TEXTSAMMLUNG
das argument des monats
ausgabe: adm (40)11/22 // november/2022   (blieb stehen bis 12/2022)

Autonom sein.

Allein das individuum als ich kann autonom(a) sein. Der kern des begriffs: autonom sein, ist die entscheidung zwischen a und b. Das individuum als ich entscheidet: entweder b ist, oder a ist - tertium non datur(b). Im akt seiner entscheidung hat das individuum als ich sich absolut(c) entschieden, dass dieses ding der welt nur dieses ding der welt: n, sein kann und kein anderes ding der welt, pars pro toto, das ding der welt: m. Einerseits setzt die entscheidung voraus, dass das individuum als ich, ohne durch den fluss der anfliessende impulse(d) determiníert zu sein, ein momentum gegriffen hat, das ihm aus seinem individuellen impuls zugeflossen ist, andererseits hat das individuum als ich mit seinem zugriff, die entscheidung, entschieden, dass nur dieses weltding: n, ist, ausschliessend, dass ein anderes weltding, pars pro toto das weltding: m, sein könnte(e). Diese situation ist real im moment der gelebten gegenwart, in dem das individuum als ich seine existenz in der welt realisiert. Es ist die situation, in der der zustand: noch nicht, im jetzt umgeschlagen ist in den zustand: es war,(f). Das ist in raum und zeit der moment, in dem das individuum als ich, eingekapselt in seinem bewusstsein von sich selbst, immer wieder neu entscheiden muss, ob es das ding der welt: m, oder das ding der welt: n, zum moment seiner relationen machen soll oder nicht - es muss sich entscheiden und es entscheidet sich - so oder so(g).

Das moment: autonom sein, ist konstitutiv für den begriff: das ich,(h). In seiner autonomie(i) kann das individuum, das das ich ist, keiner kausalität(j) unterliegen, weil die kausalität, der es folgen muss, genau die kausalität ist, die das individuum als ich in raum und zeit mit seiner autonomen entscheidung gestiftet hat(k).
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(0)
der text ist ein fragment aus einer grösseren arbeit, die den zweck verfolgt, einen überblick über die methode: der trialektische modus, zu geben. Der wortlaut des textes ist unverändert, angepasst wurden die verweise, die auf meiner homepage, //==> INDEX/register verfügbar sind ==> www.ur-philosoph.de /übersicht/register///==> der INDEX/die register/(2021) (stand: 05.05.2021).)

