TEXTSAMMLUNG
das argument des monats
ausgabe: (30)04-06/2014 april-juni/2014(blieb bis 11/2014 stehen)
 
Der verwender fremder daten ist beweispflichtig.
Die umkehr der beweislast im zeitalter der informationstechniken.

Die beweislastregel, bewährt in der jurisprudenz der tradition(a), ist eindeutig: wer etwas behauptet, der ist verpflichtet, den behaupteten anspruch zu begründen. Der beweislastpflichtige muss darlegen, dass seine behauptung im horizont der geltenden kausalität richtig ist. Diese regel hatte in der alten zeit genügt, weil jeder im horizont der gemeinschaft fähig war, die verantwortung für seine behauptung zu übernehmen(b). Die alte regel, unzerbrechbar in der tradition, ist im zeitalter der informationstechniken brüchig geworden, weil das individuum als ich einerseits die kumulierten daten seiner existenz nicht mehr überschauen kann(c) und andererseits mit der erfahrung konfrontiert ist, dass jedes element dieser datenmasse mit einer ausgeklügelten technik isolierbar ist und folglich, eingebunden in einer anderen verknüpfung, auf das individuum als ich zurückfallen kann(d). Das individuum als ich weiss, dass es diesen prozessen der technik ausgeliefert ist, weil mit den neuen informationstechniken ein wechsel der sachherrschaft über die daten des individuums als ich vollzogen worden ist, der das fundament der alten beweislastregel zerstört hat. Nicht länger ist das individuum als ich der herr seiner daten, geschaffen von ihm, sondern die sachherrschaft über seine daten ist dem genossen zugefallen, dem als faktischer besitzer der daten ein schatz zugefallen ist, mit dem der besitzer nach gutdünken verfahren kann(e).

Die unterscheidung der tradition: eigentümer oder besitzer des datums, ist im dunst des vagen untergegangen(f). Der eigentümer des datums hat faktisch die sachherrschaft über sein datum verloren, de iure aber ist er weiter der traditionalen beweislastregel unterworfen. Faktisch kann der besitzer des datums al gusto mit dem besessenen datum verfahren, der rechtwidrige gebrauch eingeschlossen, de iure aber hat er sich keinen rechtlichen besitz an dem datum verschafft, das seine sachherrschaft rechtlich begründet. Die rechtliche konsequenz ist, dass der faktische besitzer des datums, ledig der beweispflicht, einen anspruch behaupten kann und die anschuldigung nicht fürchten muss, wider das recht gehandelt zu haben, beweisbar mit tatsachen. Die situation ist unbefriedigend. Einerseits hat der eigentümer des datums gegen den besitzer des datums, dieses gebrauchend, ein einklagbares recht, das er mit der traditionalen beweislastregel nicht durchsetzen kann, andererseits verweist der besitzer des datums, die sachherrschaft ausübend, auf das faktum des besitzes, das der besitzer, ledig der beweispflicht, nicht als sein recht ausweisen muss.

Die reale situation, ein verhältnis der macht zwischen dem besitzer des datums und dem eigentümer dieses datum, erfordet, dass die regel der beweislast umgekehrt wird. Das ziel der umkehrung der beweislast ist, dem eigentümer des datums, das nur ein element in einer cloud von daten ist, die sachherrschaft über das datum wieder zu verschaffen. Mit der umkehr der beweislast und der rückgewinnung der sachherrschaft wird dem durch die techniken entmächtigten eigentümer des datums kein neuer rechtsanspruch verschafft, weil der zweck der beweislastumkehr darauf beschränkt ist, den besitzer des datums zu zwingen, öffentlich darzulegen(g), dass sein gebrauch des fremden datums mit der geltenden rechtsordnung kompatibel ist. Der verwender des fremdem datums(h) muss die rechtsnorm bezeichnen, die sein handeln, so wie es steht, rechtfertigen soll. Dann ist dem eigentümer des datums anheim gestellt, sein recht am datum entweder zu behaupten oder nicht. Der streit über die ansprüche, einander sich ausschliessend, ist möglich und dieser streit ist von einem ordentlichen gericht nach geltendem recht und gesetz zu entscheiden.
