TEXTSAMMLUNG

die meinung des bürgers
ausgabe: 12/05  dezember 2005   (blieb bis 03/2006 stehen)
 

Dünnschiss - groosskoalitionär
Text und subtext
 

text:

aus dem bauch werde politik gemacht, so sagt man's, aber es heisst auch, dass die politik der ratio folgen müsse.... Im lichte dieser weisheiten ist das programm des koalitionsvertrages von SPD und CDU dürftig, in der sache und im personal. Auf den kleinsten gemeinsamen nenner haben sich die groosskoalitionäre verständigt, herr Müntefering will in der macht bleiben, frau Merkel will sich in der macht etablieren; das ist zu wenig für ein regierungsprogramm, dessen leitsatz nach den worten der frau Merkel sein soll: "sanieren, reformieren und investieren"(01). Es ist die absicht der grossen koalition Müntefering's und Merkel's, die politik fortzusetzen, die seit einer generation mit den namen: "Thatcher, Reagan und Kohl" gekennzeichnet wird, und die der herr Schröder falschmünzend unter dem schlagwort: reformen, fortgesetzt hatte. Das programm der 2.grossen koalition wird den zerfall der zivilgesellschaft beschleunigen; denn den groosskoalitionären fehlt es auf der einen seite an der einsicht, dass der grund der krise in der Bundesrepublik Deutschland(02) die spaltung der gesellschaft in arm und reich ist, und es fehlt den groosskoalitionären auf der anderen seite der wille, diese spaltung zu beseitigen, ökonomisch und mental. Unverfroren behauptet die Berliner elite, dass die menschen in der Bundesrepublik Deutschland nichts mehr leisten wollten(03); angepasst an den zeitgeist propagiert sie das neoliberalen denken, das die menschen nur als objekte von börsenmanipulationen gelten lässt und der menge vorgaukelt, dass jeder für sich am markt das subjekt des geschehens sein könne(04). Die beklagte krise der staatsfinanzen(05) ist das mathematische ergebnis einer steuerpolitik, die Kohl 1982 vorgegeben und die Schröder radikalisiert fortgesetzt hatte(06). Für das kapital ist das Deutschland der herrschaften: Kohl und Schröder, zu einem schlaraffenland geworden und ein armenhaus für die arbeit(07).

Die regierung: Merkel, arbeitet bereits an den plänen, die mehrwertsteuer zu erhöhen(08), die pendlerpauschale teilweise zu streichen(09) und eine zusatzsteuer für die sogenannten reichen(10) einzuführen. Die presse hat, von den experten schon relativiert, vorgerechnet, dass die reichensteuer ca. 1,5mrd.€ zusätzlich in die öffentliche kasse spülen soll, ein dürftiges feigenblatt für die happige erhöhung der mehrwertsteuer um 3%, die beim gemeinen volk so richtig knete abgreift, und die streichung der pendlerpauschale in teilen? - mit der kürzt der staat den lohn für die arbeit. Das sind maassnahmen, die das von Kohl und Schröder zu verantwortenden strukturproblem der Bundesrepublik Deutschland nicht beseitigen, sondern verschärfen, weil mit der fortführung der Kohl'schen und Schröder'schen steuerpolitik die kluft zwischen arm und reich in der gesellschaft weiter vertieft wird. Überproportional ist die arbeit mit den kosten der gesellschaft belastet, das kapital aber wird für die kosten der gesellschaft nicht mehr seiner leistungsfähigkeit entsprechend herangezogen, kosten, die anfallen, wenn die gesellschaft als ganze funktionsfähig gehalten werden soll(11). Die ungleiche verteilung der lasten auf die gruppen der gesellschaft ist der entscheidende grund, dass die wirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland nicht mehr zum wohle aller funktionieren kann, weil die ungleichheit in der verfügbarkeit des gesellschaftlichen reichtums den austausch der güter für geleistete arbeit am markt zunehmend behindert. Die einen haben zu wenig, um die dinge einzutauschen, die sie für ihre existenz unabdingbar benötigen, die anderen haben zuviel und das zuviel können sie nicht gegen die produzierten waren eintauschen. Ein markt aber funktioniert nur dann, wenn der austausch der güter nicht nur geregelt erfolgt, sondern die marktteilnehmer auch faktisch am marktgeschehen aktiv teilnehmen können. Das können die marktteilnehmer aber nur dann, wenn sie faktisch mit dem marktkonkurrenten gleich potent sind. Den markt in dieser richtung zu reformieren ist der schweiss der arbeit wert, aber von dieser reform ist im programm der grossen koalition Müntefering's und Merkel's nicht die rede.
 

subtext:

vorbemerkung: mein text ist kein BILD-kommentar, der wie eine soap konsumiert werden soll; Ich mute dem leser viel an eigner arbeit zu, aber Ich denke, dass auch die seitengedanken mit zu beleuchten sind, die im argument mitschwingen, aber aus stilistischen gründen zurückgestellt sind. Diese aufhellende funktion hat der subtext.


