TEXTSAMMLUNG

die meinung des bürgers
ausgabe: 01-03/07  januar-märz 2007
 

Das gekaufte recht und die logik der gauner.
Anmerkung zum fall: Ackermann & Co.
 

In alter zeit wurde die rechtsentscheidung von einem gottesurteil abhängig gemacht. Diese praxis war auf zwei annahmen gegründet. Die menschen damals verfügten nicht über die mittel, die wahrheit über den sachverhalt zweifelsfrei herauszufinden, folglich überliessen sie das urteil der höchsten instanz, der sie vertrauten. Die zweite annahme war, dass mit dem urteil gottes, von jedem gesehen, ein neuer rechtsfrieden gestiftet wurde. Wer diesen frieden brach, war fortan der rechtsbrecher. Heute ist die situation eine andere, aber der alte gedanke ist noch wirksam, dass mit dem urteil des berufenen gerichts ein neuer rechtsfrieden gestiftet wird. Das urteil des gerichtes, korrekt entstanden, gilt, und hinter der geltung der entscheidung haben die erwägungen zurückzutreten, dass eine andere entscheidung mit guten gründen vernünftiger gewesen wäre.

Warum diese vorrede? Die entscheidung eines gerichts kann nicht als vernünftig akzeptiert werden, wenn der horizont der rechtstraditionen zugezogen wird, in dem die entscheidung gefällt wurde. Wegen geringer schuld und fehlenden öffenlichen interesses hatte das Oberlandesgericht Düsseldorf am 29.11.2006 das verfahren in der strafsache: Ackermann und andere, mit der auflage einer geldbusse von ca.5 millionen Euro eingestellt. Das gericht hat entschieden, und wenn die beschuldigten die auflagen in geld beglichen haben, dann ist der fall erledigt; der rechtsfrieden ist wieder hergestellt - ende gut, alles gut! Aber kann Shakespeare's wort auf der bühne gelten? - Der grundbass der veröffentlichen reaktionen auf den einstellungsbeschluss ist nicht überhörbar. Als deal wird der einstellungsbeschluss kritisiert, den die herren Ackermann & Co. betrieben hatten, der vom staatsanwalt befürwortet worden ist und den das gericht akzeptierte, sei es, dass die einen um ihren guten ruf fürchteten, der anrüchig geworden war, sei es, dass die anderen die mühe des verfahrens scheuten, schuld festzustellen für ein verhalten, das den tatbestand der untreue gerichtsnotorisch erfüllte. Es mag sein, dass für das verhalten der prozessparteien vernünftige gründe pro und kontra vorgetragen werden können, die in den unterschiedlichen interessen der beteiligten ihren grund haben, aber diese erklärungen beenden nicht den fall. Ich meine, der skandal: Ackermann & Co., beginnt mit der einstellung der strafsache gegen Ackermann und andere. Das ist kein wald-und wiesenfall, wo es um ein paar lumpige kröten geht, die der eine dem anderen zu lasten dritter zugeschoben hat, im fall: Ackermann und andere, geht es um millionen, um 60 millionen DM (=rund 30 millionen €), die nach den feststellungen des gerichts von herrn Ackermann und den anderen zugunsten dritter veruntreut worden sind; dagegen stehen die 5 millionen Euro geldbusse als preis der verfahrenseinstellung. Die bilanz ist für die täter allemal positiv. Die logik der gauner blieb unbeschädigt; denn hinten ist mehr rausgekommen als vorne reingesteckt worden war(1). Die einstellung des verfahrens(2) in diesem fall belegt, dass es wieder möglich geworden ist, das recht zu kaufen, wenn das recht mit peanuts(3) in millionen gekauft wird. Das urteil hat keinen rechtsfrieden geschaffen, aber es zeigt, dass das recht zu einem kalkül verkommen ist, in dem die grösse der zahl entscheidet.

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obiter dicta:

(1)

der bundeskanzler a.D., herr Dr.Helmut Kohl, handelte nach der maxime, dass entscheidend sei, was hinten rauskomme; eine maxime, die, vielfältig gewendet, auch dem gauner verfügbar ist; denn sein trachten ist darauf ausgerichtet, dass das verbrechen sich lohne, und sein verbrechen hat sich gelohnt, wenn das surplus nach abzug aller kosten hängen bleibt.   <==//
(2)
nach §153 STPO ist die einstellung eines strafverfahrens möglich, wenn an dem verfahren kein öffentliches interesse besteht. Der juristische terminus: öffentliches interesse, ist aber ein unbestimmter rechtsbegriff, der situationsgemäss auszulegen ist. Das macht den begriff einerseits flexibel, aktuelle entwicklungen des sozialen lebens aufzufangen, andererseits öffnet der begriff aber auch die chance, jeden sachverhalt bis zur unkenntlichkeit zu verbiegen, wenn das gewollt ist und dafür ist kein unsinn zu dumm, um nicht angewandt zu werden, wenn der erfolg möglich erscheint. Die öffentliche reaktion belegt hinreichend, dass die strafsache: Ackermann und andere, öffentliche beachtung gefunden hatte, die über das kriminalistische interesse hinaus gegangen war. Der wirtschaft hatte die strafsache klar gemacht, dass die vergütung der arbeitsleistung von managern zu beanstanden ist und ihre leistungen mit den vergütungen in keinem vernünftigen verhältnis mehr stehen*. Es bestand und es besteht weiterhin ein öffentliches interesse, diese entwicklung durch ein gericht zu prüfen, damit der rechtsfrieden in der gesellschaft gesichert bleibt. Diese chance hat das gericht vertan und es kann begründet vermutet werden, dass die entscheidung des gerichts bestimmten gruppen in der politik durchaus zu pass ist, die den herren Ackermann & Co. nicht fern stehen.
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* herr Ackermann klagt, dass im vergleich zu den amerikanern die manager in Deutschland unterbezahlt seien. Richtig, in der Bundesrepublik Deutschland haben wir die amerikanischen verhältnisse noch nicht, wo investmentbanker 50 mio$ und mehr einstreichen, deren leistung darin ihre spitze hat, dass die firmen nach erfolgtem investment über die halskrause verschuldet pleite machen und die investoren einige millionen mehr auf dem konto haben.   <==//
(3)
das recht, das ernst genommen werden soll, ist nicht von der rangstelle einer zahl abhängig. Ob ein rechtsbruch begangen worden ist, wird nicht an der zahl entschieden, sondern durch die feststellung des strafbewehrten tatbestandes. Jede zahl ist für sich absolut, aber relativ zu jeder anderen. Die geldbusse von 3,8 millionen Euro mag viel geld sein, aber verglichen mit den 15 bis 20 millionen Euro, die herr Ackermann als salär pro jahr angegeben hat, ist die busse lächerlich wenig. Dem herrn bleiben immer noch einige millionen, und die sind noch zuviel, um ein bürgerliches leben zu bestreiten, das auch einige annehmlichkeiten bietet, die dem herrn Ackermann nicht missgönnt werden sollten.   <==//


finis

stand: 07.04.09. /07.01.03.

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