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Anmerkungen:
(a)

in jeder ordnung der rechte, rationalen kriterien genügend, ist die beweislast für die behauptung eines rechtsanspruchs geregelt. Das prinzip der beweislast ist die pflicht des behauptenden individuums als ich darzulegen, dass es befugt ist, ein bestimmtes recht in der übereinstimmung mit der geltenden ordnung zu beanspruchen. Die logik der regel ist in der fähigkeit des individuums als ich gegründet, sich für die eine oder die andere behauptung zu entscheiden, sich selbst an die getroffene entscheidung bindend. Die bedingungen, einerseits die autonome entscheidung des individuums als ich, andererseits die pflicht des individuums als ich, sich an seine autonome entscheidung selbst zu binden, sind das fundament seines verantwortlichen handelns, wenn das individuum als ich sich rational in der rechtsordnung orientieren will, etabliert in einem konsens aller, die es betrifft. Diese orientierung gelingt dem individuum als ich nur dann, wenn es sein handeln in der sachherrschaft über seine daten gründen kann.      (a)<==//
(b)
in der alten, der vordigitalen zeit genügte es, das, was geschah, mit eigenen augen zu beurteilen(01). Diese fähigkeit, die gewissheit des unmittelbaren urteils, ist mit den avancierten techniken im digitalen zeitalter faktisch auf null reduziert worden und staunend registriert der nutzer der neuen medien, dass diese so schön funktionieren. Ausgeliefert der technik registriert der nutzer, dass er im moment der gelebten gegenwart weder das rechnen der maschine im nanobereich der zeit nachvollziehen kann, noch versteht er die software, mit der im datenpool die angesammelten daten neu verknüpft werden können, in konstellationen, die seine gewohnten vorstellungen übersteigen(02). Das individuum als ich ist mit einer situation konfrontiert, in der das individuum nicht mehr das sein kann, was es sein will, ein ich. Im strom der neuen informationstechniken hat das individuums als ich, die neuen techniken nutzend, sich als ich entmächtigt und diese entmächtigung des individuums als ich wird im geltenden rechtssystem gespiegelt wahrgenommen, der tradition vielleicht noch angemessen, aber nicht mehr tauglich für die moderne zeit(03).
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(01)
mit seinen verfügbaren sinnen kann das individuum als ich nicht mehr nachvollziehen, was in der maschine, mit dem terminus: computer bezeichnet, abläuft, diese maschine mit den befehlen in geeigneter form bedienend. Der computer ist als maschine einer black box vergleichbar. Automatisiert werden die eingegebenen befehle von den softwareprogrammen registriert und transformiert, auf dem schirm die bilder erscheinen lassend. Die rechenprozesse aber kann das individuum als ich, gewurzelt in den vorstellungen der tradition, nicht mehr nachvollziehen und von der technik genötigt, programmiert vom genossen, überlässt es sich der maschine blind.   (b/01)<==//
(02)
mit den neuen informationstechniken sind vorstellungen möglich geworden, die bisher nicht imaginiert werden konnten. Es werden daten auf der einen seite systematisch in die teile zerlegt, fragmente, die auf der rückseite wieder neu verknüpft werden können. Das datum, für sich offenkundig bedeutungslos, kann in der neuen kombination ein gewicht erhalten, das, losgelöst von der alten bindung, auf das individuum als ich, den schöpfer des datums, zurückfällt(*1), und das individuum als ich mit einer verantwortung konfrontiert, die es nicht mehr tragen kann.
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(*1)
es ist zu erwägen, ob der grund für die phänomene des aktuellen terrorismus in der welt nicht in dem mechanismus der dekonstruktion der daten und ihrer möglichen rekonstruktion zu verorten ist; denn jedes datum kann so zugerichtet werden, dass beim vorliegen bestimmter konstellationen vermutet wird, dass das im fadenkreuz der daten ermittelte individuum als ich auch der vermutete terrorist ist. Es ist der klassische fehlschluss von der möglichkeit auf das faktum und seither ist es ein brauch der mächtigen, die fehlenden fakten mit vermutungen auszutauschen und den vermutungen die konstruierten daten zu unterlegen.    (b/02)<==//
(03)
die behauptung ist falsch, dass die rechtssysteme der tradition untauglich geworden seien, das soziale leben der gattung: mensch, im zeitalter der avancierten informationstechniken zu organisieren. Die imperative einer rationalen rechtsordnung sind uneingeschränkt gültig(*1), aber der zweifel steht im horizont, ob diese imperative noch mit den mitteln der traditionalen welt verfochten werden können. In der alten zeit musste das individuum als ich in personam vor die schranke des gerichts treten, seine sache vortragend und verteidigend, im zeitalter des internet genügt der klick mit der maus, der den genossen, das individuum als ich eingeschlossen, an den virtuellen pranger stellt.
