TEXTSAMMLUNG

das argument des monats
ausgabe: (23)01-03/2009  januar-märz/2009             (blieb bis 12/2009 stehen)
 

Privatisierung - die idiotenparole(II).
Die aufgabe des staates für die daseinsfürsorge und die schimäre der renditen - die Deutschen Bahn AG und der ÖPNV als beispiele.

Die politisch nachdenklichen sind sich darin noch einig, dass bestimmte bereiche des gesellschaftlichen lebens gegenstände der daseinsfürsorge sind, der die gemeinschaft im eigeninteresse sich nicht entledigen kann. Die daseinsfürsorge war vom anbeginn der menschlichen geschichte der zweck der abstammungsgemeinschaft gewesen, ein zweck, den heute der staat erfüllen muss(01). In der historia hatte die pflicht zur daseinsfürsorge früher dem könig oblegen, heute soll diese aufgabe von den gewählten vertretern im namen aller staatsbürger erfüllt werden(02). Was zum kanon der daseinsfürsorge gehören muss oder gehören soll, das ist von vielen faktoren abhängig und die menschen können auf einige dieser faktoren nur begrenzt einwirken(03), aber wie immer die äusseren bedingungen auch beschaffen sein mögen, in der organisation der daseinsfürsorge kann sich keiner als mitglied der gemeinschaft der verantwortung entziehen, die pflicht zur erforderlichen daseinsfürsorge zu erfüllen. Es ist unbestritten, dass die formen der daseinsfürsorge damals und heute verschieden sind, und in jeder generation sind erhebliche anpassungsanstrengungen erforderlich, um der pflicht zu genügen, aber was immer auch ins werk gesetzt werden mag, eine garantie ist nicht möglich, dass mit den gewählten maassnahmen die aufgabe für alle auch befriedigend erfüllt wird. Dennoch ist die feststellung möglich, dass es maassnahmen gibt, die in ihrer struktur ungeeignet sind, der pflicht des staates zur daseinsfürsorge zu genügen(04). Seiner garantenstellung kann der staat sich nicht entziehen, wenn die legitimen partikularinteressen des individuums als ich mit den ebenso legitimen partikularinteressen seines genossen im widerstreit stehen, auch dann nicht, wenn der staat die streitschlichtung in das belieben der streitenden parteien entsorgt und die streitentscheidung nach dem maass der macht ausrichtet, über die die streitenden faktisch verfügen.

