TEXTSAMMLUNG
Das fragment des monats
ausgabe (058)/58//2025/ fdm/25.058/ oktober/2025


Recht oder politik? - politik und recht.
Eine notiz zum problem der macht.

    Die rede hört man immer wieder: das gericht solle keine politik machen, sondern recht sprechen(a). Das, was einerseits ein spezielles problem im gesellschaftlichen diskurs ist, das ist andererseits ein allgemeines problem der verfassung des staates, nämlich, die unterscheidung von recht und politik in der gesellschaft. Auf der argumentebene der theorie sind die begriffe: recht und politik, eindeutig definiert und als widerspruch ausgezeichnet, auf der argumentebene der praxis sind die grenzen zwischen den phänomenen: politik und recht, volativ, weil in raum und zeit die phänomene nur gegensätze sein können, die ohne die bestimmungen des je anderen moments nicht handhabbar sind. Die setzung des rechts und seine durchsetzung ist ohne die politik nicht möglich und eine politik, die ohne die grenzen des gesetzten rechts exekutiert wird, ist die nackte gewalt des jeweils stärkeren über den schwächeren.

    Es ist ein gebot sowohl der vernunft als auch des verstandes, die unterscheidung: recht/politik, strikt zu beachten.

    Auf der argumentebene der begriffe ist die trennung eindeutig. Das recht ist nur in der sozialen beziehung zwischen dem individuum als ich und seinem genossen möglich, real in der wechselseitigen relation: individuum_als_ich<==>genosse(b). Das recht ist die von beiden im konsens gesetzte regel, mit der der genosse und das individuum als ich ihre interessen gegen den je anderen händeln wollen, den interessierenden dingen der welt nämlich, die als politik der gegenstand ihres handelns sind. Das interesse und die regel sind also differente weltdinge, die auf der argumentebene der begriffe eindeutig bestimmt sind und zueinander im widerspruch stehen(c). In der sozialen beziehung(=(A<==>B)) setzen das individuum als ich und sein genosse, jeder für sich, ihre relationen zu den momenten: recht(=regel) und politik(=interesse). Die dritte relation: recht<==|==>politik, ist vermittelt im individuum als ich einerseits und dem genossen andererseits, jeder für sich(d)

Die trennung auf der argumentebene der phänomene ist immer mehrdeutig, weil der bereich des rechts nicht von dem bereich der politik getrennt werden kann. In raum und zeit ist jedes recht als phänomen politisch und als phänomen ist die politik ohne recht blanke gewalt. Das individuum als ich: A, und sein genosse: B, bewerten in ihrer je eigenen perspektive das, was in den momenten: recht und politik, bestimmt ist. Die situation ist, dass mit der vielzahl der möglichen relationen eine komplexität geschaffen ist, in der ein weiteres faktum bestimmend wirkt, nämlich die macht, über die der genosse: B, und das individuum als ich: A, real verfügen, wenn sie ihr argument: recht(=regel) und/oder politik(=interesse), geltend machen(e). Die fragen des rechts und der politik sind im gesellschaftlichen prozess immer mit der frage nach der macht verknüpft, über die alle, die es betrifft, verfügen, abgestuft in der hierarchie der gesellschaftlichen ordnung.
graphik: 002 

       

In jedem moment der graphik: 002, kann nach der einsetzungsregel das individuum als ich, oder der genosse, oder die relation: A<==>B, eingesetzt werden. Es sind drei schemata möglich, die in einem bild zusammengefasst sind:
bild: 101.

