TEXTSAMMLUNG

das argument des monats
ausgabe: (24)01-03/2010  januar-märz/2010 (blieb bis 10/2010 stehen)

Das wachstum.
Reflexionen über eine trügerische metapher, die zum betrug taugt.
Text und Subtext

Text

Wer in diesen tagen als politiker etwas gelten will, der muss das mantra vom wachstum singen. In der grossen krise, so sagt man, helfe nur eines, die wirtschaft müsse wieder wachsen. Das passende schlagwort ist geprägt: wachstumsbeschleunigungsgesetz. So wie die form eines arguments rückschlüsse auf den gehalt seines inhalts zulässt, so erregt der name eines gesetze(01), bombastisch aufgeplustert, den verdacht, dass mit der barocken fülle des namens die erregten erwartungen nicht bedient werden(02). Ein fragment des zeichens: wachstumsbeschleunigungsgesetz, fixiert mit der buchstabenfolge: w-a-c-h-s-t-u-m, ist der gegenstand der reflexion(03).

In der semantik gilt die regel, dass aus einem zeichen einerseits nicht auf das bezeichnete geschlossen werden könne(04), andererseits können für das bezeichnete viele zeichen gültig sein, die mit dem konsens aller, die es betrifft, kompatibel sind. Der terminus: wachstum, kann also vieles bezeichnen(05), und jedes argument wird vieldeutig erscheinen, wenn es, komponiert mit dem fragment: wachstum, in einem diskurs instrumentalisiert wird. Was also könnten die bedeutungen eines arguments sein, dessen verwender den terminus: wachstum, spekulativ gebrauchen? So gefragt ist die perspektive verändert und der gegenstand des diskurses ist nicht das zeichen: wachstum, sondern das mit dem zeichen: wachstum, bezeichnete, das den beteiligten diskurtanten in vielen phänomenen präsent ist.

Wenn in einem diskurs die streitigen phänomene voneinander unterschieden werden sollen, dann ist es erforderlich, den begriff zu benennen, der, wie die phänomene, in allgemeiner übung mit dem terminus: wachstum, bezeichnet wird(06). Als begriff ist der begriff: wachstum, eindeutig definiert, aber im diskurs wird, vermittelt über den terminus: wachstum, eine identität von begriff und phänomen suggeriert, die, weil phänomen und begriff nicht identisch fallen können, als differenz behauptet werden muss, wenn der diskurs als rational eingeschätzt werden soll, dessen gegenstand das wachstum ist.

Gemäss des gemeinen verstandes soll das als wachstum verstanden werden, das mit der vorstellung des immer grösser werdens einer sache verknüpft wird. Aber was ist das, das da wächst und immer grösser wird? Was ist der reale gegenstand der frage, wenn die sache nach der quantität oder seiner qualität befragt wird(07)? Ausser streit dürfte sein, dass die quantität der sache nach dem maass: grösser oder kleiner, beurteilt werden kann, ebenso sollte ausgeschlossen sein, dass die qualität einer sache mit irgendeiner zahl aus der zahlenreihe: "1, 2, 3,...n" identifiziert werden könne; gleichwohl ist es sinnvoll, auch die qualität einer sache einer differenzierenden beurteilung zu unterwerfen. So ist denkbar, dass die bewertung eines dynamischen prozesses(08) auf die qualität des verursachenden handelns eingeschränkt wird, das mit dem kriterium: nachhaltigkeit des prozesses, differenzierend beurteilt wird, ein kriterium, das die möglichkeit von veränderungen im prozessablauf nicht ausschliesst. Durch die änderungen im prozessablauf erscheint die sache zwar modifiziert, die sache selbst aber bleibt in ihrem sosein strukturell unverändert. Es kann also zweckmässig sein, die differenzierende unterscheidung einer sache nach seiner qualität und quantität zu behaupten, wenn die definition des begriffs: wachstum, der gegenstand des diskurses ist, aber die möglichen antworten des befragten problems können weder auf den einen aspekt der im streit stehenden sache verkürzt werden noch auf den anderen.

