, weil das individuum als ich und sein genosse ihren streit um den besitz der unabdingbaren und erwünschten güter permanent führen und mit ihren offenen konflikten situationen ständiger unsicherheiten schaffen. Im meer dieser unsicherheiten ist das bedürfnis grooss, zeiten zu schaffen und auf dauer zu stellen, in denen die besitzverhältnisse geregelt erscheinen und der austausch der sachen in zivilisierten formen erfolgt. In den befriedeten zeiten(*1) ist die gewalt der horizont, der als bedrohung wahrgenommen wird, so wie in den zeiten der gewalt der friede der horizont ist, der als hoffnung imaginiert wird. Wenn im frieden die gewalt und die gewalt im frieden reflektiert werden, dann ist es methodisch zulässig, die formen der gewalt(*2) in analytischer absicht auszublenden, aber die ausgeblendete gewalt verschwindet nicht in der welt, in der sie latent, weil verdeckt, wirksam bleibt.
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(*1)
im blick auf die historia sind die perioden des friedens die ausnahme. In der globalisierten welt von heute kann nicht einmal eine ausnahme zitiert werden(+1). Der friede - eine utopie? Sicher, aber ohne diese utopie, immer wieder in den projektionen in die zukunft vorgestellt, ist für das individuum als ich eine humane existenz nicht möglich.
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(+1)
die jährlichen statistiken bewaffneter konflikte weisen zahlreiche fälle auf, 2008: 345 fälle, 2007: 344 fälle; zitiert nach: Fischer Weltalmanach 2010, p.58. ==> bibliographie: 2.9.304.
(*2)
in der klasse: formen der gewalt, latent oder real, sind auch alle formen materieller ungleichheit zu subsumieren. Es ist eine perspektive der reflexion, ob diese formen als gewalt interpretiert werden oder nicht. Es sollte auch nicht übersehen werden, dass die durchsetzung materieller gleichheit, totalitär bewirkt, eine form der gewalt sein kann.   <==//
2.8.018
was das glück sei, das wird vom individuum als ich und seinem genossen in jeder generation neu reflektiert. Auf diese grosse frage hat bisher kein philosoph eine schlüssige antwort formulieren können. Daher ist die frage nicht abwegig, ob auf die frage nach dem glück überhaupt eine antwort notwendig sei. Könnte es nicht genügen, wenn das individuum als ich sein leben lebt und mit seiner arbeit die dinge der welt als eigentum schafft, die es meint schaffen zu müssen, damit es sein eigentum mit dem genossen im besitz wechselseitig austauschen könne? Das aber ist die frage, die das individuum, wenn es sich als ich bildet, nur für sich bindend beantworten kann, eine antwort, die dem genossen die chance einräumen sollte, sich für oder gegen die entscheidung des anderen autonom zu entscheiden.   <==//
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(weiter: subtext/arg.: 2.9.101-315)

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stand: 13.05.07.
eingestellt: 10.11.10.
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