Die damen/herren politiker der Berliner Republik irren sich(05), wenn sie meinen, dass die privatisierung des ÖPNV und der Deutschen Bahn AG(06) die menschen in der Bundesrepublik Deutschland(07) ertüchtigen werde, ihre bedürfnisse nach mobilität angemessen zu befriedigen. Es kann sein, dass die mit der privatisierung versprochenen verbesserungen der dienstleistungen partiell, weil profitabel, eintreffen werden, aber man ist kein prophet, wenn die verheissungen für den nutzer der privatisierten leistungen global ein verlustgeschäft sein werden(08), weil die parameter, nach denen der erfolg beurteilt werden soll, mit dem zweck der daseinsfürsorge nicht kompatibel sind. Die Deutsche Bahn AG(09), die derzeit noch zu 100% eigentum der Bundesrepublik Deutschland ist, hat den zweck, dem bürger verkehrsmöglichkeiten anzubieten, damit dieser zu volkswirtschaftlich vertretbaren preisen(10) von A nach B reisen kann, ohne auf das auto oder andere transportmöglichkeiten zurückgreifen zu müssen, die der freien wahl des bürgers offen sind; nicht anders die kommunalen einrichtungen des ÖPNV(11). Es ist nicht der zweck der Deutschen Bahn AG, gewinn zu machen(12). Wer von den damen/herren politikern der Berliner Republik in dieser richtung denkt, der hat weder begriffen, was seine pflicht als gewählter vertreter des volkes ist, noch ist er geeignet, sein mandat im sinn der verfassung auszufüllen; er agiert als vertreter von partikularen interessen, die er gegen das allgemeine wohl im dunstkreis seines mandats auch im eigeninteresse befördert(13). Welchen sinn kann es haben, dass diese damen/herren politiker der Berliner Republik öffentliches eigentum auf den börsen der welt gegen einen appel und 'n ei verscherbeln, öffentliches eigentum, das der daseinsfürsorge dienen soll, aber mit dem geplanten börsengang an interessengruppen, gleichviel welcher sorte, abgetreten wird, in deren verfügungesgewalt die daseinsfürsorge ein spielball(14) des ökonomisch stärkeren sein wird, dem die ökonomisch schwächeren mitglieder der gemeinschaft willkürlich ausgeliefert sind(15); denn auf die daseinsfürsorge der gemeinschaft hat der bürger ein öffentlich einklagbares recht, das mit der verhökerung des öffentlichen eigentums in ein privatrecht verkehrt wird, das den ökonomisch schwächeren faktisch rechtlos stellt(16). Mit der reprivatisierung öffentlicher aufgaben der gemeinschaft wird die gesellschaft nach den erfolgen der aufklärung in jene verhältnisse zurückentwickelt, die die menschen in Europa bis ins 15. jahrhundert gepeinigt hatten. Die reprivatisierung ist eine refeudalisierung der gesellschaft, ein rückfall, in dem eine differenz aber behauptet werden muss, die das schibboleth für die moderne ist. Die neuen feudalherren, diese manager und banker, damen wie herren, haben sich der pflicht entledigt, für das anvertraute feudum zu sorgen und beschränken sich darauf, ihre boni gierig zu kassieren, vertraglich ausbedungen und die helfershelfer daran beteiligend(17). Die privatisierung öffentlicher aufgaben ist ein gigantisches monopoly, an dem alle, die schaumschläger in wirtschaft und politik, sich beteiligen und am öffentlichen eigentum sich bereichern.
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Anmerkungen.
(01) weder die abstammungsgemeinschaft in den ausprägungen von familie, clan und stamm, noch der staat in seinen modernen formen sind als realitäten in das belieben eines individuums gestellt, das als ich ein mitglied dieser gemeinschaften ist. Ohne die gemeinschaft mit seinem genossen kann das individuum, das ein ich sein will, nicht existieren, gleichgültig, ob ihm diese gemeinschaft in der struktur einer abstammungsgemeinschaft real ist oder in der struktur eines modernen staates. Keine frage, diese strukturen sind verschieden, aber die differenzen in den strukturen sind für das funktionieren der gemeinschaften nachrangig; denn der zweck eines staates oder einer abstammungsgemeinschaft ist die sicherung der bedingungen, die die existenz des individuums als ich ermöglichen, einer existenz, in der die gattung überdauert, in deren geschlechterfolge das individuum ein moment ist.     <==//

(02) das ist eine anforderung, die heute weltfremd wirkt, wenn das als maasstab genommen wird, was im mainstream chic ist - 25% rendite auf das investierte kapital. Ein anderer orientierungspunkt ist die maxime: geiz ist geil. Sicher, damit kann das individuum, das ein ich sein will, gegen seinen genossen sich einen vorteil verschaffen, aber diese maasstäbe sind irrlichter, wenn das individuum als ich mit seinem genossen die ordnung der gemeinschaft bestimmen will, eine ordnung, die die existenz für alle, die es betrifft, befriedigend sichern soll. Was die sogenannten scouts als trends in der gesellschaft ausspüren, das sind partikulare interessen, interessen, die, wenn die gemeinschaft sie nicht einhegt, mit der zerstörung der gemeinschaft selbst zerstört werden.      <==//

(03) es ist ein resultat der erfahrung, dass jede geographische region und jede historische epoche ihre eigentümlichkeiten ausweist, in denen die natur ihre chancen ungleich verteilt hat. Worüber die menschen nicht in fülle verfügen können, damit müssen sie haushälterisch umgehen, um jedem das seinige verfügbar zu machen. Das ist eine regel, die selbstverständlich sein sollte, aber die erfahrung zeigt immer wieder, dass die soziale realität eine andere ist. Was die natur an ungleichen chancen zur verfügung hält, das verschärfen die menschen in ihrem scheinbar grenzenlosen egoismus zusätzlich.     <==//

(04) der zweck der daseinsfürsorge ist die befriedigung unabweisbarer bedürfnisse(*), bedürfnisse, die notwendigkeiten der existenz sind, die aber den wünschen eines individuums als ich angepasst sein können. Die mobilität der bürger war in den zurückliegenden zeiten nur begrenzt ein unabweisbares bedürfnis gewesen. Innerhalb der stadtmauern des alten Nürnberg war ein ÖPNV nicht erforderlich gewesen, weil jedermann, gut zu fuss, die stadt in zwanzig minuten von nord nach süd oder ost nach west durchqueren konnte. Heute ist der groossraum Nürnberg so weitläufig, dass jedermann die möglichkeit verschafft sein muss, in einer überschaubaren zeit, den weg zwischen arbeitsstätte und wohnung bewältigen zu können.
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(*) was aber sind unabweisbare bedürfnisse? Viele ansprüche, die das individuum als ich und sein genosse denken können, sind relativ. So kann die armutsgrenze in mark und pfennig absolut nicht beziffert werden, aber es gibt in jeder gemeinschaft das gespür für eine relative armutsgrenze, die gleichwohl in einer zahl ausgedrückt werden kann.      <==//