Diese unterscheidung ist das fundament der reflexion, die jene metapher, bezeichnet mit dem terminus: wachstum, zum gegenstand bestimmter diskurse hat, deren gegenstand streitfragen der ökonomie sind. Gemeinhin gilt, dass nur ein organismus wachsen könne, eine sache also, die im prozess der veränderungen ihre struktur, ein ganzes, als identisch behauptet. Es ist möglich, dass ein organismus in seinem erscheinen quantitativ wächst, ohne dass seine struktur qualitativ verändert wird, ebenso ist möglich, dass ein organismus sich qualitativ verändert, wenn sein quantitatives erscheinen verändert ist, positiv oder negativ. Was in seiner natur wächst, das vergeht auch wieder, wenn der organismus den grenzpunkt erreicht hat, in dem das kontinuierliche wachstum in verfall umschlägt, durch den jeder organismus in seine elementarteile zerfällt(09).

Die phänomene des wandelns und der konstanz, sowohl hinsichtlich der qualität als auch hinsichtlich der quantität einer sache, können als gleichzeitig wahrgenommen und interpretiert werden, aber die interpretation der beobachtungen wird nur dann aufklärend wirken, wenn die beobachteten phänomene in den grenzen ihrer unterscheidbaren strukturen interpretiert werden. Es ist methodisch zulässig, einen organismus, ein phänomen des lebens, mit der geometrischen figur des kreises, ein phänomen des denkens, zu vergleichen, wenn die differenz nicht ignoriert wird, die zwischen den verglichenen phänomenen behauptet werden muss. Die geometrische konstruktion: kreis, ist nur als ein ganzes vorstellbar, für das die vorstellung einer quantität ausgeschlossen ist. Die kreislinie aber, ein konstitutives moment der konstruktion, kann nur in ihrer quantität fixiert werden, für die alle zahlen der zahlenreihe: "1, 2, 3,...n" theoretisch einsetzbar sind. In der konstruktion: kreis, sind also die möglichkeiten der quantität und der qualität in einem jeweils eindeutig definierten bereich real; denn die kreislinie setzt die vorstellung eines kreises ebenso voraus, wie der kreis die kreislinie voraussetzt, in der anfang und ende identisch fallen, auch dann, wenn ein teil der kreislinie nur als eine linie wahrgenommen wird(10), die durch zwei zahlen der zahlenreihe: "1, 2, 3,...n" fixiert ist. Die imagination des kreises, muster der vollkommenheit, ist mit der vorstellung eines organismus, der aus einem anfang lebt und in einem ende verschwinden wird, nur partiell verknüpfbar. Es ist begrifflich zulässig, bestimmte teile der kreislinie quantitativ als eine linie vorzustellen, wenn die bedingung erfüllt ist, dass für den fixierten teil der kreislinie die formel: y=x, gilt(11) und für den wert: x, zwei zahlen der zahlenreihe: "1, 2, 3,...n" eingesetzt werden(12). Daraus folgt, dass, wenn der kreis und der organismus, jeweils als momente einer metapher, miteinander verglichen werden, die ergebnisse, die quantitativen wie die qualitativen, nur partiell in einem eindeutig definierten bereich gültig sein können(13), und alles übrige, das jenseits dieser grenze sonst noch im überschwang einer sich allmächtig begreifenden, in raum und zeit erbärmlich dürftigen vernunft, verortet wird, das gehört zum feld des unendlichen unsinns.

Den schreihälsen im lager der theoretischen wie der praktischen politischen ökonomie muss ins stammbuch geschrieben werden, dass sie, die in den medial massenhaft verbreiteten statements mit zahlen nur so um sich schmeissen, nicht wissen, dass sie methodisch äpfel mit birnen vergleichen und die öffentlichkeit mit ihren bewusst inszenierten täuschungen belügen; denn dort, wo diese ideologen mit zahlen, scheinbar unwiderlegbar, operieren, folgen sie einem ökonomiemodell, das, wie jeder organismus in der natur, nach einer zeit der prosperität dem verfall notwendig, weil neues entstehen soll, anheimfallen wird(14).
 