(a)
der terminus: autonom, ist aus zwei termen zusammengesetzt: auto = selbst und nom = nomos(das gesetz). Das individuum als ich gibt sich selbst das gesetz, dem es folgen will, weil es selbst das gesetz gesetzt hat. Mit dieser erklärung ist ein kreis etabliert, aus dem das individuum, das das ich sein will, das es ist, sich nicht lösen kann(01). Dieses argument hat die funktion eines postulats(02), ein argument, das das fundament seiner welt ist, die das individuum als ich schafft. Wenn das individuum als ich diese idee aufgäbe, für die es keinen beweis geben kann und allein sein glaube an das argument in anschlag genommen ist, dann würde sich das individuum selbst als das ich zerstören - es ist irgendein individuum, das im strom des lebens aufgetaucht ist und im wirbel der materie wieder verschwunden sein wird. Im willen, sich selbst für das oder für dieses zu entscheiden, behauptet das individuum als ich seine freiheit(03), die in der welt verortet ist, geschaffen in der sozialen beziehung mit dem genossen und weiter schaffend.
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(01)   INDEX/register //==>stichwort: zirkelargument.
(02)   INDEX/register //==>stichwort: postulat.
(03)   INDEX/register //==>stichwort: bürgerliche_freiheiten.     (a)<==//   
(b)
das dritte axiom: tertium non datur, ist beschränkt auf die logik, aber der gedanke eines ausgeschlossenen dritten kann analog auch auf die dinge der welt, daseiend in raum und zeit, angewendet werden. In der entscheidung des individuums als ich für das weltding: n, ist ausgeschlossen, absolut im sinn des begriffs der logik(01), dass es das weltding: m, ist. Die mögliche entscheidung für das weltding: m, kann das individuum als ich, den bedingungen von raum und zeit unterstehend(02), allein in einer folgenden handlung festlegen, die eine andere handlung ist und die mit der in raum und zeit vorangegangenen handlung nicht identisch fallen kann, handlungen, gesetzt vom individuum als ich in zwei relationen, die nicht identisch sind(03).
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(01)   //==> anm.: (c)
(02)   INDEX/register //==>stichwort: zeiterfahrung.
(03)   //==> anm.: (e)     (b)<==//   
(c)
der terminus: absolut, wird im sinn des begriffs:
absolut, gültig in der logik, gebraucht(01).
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(01)
vom gebrauch des terminus in der logik abzugrenzen ist dagegen der laxe gebrauch der sprache, wenn im alltag der terminus: absolut, instrumentalisiert wird, aber, den behaupteten anspruch kann der verwender des terminus in raum und zeit nicht einlösen, spekulierend mit dem sinn des in der logik geltenden begriffs: absolut. Die aussage: absolut richtig(*1) - es gibt kein anderes als alternative, mag im diskurs zwar eindruck machen, aber das, was im blick auf die sache wahrgenommen wird, das kann nur in einem eng geführten horizont zutreffend sein. Wird der horizont nur ein wenig ausgeweitet, dann ist das bild schon ein anderes und neues erscheint im blickfeld, das den anspruch: absolut, im sinn: alternativlos, aufgelöst hat.
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(*1)
etwas ist richtig oder es ist nicht_richtig(+1), in der logik gibt es keine steigerung der wahrheit.
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(+1)   lies: nicht richtig mit unterstrich.      (c)<==//      
(d)
einerseits, angewendet auf den individuellen impuls(01), ist die metapher der quelle präzis, weil der ort des antreibenden moments für das individuum als ich benannt ist, andererseits bleibt der gegenstand im bild mit der nennung des orts vage, weil das entscheidende momentum ein element unbestimmter herkunft ist. Die rede, das individuum als ich, sich als ich bildend, schöpfe, autonom wählend, aus dem zustrom seines individuellen impulses, unterliegt den bedingungen von raum und zeit(02). Mit diesem reden ist das wissen markiert, dass das individuum als ich seine existenz auf einem fundament errichtet, das in der tradition zutreffend mit dem terminus: chaos, bezeichnet ist(03). Mit einer erklärenden einschränkung ist das argument zutreffend. Allein im blick auf die kausalität ist es möglich, die idee des chaos zu denken, nämlich als die kausalität, die das individuum als ich mit seiner autonomen entscheidung gestiftet hat(04), aber, die aussagen über das chaos sind keine prädikationen darüber, was das chaos, formuliert im jargon der tradition, "an sich" ist, weil diese prädikation nur das sein kann, was im argument das chaos "an sich" sein soll(05). 
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(01)    INDEX/register //==>stichwort: individuelle_impuls.
(02)
es sollte nicht ignoriert werden, dass das sprechen über den individuellen impuls, dieser verortet im forum internum, auf dem forum publicum ein ereignis ist, das das individuum als ich mit seinem genossen händelt. Insofern kann über das, was der gegenstand des individuellen impulses ist, nur post festum räsoniert werden.
(03)
im Faust hat Goethe diese situation in szene gesetzt. Selbst Mephisto, der geist des bösen, muss eingestehen: im ersten sind wir frei, im zweiten sind wird knechte,(*1). Im chaos ist alles möglich, in raum und zeit aber kann nur ein element real sein. Wie die entscheidung ausfallen wird, das ist nicht kalkulierbar, wenn aber die entscheidung gefallen ist, dann ist das folgende ein moment im kalkül.
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(*1)
das zitat im kontext. Präzis zitiert lautet der vers: "Das Erste steht uns frei, beim zweiten sind wir Knechte"(+1). Der pudel am schluss des osterspazierganges war dem Faust durch die tür ins studierzimmer gefolgt, aber Mephisto, verwandelt in den scholar, kann den raum nicht durch die tür verlassen, weil dem geist der weg durch ein geheimzeichen in der türschwelle versperrt ist, das zeichen, das der pudel nicht erkannt hatte.
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(+1)   Johann Wolfgang von Goethe: Faust. Teil I, studierzimmer. Vers: 1412.
(04)   INDEX/register //==>stichwort: kausalität.
(05)
mit jeder schöpfungsgeschichte kann diese logik demonstriert werden, sei's die erzählung der Genesis, sei's sonst ein mythos. Es sind geschichten, die vom ersten ereignis erzählen, damals, als mit der schöpfung der welt alles anfing. Der mensch ist im chaos nicht ausgewiesen, in seiner schöpfung aber schuf der gott auch den menschen, das chaos in eine ordnung bringend.      (d)<==//   
(e)
von der situation der entscheidung im forum internum ist auf dem forum publicum die situation abzugrenzen, in der das individuum als ich, konfrontiert mit dem weltding: n, auch mit dem weltding: m, konfrontiert ist, beide ein ereignis in raum und zeit. In dieser situation sind drei momente real: das individuum als ich, das ding der welt: n, und das ding der welt: m. Im moment der entscheidung hat das individuum als ich entweder das ding der welt: n, in einer relation präsent oder das ding der welt: m, beide dinge der welt kann das individuum als ich zugleich nicht präsent haben. Davon bleibt aber die situation unberührt, dass das individuum als ich die relation: ding_der_welt:_n<==|==>ding_der_welt:_m,(01) die zwischen den dingen der welt: n und m, ontisch real besteht, als moment setzt einer anderen relation: individuum_als_ich<==|==>(ding_der_welt:_n<==|==>ding_der_welt:_m),(02) zwei situationen, die auf das nämliche als ereignis bezogen sind, die aber nicht identisch fallen können, weil ein weiteres moment zur bestimmung der relation erforderlich ist, pars pro toto, die vorstellung einer welt, der welt nämlich, in der die weltdinge: n und m, teile im ganzen sind(03).
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(01)
lies: die relation das ding der welt klein n relationiert abhängig das ding der welt klein m.
Zusatz. Der unterstrich in einer relation wird nicht gelesen.
(02)
lies: das individuum als ich relationiert abhängig die relation das ding der welt klein n relationiert abhängig das ding der welt klein m.
(03)
das argument in zwei graphiken wiederholt, die nicht identisch fallen können.
graphik: 012
          

