TEXTSAMMLUNG

die meinung des bürgers
ausgabe: (15)01-03/2010 januar-märz/2010 (blieb bis 10/2010 stehen)
 

Die politische klasse - korrumpiert und unfähig.
Ein prolog, die 7 bilder und der epilog.
 

Der prolog.

Disparates ist zusammenzufügen.

Die bürger der Bundesrepublik Deutschland haben seit 1949 eine verfassung, auf die sie einerseits stolz sein könnten(01), wenn die realen zustände andererseits nicht so beklagenswert wären. Die zeichen häufen sich, dass das kürzel: BRD, neu buchstabiert werden müsse(02). Noch ist es guter brauch, in der Bundesrepublik Deutschland wahlen abzuhalten, aber hat der bürger, das ist die angst, noch die wahl, aus dem angebot der kandidaten die, wie's so schön heisst, besten auszuwählen?(03). Zunehmend schottet sich die politische klasse gegen den souverän ab, um das in szene zu setzen, was sie, cliquen gleich, unter sich ausgekungelt haben(04). Sie sind emsig beschäftigt, aber ihr interesse ist darauf beschränkt, die macht, vom souverän als mandat auf zeit anvertraut, gegen das votum des souveräns weiter zu behaupten(05). Die politische klasse(06) ist ein geschlossener kreis und zugang zu diesem kreis haben nur noch die oder der, die, ausgeguckt, funktionieren(07).

Die registrierten zeichen(*) sind symptome eines beobachteten zustandes, es sind keine beweise(08), aber indizien für einen gesellschaftlichen zustand, die, wenn der gemeine verstand noch etwas gilt, die möglichkeiten einschränken, die fakten, verteilt nach interessen, verschieden zu interpretieren.
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(*) das gemälde in seinen teilbildern:

das 1.bild: die schwärende korruption.
Das 2.bild: der minister als beihelfer, hier: steuerhinterziehung.
Das 3.bild: der angesagte aufstand und die rolle des zwergs aus Schleswig-Holstein.
Das 4.bild: der schatten der finanzmarktkrise.
Das 5.bild: die neue teilung - reichtum und armut in der BRD.
Das 6.bild: bildung für alle - parteiisch gewichtet.
Das 7.bild: die mär, die privatisierung sei das heil für alle.
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Subtext zum prolog:
(01)
es ist die mühe wert, den aktuell geltenden text des Grundgesetzes(*) mit dem text der verfassungsurkunde vom 23.5.1949 zu vergleichen(**). In den 60 jahren seiner geltung haben bereits drei generationen an der verwirklichung dieser ideen mitgewirkt und es ist unstreitig, dass die anpassung des positiven rechts an die realität notwendig ist, wenn die verfassung gelebt werden soll, aber das erfordernis der anpassung ist kein freibrief, den text der verfassung zum ablageplatz für den anfallenden politischen müll zu machen, ein gemenge von gedanken, die, transformiert in einem gesetz, mit dem grundgesetz nicht vereinbar sind. Pars pro toto verweise Ich auf die artikel 16 und 16a. Als dürftiges feigenblatt ist der grosse satz aus Art.16 II 2 (GG/urkunde): Politisch Verfolgte genießen Asylrecht, im Artikel 16a I 1 (GG/stand:2003)(*) übernommen worden, der rest des textes ist verfassungsrotz, der, in einem einfachen gesetz als norm statuiert, mit der verfassung nicht vereinbar ist; denn das, was der satz: politisch verfolgte genießen asylrecht, als programm statuiert, das kann in der gesetzlichen umsetzung nicht ausgeschlossen werden. Das ist ein widerspruch, und es sollte allgemein bekannt sein, dass aus einer widersprüchlichen norm alles abgeleitet werden kann, das beliebt.
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(*) es ist eine zumutung, dass der bürger, wenn er auf dem laufenden bleiben will, sich jährlich eine neue ausgabe des verfassungstextes zulegen muss, um mit den veränderungen mithalten zu können. Bis zum 27.7.2002 zählt die liste der verfassungsanpassungen 51 veränderungen. D'accord, viele veränderungen sind technischer art gewesen, um den verfassungstext an die geänderten rechtsverhältnisse anzupassen (bildung der Europäischen Union, die vereinigung Deutschlands), in meiner perspektive aber haben diese änderungen die verfassung in ihrer struktur nicht verbessert, sondern verschlechtert. Die seit der regierung: Kohl, zu beobachtende tendenz, den staat aus seiner verantwortung für das gemeinwohl zurückzunehmen, hat zu einer erosion der freiheitlich demokratischen grundordnung geführt und das wohl aller wird den partikularinteressen der mächtigen gruppen in der gesellschaft anheim gestellt.
(**) den vergleich stütze Ich auf die publikation von Jürgen Seifert: Grundgesetz und Restauration. Verfassungsrechtliche Analyse und dokumentarische Darstellung des Textes des Grundgesetzes vom 23.Mai 1949 mit sämtlichen Änderungen einschließlich des 34.Änderungsgesetzes. 3.veränderte und erweiterte Auflage. Neuwied: 1977.   <==//
(02)
Ulrich Richter: 2008 BRD - BananenRepublikDeutschland. in: www.ur-philosoph.de //==>bibliographie //==>textsammlung //==>meinung des bürgers //==>(12)05-08/2008. <==//
(03)
das lamento über den rückgang der wahlbeteiligung, seit der regierung: Kohl, signifikant, ist der cantus firmus der politischen publizistik und pikiert wird festgestellt, dass die "partei" der nichtwähler die wirkliche volkspartei geworden sei. Wenn den gründen nachgegangen wird, warum der bürger von seinem wahlrecht, das eine pflicht zur wahl impliziert, nur noch zurückhaltend gebrauch macht, dann sollte eine beobachtung nicht geringschätzt werden. Der frust der bürger, manifest in seinem desinteresse an wahlen, hat in einem entscheidenden moment seinen grund in der verflachung der medien, die das komplexe politische geschehen auf infoclips von 5-10''länge reduzieren, die im fernsehen und auch in der presse mit bildern, garniert werden, dem jeweiligen geschehen angepasst. Zwar wird gesagt, der bürger habe möglichkeiten wie noch nie, sich zu informieren, vor allem im internet habe er worldwide zugriff, aber das ist nur zum teil richtig, weil in der flut von informationen, die gestreut werden, der konsument der informationen kaum noch eine chance hat, die entscheidenden informationen herauszufiltern. War früher der mangel an informationen das problem gewesen, zum teil durch massive unterdrückung, so ist es heute die masse, die nur noch als infomüll, den werbebotschaften gleich, erfahren wird. Unter dem diktat der wirtschaftlichkeit und auch der rendite sind die medien angepasst worden, die ihre funktion, von ausnahmen abgesehen, nicht mehr erfüllen können, weil sie diese funktion nicht mehr erfüllen sollen, die öffentlichkeit mit den erforderlichen informationen zu versorgen, die für ein eigenständiges urteil der bürger über das politische geschehen erforderlich sind. Dem partialinteresse der politischen klasse ist diese entwicklung nicht unlieb, weil mit dem verlust der politischen streitkultur in den parteien, diese zu bequemen wahlvereinen umfunktioniert werden können.   <==//