(05) vielleicht ist es aber doch kein irrtum sondern vorsatz, wenn die grosse koalition und teile der opposition die privatisierung aller öffentlichen verkehrsleistungen fordern und diese forderung mit der nachweisbaren falschen behauptung begründen, dass nur der private unternehmer das optimum an leistung für den bürger vollbringen könne(*). Die permanente, an nötigung grenzende wiederholung der falschen begründung macht diese nicht richtiger, aber pardon, in der logik der grammatisch falschen steigerung ist präzis die logik der wiederholten behauptungen gespiegelt.
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(*) so geht die derzeit opponierende FDP mit der parole: privat vor staat, hausieren, allein die resultate der realisierten projekte sind in den vergangenen 25 jahren wenig überzeugend gewesen, weil das, was als privatisierung öffentlich gepriesen wird, faktisch nur die oligopole aufteilung des marktes unter privaten gewesen war, die bestimmten interessengruppen das privileg, staatlich geduldet, verschafft hatte, den bürger mit überhöhten preissen abzocken zu dürfen. Das üble spiel ist seit jahren auf den energiemärkten: "strom, gas und sprit" zu beobachten. Zwar redet die öffentliche hand vom markt, der theoretisch die preise durch wettbewerb ausgleichen soll, aber auf den realen energiemärkten hat ein oligopoles kartell von energiekonzernen den wettbewerb eingehedged, was für den vorteil der shareholder kein nachteil ist.     <==//

(06) das problem ist nicht die rechtsform der unternehmen, die den benutzern des ÖPNV und der bahn verkehrsleistungen zur verfügung stellen sollen; denn eine AG oder eine GmbH erbringt die geforderte leistung ebenso gut oder ebenso schlecht wie eine behörde, wenn die grundregeln der ökonomie gelten. Für den leistenden, öffentlich oder privat, sind die geforderten leistungen kosten, die der nutzer, bürger des landes, in form von ticketts, gebühren oder steuern begleichen muss. So ist es der behörde in der perspektive der ökonomie nicht zugestanden, die tarife nach politischem kalkül festzulegen(*), sondern die behörde muss, so oder so, die realen kosten für die leistung mit den zahlungen des nutzers begleichen; die bilanz sollte also im idealfall die ziffer: 0, ausweisen. Der perspektive der ökonomie unterliegt selbstredend jede AG und jede GbmH, allein, es kommt noch ein moment hinzu. In der kostenrechnung eines privatwirtschaflich geführten unternehmens ist die marge für den gewinn zusätzlich einzustellen, die den kosten zuaddiert werden. Der nutzer der privatwirtschaftlich erstellten leistung hat das plus zu zahlen, und das gerede, dass der private auf grund seiner strukturen besser arbeiten könne als der staat mit seinen behörden, ist nur ein interessengeleitetes geschwätz(**).
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(*) von der ökonomischen perspektive ist die perspektive der politik strikt zu unterscheiden und die kritik ist unvernünftig, die politisch verantwortlichen zu kritisieren, wenn sie, wie man so sagt, politische vorgaben machen und die preiszahlen gemäss politischer erwägungen nach unten oder nach oben verändern; denn die politischen gründe für diese preismanipulationen können fundiert sein, die, wenn das system auf dauer funktionsfähig bleiben soll, in der volkswirtschaftlichen rechnung austariert bleiben müssen. Keine gesellschaft kann sich mehr leisten, als sie tatsächlich erwirtschaftet, und was derzeit auf dem globalen kapitalmarkt zu besichtigen ist, das ist die vorsätzliche verletzung dieser regel. Über die gründe dieser vorsätzlichen verletzung seitens aller beteiligten soll hier nicht weiter reflektiert werden.
(**) den zusammenhang zwischen den realen kosten eines wirtschaftsgutes und den möglichkeiten eines gewinns haben Ich in meinen ersten beitrag dargelegt. Siehe: privatisierung - die idiotenparole. //==>adm/06.       <==//