Subtext
(01)
die Bundeskanzlerin: Frau Dr.Angela Merkel, hatte den namen: wachstumsbeschleunigungsgesetz, in ihrer Regierungserklärung vom 10.11.2009(*) gebraucht. Der entwurf des gesetzes, von der neuen koalitionsregierung: Merkel/Westerwelle, bereits am 09.11.2009 beschlossen, soll, wie in der presse auch zu lesen gewesen war, einen anderen namen gehabt haben. Wie's auch gewesen sein mag, das wortungetüm: wachstumsbeschleunigungsgesetz, ist in der welt. Mein interesse ist auf ein fragment des namens begrenzt, bezeichnet mit dem terminus: wachstum, der für heterogene phänomene gebraucht werden kann, die nicht immer miteinander kompatibel sind.
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(*) zitiert nach der stenografischen mitschrift des Deutschen Bundestages, der von der Bundesregierung auf ihrer website: www.bundesregierung.de, verbreitet worden ist.   <==//
(02)
im Bundesrat ist das gesetz am 18.12.2009 mit der mehrheit der CDU/FDP/CSU-regierten bundesländer durchgewinkt worden. Die materielle kritik an dem gesetz ist einhellig negativ. Das wachstum der in der finanzkrise gebeutelten wirtschaft werde entgegen den behauptungen der bedienten clientel nicht befördert, wohl aber würde, so der tenor der kritik, die soziale spaltung der gesellschaft verschärft werden(*).
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(*) die details dieses gesetzes, ein flickteppich heterogener einzelbestimmungen, die als reform verkauft werden, ist nicht der gegenstand dieses essays. Die wohlfeile polemik kann also für andere gelegenheiten aufgespart bleiben.   <==//
(03)
konfrontiert mit der logik können die mit dem namen verbundenen vorstellungen mehr verraten als den schöpfern dieses namens angenehm sein kann. Die vorstellung: wachstum, ist nicht nur mit der idee des immer grösser werdens einer sache konnotiert, sondern auch mit der idee der beschleunigung des prozesses, in dem die sache quantitativ zunimmt. Beide vorstellungen können in gleicher weise nur mit zahlen ausgedrückt werden. Wenn also, wie der name es suggeriert, wachstum geschleunigt werden soll, dann bedeutet das fragment: wachstumsbeschleunigung, im terminus das gleiche wie die aussage: wachstum wächst. Folgt man dieser logik, dann müsste der name dieses gesetzes exakt lauten: wachstumswachstumsgesetz. Das aber ist, wie in der logik geläufig, eine tautologie, und eine tautologie ist eine tautologie, in der dem einen durch das andere nichts hinzugefügt wird. In diesem fall wäre es ein segen gewesen, wenn's bei der tautologischen leere des namens geblieben wäre, aber das sogenannte reformgesetz mit dem barocken namen ist mehr, und das ist der politische skandal(*).