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(*1)
es ist zu beachten, dass die ordnung des denkens nicht die ordnung der maschine ist. In der gegenwärtigen diskussion um die möglichkeit von erkenntnis wird diese differenz immer wieder ignoriert. Das biologische fundament ist das gehirn, die deutung der biologischen prozesse aber ist die leistung des individuums, das sich seines ichs bewusst ist.   (b/03)<==//         (b)<==//
(c)
man spricht von Big Data. Einer bisher unbestätigten meldung zufolge soll der US-geheimdienst: NSA, fähig sein, die telephongespräche eines landes, angefallen in einem monat, in gänze zu speichern(01). Die speicherung der daten ist ein technisches problem, das, weil es technisch lösbar ist, auch systematisch betrieben wird(02). Das problem ist nicht die ansammlung der daten, jede datenbank für sich(03), aber die gesammelten daten werden dann zu einem problem, wenn die gigantischen datenmengen mit einer raffiniert-excessiven software so aufbereitet werden, dass im scheinbaren chaos der daten strukturen sichtbar werden, die jede vorstellung bis heute übersteigen. Jedes datum, für sich unbedeutend und scheinbar harmlos, kann so zum schlüssel werden für eine neue konstellation von daten(04), der sich das individuum als ich ausgeliefert weiss. Einerseits kann das individuum als ich, der eigentümer des datums, sich der situation nicht entziehen, andererseits kann das individuum als ich mit seinem datum nicht mehr kalkulieren, weil es die sachherrschaft über dieses datum verloren hat und dem kalkül des besitzers dieses datums ausgeliefert ist. Das individuum als ich, der sachherrschaft des besitzers seines datums preisgegeben, ist zu einem spielball des genossen und dessen interessen degradiert, interessen, die operativ eingesetzt werden, um vorteile zu kreieren, die zu lasten des jeweils anderen gehen sollen. Der skandal ist, dass in der neuen situation weiter von der verantwortung des individuums als ich gesprochen wird, das im gefüge der machtbeziehungen nackt ist, ein blosses objekt dem verwender seiner daten(05).
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(01)
diese nachricht habe Ich im rundfunk am 19.03.2014 gehört. Edward Snowden soll die quelle der information sein. Diese information ist glaubwürdig, weil es technisch möglich ist, daten in diesem umfang zu speichern, und es muss als unglaubwürdig eingeschätzt werden, dass ein geheimdienst die gegebene chance auslassen wird.   (c/01)<==//
(02)
die systematische speicherung der anfallenden daten(*1) wird unter dem stichwort: vorratsspeicherung der daten auf bestimmte zeit,(*2) aktiv betrieben, aber die diskussionen werden mit den falschen prämissen geführt. Die sicherheit der daten vor falschem gebrauch ist nicht das problem(*3). Das problem sind die daten, die der besitzer des schatzes al gusto gebrauchen kann, legitim und nicht_legitim, gespeichert mit befristung oder nicht.
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(*1)
jeder nutzer des internets hinterlässt digitale spuren, die systematisch gespeichert werden können und faktisch auch gespeichert werden. Teils ist es notwendig, diese daten für den bestimmten zweck: die gewährleistung des netzbetriebs, zu erfassen, teils sind die anfallenden daten für diesen zweck redundant, aber, und das ist der kern des problems, diese daten haben einen collateralnutzen für den, der es versteht, die daten auszubeuten. Der besitzer des datums definiert den neuen zweck, mit oder gegen das gesetz(+1). Das praktische problem ist, die scheidelinie zu bestimmen, die das erforderliche von dem trennen soll, was redundant ist.