(07) es liegt in der natur der sache, dass der öffentliche verkehr als daseinsfürsorge des staates: Bundesrepublik Deutschland, auf die Bundesrepublik Deutschland begrenzt sein muss(*). Gleiches gilt für die lokalen netze des ÖPNV(**). Das tätigkeitsfeld der Deutschen Bahn AG ist die Bundesrepublik Deutschland, nicht aber die ganze welt, in der, wie herr Mehdorn es propagiert, die firma als "global player" die märkte aufmischen soll(***). Es genügt, wenn die bahn in Deutschland ihre verkehrsleistungen kalkulierbar zuverlässig und im komfort nach standard anbietet und jeden tag im jahr von Berlin nach Köln oder München im mindestens stündlichen zeittakt ohne lücke von 6.00uhr morgens bis 24.00uhr abends fährt; internationale verbindungen nach Sevilla und St.Petersburg, resultat vertraglicher absprachen, sollten dem konsumenten zur kommoden nutzung verfügbar sein(****).
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(*) die strikte abschottung der Bundesrepublik Deutschland vom rest der welt ist wegen der vielfältigen vernetzungen der Bundesrepublik Deutschland mit der welt ausgeschlossen, aber die einsicht in ein faktum der globalisierten welt ist kein argument, den kern des gedankens: daseinsfürsorge des staates, auszuhebeln, wenn die aufgabe der daseinsfürsorge weiterhin auf die lokale gemeinschaft begrenzt bleibt, für die sie gelten soll. Man kann sich darüber gedanken machen, ob der begriff: gemeinschaft, ausgeweitet werden soll oder nicht, und die diskussionen um das entstehen der Vereinigten Staaten von Europa legen es nahe, den begriff: staat, auf dieses noch zu schaffende politische gebilde auszudehnen, aber es bleibt in der zeit der globalisierung aller lebensverhältnisse auch zu überlegen, ob es klug sein kann, den begriff: gemeinschaft, so weit auszudehnen, das dieser begriff mit dem begriff: welt, faktisch identisch fällt; denn jede gemeinschaft kann immer nur ein teil eines umfassenden ganzen sein, eben der welt, niemals aber selbst das ganze: die welt.
(**) ÖPNV = Öffentlicher Personen Nahverkehr. Ich benutze durchgehend die abkürzung, da sie stilistisch fast den status der bezeichnung eines dinges hat.
(***) in dieser richtung hatte sich herr Mehdorn in einem interview geäussert, das teil einer anzeige der Deutschen Bahn AG war, die als beilage der Frankfurter Rundschau am 26.09.2008 beigelegt wurde. Im spiel von frage und antwort, offenkundig in der PR-abteilung redigiert, gebraucht Mehdorn den terminus: global player, nicht, aber seine äusserungen weisen eindeutig darauf hin, dass mit dem geplanten, vorerst aufgeschobenen börsengang der DB Mobility Logistics AG anderswo die renditen eingetrieben werden sollen, die bei der befriedigung der normalen verkehrsbedürfnisse der bürger in der Bundesrepublik Deutschland nicht zu holen sind.
(****) bereits vor 50 jahren hatte die alte behördenbahn zwischen den mitgliedsstaaten der damaligen EWG und unter einschluss der Schweiz ein system von luxuszügen geschaffen(TEE = Trans Europ Express). In den hochzeiten der europäischen eisenbahnen hatten die in der regel staatlichen eisenbahnen internationale züge vereinbart, ohne dass es zwingend gewesen war, die eisenbahnen an den börsen zu notieren.     <==//