(04)

nach den wahlen in Hessen, Thüringen und im Saarland, september 2009, musste konstatiert werden, dass die bürger nicht so gewählt haben, wie die funktionäre der parteien es gewünscht, aber nicht gesagt hatten. Also wurden gegen das votum der staatsbürger koalitionen installiert, die das wahlergebnis faktisch auf den kopf stellen - die verlierer konnten noch einmal aufs treppchen, weil die führenden funktionäre der gewinnerparteien unbedingt regieren, aber nichts wesentlich ändern wollten. Es kann eingewendet werden, dass diese interpretation der wahlergebnisse ebenso parteiisch ist wie die interpretation der politischen klasse. Das ist nicht vermeidbar, soweit der kommentator des geschehens auch ein akteur des kommentierten geschehens ist, aber verwunderlich sollte schon sein, mit welcher chuszpe die sich mächtig dünkenden vertreter der politischen klasse das bestimmte votum in Thüringen und im Saarland uminterpretiert haben; der fall in Hessen ist da komplizierter, weil das entscheidende votum im jahr 2008 gefällt worden war und der bürger 2009 zur nachwahl zitiert wurde, die dann das gewünschte ergebnis lieferte.  <==//


(05)

damit Ich nicht missverstanden werde, in seinen formen funktioniert das system des machtwechsels in der BRD noch; denn es ist im interesse der subgruppen, dass der sogenannte demokratische wechsel der macht innerhalb der politischen klasse aufrecht erhalten bleibt. Ich erinnere an das alte wort, das für jede revolution gültig ist: die herrschaften wechseln zwar, aber es bleibt die herrschaft. Innerhalb der politischen klasse funktioniert der austausch der personen noch, die klasse aber hat ihre macht fest im griff und faktisch bleibt das volk, der souverän, ausgeschlossen. Das ist eine empirische feststellung, die keinen rückschluss auf die gültigkeit des demokratischen prinzips zulässt, das in der gefahr steht, von den fakten zugeschüttet zu werden.   <==//
(06)
das phänomen der politische klasse ist bunt. Mit dem terminus: politische klasse, wird eine gemengelage von gruppen in der gesellschaft bezeichnet, die unterschiedliche interessen verfolgen, interessen, die gegensätzlich bis zur wechselseitigen ausschliessung sein können. In dieser gemengelage reihe Ich vor allem die sogenannten politiker ein, mit und ohne mandat des wahlvolks. Dann sollte die beamtenschaft(*) nicht übersehen werden, vor allem jene mitglieder nicht, die entscheidungspositionen besetzt halten. Es gehören auch die führenden leute der wirtschaft dazu, die manager, und die intellektuellen wortführer sollten auch nicht übersehen werden, ideologen, die mit ihren äusserungen, klug bis dumm-dreist, den geistigen kurs in der gesellschaft vorgeben. Ihr zugriff auf die macht ist unterschiedlich zu gewichten, aber schon immer ist die verfügbarkeit über die macht weniger ein problem der quantität als vielmehr ein aspekt der qualität, die einer bestimmten person zugeordnet ist, ein phänomen, das mit dem terminus: charisma, bezeichnet wird.
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(*) eingeschlossen die personen, die öffentliche aufgaben erledigen, aber nach dem gesetz nur angestellte mit einem vertrag sind.   <==//
(07)
es ginge zu weit zu behaupten, dass die wahlen in der BRD schon zu einer blossen show verkommen seien, ein theater, das dem publikum geboten werde, damit es die illusion weiterhege, es habe noch etwas zu sagen, aber der blick hinter die kulissen der öffentlichen show: wahl, wirkt desillusioniernd. Wenn die wahlchancen eines kandidaten abgeschätzt werden sollen, dann darf die kluft nicht übersehen werden, die trennend liegt zwischen dem anspruch, dass nur die besten in die gremien gewählt werden sollen, und dem faktum, dass nur die kandidaten der mächtigen, unter sich in deals ausgehandelt, in die gremien geschickt werden; denn eine chance gewählt zu werden hat nur der kandidat, der es verstanden hat, sich durch anpassung der gunst der mächtigen zu versichern; das spiel klappt reibungslos, von gelegentlichen lästigen störungen für die mächtigen abgesehen, weil die gegenspieler der macht es nicht anders halten.   <==//
(08)
die differenz sollte nicht unterschlagen werden, die behauptet werden muss zwischen einem faktum als zeichen für etwas und einem faktum als beweis für etwas. Auf das, was dem bürger in seiner politischen existenz so widerfahren kann, hat der geplagte seinen eigenen reim, aber das, was er denkt, und das, was er im moment seiner gelebten gegenwart sagt, das ist nicht immer d'accord mit den fakten, die von den machthabern al gusto, soweit sie über die erforderlichen machtmittel verfügen, dem publikum vorenthalten oder bekannt gemacht werden. In der perspektive der macht, nicht der herrschaft(*), erscheint die geschichte der BRD als eine unendliche geschichte ihrer skandale.
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(*) diese differenz sollte nicht irgnoriert werden. Herrschaft ist nicht dasselbe wie die macht, obgleich es immer so erscheint, als ob die machthaber herrschen würden. Ich belasse es hier bei dieser andeutung und verweise auf meinen essay: der begriff: das_politische, im trialektischen modus. In: www.ur-philosoph.de //==>bibliographie //==>verzeichnis  //==>014:das_politische //==>text //==>argumente: 1.3.3-1.3.55.   <==//
(gemälde/übersicht)<==//


Das 1.bild: die schwärende korruption.