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(*) siehe auch dem aktuellen text in der rubrik: die meinung des bürgers/die politische klasse - korrumpiert und unfähig/Das 3.bild. //==>mdb/(15)01-03/2010)<==//
(04)
die praxis, dass aus einem zeichen auf das bezeichnete geschlossen wird, ist im kontext des ontologischen arguments zwar plausibel, aber nicht kompatibel mit den axiomen der logik(*), plausibel, weil im sein der daseienden dinge das daseiende ding der welt als zeichen mit dem bezeichneten als daseiendes weltding ein moment gemein hat, nämlich das allumfassende sein, das die verknüpfung des bezeichnenden und des bezeichneten vermittelt. Diese behauptung, kompatibel mit dem ontologischen argument, ist aber kein beweisendes argument für die feststellung, dass das zeichen und das bezeichnete auch identisch gefallen seien, was sie aber sein müssen, wenn dem argument ein vernünftiger grund zugeordnet werden soll. Im relationalen argument ist die prämisse des ontologischen arguments gegenstandslos, weil zueinander das zeichen und das bezeichnete als phänomene different sein müssen, wenn sie durch das individuum als ich in einer relation miteinander verknüpft werden sollen. Was das zeichen und das bezeichnete in ihrer bestimmtheit sind, das ist abhängig von dem individuum als ich, das einerseits das zeichen als mittel für seinen zweck benutzt, ein zweck, der andererseits das bezeichnete ist, zwei momente, von denen das eine jeweils im horizont des anderen als dem ausgeschlossenen dritten moment bestimmt ist(**).
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(*) wenn die theologen von gott, ihrem gott, reden, dann ist ihr reden von gott, gleichviel von welchem gott, nur mittels der zeichen möglich, die gott mit der schöpfung seiner welt geschaffen hat. Gut - das kann geglaubt werden, wenn der gläubige das glauben will und das als sein wissen auch weiss(+).
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    (+) Ulrich Richter: Ich glaube, was Ich weiss - Ich weiss, was Ich glaube. In: www.ur-philosoph.de //==>bibliographie //==>verzeichnis //==>009:anerknng.
(**) der gedanke: das zeichen und das bezeichnete im trialektischen modus, in einer graphik wiederholt:
1.relation: indiviuum_als_ich<==|==>zeichen(=mittel)
2.relation: indiviuum_als_ich<==|==>bezeichnete(=zweck)
3.relation:  zeichen(=mittel)<==|==>bezeichnete(=zweck)
 