(01)

Ich zitiere die CDU-vorsitzende frau Merkel, die in der Frankfurter Rundschau, 14.11.2005, p.1, mit der trias: "sanieren, reformieren und investieren" zitiert worden ist; am 25.11.2005 wiederholte die bundeskanzlerin frau Merkel die trias in einem vortrag vor der handwerkerschaft von NRW. Präzis fixiert die reihenfolge der programmpunkte die ordnung der werte, deren maxime so zu übersetzen ist: sanieren = abkassieren, und abkassiert werden sollen die da unten, weil die Berliner elite meint, bei der masse da unten noch nennenswerte beträge abschöpfen zu können. Die logik der ökonomie gebietet aber genau die umgekehrte reihenfolge. Wenn es noch eine chance gibt, die bundesdeutsche ordnung zu sanieren, dann muss die gesellschaft in ihre sozialen strukturen investieren, und im blick auf die Schröder'sche reformagenda 2010 kann der erforderliche umbau des sozialstaates nur in der richtung des ausbaus, also in der erweiterung des sozialstaats vernünftig sein. Diese reform des sozialstaates saniert nicht nur die öffentlichen und die privaten haushalte, sondern sie stärkt auch die zivilgesellschaft, die mit den herausforderungen einer alternden gesellschaft in einer globalen weltordnung konfrontiert ist.   <==//


(02)

die gesellschaftliche krise ist nicht auf die Bundesrepublik Deutschland begrenzt; allerorten ist es chic, davon zu reden, dass man die armut global zurückdrängen müsse. So will die UN mit einem ehrgeizigen projekt den hunger in der welt bis 2015 um die hälfte reduzieren. Die absicht ist lobenswert, aber im licht der global gültigen maximen neoliberaler ideologen hat das UN-projekt keine realistische chance. Die berichte der organisationen, die mit der verwaltung des elends beschäftigt sind, konstatieren jahr für jahr das stetige wachsen der armut in der welt und parallel im takt wächst der privatisierte reichtum. Diese tendenz wird ungebrochen andauern, solange die globale ökonomie nicht wieder auf ein menschliches maass zurückgestellt wird. Es wird behauptet, dass die regeln der WTO den freien handel begünstigen werden, aber genau diese regeln, die gemäss der bedingungen neoliberalen wirtschaftens definiert sind, vergrössern die kluft zwischen arm und reich; denn es ist ein altes wissen, dass der teufel, dem prinzip der zahl: 1, folgend immer auf den grössten haufen scheisst. Wer arm ist, der hat im regellosen kampf auf den globalisierten märkte keine chance, sich im markt zu behaupten; die armen sind die spielsteine in einem globalen monopoly, objekte, die hin und her geschoben werden von einer gewalt, die jede gesellschaft zerstört. Der blick in die tagespresse ist deprimierend, überall gewalt, sei's die nackte gewalt in Afrika, sei's die soziale gewalt der vorstädte Frankreichs, sei's die gewalt des geldes in China, das Manchester wiederholt und sich zu einem globalen player mausert.   <==//


(03)

