TEXTSAMMLUNG
das fragment des monats
ausgabe (013)/13/2022/ fdm/22.013/ januar/2022

Rechtstreu buchstäblich, aber das gesetz brechend.
Eine alltägliche situation, beobachtet an der haltestelle: Bült/MS, (07.10.2021./14:30uhr). Ein älterer mann, ärmliches aussehen und offenbar auch krank, wechselt auf die andere seite der haltestelle; er drängt, die strasse querend, sich durch die fahrenden autos. Der ampelgesicherte übergang ist 15m weiter. Nach dem gesetz in coronazeiten die maske im gesicht, ob vorschriftsmässig getragen, das war nicht eindeutig erkennbar gewesen.

Es ist eine situation, die in den zeiten der corona-pandemie als spiegelbild des gesellschaftlichen lebens angesehen werden kann. Einerseits ist der bürger rechtstreu und trägt an der haltestelle in frischer luft pflichtgemäss den mund-/nasenschutz, andererseits quert er rechtwidrig die strasse, den ampelgesicherten überweg auslassend. Der mann wird für sein handeln plausible gründe gehabt haben, aber die lasse Ich dahingestellt sein, weil meine deutung der beobachteten szene auf ein alltägliches phänomen abzielt, das in der situation gespiegelt ist.

Es ist der widerstreit: die beachtung/missachtung des gesetzes(a). Die erfahrung ist alltäglich, dass es rechtsnormen gibt, deren sinn und zweck, situiert im spannungsfeld: norm und realität, nicht eindeutig geklärt ist und darum zu vermeidbaren missdeutungen des gesetzes führt, in der corona-krise aktuell die maskenpflicht. Es ist bekannt, dass die maske die infektion mit Sars_COV-2 nicht absolut verhindern kann, aber, mit dem gebrauch der maske ist das risiko einer ansteckung erheblich vermindert. Es kann deshalb in bestimmten situationen, pars pro toto: in engen räumen mit unzureichender lüftung, zweckmässig sein, die maske aufzusetzen, um sich vor einer infektionen zu schützen, in anderen situationen aber, wenn die möglichkeit einer ansteckung physikalisch faktisch auf null vermindert ist, so an der frischen luft, ist die maske, redundant in der situation, schlicht nutzlos, weil der zweck: keine ansteckung, durch die maske nicht bewirkt werden kann, die norm aber gilt(b).

Der mann hat einerseits rechtstreu gehandelt, wenn er, wie vom gesetz gefordert, die maske aufgesetzt hat, um sich und andere, wie gesagt wird, zu schützen, andererseits aber hat er das gebot, die strasse an der vorgegebenen ampel zu kreuzen, missachtet und sich selbst und andere real in gefahr gebracht. Vernünftig ist das handeln des menschen dann, wenn es eingebettet ist, einerseits in der bestimmten situation des raumes und des moments, andererseits der reale zweck des augenblicks mit dem gebot des gesetzes widerspruchsfrei übereinstimmt. Diese abwägung kann nur der mündige bürger in seiner autonomie vornehmen. Das gesetz ist nur das maass für das korrekte handeln des bürgers, handeln in der bestimmten situation kann nur der bürger selbst.
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(a)      vgl. adm(32)02/16. Das gesetz, mit verstand gehändelt, kann ein segen sein.
(b)
an den haltestellen der Stadtwerke Münster gilt maskenpflicht!, aber was gehört zum bereich der haltestelle und was nicht - das ist nicht geklärt.
finis
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stand: 22.02.01.
eingestellt: 22.01.01.

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