        


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(05)
die termini: zeichen und terminus, verwende Ich synonym. In der theorie der semantik und der semiotik ist die unterscheidung: zeichen/terminus, zweckmässig, aber diese differenz kann hier für den vorgesetzten zweck vernachlässigt werden.   <==//
(06)
die verknüpfung der termini: "begriff, phänomen und zeichen" zum semiotischen dreieck verweist auf eine struktur, die Ich mit dem terminus: der trialektische modus, bezeichne(*). Mit diesen termini kann in einem argument nur dann rational nachvollziehbar operiert werden, wenn die struktur der elemente im ganzen begriffen ist. Die prämisse des relationalen arguments ist, das nur das individuum als ich in seiner welt die relationen setzen kann, die das individuum als ich gültig binden können(**). Was im moment der gelebten gegenwart für das individuum als ich ein begriff ist oder das mit dem begriff unterschiedene phänomen oder das mit einem zeichen bezeichnete: phänomen oder begriff, das erschliesst sich dem individuum als ich im reflexionsprozess über die welt erst dann, wenn es seine relationen zu dem begriff, dem phänomen und dem zeichen gesetzt hat, wobei das individuum als ich im schema des semiotischen dreiecks in jedem moment: begriff oder phänomen oder zeichen, eingesetzt werden kann(***).
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(*) zur theorie: der trialektische modus, siehe: Ulrich Richter. Der begriff: das_politische, im trialektischen modus (B-fassung). In: www.ur-philosoph.de //==>bibliographie //==>verzeichnis  //==>014:das_politische  //==>argument: 2.21.01 (überblick über die argumente im detail).
(**) wird eine andere idee als prämisse angesetzt, dann sind die relationen für den genossen, der_andere, ebenso gültig, aber es ist eine andere welt, die welt des genossen. Diese welten sind nur dann miteinander kompatibel, wenn das individuum als ich: A, und das individuum als ich: B(=der genosse), in einem konsens die gültigkeit der setzung des jeweils anderen als eigene setzung anerkannt haben.
(***) zum begriff: das semiotische dreieck, siehe oben: (*), argument: 2.22.40.     <==//
(07)
gemeinhin wird zwischen einem quantitativen und einem qualitativen wachstum unterschieden. Hinsichtlich der quantität einer sache ist die zuordnung plausibel, weil die differenz der quantitäten mit distinkten zahlen der zahlenreihe: "1, 2, 3,...n" ausgedrückt werden kann. Diese möglichkeit ist mit blick auf die qualität einer sache ausgeschlossen, es sei, man aktiviert hilfskonstruktionen, die verdeckt mit quantitäten operieren, um so die zahlenreihe: "1, 2, 3,...n" wieder ins spiel zu bringen(*).
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(*) so kann, wenn ein beispiel benannt werden soll, die veränderung der tonhöhe im oktavabstand als eine form qualitativen wachstums interpretiert werden. Die hilfskonstruktion ist die frequenzzahl der differenten tonhöhen. Prima vista ist das argument schlüssig, secunda vista ist das argument falsch. Der kammerton: a(=440hz), ist ein anderer ton als der ton: a'(=880hz). Die beiden töne unterscheiden sich in der frequenz, die mit zwei differenten zahlen fixiert wird. Aber die aus dem quantitativen faktum abgeleitete qualitative differenz der beiden töne im oktavabstand, kann zureichend nur mit dem physikalischen phänomen der obertonreihe erklärt werden, phänomene, die logisch stringent nicht mit den termini: grösser/kleiner, bezeichnet werden können, weil diese termini auf relationsbegriffe weisen, die in der theorie der obertonreihe schlichter unsinn wären. Es könnte noch eingewendet werden, dass mit dem anwachsen der frequenzzahlen auch die zahl der für das ohr wahrnehmbaren obertöne geringer werde. Physikalisch ist diese beobachtung richtig, mit der unterscheidung: mehr/weniger, kann aber die subjektive wahrnehmung dieser differenzen nicht zureichend erklärt werden.   <==//
(08)
es ist plausibel, die vorstellung eines dynamischen prozesses mit quantitativen vorstellungen zu verknüpfen. Jedem prozesshaften ablauf können vorstellungen der quantität und qualität zugeordnet werden, folglich erscheint jede sache, die beurteilt werden soll, im verlauf des prozesses als doppeldeutig. Im analytischen blick sind die perspektiven der qualität und der quantität einer sache eindeutig voneinander abtrennbar, in der reflexion des analytisch getrennten werden die momente wieder synthetisch miteinander verknüpft, indem das individuum als ich das moment der quantität im horizont des ausgeschlossenen dritten moments: die qualität, bestimmt fasst; nicht anders das moment der qualität(*)
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(*) der gedanke, gefasst im schema des trialektischen modus, als graphik wiederholt. Die vorstellung des wachstums einer sache hat das individuum als ich in den folgenden relationen präsent:
1.relation: individuum_als_ich(=wachstum)<==|==>quantität(der_sache)
2.relation: individuum_als_ich(=wachstum)<==|==>qualität(der_sache)
3.relation:                  quantität(der_sache)<==|==>qualität(der_sache).
 
       