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(+1)
das problem des missbrauchs der daten, immer präsent, ist in dieser erörterung ein nachrangiges problem(§1).
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(§1) anmerkung: (c/02/*3).    (c/02/*1)<==//
(*2)
das problem der dauer ist vorgeschoben. Es ist zwar eine differenz, ob ein datum 2 monate aufbewahrt werden soll, bis es gelöscht wird, um platz für neue daten zu schaffen, oder ob das datum 2 jahre oder 2 generationen lang aufbewahrt sein soll. Die differenz, im bestimmten fall entscheidend(+1), ist aber marginal; denn von der dauer der aufbewahrung hängt der mögliche missbrauch der gesammelten daten nicht ursächlich ab.
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(+1)
das argument der befürworter der datenspeicherung auf vorrat ist prima vista plausibel, secunda vista aber irreführend. Wenn die angesammelten daten faktisch für die fahndung notwendig sein sollten, um post festum kriminelle überführen zu können, dann ist die festlegung: "6 monate, oder 2 jahre, oder eine sonstige frist in den grenzen der lebensspanne eines menschen" willkürlich, weil genügend viele fälle zitiert werden können, deren aufklärung erst nach jahren durch günstige zufälle möglich geworden war, und fälle der historia sind bekannt, die bis heute der aufklärung harren.    (c/02/*2)<==//
(*3)
das bedürfnis und der wunsch auf gesicherte daten sind nicht zu ignorieren, aber diese erwartungen sind den möglichkeiten der digitalen welt unterworfen. Es ist eine illusion, in der welt der bits und bytes absolute sicherheit anstreben zu wollen, weil kein datum aus einem systematischen grund sicher sein kann; denn jedes datum hat die 0/1-entscheidung zum fundament und es ist nur eine frage der aufzuwendenden zeit und der verfügbaren finanzmittel, die realisierte verschlüsselung aufzubrechen.   (c/02/*3)<==//     (c/02)<==//
(03)
ein datum, blooss gesammelt und abgespeichert in einer datei, ist für sich keine gefahr, aber das datum kann dann zu einer gefahr werden, wenn das datum für einen anderen zweck instrumentalisiert wird. Das problem ist der andere zweck, den der faktische besitzer, nicht der eigentümer des datums setzt. Jeder zweck, den der besitzer im eigeninteresse verfolgen will, ist denkbar, und das, was gedacht wird, das kann, wenn die ressourcen verfügbar sind, auch in der realen welt realisiert werden, erscheinend im janusgesicht des nutzen für den einem, zum schaden für den anderen. Über diese zwecke übt der besitzer des datums seine sachherrschaft aus(*1), die dem eigentümer des datums faktisch entzogen ist.
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(*1)
der technische aspekt der sachherrschaft soll beiseitegestellt bleiben, weil auf dieser handlungsebene die ereignisse kontrollierbar sind. De facto kann unterstellt werden, dass der besitzer des datums auch immer über die technischen möglichkeiten verfügt, das datum zu händeln, möglichkeiten, über die der eigentümer des datums nicht immer verfügen kann. Die technik ist für sich wertneutral, dann, wenn die perspektive der zwecke ausgeschlossen wird; denn die technik funktioniert, wenn sie fuktioniert, sowohl für den eigentümer des datums als auch für den besitzer des datums uneingeschränkt.   (c/03)<==//
(04)
in der praxis ist das gespeicherte datum als schlüssel für seine funktion in der kommunikation des individuums als ich mit seinem genossen doppeldeutig. Im moment der gelebten gegenwart ist für das individuum als ich und seinem genossen eine situation geschaffen, in der zwei gedanken, weit auseinanderliegend, miteinander verknüpft werden sollen. Der erste gedanke ist, dass das einzelne datum, für sich zufällig, zum flügelschlag eines schmetterlings werden kann, der die initialzündung eines taifuns ist(*1). Der zweite gedanke ist ein altes sprichwort: über tausend ecken ist auch der teufel mit gott identisch, oder, variabel formuliert, der gott ist mit dem teufel dasselbe - ein böses wort, aber kann dieses wort ein vernünftiger grund sein, den gedanke als unwahr einzuschätzen? Das wohl nicht. Mit diesen gedanken kann die scheinbare harmlosigkeit eines datums kenntlich gemacht werden, das, neu verknüpft, zu einem monster mutiert(*2).