(08) ein konstitutives moment des begriffs: daseinsfürsorge, ist die vorstellung, dass dem allgemeinen interesse oder, anders gesagt, dem allgemeinen wohl der vorrang vor dem privaten nutzen gegeben sein muss. Kein privates unternehmen, das aus dem grund des selbsterhalts gewinn machen muss, kann das merkmal: allgemeines interesse, ausfüllen, schon gar nicht, wenn die aktien des unternehmens an den börsen gehandelt werden, weil das private unternehmen per definitionem nur das partielle interesse bedienen kann. Es ist ein denkfehler, wenn behauptet wird, dass mit der privatisierung öffentlicher leistungen das problem der rationellen erbringung dieser öffentlichen leistungen gelöst werden könnte; die erfahrungen beweisen das gegenteil(*), aber das schliesst keinesfalls aus, dass private unternehmen im begrenzenden auftrag des staates die öffentlichen leistungen des staates erbringen können. Das ist eine differenz, die nicht unterschlagen werden sollte. Die deutschen bahnen müssen nicht als behörde organisiert sein, aber die privatwirtschaftlich organisierten unternehmen im auftrag des staates müssen die leistungen in der weise erbringen, wie sie von einer behörde in einem demokratisch organisierten staat erwartet werden. Für mätz'chen a la Mehdorn und träumen von renditen im zweistelligen bereich gibt es da selbstredend keinen spielraum.
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(*) der blick nach England belegt diese behauptung hinlänglich. Die dame Thatcher hatte die staatlichen eisenbahnen des königreichs privatisiert und an die meistbietenden investoren verschachert, die, nachdem sie ihren profit aus der substanz der ehemals königlichen eisenbahn gesogen hatten, dem staat: England, die ruinierten reste vor die füsse warfen. Selbst das paradestück der sogenannten privatisierung, der kanaltunnel, endete in einem finanziellen desaster, das die öffentliche hand abzuarbeiten hat. Die staatlich organisierte bahn hatte es geschafft, den weg von Paris nach Calais im tempo 250km/h zu bewältigen, im postkutschentempo fuhr die privatbahn a la Thatcher von Dover nach London weiter, weil ihre investoren nicht die kosten einsetzen wollten, die für die infrastruktur erforderlich gewesen waren. Investitionen in die infrastruktur sind kosten, die als investionen sich nicht im rhythmus der quartalsberichte rechnen, aber in der abfolge der generationen den volkswirtschaftlichen nutzen bringen.       <==//

(09) in Deutschland sind netz und fahrbetrieb traditional in einem gesamtunternehmen verbunden. Das dürfte zweckmässig sein, wenn der staat seiner pflicht der daseinsfürsorge gerecht werden will; denn die volkswirtschaftliche organisation von netz und betrieb sind, von bestimmten nischensituationen abgesehen, als monopolbetrieb rationeller zu gestalten, als wenn sich wenige grosse unternehmen auf dem gleichen netz konkurrenz machen, der einen nichtexistenten wettbewerb vorgaukelt; denn für den bahnkunden dürfte es nachrangig sein, ob er, um von Köln nach München zu kommen, zum gewünschten zeitpunkt von der firma: A, oder der firma: B, transportiert wird, allein der preis und die leistung sollten stimmen. Die organisation des monopolbetriebes muss allerdings unter strikter öffentlicher kontrolle organisiert werden - die alte behördenbahn hatte da, entgegen dem standardgerede ihrer kritiker, volkswirtschaftlich und auch betriebswirtschaftlich(*) keine schlechten resultate geliefert und lernfähig ist jede behörde, die nicht sich selbst überlassen bleibt.
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(*) wenn die politischen kosten, das ist die volkswirtschaftliche perspektive, in der bilanz der Deutschen Bundesbahn(bis 1994), das ist die betriebswirtschaftliche perspektive, gesondert ausgewiesen werden, dann zeigt sich, dass die betriebswirtschaftliche rechnung zwar negativ gewesen war, die volkswirtschaftliche bilanz aber immer ein plus ausgewiesen hatte.       <==//

(10) es sollte für die damen/herren politikern der Berliner Republik zum 1x1 ihres ökonomischen denkens gehören, dass jede in anspruchgenommene leistung ihren realen preis hat, der vom nutzer so oder so bezahlt werden muss. Die debatten um die sogenannten politischen preise, ein dauerthema in den diskussionen um die kosten der alten Bundesbahn oder Reichsbahn der DDR/selig, wurden immer mit einer schiefen frontlinie geführt, weil ausser streit sollte sein, dass für eine erwartete verkehrsleistung die realen kosten für die bereitstellung auch von denen bezahlt werden, die diese leistungen nutzen. Gegen dieses fundamentale gesetz der ökonomie kann auf kurze zeit, politisch gut begründet, gehandelt werden, aber auf lange frist muss die bilanz ausgeglichen sein, wenn das system des austauschs der leistungen funktionieren soll. Auf dieser ebene der argumentation ist von gewinn, profit oder renditen, in welcher grösse auch immer, noch nicht die rede. Und über die verteilung des mehrwerts wird auf einer anderen argumentebene gestritten, die von der argumentebene der befriedigung notwendiger bedürfnisse strikt zu trennen ist.    <==//