Noch kann in der Bundesrepublik Deutschland nicht von offener korruption geredet werden(01), aber im kritischen blick erscheinen strukturen der kommunikation, die eine unterscheidung zwischen dem, was rechtlich erlaubt ist, und dem, was verboten sein soll, zunehmend zu einer farce machen. War die grenzlinie zwischen dem rechtlich zulässigen lobbying und dem handeln der staatlichen institutionen bis zum ende der BRD nummero: 1(=Bonner Republik), noch eindeutig erkennbar gewesen, so verschwimmen die konturen in der BRD nummero: 2(=Berliner Republik), zunehmend, spätestens seit dem amtsantritt von herrn Schröder ist die schleifung der grenzlinie auch aktenkundig(02). In den ministerien sind, von der wirtschaft besoldet, planstellen eingerichtet worden, die mit lobbyisten besetzt sind, die ihren sogenannten sachverstand einbringen, ihre jurisprudentiellen fertigkeiten eingeschlossen. Dadurch haben die lobbyisten bereits im vorstadium des gesetzgebungsverfahrens die institutionelle möglichkeit, unmittelbar und für die öffentlichkeit nicht erkennbar, einfluss zu nehmen. Staatsbeamte, als lobbyisten in die wirtschaft gewechselt, werden wieder als staatsbeamte reaktiviert)(03). Abgeordnete in den parlamenten, wohlgemerkt vertreter des volkes, antichambrieren in den ministerien(04), so, als seien sie die bezahlten vertreter der firmen, die legitim ihre besoldeten vertreter als lobbyisten haben registrieren lassen(05). Es ist festzustellen, dass die verfassungsrechtlich gebotenen und auch gesetzlich normierten inkompatibilitätsregeln, wenn's passt, missachtet werden(06). Mit diesen praktiken wird den interessierten interessengruppen die chance eröffnet, den gesetzen den schein des rechts zu verpassen, aus denen die interessengruppe priviligiert unmittelbar vorteile zu lasten anderer ziehen können. Der bürger, dem handeln der verwaltungen ausgeliefert, muss feststellen, dass mit den so geschaffenen gesetzen, sein klagerecht eingeschränkt oder gar ausgeschlossen wird(07). Die mit dem mandat verliehene macht, vom souverän auf zeit übertragen, wird genutzt, um sich bei den entscheidenden verwaltungsbeamten nachdrücklich für die interessen eines befreundeten unternehmers zu verwenden, selbstredend gegen eine "spende des danks"(08). Auch kann der verdacht nicht mehr als absurd verworfen werden, dass nach abtritt der eine oder andere minister, beamte und abgeordnete noch ein salär des dankes erhält, weil die wirtschaft hofft, den erfahrenen, nun politisch alt gewordenen gaul, aber in den besten jahren, abschöpfen zu können, einschliesslich der netzwerke "ihres mannes/ihrer frau". Alles wird gezielt in einer grauzone gehalten; denn im dunkeln sind, wie Hegel schon lehrte, alle kühe grau und das unterscheidungsvermögen der bürger ist gelähmt.
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Subtext zum 1.bild
(01)
in einer modernen gesellschaft, komplex gestaltet und in seiner gänze vom einzelnen bürger nicht überschaubar, werden die phänomene der korruption immer präsent sein. Es ist eine illusion, die phänomene korrumpierten verhaltens der bürger in gänze administrativ beseitigen zu können; denn der versuch, dieses ziel zu erreichen, ist nur mit massnahmen möglich, die exakt neben dem recht liegen und damit genau das spielfeld freigeben, auf dem sich jede form von korruption austoben wird. Eine demokratische gesellschaft kann aber die frage nicht ohne antwort lassen, in welchem maass irreguläre zustände hingenommen werden können, ohne die gesellschaftliche ordnung im ganzen zu gefährden. Der fall: Siemens, hat zumindest deutlich gemacht, dass der wirtschaftsprozess in der BRD in einem erheblichen maass korrumpiert ist, aber diese unschönen dinge sind noch nicht ausser kontrolle. Wenn bekanntgewordene durchstechereien noch angemessen gerichtlich geahndet werden, dann bleibt der fall zwar ärgerlich, das ganze aber ist nicht gefährdet.   <==//
(02)
Ulrich Richter: 2008 BRD - BananenRepublikDeutschland. In: www.ur-philosoph.de //==>bibliographie //==>textsammlung //==>meinung des bürgers //==>12(05/2008).
Zusatz: es ist keine neue nachricht, wenn geklagt wird, dass lobbyisten schon immer versucht haben, auf das handeln der amtsträger einfluss zu nehmen und methoden anwenden, die nicht koscher sind. Das lobbying hat aber eine andere qualität, wenn lobbyisten quasi als amtswalter in das regierungshandeln mit einbezogen werden. Diese variante des lobbying hat herr Schröder zwar nicht erfunden, schon unter dem schirm von herrn Kohl soll es solche versuche gegeben haben, aber herr Schröder hatte das verfahren perfektioniert, zum einen klammheimlich durch das einrichten von planstellen, die von der interessierten wirtschaft alimentiert wurden, bis die sache ruchbar geworden war, zum anderen offiziös durch das einrichten von sogenannten regierungskommisionen, in denen jene reformen ausgekungelt wurden, die für die interessierten wirtschaftskreise vorteilhaft waren - berühmt berüchtigt ist die Hartz-Kommission, deren vorschläge die nachhaltigsten wirkungen hatten(*).
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(*) fünf jahre später, genau in dem jahr, das der reform den namen: agenda2010, verschafft hatte, ist auch für ihre erfinder es unübersehbar geworden, dass diese reform reformiert werden muss, wenn ihre nutzniesser nicht politisch schaden nehmen wollen. Diese hatten als vertreter der politischen klasse in der rolle der opposition an der agenda2010 aktiv mitgestrikt, als es galt, die reform im Bundesrat durchzubringen(+).
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    (+) Ulrich Richter: Die damen/herren politiker - ihr handwerk und die moral. In: www.ur-philosoph.de //==>bibliographie //==>textsammlung //==>meinung des bürgers //==>08(07/2006).   <==//
(03)
aktuell ist der fall: Gerald Hennenhöfer,(*). Der minister für umwelt, jetzt herr Norbert Röttgen(**), hat herrn Hennenhöfer zum leiter der abteilung gemacht, die für die kontrolle der atomwirtschaft zuständig ist. In dieser funktion war herr Hennenhöfer schon als ministerialbeamter tätig, zu der zeit als Angela Merkel noch chefin des hauses gewesen war. 1998 wechselten die politischen machthaber in Berlin die seiten und herr Hennenhöfer, diener anderer herren, wechselte zur atomindustrie, handelte in derem auftrag den atomausstieg 2002 mit herrn Schröder und Co. aus, und war auch ansonsten fleissig für die atomwirtschaft tätig, 10 jahre als lobbyist. Die kritik an der ernennung ist eindeutig(***), aber wie herr Hennendörfer als diener zweier herren das kunststück meistern will, einmal für den einen im geiste zu handeln und zum zweiten im geist des anderen zu kontrollieren, das bleibt dunkel.