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(*1)
eine metapher ist nicht die sache selbst, auf die die metapher hinweist. Diese einschränkung darf nicht ignoriert werden, wenn eine kausalkette beurteilt werden soll, von der zumeist nur ein fragment verfügbar ist, das zur interpollation eines zweiten, eines anderen gedankens nötigt, einerseits der gedanke des endes der kausalkette, andererseits der gedanke ihres anfangs.
(*2)
die techniken der verknüpfungen sind bereits zur hand und werden fortlaufend raffinierter konstruiert. Der sogenannte technische fortschritt ist, beurteilt im historischen rückblick, atemberaubend. Es bedarf keiner seherischen fähigkeiten, um wahrzusagen, dass die smartphones von heute, exponential leistungsfähiger als die klobigen pc-stationen vor 20 jahren, in 10 jahren das schicksal ihrer vorläufer teilen werden. Die speicherkapazitäten der datenträger sind exponential gewachsen, vor 20 jahren wurde die leistungsfähigeit in Kb definiert, heute genügen bereits Terrabits nicht mehr, und die rechenoperationen, die auf einem rechner pro sekunde durchgeführt werden können, haben die millionengrenze schon hinter sich gelassen.    (c/04)<==//
(05)
es wird berichtet, dass die firma: facebook, sich einen dreck drum schere, wenn sie vom "user", dem mutmaaslichen eigentümer des datums(*1) aufgefordert wird, ein datum wirksam zu löschen. Zwar versichert die firma, die löschung des datums vorzunehmen und die löschung wird dem nutzer auch demonstrativ auf dem bildschirm bestätigt, aber, in bester bürokratenmanier, wird der "vorgang" zugleich registriert und als neuer datensatz abgespeichert - alles müsse ja schliesslich auch seinen ordentlichen gang nehmen. Formal hat die firma: facebook, als besitzer des datums dem recht genüge getan und dennoch, dem recht genügend, hat die firma: facebook, in einem neuen datensatz, ein anderer datensatz, seinen schatz gesichert, offen zu weiterer nutzung. Das netz vergisst nichts! - da liegt der hase im pfeffer.
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(*1)
die stellung des "user", den angebotenen service im internet nutzend, ist nicht eindeutig geklärt. Es sollte nicht ignoriert werden, dass die daten, die der user in das netz einspeist, nicht in jedem fall sein eigentum sind, diese daten sind nur sein faktischer besitz, mit dem der user ebenso nach gutdünken verfährt, wie die "grossen" besitzer der daten, Google und Co., deren handeln der user zu geisseln pflegt.   (c/05)<==//       (c)<==//
(d)
der eigentümer des datums ist für sein datum verantwortlich, der besitzer des datums nicht anders(01). Die voraussetzung für die verantwortung, sowohl des eigentümers des datums als auch dessen besitzer, ist die faktische sachherrschaft des besitzers oder des eigentümers über das datum. Im zeitalter der digitalen techniken ist die zuordnung der sachherrschaft transformiert worden, der eigentümer hat die originäre sachherrschaft über das datum verloren und die sachherrschaft ist auf den besitzer des datums übergegangen(02). Über den grund des wechsels kann spekuliert werden, das faktum des wechsels, verortet in den prozessen der modernen technologien, kann aber nicht mit kunstfertigen tricks wegdisputiert werden. Der augenschein war und ist die grundlage der traditionalen beweislastregel, weil im augenschein die prozesse der transformation in raum und zeit nachvollziehbar sind. Spätestens mit dem aufkommen der neuzeit in abendland waren diese prozesse der transformation zunehmend undurchschaubarer geworden(03), weil die arbeitsmittel, deren sich alle bedienten, in ihrer struktur einerseits komplexer, andererseits effizienter geworden waren. Das, was der nutzer eines computers heute noch verstehen kann, das ist geschrumpft auf die eingabe standardisierter befehle über die tastatur des pc's(04). Der kern dieser prozesse, die rechenoperationen im nanotakt der zeit, werden bestenfalls noch von den IT-experten verstanden, aber auch ihr wissen ist darauf beschränkt, die prozesse am erwarteten resultat zu messen. Die sachherrschaft über das datum ist in einer hierarchie eingepasst, in der der eigentümer des datums de iure die sachherrschaft hat. De facto ist diese form der sachherrschaft über das datum eine illusion, die verdecken soll, dass der besítzer des datums über die erforderliche instrumente verfügt, mit denen die prozesse der datenverwaltung und datenkontrolle gesteuert werden. Es sind die damen/herren der algorithmen, die, wenn sie mit der konstruierten software die datenpools durchkämmen, die sachherrschaft über das datum ausüben.