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(09)
der vorwurf ist plausibel, dass Ich offen mit einem biologistischen modell argumentiere. Es sollte aber nicht ignoriert werden, dass Ich mittels einer metaphorischen erklärung(*) einen sachverhalt zu deuten versuche, der von den verfechtern der wachstumsideologie ausgebeutet wird. Die ideologen des wachstums blenden im begriff: wachstum, zynisch kalkulierend und klammheimlich, sein konstitutives moment: der notwendige zerfall alles gewordenen, einfach aus(**). Keine vorstellung eines wachstums ist benennbar, die dem wachstum den zerfall des gewachsenen nicht implizit zuordnet, so wie es keine vorstellung gibt, die im zerfall des faktischen nicht die implizite möglichkeit des anderen aufblitzen liesse, das zerfallene alte neu zu organisieren. Der glänzende börsenkurs einer aktie hat seinen crash zum ständigen begleiter, und bislang ist jede aktie, die am himmel der börsen als leuchtender stern aufgegangen war, wieder im orkus des vergessens verschwunden, aus dem, wie Mephistopheles, den zeiten angepasst(***), klagt, unablässig neue aktien auftauchen.
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(*) die logik der metapher impliziert, das ungleiches in teilen vergleichbar gemacht wird. Diese logik verstattet es, weit entfernte phänomene miteinander zu verknüpfen, um ein bestimmtes moment des phänomens mit dem bestimmten moment eines anderen phänomens gleichzusetzen. Der kern jedes metaphorischen vergleiches wird dann falsch, wenn die grenze der vergleichung überschritten wird. Das bestimmte phänomen, das erklärt werden soll, ist das eine, das andere ist das bestimmte phänomen, das etwas erklären soll, und beide phänomene können nicht identisch fallen. Es bleibt immer eine differenz, die behauptet werden muss, wenn die vergleichung der phänomene vorgenommen wird.  *<==//
(**) für sich ist der begriff das verbindliche maass, mit dem das individuum als ich die phänomene, dinge der welt, voneinander unterscheidet und beurteilt. Für sich definiert das individuum als ich in seinem forum internum jeden denkbaren begriff unbedingt gültig im horizont des konsenses, auf den sich alle, die es betrifft, verständigt haben. Folglich ist der begriff: wachstum, in der perspektive des individuums als ich und in der perspektive seines genossen eindeutig festgelegt, aber das, was auf dem forum publicum als allgemeines einverständnis präsent ist, das zeigt sich als trügerisch; denn im begriff: wachstum, sind zwei bereiche der erfahrung miteinander verknüpft, die logisch nicht vereinbar sind, aber mittels einer metapher kompatibel gemacht werden. Der eine bereich ist das leben, das im bild des wachsenden lebens auch mit dem schreckbild des todes verknüpft ist. Der andere bereich ist die physik, die das fortschreiten in der zahlenreihe: "1, 2, 3,...n", als ein anwachsen in der grösse deutet, das im unendlichen sich verliert, einer unendlichkeit, für die die vorstellung des todes im horizont des lebens irrelevant ist. Es ist aber üblich, diese beiden disparaten bereiche humaner existenz, bezeichnet mit den termini: physik und leben, miteinander zu amalgamieren. Das ist methodisch im strikten sinn unzulässig, gleichwohl die verknüpfung unvereinbarer lebensbereiche dem interessierten politiker hinreichende möglichkeiten eröffnet, sein interesse mal mit dem einen aspekt, mal mit dem anderen aspekt zu rechtfertigen. In der physik gilt die lineare oder die exponentiale progression, gebunden an die zahlenreihe: "1, 2, 3,...n". Hier wird, wenn die formeln verbalisiert werden, auch von einem anwachsen, genauer: grösser werden, der werte gesprochen, aber diese stetigen veränderungen sind weder ein wachsen noch ein vergehen, vorstellungen, die nur im bereich der biologie ihren angemessenen sinn haben. Auch in der biologie wird von einem stetigen wachsen der individuen im sinn des immer grösser werdens gesprochen, dieses wachsen impliziert aber notwendig einen gipfelpunkt, der der wendepunkt ist und von dem ab ein schrumpfen und vergehen impliziert ist(+), das im tod des individuums endet(++).