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(*)   Frankfurter Rundschau, bericht vom 01.12.2009, p.9. Es folgten weitere berichte zum fall.   (*)<==//
(**) herr Röttgen, MdB, war in der letzten legislaturperiode des Bundestages parlamentarischer geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Als nebentätigkeit sollte er 2006 auch den posten eines geschäftsführers beim BDI (Bundesverband der Deutschen Industrie) übernehmen. Davon musste er auf öffentlichem druck hin abstand nehmen(+). Jetzt ist der herr Röttgen der hausherr eines ministeriums geworden, also viel raum für die gestaltung der politik, aber zu wessen nutzen(++)?
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    (+) cf. Ulrich Richter: Die damen/herren politiker - ihr handwerk und die moral.//==> subtext; 1.05. In: www.ur-philosoph.de //==>bibliographie //==>textsammlung //==>meinung des bürgers //==>08(07/2006).
    (++) vergleichbar ist der fall des ministers Werner Müller, der von herrn Schröder zum wirtschaftsminister gemacht worden war. Herr Werner Müller war vorher manager bei Eon und nach 4 jahren wechselte er zurück in die wirtschaft als manager bei RAG. Der wechsel zwischen privatwirtschaft und staatsdienst ist im prinzip nicht zu kritisieren, aber die zweifel wachsen, ob in einem umfeld fehlender öffentlicher kontrolle nicht strukturen geschaffen werden, die eine trennung privater interessen und die durchsetzung des gemeinwohls nicht mehr zulassen.   (**)<==//
(***) cf. Joachim Wille: Umweltverband warnt vor Ex-Atomanager. In: Frankfurter Rundschau, 22.12.2009.
cf. Joachim Wille: Atomlobbyist im Ministerium muss gehen. In: Frankfurter Rundschau, 23.12.2009.  (***)<==//  (03)<==//
(04)
zwei berichte im Spiegel vermittelten kürzlich einen guten eindruck von dem, was abgeordnete im Bundestag so alles tun - es fragt sich nur in wessen diensten. Einmal wird über die aktivitäten der abgeordneten Bernd Siebert (CDU) und Johannes Kahrs (SPD) berichtet(*), deren energien offenbar vollständig davon absorbiert werden, dem rüstungskonzern Krauss-Maffei-Wegmann einen lukrativen auftrag zu verschaffen, indem sie, weil KMW nicht liefern konnte, die beschaffung notwendigen materials für die truppen in Afghanistan hintertrieben. Dann der fall des Hans-Joachim Fuchtel (CDU)(**), der, nach jahren fron als parlamentarischer klinkenputzer in seinem wahlkreis, sich endlich parlamentarischer staatssekretär nennen lassen darf.
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(*) DER SPIEGEL, 50/2009, p.43.
(**) DER SPIEGEL, 50/2009, p.50.  <==//
(05)
ein umfassendes register der offiziellen lobbyisten in der BRD ist immer noch ein desiderat, und das wird es wohl noch lange bleiben; denn diejenigen, die ein wirksames register fürchten müssen, wissen, wie sie das weiter verhindern können, und diejenigen, die das erforderliche register schaffen müssten, haben kein interesse daran, weil es für die kreise ihrer eigenen partikularen interessen hinderlich sein könnte.   <==//
(06)
einhellig verweisen die namhaften juristen Alexander Roßnagel, Erhard Denniger und Hans Peter Bull darauf, dass herr G.Hennenhöfer, neuer abteilungsleiter im umweltministerium(*), wegen Befangenheit von "nahezu allen relevanten Fragen der Atompolitik ausgeschlossen" sei(**). Die normierten befangenheitsregeln haben den zweck, in typischen situationen von vornherein interessenskollisionen zu vermeiden. Aber schon immer galt auch die maxime, dass normen so ausgelegt werden, das dem rechtswidrigen interesse auch der schein des rechts zuteil wird.
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(*) siehe anmerkung: 03
(**) so Alexander Roßnagel, zitiert nach Joachim Wille: Der "böse Schein" der Parteilichkeit. In: Frankfurter Rundschau, 11.01.2010,p.5.   <==//
(07)
rechtsttechnisch wird mit komplizierten strukturen operiert, die im ergebnis die klagebefugnis des bürgers gegen massnahmen der verwaltung einschränken oder ausschliessen. Es dürfte sinnvoll sein, mit dem instrument der verbandsklage zurückhaltend zu operieren, wenn aber das gemeinwohl von der verwaltung, zurücknehmend formuliert, im interesse mächtiger gruppen ausgelegt wird und der bürger sich dadurch in seinem recht beeinträchtigt fühlt(*), dann sollte ihm zumindest eine umfassende klagebefugnis eingeräumt sein, damit der streitfall vor einem gericht geklärt werden kann(**). Aber genau diese klärung durch eine unabhängige instanz soll ausgeschlossen werden, weil, in der perspektive der interessierten machtgruppe zwingend, die immer noch unabhängig urteilenden gerichte in der Bundesrepublik Deutschland die dunklen geschäfte, von teilen der politischen klasse betrieben, stören könnten.
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(*) soweit absprachen zu lasten des bürgers diesen in seinen eigentumsrechten berühren, steht dem bürger immer noch die klagebefugnis aus dem recht an eigentum zu. Aus diesem grund wird die klage des bürgers immer zulässig sein und die vielen prozesse gegen bebauungspläne der verwaltungen belegen dies; ob der klagende bürger aber dann recht bekommen wird, das entscheiden die gerichte, die an das gesetz gebunden sind. Hier schliesst sich in vielen fällen dann wieder der kreis und der bürger geht am ende leer aus, bestenfalls mit einer geldzahlung abgefunden.
(**) es genügt nicht, wenn die beschwerde des bürgers nur verwaltungsintern noch einmal geprüft wird. Die verwaltung, genauer der bestimmte amtswalter, der sein projekt politisch durchziehen will, kennt die wege, damit die nochmalige prüfung innerhalb des amtes das gewünschte ergebnis bringen wird.  <==//
(08)
im zusammenhang mit dem Kölner parteispendenskandal(*) wurde der terminus: spende des danks, geprägt. Das ist nur die nachliefernde variante des bekannten spiels mit dem namen: (politische) landschaftspflege,(**).
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(*) der fall wurde 2002 ruchbar. In diesem skandal hatte der sogenannte Kölner Klüngel, in dem die vertreter aller ratsparteien miteinander verbandelt sind, d'accord mit dem ruf nach privatisierung öffentlicher aufgaben, es hinbekommen, dass die müllentsorgung, eine öffentliche aufgabe des staates, zumindest für den privaten betreiber der müllverbrennungsanlage ein lohnendes geschäft geworden war.
(**) die alten fälle sind der Flickskandal(1981-85) und die CDU/parteispendenaffäre(1999f). Die wiederaufnahme des programms im spielplan ist derzeit zu verfolgen. Der verstand muss schon ausgeschaltet werden, wenn geglaubt werden soll, dass die spende einer hotelkette in millionenhöhe an die FDP ohne die erwartung einer gegenleistung gezahlt wurde; inzwischen hat die FDP geliefert(+).
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    (+) siehe das 3.bild.
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(gemälde/übersicht)<==//


