Anhang
 
I. Text der kongresspublikation
Der text in den kongressakten(*) ist, von technischen und einigen stilistischen änderungen abgesehen, der text des essays. //==>text.
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(*)  bibliographische daten
II. Vortrag
(dokumentation des vortrags: der vortrag, gehalten am 26.09.2011 in Hannver, wird, von ein paar technischen details abgesehen, unverändert dokumentiert. Aus der pp_präsentation werden zwei seiten in den anmerkungen übernommen.)

Kein gott - der schöpfer seines selbst ist das individuum als ich.
Die 38.these der Monadologie im horizont des relationalen arguments.

0. vorbemerkung.

Ich danke für die einladung zum vortrag; denn im betrieb der gesellschaftlich tolerierten philosophie ist es keineswegs selbstverständlich, den aussenseiter, aus welchen gründen auch immer, im kreis der etablierten zu wort kommen zu lassen. Im betrieb der verwalteten philosophie, das beklagte schon Schopenhauer, werden gedanken, abseits des mainstreams gedacht, nicht geschätzt und, die strukturen der verwalteten institution im rücken, ausgeschlossen.

Ihnen ist der text des essays zur hand(01), in dem die gedanken fixiert sind, die ihren grund in der 38.these der Monadologie Leibnizens haben. Das problem dieses vortrags ist, den gegenstand des essays auf das zeitformat des kongresses zu beschränken, ein unternehmen, das ohne verkürzungen im gedanken nicht möglich ist(02). Ich habe daher den weg gewählt, den kern des gedankens, fundiert im vorliegenden text, in einer akzentuierten perspektive aufzugreifen und eigenständig weiter zu entwickeln; denn jeder philosophische gedanke, einmal fixiert in einem text, dem dokument der historia, entfaltet sich neu, wenn er im moment der gelebten gegenwart wieder aufgegriffen wird.


1. die 38.these der monadologie und ihr problem.

Leibniz sagt: "Es ist das, was wir GOTT nennen"(03). Die rede, Leibniz nachformend, könnte auch so gesagt werden: es ist das, was Ich individuum als ich nenne. In der form gleich erscheinend, sind die sätze in ihrem inhalt different. Was bis dato gott gerichtet hatte, das soll nun das individuum als ich richten. Dieser befund mag als zutreffend angesehen werden, aber mit der feststellung der ähnlichkeit könnte der gegenstand der sätze aus dem blick fallen, der, d'accord mit der tradition, das alte problem des gottesbeweises ist, ein problem, das, säkular gewendet, unter dem stichwort: zureichender grund, weiter diskutiert wird. In die vortellungswelten seiner zeit eingebunden, hatte Leibniz postuliert, dass es einen letzten, also einen zureichenden grund geben müsse, der in einer, Ich zitiere Leibniz, "notwendigen Substanz" liege. Das, was Leibniz gesagt hatte, ist, d'accord mit der tradition, ein argument, das, im horizont der logik formuliert, ein zirkelschluss ist, im horizont der metaphysik aber die struktur des denkens fixiert, die mit dem terminus: zirkelargument, bezeichnet werden sollte. Der horizont der logik und der horizont der metaphysischen gründe, sind aber perspektiven, die im begriff: zureichender grund, ihren fokus haben, zwei perspektiven, die unter den bedingungen von raum und zeit nicht identisch fallen können, auch dann nicht, wenn das individuum als ich den zureichenden grund als fundament seiner welt erfasst.

Die spezifischen probleme der gottesbeweise, alle irgenwie theologisch gewandet, sind nicht der gegenstand meines vortrages. Mein blick ist auf das problem des zureichendes grundes fokussiert, das in seiner immanenten logik einerseits für das individuum als ich nicht entscheidbar ist, das andererseits vom individuum als ich entschieden werden muss, wenn es, das individuum, in seiner welt als ich existieren will. Das, was Ich als argument entfalte, das ist auf einer vorentscheidung gegründet, die, wenn sie gültig sein soll, dem kausalen beweis entzogen sein muss. In abgrenzung zum ontologischen argument bezeichne Ich meinen philosophischen standpunkt mit dem terminus: das relationale argument. Wenn der wahrheitsbegriff der tradition das maass der beurteilung sein soll, dann ist der wahrheitsanspruch des relationalen arguments ebenso nicht erweisbar wie der wahrheitsanspruch des ontologischen arguments beweisbar nicht beweisbar ist. Die nichtentscheidbarkeit dieser wahrheitsansprüche, gegensätzlich in ihrer unvereinbarkeit, ist in den gründen verortet, die, streitig gefallen, die wahrheit des einen oder des anderen arguments begründen sollen. Das problem der wahrheit, den engen kreis der tradition überschreitend, ist mit der feststellung einer sich ausschliessenden gegensätzlichkeit nicht aus der welt, weil das relationale argument einerseits und das ontologische argument andererseits für sich mögliche perspektiven sind, die das individuum als ich im moment seiner gelebten gegenwart ergreifen kann, wenn es sich selbst, ein teil im ganzen der welt, als ein ganzes in seiner welt begreift.