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    (+) nach diesem modell wird auch die ballistische bahn eines körpers in raum und zeit interpretiert. Ein ordentlicher physiker wird sich, wenn er rational argumentiert, auf die einschlägige formel beschränken, und die dichter stutzen das modell auf das, was gerade im vers passt.
    (++) im bild markiert der tod das ende des wegs, den weg, den jedes individuum geht, auch das individuum, das sich als ich bildet und als krone der schöpfung missinterpretiert. Vom phänomen: tod, aber können nur die nachlebenden noch etwas erzählen. In dieser perspektive ist der vergleich der erfahrungsebenen: biologisches leben und ökonomie, notwendig ungleich und wird logisch zwingend zu falschen konsequenzen führen, die das individuum als ich und sein genosse aus ihren erfahrungen ziehen müssen, erfahrungen, die sie im moment der gelebten gegenwart machen und die sie als projektionen in die zukunft fixiert haben und die sie als facta der vergangenheit erinnern können. Es ist schlichte dummheit, wenn politiker so daher schwätzen, dass das heil der menschen nur im wachstum der wirtschaft aufscheinen könne; die dichter sprechen klüger, wenn sie das magische leuchten, modern in den statistiken, altmodisch in einem geheimnisvollen kristall, als irrlicht markieren.  **<==//
(***) Johann Wolfgang von Goethe. Faust, szene: Faust-Mephistopheles, vers: 1339-1344 (denn alles, was entsteht, / Ist wert, daß es zugrunde geht; / Drum besser wär's, daß nichts entstünde. / So ist denn alles, was ihr Sünde, Zerstörung, kurz das Böse nennt, / Mein eigentliches Element.).  ***<==//    (09)<==//
(10)
es ist auf die infinitesimalrechnung zu verweisen, die mit tangenten operiert, wenn linien des kreises oder einer parabel berechnet werden sollen. Die tangente ist eine gerade linie, für die die formel: y = x, gilt.   <==//
(11)
der wert: x, kann auch exponential definiert sein. Die kurve des kreises ist aber nicht die kurve einer parabel und was mathematisch eindeutig definiert ist, das ist für die assoziierende spekulation keineswegs ein hindernis, und so träumen die freaks der neoliberalen zunft unverdrossen, quasi als gipfelpunkt ökonomischer rationalität, auch von einem exponentialen wachstum - allein der sturz in die realität fällt dann ein wenig spektakulärer aus, aber immer mit dem gleichen resultat: 0.   <==//
(12)
die mathematiker rechnen wie selbstverständlich mit der vorstellung einer unendlichkeit. Das ist sinnvoll, weil sie pragmatisch die unendlichkeit mit einer zahl identifizieren, die teil der zahlenreihe: "1, 2, 3,...n" ist. Zur kennzeichnung des bestimmten, aber nicht benannten ranges auf der zahlenreihe, benutzen sie das sonderzeichen: , und markieren in der zahlenreihe damit einerseits die differenz zu den zahlzeichen: 1-10, einschliesslich ihrer unendlich vielen kombinationsmöglichkeiten, und andererseits wird mit dem sonderzeichen elegant die logische lücke in der theorie der zahlen aufgefüllt, die zumindest diesseits der grenze das rechnen mit den zahlenwerten sichert.   <==//
(13)
es kann daher vernünftig sein, von wachsenden firmen oder volkswirtschaften zu sprechen, aber dieses reden ist nur dann rational, wenn der verfall und der untergang dieser entitäten auch im kalkül impliziert ist.   <==//
(14)
mit blick auf die dokumente der historia ist in der perspektive des individuums als ich belegbar, dass jede volkswirtschaft, die alte stammeswirtschaft ebenso eingebunden wie die modernste staatswirtschaft, eine zeit des wachsens und des triumphierens hatte und von einer anderen ökonomie, die sich in der zeit erfolgreicher präsentieren konnte, abgelöst und ersetzt worden ist, die prophezeiung eingeschlossen, dass es künftig kaum anders sein wird. Mit dem ideal der quantitativen veränderung ist der prozess des notwendigen zerfalls nach der periode des wachsens nicht abwendbar, bestenfalls auf zeit prolongierbar, das ideal der qualitativen veränderung aber funktioniert nur solange, wie die illusion aufrechterhalten werden kann, dass das immer wieder entstehende neue mit dem vergangenen alten strukturell, wenn nicht gleich, so doch zumindest ähnlich ist. Wer diesen zusammenhang ignoriert oder verleugnet, der will, gleichviel mit welcher guten absicht, betrügen, mit welchem ziel, das lasse Ich offen.   <==//


finis
 

stand: 10.11.14.   /10.02.24.

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