Das 2.bild: der minister als beihelfer, hier: steuerhinterziehung.

Das lied ist alt(01) und die mär, dass der staat knapp bei kasse sei, wird durch wiederholung nicht besser, wenn das reale vermögen der gesellschaft mit dem aktuellen kassenstand verglichen wird(02). Es ist ökonomisch richtig, wenn die aktiva und die passiva einer bilanz in einem kalkulierbaren verhältnis bleiben; denn in dieser hinsicht unterscheidet sich der privatmann nicht von der öffentlichen hand, aber dem obsessiven ruf nach schuldenabbau in öffentlicher hand, steht ein anderer ruf entgegen, der ruf nach ordentlicher verwaltung und sparsamer haushaltsführung. Ich konzentriere meinen blick auf die ordentliche verwaltung der staatsfinanzen(03). Das gebot der ordentlichen verwaltung der staatsfinanzen sollte bei der politischen klasse eigentlich zutiefst verinnerlicht sein, aber im land Hessen, das bundesland, in dem herr Roland Koch regiert, ist das gebot offenbar nur partiell bekannt, und wie es scheint, ist die existenz dieses gebots beim zuständigen finanzminister, herrn Karlheinz Weimar, dann gänzlich unbekannt, vielleicht nur lästig, wenn es gilt, einer bestimmten clientel sich erkenntlich zu erweisen. In Hessen schwelt seit jahren ein steuerskandal, der in der veröffentlichten meinung faktisch nicht zur kenntnis genomen wird(04). Worum geht's? Eine unbestrittene aufgabe des finanzministers ist es, die finanzverwaltung des staates so zu organisieren, dass die finanzbehörden das geltende steuerrecht mit gleicher wirkung für alle durchsetzen können und die beamten dies auch tun. Dass der steuerbürger, zumal wenn er viel hat, seine steuerschuld präzis neben dem recht veranschlagt, vulgo heisst das: steuern hinterzieht, sollte kein grund für aufregung sein - das ist menschlich, allzu menschlich. Auch sollte das implizite geschehen, als katz- und mausspiel zwischen dem kleinen bürger und dem grossen staat bekannt, dann kein grund für aufregung sein, wenn der bürger sicher sein könnte, dass der staat durchgreift, wenn der finanzbehörde der versuch einer steuerverkürzung bekannt wird. Soweit die theorie - in der paxis ist dieses vertrauen aber perdu(05); denn das böse spiel der steuerhinterziehung hat eine neue qualität bekommen, wenn zutrifft, dass der finanzminister Hessens, herr Weimar, nicht ohne wissen des ministerpräsidenten von Hessen, herrn Koch, nicht nur duldet, dass steuerhinterziehung aus mangel an personal nicht mehr zureichend verfolgt werden kann oder verfolgt wird, sondern dass der herr minister die finanzverwaltung auf einen ihm geeignet erscheinenden weg seine wunsch hat wissen lassen, dass die finanzbehörden die vermögenden, wenn diese ihrer pflicht nachgekommen seien, eine steuerklärung überhaupt abzugeben(06), nicht mehr mit prüfungen zu hart behelligt werden. Das ist schon merkwürdig im land: Deutschland, wo die prüfung einer auf dem amt abgegebene erklärung des bürgers das vornehmste recht eines verwaltungsbeamten ist. Die klientel der abteilung: HartzIV, können da sicher einige anekdötchen erzählen. Dieses recht also, das die pflicht jedes staatsbeamten und mit verwaltungsaufgaben betrauten angestellten des staates impliziert, gilt in Hessen offenbar nur noch selektiv und wird, nach lage und interesse sortiert, mal beachtet oder ignoriert. Da kann es schon möglich sein, dass einige beamte, die, ihre pflicht bedenkend, bei einigen grossen fischen zu genau hingesehen hatten, beamte der steuerfahndung, die die kreise ihrer vorgesetzten gestört haben könnten, und, weil sie für die oberen zu kritisch waren, aber nicht geräuschlos auf andere posten weggesetzt werden konnten, mit getürkten gutachten, eine geisteskrankheit bescheinigend, aus dem dienst entfernt wurden(07). Ein geisteskranker staatsbeamter kann für die gesellschaft eine gemeine gefahr sein, eine gemeine gefahr für den staat ist aber ein minister, der einen korrekt arbeitenden beamten zu einem geisteskranken erklären lässt, zumindest solche praktiken, wenn sie ihm bekannt werden, duldet. Nun, das könnte ja eine einmalige entgleisung gewesen sein, die, rechtsstaatlich korrekt, geheilt werden kann, wenn nicht das gefühl übermächtig wäre, in den jahren immer wieder befeuert, dass, wie vorliegend, der fall: Weimar, typisch für die finanzverwaltung in dieser Republik sein könnte; denn neu sind die klagen über den personalmangel in den finanzämtern keinesfalls. Da klagt der steuerbürger immer wieder über die schleppende bearbeitung seiner steuererklärung, die steuerbescheide würden auf monate verzögert werden und wenn sie kommen, dann sind die bescheide fehlerhaft, deren korrektur neuen verwaltungsaufwand verursachen, und, wie die statistik es ausweist, auch die finanzgerichte über gebühr belasten(08). Und was tun die finanzminister der länder und des bundes seit jahren? - nichts! Ein behaupteter mangel an fachkräften auf einem leergefegten arbeitsmarkt kann nicht der grund sein, dass für eine ordentliche steuerverwaltung das benötigte personal fehlt; denn der staat hat, wenn er ordentlich verwaltet wird, genügend zeit, das erforderliche qualifizierte personal vorausplanend in hinreichender zahl ausbilden zu lassen, und es kann füglich vermutet werden, dass der grund des gewollten personalmangels in der steuerverwaltung das resultat eines zynischen kalküls ist, das die verantwortlichen mitglieder der politischen klasse anstellen, hoffend, dass die potenten steuerpflichtigen sich für eine lasche kontrolle ihrer steuererklärungen auch ihnen gegenüber dankbar erweisen könnten - den rest besorgen dann wirksam die interessierten lobbyisten(09).
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Subtext zum 2.bild