In drei teilen werde Ich das problem der 38.these der monadologie reflektieren. Die dialektik von teil und ganzem ist der gegenstand des ersten teils, eine dialektik, der das individuum als ich und sein genosse sich nicht entziehen können, wenn sie ihren begriff: welt, jeder für sich, denken. Das problem des anfangs ist der gegenstand des zweiten teils; denn mit etwas müssen das individuum als ich und sein genosse beginnen, wenn sie ihre gründe dialektisch kontrastieren. Der gegenstand des dritten teils ist der zureichende grund in seiner gedoppelten funktion, einerseits als anfang die teile des ganzen in einer kausalreihe eindeutig bestimmend, andererseits als teil des ganzen das ganze unbestimmt lassend.


2.  die explikation des problems.
2.1 die alte dialektik von teil und ganzem.

In raum und zeit ist die beobachtung geläufig, dass die welt, ein ganzes sein sollend, nur in ihren teilen gedacht und wahrgenommen werden kann. Entgegen dem ondit, die theologen sprechen von der schöpfung gottes, sind nicht die teile der welt für sich das problem oder die welt für sich als ein ganzes, das problem ist die dialektik von teil und ganzem in ihrer entgegensetzung, die entgegensetzung, mit der das individuum als ich und sein genosse, jeder für sich, gründe für das eine oder das andere im widerstreit ihrer perspektiven geltend machen. Auf das gleiche hinauslaufend, ist es nicht dasselbe, wenn einerseits der standpunkt die perspektive des ganzen ist, mit der die teile beurteilt werden, oder wenn andererseits die perspektive der teile im ganzen der standpunkt sein soll, von dem aus das ganze erscheint. Die differenz der standpunkte kennzeichne Ich mit den termini: das relationale argument und das ontologische argument. In der tradition wird der standpunkt des ganzen mit den terminus: das sein, fixiert. Das alles umfassende sein, nichts ausserhalb duldend, emaniert die daseiende dinge als teile der welt. Im sein, die funktion des anfangs ausfüllend, ist die ordnung fixiert, die in den daseienden dingen erscheint. Die kausalität der dinge ist in der relation: ursache==>wirkung, zwar eindeutig benannt, aber die relation kann nur dann eindeutig sein, wenn die wirkung, in den teilen das ganze umfassend, mit der ursache identisch fällt, die das umfassende sein ist. Das argument ist, den logischen widerspruch vermeidend, in seiner logik eine tautologie, aus der alles, was beliebt, abgeleitet werden kann. Das relationale argument, die gegenposition behauptend, optiert für die teile im ganzen, jedes teil für sich. In der relation: ursache==>wirkung, ist die kausalität der dinge zwar eindeutig benannt, aber die wirkung kann der bestimmenden ursache nicht zwingend zugeordnet werden, weil die wirkung, ein teil im ganzen seiend, nicht das ganze sein kann, das das maass der ordnung ist. Identisch mit sich selbst ist das relationale argument mit dem faktischen gegensatz der gründe konfrontiert, die, als begriffe gefasst, logische widersprüche sind, als phänomene aber in raum und zeit nur bestimmte positionen, die zueinander gegensätzlich sein können bis zur wechselseitigen ausschliessung. In der funktion, eine mögliche perspektive auf die welt zu sein, markieren das relationale argument und das ontologische argument die struktur des denkens, der das individuum als ich sich nicht entziehen kann, wenn es, das individuum, ein ich sein wollend, sich als ich bestimmt. In der dialektik der argumente ist das individuum als ich auf sich selbst verwiesen und es muss sich, sich selbst als ich bestimmend, entscheiden, womit es beginnen will, entweder mit dem ganzen oder mit dem teil.


2.2 das problem des anfangs.