Das gerede, dass die arbeitslosen und die ALGII-empfänger sich mediennotorisch in der sozialen hängematte ausruhen, ist zwar leiser geworden, aber als hintergrundrauschen ist es immer noch gegenwärtig. Bevor er aus dem amt schied, hat der herr minister a.D. Clement noch einmal richtig vom leder gezogen und von den "Parasiten" geschwafelt*, die nichts unversucht liessen, beim staat knete abzugreifen**. Der vernagelte blick der Berliner elite auf die gesellschaftliche realität ignoriert aber schlicht die tatsache, dass die systemische arbeitslosigkeit*** einem bedeutenden teil der gesellschaft die chance geraubt hat, etwas zu leisten, sowohl für sich selbst als auch für das gemeinsame wohl****.
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* in der ausgabe vom  19.10.2005 titelte die Frankfurter Rundschau: Clement setzt rüden Schlusspunkt. Geschmacklose Entgleisungen in einer Broschüre über "Sozialbetrüger" und "Abzocker".
** der grund für die beklagten mitnahmeeffekte ist das HartzIV-gesetz, das nicht nur das sozialstaatsprinzip des grundgesetzes verletzt, sondern handwerklich auch miserabel gemacht worden ist.
*** zwischen 7 bis 9 millionen menschen sind ohne arbeit; die schätzungen variieren, und die offiziellen statistiken geben verfälschend ein geschöntes bild der misere.
**** die realität der zweidrittelgesellschaft im blick bezeichnet Oskar Negt die sozial marginalisierten menschen als eine "Armee von dauerhaft Überflüssigen" (Frankfurter Rundschau, 19.11.2005). In den theorien der geschichteten gesellschaften ist das phänomen der gesellschaftlich entbehrlichen ein konstantes paradigma. Überreinstimmend wird in den historischen querschnitten der anteil der entbehrlichen auf einen wert zwischen 5-10% beziffert. Aber die gesellschaften der historia unterscheiden sich von den modernen gesellschaften in einem punkt. In den vergangenen jahrhunderten war der mangel an verfügbaren ressourcen der grund für die ausgrenzung, die reichen gesellschaften von heute grenzen die entbehrlichen aus gründen der profitmaxierung aus (vgl.Gerhard Lenski, Macht und Privileg, Frankfurt am Main 1977).   <==//


(04)

es ist ein trick der neoliberalen ideologen, die menschen glauben zu lassen, dass sie die subjekte im marktgeschehen seien; faktisch sind sie aber nur die verfügungsmasse, die von einer kleinen gruppe mächtiger finanzjongleure am markt hin und her geschoben werden. Es heisst, das kapital suche sich seine märkte und wie dieser prozess abläuft, das ist global seit dem fall der Mauer 1989 gut zu beobachten. Man verschiebt das kapital dahin, wo billige arbeit einen grösseren profit verspricht. In den billiglohnländern haben die menschen keine wahl, sie müssen nehmen, was gerade noch geboten wird, und die frage, ob ihre leistung angemessen vergütet wird, geht ins leere, weil diese menschen keine tauschmittel haben, die sie am markt einsetzen könnten, um einen angemessenen preis für ihre arbeit fordern zu können und diesen auch zu realisieren. Die ungleiche verteilung von armut und reichtum, global wie lokal, bewirkt, dass sich eine kleine gruppe von profiteuren zu lasten der gesellschaftlichen mehrheit an den börsen die taschen füllen kann.   <==//


(05)

das gerede von den haushaltslöchern begleitete die verhandlungen zwischen CDU und SPD; wie grooss die löcher nun sein sollen, das entzog sich beharrlich jeder rationalen erklärung und feststellung, im angebot waren zahlen zwischen 35 und 70 milliarden euro. Diese zahlen werden aber relativiert, wenn andere zahlen dagegen gestellt werden. Beständig und von den finanzministern nicht dementiert wird behauptet, dass dem fiskus jährlich ca.80 milliarden euro an hinterzogenen steuern entgehen, allein 20 mrd.€ durch betrug bei der mehrwertsteuer. Seit der einführung dieser steuer dulden die finanzminister in bund und ländern diesen betrug, und auf die öffentliche kritik des bundesrechnungshofs, 2003*, hat die Berliner elite bis heute nicht erkennbar reagiert. Man beklagt, dass die öffentlichen schulden 2005 die summe von ca.1,4 billionen Euro erreicht habe, aber den öffentlichen schulden stehen ca. 4 billionen Euro an privatem kapitalvermögen gegenüber; das ist per saldo, wenn die regeln ordentlicher buchführung noch gelten, ein enormer überschuss, allein die verteilung dieses reichtums ist so aus den fugen geraten, dass die tauschprozesse an den märkten nicht mehr funktionieren können**.
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* cf. meinen text: das argument des monats, ausgabe 10/2003. Der zerfall der zivilgesellschaft. Anmerkung 9
** immer wieder wird geschrieben, dass Deutschland der weltmeister im export sei, es sei die binnenkonjunktur, die schwächele. Ökonomisch ist das ein schlichtes rechenexempel. Wenn seit jahren dem bürger durch die konzertierte lohndrückerei der wirtschaft und des staates das geld aus der tasche gezogen wird, dann ist es unausweichlich, dass die kaufkraft sinkt und damit die fähigkeit der bürger, über das notwendige hinaus zu konsumieren. Aber weil dieses schlichte wissen nach Adam Riese den neoliberalen ideologen nicht in den kram passt, qualifizieren sie dieses argument als ideologisch ab.  <==//