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(01)
das prinzip der verantwortung ist nicht abhängig von den bedingungen, die durch die informationstechniken als möglichkeiten geöffnet worden sind. Nur das individuum als ich kann, weil es fähig ist, autonom zu entscheiden, für sein handeln, ob es etwas tun will oder nicht, verantwortlich sein. Es ist ausgeschlossen, dass dem individuum als ich eine verantwortung zuwachsen könnte, wenn es sich im moment der gelebten gegenwart nicht autonom entscheiden kann. Es ist ein anderer fall, ob das individuum als ich im bestimmten moment der gelebten gegenwart sich im horizont der bürgerlichen freiheiten frei für das eine und/oder das andere entscheidet.    (d/01)<==//
(02)
die unterscheidung: eigentümer/besitzer eines weltdinges, ist strikt zu beachten(*1). Das individuum als ich ist der eigentümer des datums, wenn es dieses datum mit seiner arbeit geschaffen hat. Der besitzer dieses datums in raum und zeit ist das individuum als ich aber nur dann, wenn es das datum faktisch auch in seiner gewalt hat. Als eigentümer des datums kann das individuum als ich seinen besitz an den genossen zedieren, der, im horizont des geltenden rechts, der rechtliche besitzer des datums geworden ist und mit diesem datum nach seinem gutdünken verfahren kann.
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(*1)
diese unterscheidung habe Ich in meinem text über die begriffe: eigentum und besitz,(+1) erörtert.
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(+1)
Richter,Ulrich: Die begriffe: eigentum und besitz, im trialektischen modus. in: www.ur-philosoph.de //==>bibliographie //==> 016:eigentum.    (d/02)<==//
(03)
die logik dieses transformationsprozesses kann mit der historia der technik demonstriert werden, partes pro toto mit der dampfmaschine, deren funktionsweise verstehbar ist, wenn sie mit den augen wahrgenommen wird. Das verstehen der funktionsweise eines elektromotors ist, so die erfahrung in der moderne, schon auf das einstecken oder herausziehen eines steckers oder das umlegen eines schalters reduziert. Das smartphon hat einfach zu funktionieren, wenn nicht, dann wird es, ersetzt durch ein anderes, einfach weggeworfen oder, und das ist schon viel, ordnungsgemäss entsorgt.   (d/03)<==//
(04)
die zeichen der zeit weisen schon weiter. Die traditionalen verfahren der befehlsgebung, immer noch verknüpft mit den erfahrungen der vergangenheit, werden fortschreitend aufgelöst und es wird auf den technologiemessen schon davon gesprochen, die kommunikation mit der maschine auf das gewohnte sprechen, die gewohnten gesten, ja das denken selbst(*1) auszuweiten.