(11) was für die bahn gelten soll, das gilt auch für den ÖPNV. Der zweck des ÖPNV ist, die mobilitätsbedürfnisse der bürger zu befriedigen; die erwirtschaftung von gewinnen ist primär nicht sein zweck, gleichgültig, wie anfallende gewinne, die bei guter wirtschaftsführung möglich sind, auch gerechtfertigt werden könnten. Es ist zynisch, wenn die gewählten stadtväter/-mütter der kommunen, den missbrauch der fahrzeuge im dienst des ÖPNV als rollende litfassäulen damit rechtfertigen, dass die einnahmen aus der werbung auf den fenstern der fahrzeuge die unabweisbaren subventionen für den ÖPNV verringern - korrekt: verringern sollen. So geschieht es in Münster/W.(*), in anderen regionen ist die argumentation ähnlich und der skandal gleich(**).
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(*) vage wird behauptet, die einnahmen aus der werbung an den bussen bewegen sich im 6-stelligen bereich. Diese wiederholte auskunft lässt offen, welchen anteil die einnahmen aus der werbung auf den fenstern der fahrzeuge ausmachen. Der öffentliche zuschuss für den ÖPNV liegt in Münster bei ca.40%. Wenn die behaupteten einnahmen aus der werbung an den bussen anteilsmässig auf den fahrpreis umgerechnet wird, den der nutzer direkt für eine fahrt zu zahlen hat, dann bewegt sich dieser anteil im promillebereich, der in cent nicht mehr darstellbar ist - innerhalb von 5 monaten aber haben die Stadtwerke Münster die fahrpreise 2 mal in der summe von 10% angehoben. Die behauptung, dass mit der Werbung auf den fenstern der fahrzeuge im ÖPNV die kosten für den bürger signifikannt niedrig gehalten werden, ist sachlich falsch und in der politischen perspektive eine lüge.
(**) siehe meinen essay: Narrenhände, //==>mdb/02.             <==//

(12) mit der Bahnreform 1994 ist die maxime der gewinnerzielung zur hauptbeschäftigung der bahnmanager geworden(*). Wie der bahnbenutzer von Berlin nach München kommt, oder simpel täglich mit den Regio-Express von Dortmund nach Bochum und zurück, das ist für diese herrschaften eine ärgerliche, weil imageschädliche nebensache. Unter welchen bedingungen die bahnangestellten ihre arbeit verrichten und vergütet bekommen, das ist für die manager auch nur lästiges beiwerk, entscheidend ist, dass der aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG, den herren/damen manager, mit oder ohne wissen des herrn minister(**), ihre boni für den geplanten börsengang vertraglich festgeschrieben hat. Der profit ist ein strukturelles moment jeder privatwirtschaftlichen tätigkeit und nach der logik des profits hat der schwächere im verteilungskampf für den profit des stärkeren geradezustehen. Mit der pflicht des staates zur daseinsfürsorge ist diese logik nicht vereinbar.
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(*) der SPIEGEL schreibt: "Mit diversen Kostendämmungsprogrammen hat Mehdorn versucht, das staatseigene Unternehmen auf eine Kapitalrendite von mindestens zehn Prozent zu bringen"(+).
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(+) DER SPIEGEL,49/2008,p.48.
(**) der streitpunkt, ob herr Tiefensee von dem beschluss des aufsichtsrats bereits im juni 2008 kenntnis hatte oder erst im september 2008, wie anfangs behauptet, durch presseberichte informiert worden sei, ist eine nachrangige marginalie, die zwar rückschlüsse auf die fachliche kompetenz des ministers zulässt, aber an dem mechanismus nichts zu ändern vermag, der sich offenbar darin erschöpft, dass die manager der bahn sich mehr um die eigene tasche kümmern als um die bedürfnisse der bahnreisenden, die sicher von Hamburg nach Stuttgart oder anderswohin fahren wollen.     <==//