(06)

beharrlich hatte sich herr Schröder als bundeskanzler geweigert, die vermögenssteuer in der Bundesrepublik Deutschland zu reorganisieren*. Das geltende gesetz hatte das Bundesverfassungsgericht wegen der verletzung des gleichheitsgrundsatzes** für verfassungswidrig erklärt und die Regierung Kohl hatte den spruch aus Karlsruhe einfach so hingenommen***. Den hinweis der verfassungshüter, die politik habe für eine gleichmässige besteuerung von kapital- und sachvermögen zu sorgen, nahm herr Schröder nicht auf, weil er, der genosse der bosse, kein interesse daran hatte, die vermögenden an den kosten der gesellschaft angemessen zu beteiligen. In der gleichen tendenz reformierte herr Schröder im jahr 2000 die körperschaftssteuer, die den konzernen und vor allem den banken die chance verschaffte, firmenanteile steuerfrei zu veräussern; die folge war, dass im jahr 2000 das steueraufkommen aus der körperschaftssteuer auf den wert: null, fiel, obgleich die bilanzen der konzerne glänzten, die den shareholdern prächtige gewinne bescherte. Ebenso bediente herr Schröder bei den diversen reformen der einkommenssteuer die klientel der oberen zehntausend. Nominal wurden die steuersätze im eingangssteuerbereich und beim spitzensteuersatz annähernd in gleicher grösse gesenkt, real aber wurden die steuerzahler im unteren bereich mit peanuts abgespeist und die oberen zehntausend strichen steuerverkürzungen im 6-stelligen bereich und grösser ein****. Mein leser kann modellhaft nachrechnen, was die senkung des eingangssteuersatzes von 25 auf 15% und des spitzensteuersatzes von 53% auf 42% real bedeuten, wenn als basis ein zu versteuerndes einkommen von 25000€ und 1000000€ angesetzt wird und diese zahlen mit der realität an der supermarktkasse in eine relation gestellt werden, an der Lieschen Müller und herr Flick die tüte milch mit einem euro bezahlen.
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* in England und in den USA werden grosse vermögen relativ hoch besteuert und es wird doch wohl keiner behaupten wollen, dass die US-präsidenten seit Reagan oder Margret Thatcher und Blair sozialisten seien.
** die verfassungssrichter hatten die gesetzlich vorgeschriebene ungleichbewertung von sach- und kapitalvermögen für verfassungswidrig erklärt. Der gesetzgeber sei verpflichtet, für eine vergleichbare besteuerung sorge zu tragen. Die politische elite von Kohl bis Schröder hatte sich immer an das argument geklammert, dass der wert eines sachvermögens nicht so exakt festgestellt werden könne wie der geldwert des kapitalvermögens auf dem bankkonto, um die praxis zu verteidigen, dass der wert eines grundstücks immer noch nach den zahlen von 1935 mit einer kleinen anpassung nach 1949 bemessen wurde. Der aufwand, einen zeitnahen bewertungsmaasstab zu schaffen, sei, so wurde gebetsmühlenhaft vorgetragen, zu aufwendig. Diese argumentation hat ihren besonderen reiz, wenn zum vergleich das HartzIV-gesetz der Schröder'schen agenda 2010 aus 2003 herangezogen wird. Da kann und soll der mitarbeiter der Bundesagentur für Arbeit natürlich wie selbstverständlich feststellen, ob die briefmarkensammlung des antragsstellers auf AlG II ein verwertbares vermögen im sinne des gesetzes sei....
*** aus der sicht der regierung Kohl war der richterspruch aus Karlsruhe ein geschenk des himmels, ersparte doch das urteil Kohl und seiner entourage die peinlichkeiten, das gesetz auf dem ordentlichen gesetzgebungsweg zu beseitigen, was die lobby der sog. besserverdiener schon immer von ihm eingefordert hatte.
**** wer keine steuern mangels masse zahlen kann, ging leer aus, so die rentner in ihrer mehrheit, die arbeitslosen, die studenten und die kinder, sie wurden aber in der regierungszeit Schröder's zunehmend mit höheren gebühren belastet, so die unsägliche arztgebühr pro quartal von 10€.   <==//


(07)