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(*1)
technisch dürfte es möglich werden, den chip mit den nervenbahnen zu verbinden, um so die nervenreize im gehirn auch dauerhaft auf einem "externen" speicher abzulegen. Wenn das technisch gelingt, das ist nur noch eine frage der zeit, dann ist auch der weg offen, von einer programmierten externen festplatte auf die nervenfunktionen im gehirn einzuwirken. Zumindest technisch ist dann die sachherrschaft über das datum abschliessend auf den besitzer des datums übergegangen, der al gusto das datum manipulieren kann und dies auch tun wird.    (d/04)<==//          (d)<==//
(e)
es ist zur kenntnis zu nehmen, dass der wechsel der sachherrschaft über das datum vom eigentümer des datums auf den de facto besitzer des datums ein faktum ist, das für den eigentümer des datums de iure eine zwingende konsequenz hat. Das individuum als ich, das den missbrauch seines datums behauptet, kann seinen anspruch auf beseitigung des missbrauchs mangels sachherrschaft nicht mehr beweisen. Es scheitert, weil es nicht fähig ist, die technischen prozesse des händelns der daten zu kontrollieren. Die kausalität zwischen dem faktischen gebrauch eines datums und der transformation dieser daten durch die algorithmen des prozesses kann allein der besitzer des datums herstellen. Das ist ein faktischer vorgang, der erst nachlaufend einer rechtlichen bewertung unterworfen werden kann. Aber, und das ist die kehrseite des vorgangs, es sind die fakten, die das recht formen.       (e)<==//
(f)
die unterscheidung: eigentümer/besitzer einer sache, ist juristisch per definition des gesetzes geklärt(01), dennoch ist die unterscheidung in ihrer begründung nicht eindeutig(02) und im konkreten fall werden die begründungen streitig fallen(03). Die grenzlinie zwischen dem eigentum und dem besitz einer sache wirkt immer, weil das problem der unterscheidung verlagert ist(04). Die verlagerung der unterscheidung hat den vorzug, einerseits das zu markieren, was auf blosse gewalt zurückgeführt werden muss, gewalt, die kein recht sein kann, andererseits das kenntlich zu machen, was in einem recht eingeordnet ist, recht, das keine gewalt duldet.
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(01)
der besitz einer sache ist in §854,1BGB normiert, das eigentum an einer sache in §903,1BGB.    (f/01)<==//
(02)
am beispiel der gesetzesnormen des BGB kann demonstriert werden, dass der gesetzgeber es vermieden hat, einen grund für das eigentum, respektive den besitz zu nennen, diese gründe sind teil der tradition, gewachsen über generationen(*1).
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(*1)
die normen des BGB sind teil der abendländischen rechtstradition und sie haben ihre wurzeln im römischen recht. Diese normen fixieren rechtspraktiken, die einst als zweckmässig erkannt worden waren und in der folge sich auch als praktikabeln herausgestellt hatten.   (f/02)<==//
(03)
das, was eigentum ist, das kann nur in den formen des besitzes bestimmt werden. Für das, was der besitz einer sache ist, spielt das eigentum an der sache keine rolle mehr.    (f/03)<==//
(04)
in meinem essay über die begriffe: eigentum und besitz, habe Ich versucht, die grenzlinie neu zu bestimmen(*1). Das individuum als ich kann das eigentum an einem ding der welt nur durch seine arbeit begründen und diese arbeit ist in raum und zeit immer unmittelbar. Der besitz einer sache setzt voraus, dass das ding der welt geschaffen ist. Die unterscheidung im horizont des rechts ist darauf beschränkt, ob das individuum als ich und/oder der genosse über das bestimmte weltding faktisch, d.h. durch gewalt, verfügen kann(=faktischer besitz) oder durch ein recht ermächtigt ist, darüber zu verfügen(=rechtlicher besitz)(*2).
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(*1)
anmerkung: (d/02/*1).
(*2)
die normen des BGB können, gemäss ihrer logik, nur die unterscheidung: faktischer besitz(§854) und rechtlicher besitz(§903), betreffen, der terminus: eigentum, in §903 ist irreführend, gleichwohl anerkannte konvention.     (f/04)<==//         (f)<==//
(g)
die logik der sachherrschaft über das datum, also die faktische gewalt und/oder die rechtliche befugnis, impliziert, dass das subjekt der sachherrschaft seinen anspruch öffentlich legitimieren muss(01). Das setzt voraus, dass das individuum als ich, das die sachherrschaft über ein fremdes datum(02) behauptet, verpflichtet ist, die norm zu benennen, aus der es seinen anspruch ableitet, die sachherrschaft über das datum auch rechtlich anerkannt auszuüben. Das individuum als ich, das die sachherrschaft über ein ding der welt hat, also jedes datum für sich, ist darauf verwiesen, dass sein anspruch auch von dem genossen, der der_andere ist, anerkannt wird. Es ist ein wechselverhältnis gesetzt zwischen dem individuum als ich, das als eigentümer des datums nicht mehr sein besitzer ist, und dem genossen, der als faktischer besitzer des datums nicht der eigentümer des datums sein kann. Weder das individuum als ich in seiner funktion, der eigentümer des datums zu sein, noch der genosse in seiner funktion als besitzer des datums können den jeweils anderen zwingen, die anerkennung auszusprechen und gewalt scheidet aus(03). Das problem ist in der perspektive der theorie beschreibbar und wird in bestimmten, in raum und zeit immer limmitierten formen, pragmatisch gelöst, auch dann, wenn die resultate nicht zur zufriedenheit aller, die es betrifft, ausfällt. Es ist aber schon viel, wenn alle, die es betrifft, sich auf ein bestimmtes verfahren verständigt haben, mit dem sie die konflikte ohne gewalt auflösen wollen. Ein moment dieses verfahrens ist die umkehr der beweislast.