Aber womit beginnen? denn mit etwas muss das individuum, ein ich sein wollend, anfangen. Im relationalen argument und im ontologischen argument hat das individuum als ich perspektiven auf die welt verfügbar, die die abschliessende auflösung der differenz von teil und ganzem zwar implizit versprechen, theologisch gewendet, verheissen, in raum und zeit aber das verheissene und versprochene nicht einlösen können, weil das individuum als ich, eingebunden in sein leben, weder über den anfang seiner existenz verfügen kann, noch über sein ende. Das individuum als ich ist als teil im ganzen, das ganze der teile seiend, zwischen den anfang seiner existenz und seinem ende gestellt und muss, sowohl im blick auf das ende als auch auf den anfang, sein leben leben, ein leben, das im licht seiner gegenwart, aus dem dunkel des anfangs auftauchend, im dunkel des endes wieder verschwinden wird. Das, was das individuum als ich über den anfang seiner welt denkt, das denkt es, sich als nachlebender erinnernd, im moment der gelebten gegenwart als teil seiner welt. Und das, was das individuum als ich über das ende seiner welt denkt, das denkt es, das schicksal seines vorangegangenen genossen im moment der gelebten gegenwart erlebend, als teil seiner welt. Verwiesen auf das, was das individuum als ich in den momenten seiner gelebten gegenwart zwischen dem ende und dem anfang seiner welt denkt, und wissend, dass es die grenze des anfangs und des endes als ich nicht überschreiten kann, denkt das individuum als ich seine welt als etwas, das diese welt jenseits des anfangs einmal gewesen war und, jenseits des endes einmal sein soll. Im moment seiner gelebten gegenwart ist das denken des individuums als ich in einem kreis eingebunden, Ich spreche von einem zirkel, der den logisch unzulässigen zirkelschluss ebenso einschliesst wie das zirkelargument als form seines denkens. Aus der struktur dieses denkens kann das individuum als ich nicht heraustreten, ohne sich selbst als ich zu vernichten. Das individuum, ein ich seiend, muss sich entscheiden, ob es die welt, geteilt mit dem genossen, als teil in seiner welt, diese als ganzes begreifend, in der perspektive des ontologischen arguments oder in der perspektive des relationalen arguments wahrnehmen will. Seine entscheidung ist aber nur dann zureichend bestimmt, wenn diese entscheidung im horizont der jeweils ausgeschlossenen möglichkeit eingeschlossen ist. Ich habe mich für das relationale argument entschieden und muss, die regeln der logik beachtend, das individuum als ich, das alpha und omega seiner welt, setzen, das in seiner autonomen entscheidung den grund formuliert, der in der funktion des zureichenden grundes die welt als ganzes setzt, erfahren in ihren teilen. Was dieser zureichende grund ist, das findet das individuum als ich in seinem individuellen impuls, eine vorstellung, die als somatisches phänomen vom individuum gelebt wird, eine phänomen, über das nicht mehr gesagt werden kann, als dass es in raum und zeit ist. Ich weiss, der begriff: individueller impuls, ist in der theorie des relationalen arguments der blinde fleck, ein grundloser grund, ohne den das individuum, ein ich sein wollend, die rationalität seiner welt nicht begründen kann. Es ist die situation, die mit dem terminus: glauben, bezeichnet wird. In der situation des glaubens ist das relationale argument dem ontologischen argument gleichrangig. D'accord mit der theologischen rede von gott als dem schöpfer der welt ist das sein als zureichender grund der welt in gleicher weise gültig, aber das sein oder die schöpfung gottes kann als zureichender grund nur dann ein rationales argument sein, wenn, eingebunden in die logik des arguments, akzeptiert wird, dass die geschöpfe gottes oder die daseienden dinge der welt, den widerspuch formulierend, im begriff: sein oder schöpfung, als bestimmende merkmale dieses begriffs ausgeschlossen sind. In der differenz ist ein dilemma fixiert, das das individuum als ich dialektisch zwar fassen, kausal aber nicht abschliessend auflösen kann.


3. die gedoppelte funktion des zureichenden grundes.