Die lohnquote, das ist die statistische zahl, die das verhältnis zwischen einkommen aus kapital und einkommen aus arbeit miteinander in relation setzt, ist nach 2000 wieder auf einen wert unter 70% gefallen und steht jetzt dort, wo sie um 1960 bereits gestanden hatte.   <==//


(08)

es wird gesagt, die mehrwertsteuer* sei die ehrlichste steuer, weil jeder steuerpflichtige in grenzen selbst darüber entscheiden könne, wieviel er an den staat "abdrücken" wolle. Aber die gleichheit im steuersatz hat in der realität ein anderes aussehen. Der geplante steuersatz von 19% bewirkt in den unteren einkommensschichten prozentual eine höhere belastung als in den oberen einkommenschichten**, weil die bürger im unteren bereich über weniger freie mittel verfügen, mit denen sie ihren konsum, genauer muss es heissen: ihren verbrauch, steuern können. Was also wie ein gleichbelastung aller aussieht, ist defacto eine zusätzliche belastung der armen bei einer nur relativen entlastung der reichen***.
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* die logik der mehrwertsteuer weist eine strukturgleichheit mit der sog. flattax auf; für alle steuerpflichtigen gilt der gleiche steuersatz. Es kann zweckmässig sein, für bestimmte dinge einen gleichen steuersatz festzulegen, weil am kriterium: verbrauch, eine plausible differenzierung nicht festgemacht werden kann. Auch ist der streit um die höhe der zahl aus diesem grunde nicht nachvollziehbar, weil die festlegung der zahl nicht zwingend aus der sache abgeleitet werden kann. Es ist daher eine merkwürdige volte der geschichte, dass die vielgeschmähte Kirchhofsteuer von 25% für jedes einkommen quasi durch die hintertür wieder auf der agenda der regierung: Merkel, erscheint, wenn sie die erhöhung der mehrwertsteuer um 3% auf 19% ins auge gefasst hat. Und da zahlen bekanntlich sehr geduldig sind, wird die zahl: 25, auch bald erreicht sein, womit die BRD endlich wieder einmal spitze wäre....
** Das DIW hat die differenz ausgerechnet. In der pressemeldung wird das ergebnis so formuliert: "(die mehrwertsteuererhöhung um 3%) dürfte längerfristig die privaten Haushalte insgesamt etwa 0,8 Prozent ihres verfügbaren Einkommens kosten. Während jedoch das obere Zehntel der Bevölkerung ein Schärflein von 0,6 Prozent zur Sanierung der Staatsfinanzen beisteuert, ist das unterste Zehntel mit knapp 1,4 Prozent dabei". (Frankfurter Rundschau, 25.11.2005).
*** wer über ausreichende mittel verfügt, kann zudem in andere steuerländer ausweichen, wo die steuersätze wohlfeiler sind. Wer ein auto der obersten preisklassen haben will, muss es ja nicht in der BRD kaufen - der gemeinsame markt in Europa macht's ja möglich, aber wer nur ein tasse kaffee trinken will, wird's wohl im stehcafe um die ecke machen und nicht im Walldorf in New York.   <==//


(09)