(01)
die historia der staaten, die an den selbstangehäuften schulden zugrunde gegangen sind, mag aufregende kriminalstories bereithalten, aber zur aufklärung des problems der staatsverschuldung steuern diese fälle wenig bei, weil die grundmuster des scheiterns zum verwechseln ähnlich sind. Entweder ist es die gier der sogenannten eliten, die im wahn von ruhm und reichtum den reichtum der gesellschaft buchstäblich verpulvert haben oder es ist das unvermögen dieser sogenannten eliten, eine komplexe gesellschaft ordentlich zu verwalten, damit alle, die es betrifft, von den früchten ihrer arbeit auskömmlich leben können.   <==//
(02)
man sagt, dass die öffentlliche hand in der BRD schulden in höhe von 1,4 billionen Euro(*1) angehäuft habe. Eine gigantische summe, die schwer vorstellbar ist(*2), eine summe aber, die relativiert wird, wenn eine andere zahl dagegengestellt wird, die zahl: 4 billionen Euro, eine zahl, mit der das geldvermögen der bürger der BRD beziffert wird(*3). Es ist schlichtweg dummes zeug, wenn davon geredet wird, dass die deutschen in ihren angehäuften schulden erstickten. Vielmehr ist das gemeinsam erarbeitete vermögen in einem maass ungleich verteilt(*4), dass auf der einen seite zu recht von öffentlicher armut gesprochen wird, der auf der anderen seite ein enormer privater reichtum gegenüber steht. Das problem der ungleichen verteilung des gemeinsamen reichtums einer gesellschaft ist, dass entgegen des öffentlichen geschwätzes das privat gehortete vermögen auf dem markt des austauschs der güter nur beschränkt verfügbar ist und somit die gesellschaftlichen tauschprozesse, von denen alle profitieren können, behindert werden.
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(*1) die zahl der summe ist nicht eindeutig festgelegt und es werden in der publizierten meinung unterschiedliche zahlen genannt. Die "wahre" zahl, richtiger, die richtige zahl, kann dahingestellt bleiben, weil es bei dieser grössenordnung auf ein paar euros nicht mehr ankommen kann. Dem minuszeichen ist es gleichgültig, welche zahl folgt, es bleibt eine rote zahl. *1<==//
(*2) der vergleich ist anschaulicher, wenn aus der zahl: 1,4 billionen, die äquivalente zahl: 1400 milliarden, gemacht wird und in einem weiteren gedankenschritt der zahl: 1400 milliarden, zugegeben in einem etwas schiefen vergleich, die zahl: 700 milliarden dollar, entgegengestellt wird, mit der die aufwendungen beziffert werden, die die regierung der USA, nur mal so, von einem tag auf den nächsten für die US-banken locker gemacht hat, damit das korrumpierte und kriminelle bankensystem: Wallstreet, nicht pleite geht.  *2<==//
(*3) diese zahl wird gelegentlich immer wieder ohne beleg in den meinungsartikeln zitiert, wenn über die verteilung des reichtums und der armut im lande reflektiert wird. In dieser zahl ist das vermögen in immoblien und sonstigen sachwerten nicht eingerechnet. Wird das vermögen in sachwerten aber mit veranschlagt, dann wird die zahl: 8 billionen, genannt - Ich kann das nicht überprüfen, aber in der tendenz könnten die zahlen annähernd zutreffend sein.  *3<==//
(*4) auskunft über die statistische verteilung des reichtums und der armut ist in einer aktuellen studie zu finden. Cf. Claus Schäfer, Berichte des WSI. Aus der Krise in die Krise? WSI-Verteilungsbericht 2009. Abb.1, p.687.(WSI Mitteilungen 12/2009. p.683-691).   *4<==//  (02)<==//
(03)
der gegenstand: sparsame haushaltsführung, ist ein wichtiger aspekt des problemfeldes: ordentliche verwaltung des staates. Dieser aspekt wird aber hier zurückgestellt, weil seine erörterung den rahmen dieses bildes sprengen würde. Ein andermal vielleicht mehr; die berichte der rechnungshöfe in bund und ländern liefern jahr um jahr hinreichenden stoff.  <==//
(04)
der skandal der geschassten steuerprüfer in Hessen reicht bis 1999 zurück(*), zwar wurde gelegentlich immer wieder etwas gemunkelt, aber eine öffentliche diskussion der verdachtsmomente mit dem ziel einer wirksamen aufklärung wurde nicht geführt. In den letzten monaten berichtete allein die Frankfurter Rundschau kontinuierlich über die weiterungen des falles von vier beamten der steuerfahndung, die wegen geisteskrankheit zwangspensioniert wurden, pensionierungen, die, wie behauptet wird, vom finanzministerium mit falschen gutachten betrieben worden seien. Jedem skandal ist es eigentümlich, dass genaues nicht bekannt ist, dass aber immer soviel bekannt wird, dass die existenz des skandals nicht mehr abgestritten werden kann. Es ist also offen, was in dieser runde herauskommen wird....
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(*) mit der affäre(+) hatte sich bereits 2003 ein parlamentarischer untersuchungsausschuss beschäftigt, der wieder einmal nichts festgestellt haben wollte, obgleich der abweichende bericht der opposition hinreichend stoff für weitere zweifel bereithält.
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    (+) Ulrich Richter: Der zerfall der zivilgesellschaft.  In: www.ur-philosoph.de //==>bibliographie //==>textsammlung //==>argument des monats //==>(11)10/2003  //==>5.abs./(anmerkungen: 4-8).   <==//
(05)
das vertrauen des bürgers in die kunst der finanzbehörden, steuersünder aufzustöbern, kann nicht besonders stabil ausgeprägt sein, wenn jahr um jahr in der veröffentlichten meinung darüber geschrieben wird, dass dem staat durch steuerbetrug jährlich einnahmen in der höhe von 150 milliarden Euro(*) entzogen würden. Regelmässig wird in der presse über fälle systematischen steuerbetrugs berichtet(**), aber die verantwortlichen im staat unternehmen keinen nachhaltigen versuch, die systeminduzierten lücken im gesetz zu schliessen, lücken, die von gaunern mit hohem juristischen sachverstand ausbaldowert werden. Dass diese betrügereien immer wieder erfolgreich versucht werden, ist nicht das problem, das problem ist, dass die verantwortlichen das rechtswidrige treiben offenkundig wissentlich dulden und das über jahre.