       

Die in der anmerkung: a, benannten fälle sind im horizont dieser analyse synthestisierend zu reflektieren. Es ist scheinheilig, wenn die akteure im politischen prozess behaupten, der je andere amalgamiere zu unrecht politik und recht, eine politische entscheidung kritisierend als juridifiziert und/oder eine juristische entscheidung als politisiert. Sowohl der jurist als fachmann des rechts als auch der politiker als sachwalter der interessen argumentíeren juristisch/politisch und politisch/juristisch, wenn sie eine entscheidung rechtfertigen oder verwerfen wollen, die als juristisches urteil oder als politische entscheidung getroffen worden ist(f). Jeder jurist argumentiert, wenn er ein recht begründet, politisch und jeder politiker sollte, wenn er eine entscheidung durchsetzt, das geltende recht kennen. Die eindeutige differenz in den begriffen: recht und politik, ist der schlüssel, wenn die gesellschaftlichen phänomene beurteilt werden, in denen die interessen aller, die es betrifft, die phänomene der politik und des rechts in ein zwielicht setzen.
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(a)
der anlass meiner reflexion ist der haftbefehl des Internationalen Gerichtshof Den Haag gegen den israelischen premier: Netanjahu, und seinem krieg in und um Gaza(november2024). Ein weiterer fall ist hinzugekommen, die berufung der richter für das Bundesverfassungsgericht(juli2025); im fadenkreuz der kontroverse steht die juristin: Frauke Brosius-Gersdorf. Diese fälle werden hier nicht erörtert.     (a)<==// 
(b)
zum lesen der relationszeichen: lies
wechselseitige relation:  <==> ,      lies: relationiert wechselseitig,
abhängige relation:        <==|==> , lies: relationiert abhängig.      (b)<==// 
(c)
das interesse an dem bestimmten ding der welt: n, es auch zu besitzen, ist nicht das recht; denn dem recht ist es gleichgültig, welches interesse an dem ding der welt: n, geltend gemacht wird, weil das recht die blosse entscheidungsregel ist, mit der entschieden wird, welches interesse, im streit stehend, nach einem definierten grund als legitim durchgesetzt werden soll.     (c)<==// 

(d)
der gedanke in einer graphik wiederholt(01).

Die momente:
1.moment: das individuum als ich oder der genosse,
2.moment: das recht,
3.moment: die politik.
Die relationen:
1.rel.: individuum_als_ich<==|==>recht,
(oder)  genosse<==|==>recht,
2.rel.: individuum_als_ich<==|==>politik,
(oder)  genosse<==|==>politik,
3.rel.: recht<==|==>politik.
graphik: 001

               
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(01)
in der graphik sind aus pragmatischen gründen zwei schemata übereinandergelegt, die nicht identisch fallen können.      (d)<==// 
(e)
als beschreibung der realität öffnet der satz eine perspektive, in der weder über die politik für sich noch über das recht für sich ein abschliessendes urteil möglich ist; denn das recht ist ein teil der realen politik und die politik kann nicht realisiert werden, ohne das recht, einmal streitig gefallen, zu befragen, das von einem gericht verbindlich für alle, die es betrifft, ausgelegt und festgestellt wird. Es sind zwei konstitutive momente, die abhängig miteinander relationiert sind, vermittelt in einem dritten moment, das in der relation: recht<==|==>politik, kein moment sein kann, das aber das moment ist, das der relation ihre bestimmung gibt. Das moment ist das individuum als ich, sein genosse eingeschlossen, deren sozialbeziehung bestimmt ist durch die phänomene der macht.     (e)<==// 
(f)
das recht hat die funktion das festzulegen, was in der sozialbeziehung den beteilígten zugestanden ist und was nicht. Das ergebnis ist ein konsens über die legitimen interessen und ein kompromiss, wenn die streitig gefallenen interessen geklärt sind. Durchgesetzt werden kann aber der ausgleich der interessen nur mittels der macht, über die jeder faktisch verfügt, involviert in einer sozialbeziehung. Das, was gelten soll, das stellt ein gericht fest, wie diese interessen aber ausgehandelt werden und durchgesetzt werden sollen, das ist der gegenstand der politik. In diesem sinn sind recht, politik und macht analytisch zwar trennbar, in der synthetisierenden reflexion aber nicht voneinander getrennt.     (f)<==//    
finis

stand: 25.11.01.
eingestellt: 25.10.01.
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