TEXTSAMMLUNG
das fragment des monats
ausgabe (029)/29//2023/ fdm/22.029/ mai/2023

Gendern mit * oder auch nicht.

Theologe oder theolog*in?(a) - das ist hier die frage?(b). Die streitfrage ist ideologisch(c) aufgeladen, weil unter falscher flagge ein falsches ziel angesteuert wird.

Es sollte unstreitig sein, das verknüpfende maass ist das prinzip der gleichheit zwischen den geschlechtern, die erfahrung aber zeigt, dass mit der beschwörung der gleichheit die frage impliziert wird, was als gleich gelten solle und was nicht gleich sein kann. Nicht streitig ist(d), dass der mann und die frau oder die frau und der mann in ihrer physis nicht gleich sein können. Die frau kann gebären, zeugen kann der mann. In allen anderen fähigkeiten sind mann und frau gleich und das, was an differenzen faktisch festgestellt wird, das ist durch die gesellschaften bedingt, denen weder die frau, noch der mann sich entziehen können; denn die ungleichheit zwischen den geschlechtern ist gewachsen in den strukturen der traditionen. Das herausfordernde problem ist die begründung der faktischen ungleichheit in der gesellschaft, weil mit jeder denkbaren begründung zugleich festgelegt wird, was die mittel sein sollen, mit denen in der gesellschaft die gleichheit der geschlechter zu erreichen ist. Um diesen zweck realisieren zu können, müssen alle, die es betrifft, sich über ihre individuellen interessen verständigen und kompromisse aushandeln, mit denen jeder für sich leben kann. Auf diesem feld ist noch viel zu tun, aber es wird zu wenig getan. Im kontext dieser gesellschaftlichen ungleichheiten wird darüber gestritten, ob mit dem mittel: sprache, das ziel: gleichheit der geschlechter, erreicht werden kann. In das kalkül, mit dem die ungleichheit von frau und mann in der gesellschaft aufgelöst werden soll, ist das faktum einbeziehen, dass der ausgleich der interessen nach den regeln der macht arrangiert wird, über die macht aber verfügt derjenige, der, gleich_gültig, ob mann oder frau, fähig ist, die ungleichheit von frau und mann als bedingung seiner macht auch materiell durchzusetzen.

Die sprache, ein element im gefüge der macht, kann nicht das taugliche mittel sein, die faktische ungleichheit von frau und mann in der gesellschaft aufzulösen(e). Diese meinung begründe Ich mit dem argument, dass in den debatten über den gender-korrekten gebrauch der sprache schlicht die funktion der sprache missachtet wird, die im gebrauch der termini: "begriff, phänomen und terminus(=zeichen)" real ist(f). Der begriff ist als begriff per definitionem geschlechtsindifferent. Der begriff: theologe, gefasst als das grammatikalische subjekt, umfasst sowohl den mann als auch die frau, gefasst mit den termini: theologin oder theologe(g). In gleicher weise ist der terminus als terminus geschlechtsindifferent, gleichwohl mit dem gebrauch der termini gezielt tendenzen markiert werden, die mit guten gründen im öffentlichen diskurs in frage gestellt werden, pars pro toto die verwendung des gendersternchen: *. Das problem sind die phänomene: mann oder frau, die einerseitseits mit den begriffen unterschieden werden und andererseits bezeichnet sind mit den einschlägigen termini. Es ist guter stil, die frau mit dem terminus: theologin, zu bezeichnen, den mann mit dem terminus: theologe, unterschieden mit dem begriff: theologe, der, so heisst's traditional, der diener seines gottes sein soll, egal, ob als frau oder als mann, aber immer bezeichnet mit dem adäquaten terminus, mit dem signalisiert wird, ob der diener ein mann(=diener) ist oder eine frau(=dienerin).
---------
(a)
auch die orthographie der termini ist ein problem. Was ist richtig? - theologe*in oder theolog*in(01), oder gilt: al gusto.
--------
(01)
in Münster wird alle 2 jahre der historikerpreis ausgelobt. Man hatte darüber gestritten, ob die alte namensgebung noch "political correct" sein könne. Schliesslich einigte man sich und schreibt nun: historiker*innenpreis - warum eigentlich nicht: historikerpreis*innen?, - das dünkt mir logischer zu sein, weil im namen des preises das geschlecht des trägers ausgewiesen werden soll(*1).
------
(*1)
Baumeister,Klaus: Neuer Name und erste Preisträgerin. Historiker*innenpreis für Ute Daniel, Westfälische Nachrichten, 17.02.2023.     (a)<==//  

(b)     die anspielung auf Shakespeare's Hamlet ist gewollt.     (b)<==//  
(c)
das schlagwort der ideologen ist: political correct (oder: political correctness). Aber, was bedeutet der terminus: correct? - Wenn die antwort korrekt(=richtig) sein soll, dann ist ein maass vorausgesetzt, an dem gemessen werden kann, was gemessen werden soll. Der streitpunkt ist, dass in dieser argumentationsfigur das maass selbst das umstrittene objekt ist. Die ideologischen eiferer, die lautstark: political correctness, einfordern, drehen sich selbst im kreis, nicht erkennend, dass ihr argument ein zirkelschluss ist.    (c)<==//  
(d)
in der debatte ist der aspekt neu, dass die traditionale differenzierung: mann/frau, erweitert worden ist, um auch andere möglichkeiten erfassen zu können, die eigene sexualität auszuleben. Diese debatte blende Ich hier aus, weil dieser aspekt die komplexität des streitigen problems exponential vergrössert und das ist in diesem format nicht leistbar.    (d)<==//  
(e)
Ich stelle nicht in frage, dass die muster der sprachverwendung auch modelle sein können, die gesellschaft in ihrer struktur zu organisieren. Wenn, wie es usus in der tradition gewesen war, im diskurs keine frauen zu dulden, dann ist es auch nicht verwunderlich, wenn in der abgrenzung zu den bedürfnissen der tonangebenden männer die spezifischen bedürfnisse der frauen nicht "zur sprache" gebracht werden. Insofern kann im diskurs der zunehmende gebrauch der weiblichen sprachformen eine korrektur in der bewertung der geschlechterdifferenz bewirken, aber das dürfte als prozess der veränderung eher dem gang einer schnecke angemessen sein.    (e)<==//  
(f)
den theoretischen hintergrund des arguments expliziere Ich andernorts in meinen texten(01).
----
(01) INDEX/register //==>stichworte: semiotische_dreieck, begriff, phänomen und terminus.     (f)<==//  
(g)
die differenz in den termini: theologe/theologin, ist kulturell bedingt, und hier liegt auch das gesellschaftliche problem, weil im gebrauch der sprache traditional die perspektive des mannes dominiert hatte. Diese dominanz ist zu brechen, indem gesellschaftliche verhältnisse geschaffen werden, die die funktion der differenz relativieren.    (g)<==//    
(finis)

stand: 23.06.01.
eingestellt: 23.05.01.
zurück/übersicht    //     
zurück/textsammlung/überblick   //