graphik: 012a
   
     
     (e)<==//    
(f)
INDEX/register //==>stichwort: zeiterfahrung. 
Zusatz.
Die zeiterfahrung des individuums als ich ist an die bedingungen von raum und zeit gebunden. Die erfahrung der autonomie, im forum internum als imagination des individuums als ich verortet, unterliegt im forum internum den bedingungen von raum und zeit nicht, weil die imagination im forum internum erst dann ein ereignis sein kann, wenn das individuum als ich im moment des übergangs, raum und zeit unterliegend, seine entscheidung auf dem forum publicum entäussert hat, real präsent als ein argument, das für den genossen ein objekt sein wird.      (f)<==//     
(g)
im blick gehalten werden sollte die differenz zwischen theorie und praxis. Das, was in der theorie als zwingend festgestellt ist, das kann das individuum als ich in seiner praxis nicht ohne rest einlösen. Es entscheidet sich pragmatisch und greift in der realen situation auf bereits geschehene entscheidungen zurück, deren es sich erinnert, diese wiederholend, so lange, bis eine neue lösung geboten erscheint. Das ist die routine, in der das individuum als ich auf bewährtes zurückgreift und so dem druck einer neuen entscheidung sich entzieht. Das ist ein psychisches phänomen(01).
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(01)
diese perspektive wird nicht weiter verfolgt, weil sie andernorts zu erörtern ist, pars pro toto als ein problem der ethik.     (g)<==//   
(h)     INDEX/register //==>stichwort: das ich.          (h)<==//   
(i)      INDEX/register //==>stichwort: autonomie.     (i)<==//   
(j)      INDEX/register //==>stichwort: kausalität.      (j)<==//   
(k)
die differenz: autonom/frei, muss behauptet werden. Das individuum als ich kann in seiner bürgerlichen existenz seiner freiheiten(01) beraubt sein, ein globaler skandal, der tagtäglich zu beobachten und anzuklagen ist, seiner autonomie aber kann das individuum als ich nicht beraubt werden, mit keiner form von gewalt und der tod als folge scheidet aus(02). Es ist etwas anderes(03), wenn das individuum, das das ich sein will, das es ist, seine autonomie, es als das ich ausweisend, nicht gebraucht. Im nichtgebrauch seiner autonomie reduziert es sich selbst zu einer sache und ist von den anderen sachen nicht mehr unterscheidbar.
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(01)    INDEX/register //==>stichwort: bürgerliche_freiheiten.
(02)    auch der sklave ist in seiner faktischen unfreiheit autonom.
(03)
die bequemlichkeit und die faulheit der menschen, sich als bürger ihres staates zu engagieren, ist eines der phänomene des nicht_gebrauchs von autonomie.     (k)<==//    
finis

stand: 23.01.01.
eingestellt: 22.11.01.

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