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(01)
das argument der legalität kann nicht genügen. Wäre dem so, dann erschiene die nackte gewalt, drapiert in einem gesetz, als recht - in der historia gibt es hinreichend viele fälle(*1), das so verfahren worden ist und so, das ist erfahrung, auch weiter verfahren werden wird.
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(*1) es genügt, die namen: Hitler und Stalin, zu nennen, die das morden als recht deklariert hatten.    (g/01)<==//
(02)
die diskurse greifen zu kurz, wenn die perspektive auf das argument reduziert wird, dass die realität nun einmal so sei, wie sie ist. Es ist simple erfahrung, dass immer wieder die gewalt als lösung des problems angezeigt wird, aber die gewalt taugt als begründung nicht, weil die gewalt, ist ihre energie verbraucht, das verhältnis des wechselseitigen angewiesenseins nicht in dauer halten kann.   (g/02)<==//
(03)
diese auflösung des problems wird der kritik ausgesetzt sein, weil das entscheidende moment wieder einmal auf eine andere ebene der entscheidung verschoben worden ist. Die frage steht: wie soll die umkehrung der beweislast praktisch geregelt werden?  - der entscheidende schritt in meiner sicht der dinge ist, den besitzer des datums zu zwingen, sich öffentlich zu erklären, wenn der eigentümer des datum behauptet, durch den besitzer des datum genötigt worden zu sein(*1). Den möglichen streit muss ein benanntes mitglied der gesellschaft und/oder ein benannter bürger des staates in einem geordneten verfahren entscheiden.
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(*1)
das bedenken kann nicht überzeugen, dass dem Hinz und dem Kunz als den klagehanserln die bühne bereitgestellt sei. Hinz und Kunz werden sich als klagehanserl niemals abschrecken lassen, weil für sie das spektakel der zweck ist. Jedermann wird es sich aber überlegen, ob der streit um das datum auch vernünftig sei; denn derjenige, der behauptet, in seinem recht rechtswidrig eingeschränkt worden zu sein, ist weiterhin pflichtig, seine behauptung zu beweisen und seine behauptung wird dann glaubwürdig sein, wenn er auf strukturen der gesellschaftlichen praxis zeigen kann, denen er sich ausgeliefert weiss, weil er in diese struktur steuernd nicht eingreifen kann. Es ist eine form des selbstschutzes, wenn die gesellschaft und/oder der staat jeden bürger und jedes mitglied der gesellschaft gegen die strukturen schützt, die von der gesellschaft und vom staat geregelt werden.    (g/03)<==//       (g)<==//
(h)
jedes datum, das das individuum als ich mit seiner arbeit geschaffen hat, ist für seinen genossen ein fremdes datum, aber der genosse kann dieses datum durch seine arbeit zu seinem datum machen, das zum vorangegangenen datum ein anderes ist. Das problem ist, bedingt durch die struktur, in der das individuum als ich und sein genosse die dinge ihrer welt schaffen, dass jedes datum einen eigentümer ausweist und einen besitzer hat, zuordnungen, die in der realität nicht immer zusammenfallen. Der regelfall ist das auseinandertreten von eigentum und besitz und über kreuz werden die spezifischen momente dem datum zugeordnet. Das, was nur besitz sein kann, das wird wie eigentum gehändelt, und das, was eigentum ist, das wird als besitz, legal, zumeist illegal, auf dem markt gehandelt.     (h)<==//
finis

stand: 14.11.04.
eingestellt: 14.04.21.

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