(13) wenn man das treiben der damen/herren politiker der Berliner Republik betrachtet, dann kommen zweifel auf, in wessen auftrag sie in Berlin und andernorts tätig sind(*). Mit dem verweis auf die sachzwänge nicken diese damen/herren politiker der Berliner Republik im parlament und anderen beschlussgremien die beschlüsse ab, die ihnen als mandatsträger von den lobbyisten, offiziell und inoffiziell, eingeredet worden sind. Für den bürger sollte es aber dann nicht mehr verwunderlich sein, wenn diese damen und herren nach getanem werk in der wirtschaft wieder als lobbyisten tätig werden. Es gibt eine form des korrumpierten denkens, das nicht justiziabel ist, und weil es nicht justiziabel ist, kann es für diejenigen, die daraus ihren vorteil zu lasten anderer ziehen können, so effizient sein. Mit vernunft hat es wenig zu tun, wenn die verantwortlichen in regierung und parlament den börsengang der bahn promoten, der nach berichten in der presse einmalig zwischen 8 und 3,5mrd.€ in die öffentlichen kassen spülen soll und zugleich jährlich eine gewinnerwartung von ca.2mrd€(**) für die öffentlichen kassen ausschliessen. Mit einem federstrich soll eine sichere gewinnerwartung auf jahre faktisch verscherbelt werden, um ein zufälliges plus für den anstehenden haushalt zu erzielen. Ich habe den eindruck, das das berühmte Lieschen Müller eher in mathematik nobelpreisverdächtig ist als diese rechenkünstler in regierung und parlament, die, nicht zum eigenen schaden, das volksvermögen den sogenannten heuschrecken zum bequemen fraass vorwerfen.
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(*) entweder wissen's diese herren nicht besser oder ihr zweisprech ist vorsatz, wenn in Münster die herren: "Polenz(CDU), Strässer(SPD) und Bahr(FDP)" öffentlich beklagen, dass die Bahn a la Mehdorn Münster vom ICE-verkehr abhänge(+), zugleich aber in Berlin für die privatisierung der Deutschen Bahn AG die hand heben; denn unter der perspektive der betriebswirtschaftlichen rechnung handelt herr Mehdorn konsistent, wenn er das kapital, weil die rendite zu gering ist, nicht für den verkehr in Münster einsetzt, sondern anderswo, dort, wo mehr rendite winkt. Allein, der profit Mehdorn's mag auf dem börsenparkett eindruck machen, aber davon haben die Münsteraner wenig, denen bis auf eine sogenannte tagesrandverbindung morgens nach Berlin und von Berlin abends, keine verbindung ohne umsteigen mehr angeboten wird (es waren einmal 4 verbindungen am tage hin und zurück gewesen!).
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(+) bericht in den Westfälischen Nachrichten, 09.12.2008, über eine tagung der Industrie und Handelskammer (IHK), auf der die vertreter der wirtschaft und der politik unisono die politik der Mehdorn-bahn als nachtteil für den wirtschaftsstandort Münster beklagen, aber andernorts genau das tun, damit herr Mehdorn seine bahnvisionen realisieren kann. Es ist diese unehrlichkeit der akteure, sowohl auf der politischen als auch auf der ökonomischen ebene, die beim bürger den verdruss wachsen lässt.
(**) diese rechnung ist zugegeben vage, aber alle zahlen, die in diesem börsenmonolopy gehandelt werden, sind invalide; unter den gegenwärtigen bedingungen sind nicht einmal mehr die 3,5mrd.€ erlös aus dem verkauf von 25% der aktien minus einer aktie für den geplanten börsengang sicher, und im gemeldeten gewinn von ca.2mrd.€ für 2008(monate januar bis september) sind noch die gewinnsteuern zu verrechnen und was dann übrigbleibt, das kann, wenn die regeln des ehrbaren kaufmanns noch gelten, nur zu ca.25% an die privaten investoren als dividende ausgeschüttet werden.       <==//

(14) die konsequenzen des verkaufs öffentlichen eigentums können an der privatisierung der Bundespost illustriert werden, die in den lobreden der privatisierer als erfolg gefeiert wird. In teilbereichen, vor allem in ökonomisch gut ausbeutbaren ballungsgebieten, haben die nutzer der klassischen postdienste von der privatisierung scheinbar profitiert, aber der unterhalt und die fortentwicklung der für die postdienste notwendigen technischen strukturen war offensichtlich den renditeerwartungen der neuen shareholder unterworfen worden; denn als privatunternehmen hat die Telekom weder ein interesse, dass konkurrenten das vom staat geschaffene leitungssystem frei, für alle zu gleichen bedingungen, nutzen können, noch kann es ein interesse haben, dass neue technologien installiert werden, wenn daraus kein kurzfristiger profit zu erzielen ist. Das offensichtliche versagen des freien marktes hatte den staat indirekt genötigt, mit der einrichtung einer sogenannten regulierungsbehörde immer post festum für ein minimum an chancengleichheit auf dem markt zu sorgen. Damit wird der staat aber seiner pflicht zur daseinsfürsorge, hier ein funktionierendes kommunikationssystem, nicht gerecht, ein system, das technisch für alle auf der höhe der zeit ist. Ein ähnliches bild kann auf den energiemärkten besichtigt werden. Ich bin kein prophet, wenn Ich sage, dass das gleiche bild bald nach dem geplanten börsengang der bahn zu besichtigen sein wird. Zwar sind die ursprünglichen pläne, auch das schienennetz zu privatisieren, trotz fadenscheiniger erklärungen einschlägiger politiker, noch nicht gänzlich begraben worden, und so, wie bahn heute strukturiert ist, die den herrn Mehdorn zum obermanager über betrieb  u_n_d  netz hat, wird die tür für die privatisierung des schienennetzes von den damen/herren politikern der Berliner Republik offengehalten, um dem gewünschten ergebnis mit den passenden mehrheiten den rechtlichen heiligschein zu verpassen.    <==//