Was einerseits als mangel erscheint, das ist andererseits die bedingung, dass das individuum, ein ich sein wollend, sich als ich bestimmt. Dieser gedanke, d'accord mit der tradition, kann auch so formuliert werden. Das individuum, das geschöpf gottes sein sollend, kann sich nur dann als geschöpf gottes begreifen, wenn es seine doppelstellung als geschöpf des EINEN gottes und interpret dieses EINEN gottes, anerkennt. In raum und zeit, das ist die logik des arguments, bedarf das ganze ebenso der teile, wie jedes teil des ganzen bedürftig ist. In seiner bestimmten form, sei es in der gestalt des individuums als ich, sei es in der form des geglaubten gottes, ist der zureichende grund in seiner gedoppelten funktion, das fundament der kausalität in der welt einerseits seiend, andererseits die verkörperung eines realen anfangs in raum und zeit repräsentierend, das vermittlungsmoment, das die argumentebene der logik und die argumentebene der metaphysischen gründe miteinander verknüpft. Dieses moment muss das individuum als ich aktivieren, wenn es in raum und zeit die teile der welt zum ganzen seiner welt zusammenfügt oder das ganze seiner welt in seinen teilen erklärend rechtfertigt. Auf der argumentebene der logik kann ein zureichender grund nur dann das maass der kausalität sein, wenn das individuum als ich und sein genosse sich im konsens verständigt haben mit diesem grund die teile der welt in ihrer kausalität zueinander zu beurteilen. Hier gilt, wenn die kommunikation über die dinge der welt gelingen soll, die logische regel: richtig oder falsch - ein drittes muss ausgeschlossen sein. Auf der argumentebene der metaphysischen gründe muss es soviele gründe geben, wie es individuuen als ich gibt, die fähig sind, autonom einen zureichenden grund zu setzen. Als zureichender grund kann der zugriff auf den EINEN gott ebenso instrumentalisiert werden, wie die behauptung instrumentalisierbar ist, dass nur das individuum als ich es sein kann, das, sich selbst bindend, den zureichenden grund setzt. Im moment seiner gelebten gegenwart behauptet das individuum als ich die relationen zwischen den teilen der welt im ganzen und dem ganzen der welt in den teilen entweder auf der argumentebene der logik, das heisst kausal, oder auf der argumentebene der metaphysischen gründe, das heisst dialektisch, behauptungen, deren bestimmtheit nur im horizont der jeweils ausgeschlossenen anderen argumentebene rational möglich ist. Mit den methoden der tradition, die dialektik einerseits und die kausalität andererseits, ist die gedoppelte funktion des zureichenden grundes nicht darstellbar, darstellbar ist diese rationalität aber im schema des trialektischen modus(pp04). Das näher auszuführen ist im zeitbudget dieses vortrags nicht möglich.


3. schlussbetrachtung.

Ich schliesse mit einem kurzen resumee. Leibniz identifiziert das prinzip des zureichenden grundes mit der vorstellung des EINEN gottes. Seine these, formuliert in der 38.these der Monadologie, ist eine option, die für Leibniz in seiner zeit begründet gewesen war. Es ist eine option, die heute nur mit einer einschränkung gewählt werden kann; denn die logik des zureichenden grundes impliziert die möglichkeit der wahl, sich für den einen oder anderen denkbaren zureichenden grund zu entscheiden. Kausal ist das maass der rationalität dieser gründe eindeutig bestimmbar, aber die begründung dieser rationalität muss dialektisch umstritten bleiben, wenn das individuum als ich, das prinzip des zureichendes grundes als gültig anerkennend, faktisch die wahl haben soll, für den einen zureichenden grund zu optieren oder einen ganz anderen. Die feststellung der gültigkeit eines bestimmten zureichenden grundes kann nur dem individuum als ich obliegen, in keinem fall einem gotte, gleichgültig, welcher gott das auch sein mag, eine feststellung, die auf der argumentebene der logik zwar mit zwingenden argmenten verteidigt werden kann, auf der argumentebene der metaphysischen gründe aber geglaubt, das heisst von allen, die es betrifft, gelebt werden muss. Sein leben, den genossen als der_andere achtend, lebt das individuum als ich aus dem autonom bestimmten zureichenden grund, der grund, den der genosse autonom in gleicher weise gültig gewählt hat, gründe, die, miteinander kompatibel, das fundament der gemeinsam geteilten welt sind.
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Anmerkungen

(01)

Herbert Breger, Jürgen Herbst und Sven Erdner(Hrsg): IX.Internationaler Leibnizkongress. Natur und Subjekt. Vorträge 1.-3.Teil. p.911-920. Hannover: 2011. (ISBN 978-3-9808167-4-8)   <==//
(02)
gliederung des vortrags.
0.    vorbemerkung
1.    die 38.these der Monadologie und ihr problem
2.    die explikation des problems.
2.1  die alte dialektik von teil und ganzem
2.2  das problem des anfangs
2.3  die gedoppelte funktion des gründenden grundes
3.    schlussbetrachtung
   <==//
(03)
Die 38.These der Monadologie
"Und daher muss der letzte Grund der Dinge in einer notwendigen Substanz liegen, in welcher die Besonderheit der Veränderungen nur wie in einer Quelle angelegt enthalten ist. Es ist das, was wir GOTT nennen".
"Et c'est ainsi que la dernière raison des choses doit être dans une substance necessaire, dans laquelle le detail des changemens ne soit qu'eminemment, comme dans le source: et c'est ce nous appellons DIEU"
quelle:
Gottfried Wilhelm Leibniz: Monadologie/Lehrsätze der Philosophie. Letzte Wahrheiten über Gott, die Welt, die Natur der Seele, den Menschen und die Dinge. Französisch-deutsche Textausgabe. Übersetzt, herausgegeben und erstmals fortlaufend kommentiert von Joachim Christian Horn. Darmstadt: 2009.   <==//
finis
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anfang/bibliographische daten<==//

stand: 13.05.07.
eingestellt: 11.11.03.

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