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(*) die zahl ist vage und schwankt stark, so wie das kalkül des diskurtanten es gerade erfordert. Es dürfte aber unstrittig sein, dass es um erhebliche summen geht, genug, um jahrein, jahraus einen ausgeglichenen haushalt führen zu können, wenn die akteure der politischen klasse das wollen. Ja, wenn sie wirklich nur wollten, dann würde, quasi als collateralnutzen, auch noch ein breiter spielraum zur gestaltung für die pläne offen sein, den nominalen steuersatz für alle zu senken - für alle? das aber liegt nicht in ihrem interesse.
(**) cf. bericht: Die Klima-Mafia. in: Der Spiegel 50/2009, p.90-92.   <==//
(06)
es dürfte kein zufall sein, dass zum schwelenden skandal des herrn ministers vor gericht parallel auch ein schwer durchschaubarer fall von steuerhinterziehung in millionenhöhe verhandelt wird(*). Neben anderen vorwürfen, heisst es, soll der beschuldigte über jahre, trotz millionenumsätze keine steuerklärung abgegeben haben, und das soll dem zuständigen finanzamt als faktum nicht aufgefallen sein?
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(*) der fall: Wolski, cf. die berichterstattung in der Frankfurter Rundschau, 2010.   <==//
(07)
die fälle liegen bereits 10 jahre zurück. Die staatsanwaltschaft Frankfurt hatte die büroräume führender deutscher Bankhäuser gefilzt, nachdem ihr unregelmässigkeiten im zahlungsverkehr mit Lichtensteiner Banken bekannt geworden waren. Bis heute harren die beschlagnahmten akten ihrer sachgerechten aufarbeitung - wie sollte diese aufarbeitung auch geschehen können, wenn das dafür benötigte personal gezielt abgezogen wird?   <==//
(08)
die komplexität des deutschen steuerrechts ist ein anderer grund, dass viele steuerklärungen mängel aufweisen. Selbst bei bestem willen zur steuerehrlichkeit, kann der steuerbürger nicht mehr sicher wissen, was im steuerrecht der BRD zulässig ist und was nicht. Es ist daher nicht verwunderlich, wenn steuerbürger, die, von gesetz eingeräumt, ihre steuererklärung "gestalten" können, sich zunächst einmal ärmer rechnen als sie steuerlich tatsächlich arm sind. Bei ordentlicher prüfung der steuerklärungen können diese missverständnisse, gewollt oder nicht, ausgeräumt werden und bürger wie staat kämen zu dem, was der kaiser dem bürger belassen muss und was der bürger dem kaiser zu geben hat. Wenn aber, wie immer wieder zu lesen ist, alle firmen der BRD statistisch nur alle fünf jahre geprüft werden können, dann ist etwas faul im staat: BRD, und diesen misstand haben die finanzminister in bund und ländern durch ihr unterlassen zu verantworten.  <==//
(09)
das steuerrecht, in seiner unüberschaubaren komplexität ein idealer tummelplatz für lobbyisten, ist in seinen faktischen widersprüchen in toto mit dem Grundgesetz nicht mehr vereinbar. Die faktische besteuerung der bürger muss als verfassungswidrig beurteilt werden, weil eine vielzahl von normen mit den prinzip der gleichheit aller steuerbürger vor dem gesetz nicht mehr vereinbar ist. Sowohl die grundsätze der besteuerung verstossen gegen das gleichheitsprinzip(*) als auch die praxis der beitreibung der gesetzlich festgelegten steuern(**).
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(*) im blick auf das real verfügbare bürgerliche existenzminimum (derzeit bei ca.8000€) werden in der BRD die unteren einkommensklassen stärker zur steuer herangezogen als die oberen. Der vergleichsmaasstab können nicht die nominalen steuersätze in prozentzahlen sein, sondern der vergleichsmaasstab ist das real verfügbare einkommen in absoluten zahlen. Wer von 10000€ 15% steuern bezahlen muss, der leistet im vergleich zum verfügbaren geld für die befriedigung der bürgerlichen bedürfnisse mehr, als derjenige, der von 100000€ nominal 42% zu entrichten hat, faktisch aber weit darunter zahlen muss. Der fehler ist, dass die prozentzahlen und grundzahlen über kreuz miteinander in beziehung gesetzt werden, das verfügbare geld aber auf dem markt des gütertausches einen identischen wert hat. Der euro in der hand des millionärs hat an der kasse des supermarkts den gleich zahlwert wie der euro in der hand des HartzIV_kunden.
(**) es ist eine verhöhnung des arbeitenden bürgers, wenn herr Steinbrück, Bundesfinanzminister a.D, die pauschale kapitalertragsteuer von 25% damit begründet, dass 25% von den in der BRD erfassten kapitalerträgen mehr seien als die 42% von nichts(+). Dieser spruch ist passgenau, wenn die entwicklung der belastung von arbeitseinkommen und einkommen aus vermögen in den zurückliegenden jahrzehnten dagegengestellt wird. In der Bonner Republik wurde das arbeitseinkommen 1960 mit rund 6% belastet, einkommen aus vermögen mit 20%, 1990 waren die zahlen umgekehrt: 16% aus arbeitseinkommen und 9% aus vermögen, und so ist es auch in der Berliner Republik geblieben(++).
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    (+) Ulrich Richter: "25 Prozent auf einen Betrag X sind besser als 42 Prozent auf gar nix." In: www.ur-philosoph.de //==>bibliographie //==>textsammlung //==>zitat des monats  //==>(25)09/2007.
    (++) die zahlen der statistik, cf. Tabelle 3: Abgabenbelastung von Arbeits-und Kapitaleinkommen der privaten Haushalte in Deutschland, p.685. in: Claus Schäfer: Aus der Krise in die Krise? WSI-Verteilungsbericht 2009, WSI-Mitteilungen 12/2009, p.683-691.   <==//
(gemälde/übersicht)<==//