(15) zur dialektik von ökonomischer stärke und schwäche verweise Ich auf meinen essay: das prinzip der zahl: 1, //==>adm/20.    <==//

(16) es ist unbestritten, dass der ÖPNV als gegenstand der daseinsfürsorge des staates von den kommunen "vor ort" zu organisieren ist. Es ist aber zunehnmend die tendenz zu beobachten, dass der bürger, sein recht aus der pflicht der kommune für den ÖPNV ableitend, gezwungen wird sein öffentliches recht privatrechtlich gegen das unternehmen zu verfolgen, das, obgleich immer noch zu 100% im eigentum der kommune und mit der durchführung der aufgaben des ÖPNV beauftragt, maassnahmen durchführt, die für das unternehmen privatwirtschaftlich zwar profitabel sind, dem zweck der daseinsfürsorge aber, nämlich die ungestörte inanspruchnahme der dienstleistungen des ÖPNV, zuwiderlaufen. Mit dem beschluss des rates, den ÖPNV über juristische konstruktionen faktisch privatrechtlich zu organisieren(*), hat die kommune sich selbst aus der pflicht der daseinsfürsorge entlassen, aber mit den kosten für den ÖPNV ist die kommune weiterhin belastet, kosten, die der bürger indirekt aufbringen muss, weil das beauftragte privatunternehmen den verkehrsbetrieb nur gegen zahlung des betriebskostenzuschusses aufrechterhalten kann, das gemäss der renditeerwartungen die leistungen aus kostengründen kürzt und fahrpreise, vom bürger direkt gezahlt, erhöht. Was für den ÖPNV im lokalen raum gilt, das gilt auch für die bahn im ganzen land. Für das missmanagement von Mehdorn und Co. will der zuständige bundesminister Tiefensee sich nicht verantwortlich fühlen und kumpelhaft deckt er die machenschaften der eingekauften manager, der bürger aber hat kein einklagbares recht, weil das unternehmen: Deutsche Bahn AG, ein relikt aus den zeiten der alten behördenbahn ausbeutend, nicht den regeln des BGB unterliegt, das immer noch von dem alten römischen rechtsgedanken zehrt, dass der bürger als privatmann im streit mit seinem mitbürger vor dem gesetz des kaisers gleich ist.
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(*) so deutet sich in Münster eine entwicklung an, die darauf hinauslaufen könnte, dass die geschäftsführung der Stadtwerke Münster GmBH künftig die fahrpreise, ungestört vom Rat der Stadt Münster, al gusto wird erhöhen können. Die Westfälischen Nachrichten, 27.10.2008, berichten, dass ein plan in der schublade läge, mit dem "angesichts liberalisierter Märkte" mit "mehr Flexibilität bei der Preisgestaltung" gearbeitet werden könne. Was die flexibilität im faktisch monopolisierten "verkehrsmarkt Münster" bedeutet, das haben die Münsteraner jetzt erlebt. Nach der jährlich üblichen fahrpreisanpassung im august 2008 um ca.5% wurden die fahrpreise zum 1.1.2009 erneut um ca. 5% angehoben. Die offizielle begründung nennt als grund die im gefolge der ölmarktspekulation explodierten preise für dieselkraftstoff. Was aber auf dem treibstoffmarkt im august 2008 noch plausibel gewesen war, das hat mit dem rapiden verfall des ölpreises im dezember 2008 seine rechtfertigung verloren, aber der beschluss der geschäftsleitung ist ein beschluss und aus dem Rat der Stadt Münster hört der bürger nur schweigen....    <==//

(17) die krise des globalen finanzmarktes hat nur die logik des neuen denkens sichtbar gemacht, das unter dem terminus: neoliberalismus, geläufig ist. Aller orten wird davon geredet, dass dieses denken bankrott gegangen sei, aber, wie die erfahrung zeigt, tote leben länger....     <==//
finis
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stand: 10.02.24. //eingestellt: 08.12.31.

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