es ist ökonomisch vernünftig, steuersubventionen zu streichen*,  aber nicht jede steuerliche abschreibung ist als solche sinnlos**. Die pendlerpauschale ist ein beispiel, wie mit einer steuerverkürzung sinnvoll auf den wirtschaftsprozess eingewirkt werden kann, wenn sie vernünftig ausgestaltet wird***. Es ist keineswegs mehr selbstverständlich, dass wohnort und arbeitsstätte zusammenfallen, wie das in den vorindustrialisierten gesellschaften der normfall gewesen war. Wer heute eine arbeit aufnehmen will, der muss zum teil weite wege auf sich nehmen, und mit den modernen verkehrsmitteln ist das auch in vernünftigen zeiten möglich****. Diese wegekosten sind geradezu lehrbuchmässige kosten, auf die steuern zu erheben ökonomischer schwachsinn ist. In der weise aber, wie die regierung: Merkel, die reform der pendlerpauschale durchziehen will, muss der plan, die pendlerpauschale für wege bis 20km ganz zu streichen und darüber nur geringfügig anzupassen, wie eine von amts wegen verordnete lohnkürzung wirken; denn der arbeitnehmer kann den faktischen fahrtkosten sich nicht entziehen und seine handlungsmöglichkeiten, die erforderlichen wege zu gestalten sind objektiv gering.
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* jetzt, in der grossen koalition hat man sich schnell darauf verständigt, reine steuersparmodelle zu beseitigen, mit denen sich die reichen steuerlich arm rechnen konnten. So sollen künftig mit absicht produzierte verluste in schiffbau- und filmfonds nicht mehr mit allgemeinen einkünften steuerlich verrechnet werden können. Ich frage, warum geht's jetzt und nicht schon früher, konkreter, warum hat man den ökonomischen unsinn von verlustabschreibungen überhaupt erfunden?
** wäre jede steuerliche abschreibung sinnlos, dann dürfte nach der logik der gewinn- und verlustrechnung auch die bewertung der kosten für die erzielung einer einnahme in der bilanz nicht berücksichtigt werden - das widerspricht aber der ratio ökonomischen handelns.
*** die ausgestaltung der pendlerpauschale ist seit jahrzehnten ein
skandal und ihre ausgestaltung ist ein hohn auf die ökonomische vernunft, wenn das funktionieren der volkswirtschaft das maass ist. Ihre erfinder wollten damals im anfang der republik das private auto fördern, damals vielleicht ein vernünftiges argument, heute ist aber der private PKW die ursache der verkehrsmisere in den ballungsgebieten. Es wäre sinnvoll, die kosten für den ÖPNV zur grundlage der pendlerpauschale zu machen, orientiert an der grösse der verkehrsverbünde, und die wegekosten für den bereich über 50km zeitlich zu begrenzen. Wer dann noch gründe hat, längere wege auf sich zu nehmen, solle dafür auch selbst einstehen. Aber davon ist in den plänen der regierung: Merkel, nicht die rede, vielmehr sind weiterhin die wünsche der hoffierten klientel der orientierungspunkt der Berliner elite.
**** gemäss der zahlen des Statistischen Bundesamtes, stand 2004, ist der arbeitsweg für 51% der arbeitnehmer unter 10km lang, für 31% zwischen 10 bis unter 25km, für 12% zwischen 25 bis unter 50km und für 5% 50km und mehr. (zit.nach Frankfurter Rundschau, 25.11.2005).    <==//


(10)

der terminus: reichensteuer, als totschlagewort im wahlkampf scheinbar tauglich, verschleiert die absichten der Berliner elite. Sie ist nicht mehr als ein notopfer, dass man der meute zum fraass vorwirft, damit die meute von der verfolgung der täter ablässt. Über die angemessene besteuerung der hohen einkommen kann man sich lange streiten und einen wert, der absolute gerechtigkeit garantieren würde, kann nicht begründet werden. Aber was die grosse koalition mit 3%(oder 5%) sondersteuer anbietet, das taugt nicht einmal als feigenblatt, um die schamlosigkeit zu verdecken, mit der die reichen von der Berliner elite hoffiert werden. Es macht schon einen unterschied, ob von 500000€ jahreseinkommen 42% + 5 (geplant) gefordert werden oder von einem einkommen, das mit 1000000€ und mehr beziffert wird. Diese differenz ist mit dem argument nicht mehr begründbar, dass der status des steuerpflichtigen gemäss kontostand angemessen berücksichtigt werden müsse, zumal einkommen in diesen grössenordnungen nicht mit arbeit erzielt werden können*.
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* es gibt eine redeweise und die geht so: für den multimillionär war seine 1.million die schwerste, die weiteren ergaben sich dann von selbst.   <==//


(11)

das kapital, die redeweise nehme Ich mir heraus, ist im irrtum, wenn es meint, dass es ohne den staat bestehen könne. Die vermögenden können sich zwar in ghettos abgrenzen, quasi einen staat im staate schaffen, aber die kosten-/nutzenrechnung zwischen erhoffter sicherheit und realer unsicherheit wird negativ, wenn die reale unsicherheit im staat wächst, von der sie sich abschotten wollen. Und es ist ökonomisch allemal günstiger, wenn der staat als das übergeordnete ganze für die sicherheit der gesellschaft einsteht als wenn die sicherheit an private gruppen vergeben wird, die mit ihren gegenläufigen interessen notwendig in konflikt geraten müssen. Ein wohlgeordneter staat ist für alle kostengünstiger, als einer, dem schlicht die mittel vorenthalten werden, ordnung auch zu realisieren. Das eigentum der bürger ist nur dann sicher, wenn jeder seines eigentums sicher sein kann, und das bedeutet für die schwächeren in der gesellschaft immer das existenzminimum. Das ist in der Bundesrepublik Deutschland heute nicht mehr für jeden gewährleistet und garantiert.   <==//


stand: 06.04.01.

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