Ashkenazy hatte Chopin's polonaise As-Dur über die rampe gewuchtet
(a) und Zacharias lässt eine sonate Haydn's durchs Elfenbein rauschen
(b)
- eine systematische durchsicht der konzertkritiken, publiziert in den
medien, dürfte eine grosse anzahl solcher stilblüten in das licht der
kritik stellen. Es sind formulierungen, die amüsieren können, vieles in
ihrer bildhaften sprache aussagend, aber, sie erzählen nichts über die
musik selbst, die der gegenstand der kritik ist, oder, präziser gesagt,
sein sollte.
D'accord, es ist ein schwieriges unterfangen,
emotionen rational auszusprechen, vor allem dann, wenn der bericht über
ein ereignis, nämlich die information über das geschehene, auch die
funktion hat, propaganda für das ereignis selbst zu machen. Da wird
schon mal übertrieben und das bild ist schief ... .
Wirksam aber ist in den (scheinbar) verunglückten
formulierungen ein anderes problem. Es ist das sprechen über die musik,
die als eine sprache sui generis gelebt und erlebt wird. Die musik,
gehört im moment der gelebten gegenwart, ist etwas anderes als die
musik, die das individuum als ich mittels seiner sprache in einem
anderen moment der gelebten gegenwart erinnern kann. Das problem in der
kommunikation zwischen der (gehörten) musik und dem sprechen über diese
musik ist verortet in der differenz zwischen der gehörten musik und dem
sprechen über das gehörte. Es kann darüber diskutiert werden, ob die
differenz relativ ist oder absolut, aber in jedem diskurs ist es die
differenz, die nur das individuum als ich, sein genosse eingeschlossen,
überbrückt, indem es seine relationen zu den phänomenen der musik und
den phänomenen seines sprechens über diese musik setzt. Das problem der
relation: musik<==|==>sprache, ist verortet im individuum als
ich, das als das bestimmende dritte moment in der relation kein moment
sein kann
(c).
Ein bekanntes phänomen ist die programmusik, von der
gesagt wird, dass mit der musik eine tatsache ausgedrückt werde,
formuliert in einem argument
(d),
pars pro toto, die tondichtung: Die Moldau(B.Smetana). Dieses
musikstück ist so bekannt, dass die "programmerzählung" und die "musik"
so dicht miteinander amalgamiert sind, dass im inneren ohr die musik
aufploppt, wenn das wort: Moldau, gesagt wird, und wenn die musik
erklingt, das wort: Moldau, im kopf ist. Das ist ein faktum, das aber
nicht die folgerung zulässt, dass das musikstück: Moldau, auch der
fluss: Moldau, ist
(e). Es mag
sein, dass der komponist: Smetana, bei der komposition die Moldau als
teil seiner tschechischen heimat im kopf gehabt hatte, seine
komposition aber evoziert nicht zwingend beim hörer die vorstellung des
flusses: Moldau. Diese verknüpfung ist eine konvention, die auf diverse
elemente gestützt sein kann, aber, und das ist tradition, diese
konvention ist lokal begrenzt
(f).
Der schluss von der musik auf ein programm, das mit
der sprache ausgedrückt wird, ist logisch ebenso unzulässig wie der
schluss von der sprache auf die musik unzulässig ist
(g).
Wenn der musikkritiker, der beim leser etwas
abliefern muss, formulierungen erfindet, die gemeinhin als stilblüten
klassifiziert werden, dann ist er genötigt, die differenz:
musik/sprache, zu realisieren - und das geht manchmal schief ... .
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(a)
diese beschreibung eines konzerts ist
eine alte erinnerung an die kritiken im Kölner
Stadt-Anzeiger(1965-1974), in meinem gedächtnis hängengeblieben. Ich
lasse es offen, was wahrheit ist und was dichtung. Der gegenstand der
kritik war ein klavierabend im Kölner Gürzenich. Der damals
aufstrebenden pianist: Vladimir Ashkenazy, hatte in seinem programm
auch Chopin's polonaise in As-Dur(op.53) gespielt.
(a)<==//
(b)
Arndt Zinkant: Hinreissender Schwung
und drohende Wolken. Christian Zacharias: Klavier-Recital im Bagno.
Westfälische Nachrichten, 28.05.2024. Christian Zacharias spielte
Haydn's sonate: Hob.XVI:39.
(b)<==//
(c)
dieser gedanke wiederholt in einer graphik(trialektische modus).
Die momente:
1.moment: das individuum als ich,
2.moment: die musik(als phänomen in allen seinen möglichen formen),
3.moment: die sprache(als das sprechen und denken über musik).
Die relationen: (01)
1.rel.: individuum_als_ich<==|==>musik,
2.rel.: individuum_als_ich<==|==>sprache,
3.rel.: musik<==|==>sprache.
graphik:
---------
(01) das relationszeichen: <==|==> , lies: relationiert wechselseitig.
(c)<==//
(d)
die phänomene der sogenannten
programmusik sollen hier nicht diskutiert werden, aber mit den
vielfältigen formen der programmusiken kann die differenz:
sprache/musik, gut illustriert werden.
(d)<==//
(e)
das problem ist in der malerei gefasst
in der relation: bild<==|==>realität. D.C.Friedrich's bild: Der
Watzmann, ist nicht der berg: Watzmann, in den Bayrischen Alpen.
(e)<==//
(f)
die probe auf's exempel kann gemacht
werden. Wer von den bekannten daten über Smetana's Moldau keinerlei
kenntnis hat, der wird, das ist die prognose, das bestimmte musikstück:
die Moldau, nicht mit dem phänomen: die Moldau als fluss, verknüpfen;
denn aus der tonfolge des hauptthemas ist die assoziation: Moldau,
nicht ableitbar(01).
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(01)
das hauptthema von 6 tönen auf der
tonleiter ist in einem 6/8-takt rhytmisch organisiert. Die abfolge der
6 tonstufen ist in vielen musikstücken als zentrales motiv nachweisbar.
(f)<==//
(g)
ein text kann vielfältig vertont werden und differente texte werden einer bestimmten melodie unterlegt.
(g)<==//