Das 3. bild: der angesagte aufstand und die rolle des zwergs aus Schleswig-Holstein.

Im bundesrat wurde, so schien es, der aufstand geprobt, aber das spektakel fiel aus, weil im hinterkabinett das fell des bären in bewährter manier anders verteilt worden war. Herr P.H.Carstensen, CDU und derzeit ministerpräsident in Schleswig-Holstein, hatte im vorfeld laut gegen "die da" in Berlin gewettert und, nachdem Frau Merkel, die Bundeskanzlerin, ihn "im beichtstuhl" verhört hatte, mit "denen da" im Bundesrat gestimmt. Es war eine show, im dezember 2009 inszeniert für die bühne der medien, und die kritiker dieser farce sollten zwei dinge analytisch strikt auseinander halten, argumente, die in der synthetisierenden reflexion miteinander verknüpft sind. Das eine ist das placet des Bundesrates zum wachstumsbeschleunigungsgesetz, das, wie alle anderen, ein fall der gesetzgebung ist. In ihrem tenor waren die urteile der veröffentlichten meinung einhellig negativ gewesen und die kritik dauert an(01). Das zweite ist das procedere, mit dem das formale verfahren der abstimmung im Bundesrat von allen beteiligten, den damen/herren politikern in bund und ländern, in szene gesetzt worden war. Die vermutung ist nicht falsch, dass die vertreter der politischen klasse ihre energie darin erschöpften, zu lasten der jeweils anderen seite kleine vorteile zu ergattern, egal was diese siege auch kosten mögen. Als institution sollte der Bundesrat der ort sein, an dem die interessen der bürger, geordnet nach den ländern und dem bund, zum wohl des ganzen miteinander ausgeglichen werden, ein gemeinsames wohl, an dem die teile erst dann partizipieren können, wenn das wohl des ganzen nicht beseitigt wird. Wenn aber die vertreter der politischen klasse in bund und ländern sich wie die kesselflicker darum streiten, wer zum wohl des jeweils anderen für das angerichtete die zeche zahlen soll, dann werden am ende, das ist absehbar, alle zahlen müssen, weil die ressourcen, für alle verfügbar, längst verscherbelt sind. Wenn es zutrifft, dass durch das wachstumsbeschleunigungsgesetz dem land Schleswig-Holstein eine last von 130 millionen Euro zusätzlich aufbürdet wird, ohne dass der bund dem land entsprechende einnahmen zur gegenfinanzierungeinräumt(02), dann ist die ordnung des staates in bund und länder, die, jeder für sich, eigenverantwortlich handeln sollen, faktisch beseitigt. Diese feststellung ist auch dann nicht falsch, wenn abwehrend darauf verwiesen wird, dass die bundesländer in einem formalen gesetzgebungsverfahren ihrer selbstentmachtung zugestimmt hätten(03). Das votum des herrn Carstensen, in einer geheimen runde ausbaldowert, ist kein ordentlicher handel, weil der vernünftige ausgleich gegenläufiger interessen nicht erkennbar ist, der die bedingung für die dauerhaftigkeit des kompromisses ist. Wo macht im spiel ist, da müssen die gegenseitigen machtansprüche austariert werden, was nur in der form eines kompromisses möglich ist, der beiden seiten das gefühl erlaubt, sich als gewinner zu begreifen, weil das ganze keinen schaden genommen hat. Wenn dieser ausgleich aber zu einer farce wird, dann wird der mächtigere die fassade des kompromisses eine weile zwar noch aufrechterhalten können, aber die prächtige fassade verdeckt nur den einseitigen machtanspruch, der keinen partner dulden kann. In dieser situation mag das ego bestimmter politiker sich geschmeichelt fühlen, vielleicht, aber der politiker, der so denkt, ist unfähig in einer demokratischen gesellschaft verantwortlich zu handeln.
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Subtext zum 3.bild
(01)
nach der obligaten show der ministerpräsidenten auf der länderbank wurde das wachstumsbeschleunigungsgesetz am 18.12.2009 im
Bundesrat mit der stimmenmehrheit der CDU/FDP-regierten bundesländer durchgewinkt. Was den beobachter irritiert, das ist die kritik aus dem regierungslager. Im blick auf das angepeilte wirtschaftswachstum habe das gescholtene gesetz, ein sammelsurium von gesetzesänderungen, entweder keine positiven effekte oder die konsequenzen werden eindeutig als negativ beurteilt. So wenig sich die eiche am kläffenden hund stört, sowenig lässt sich die neue koalition beirren, deren vertreter, im anklang an herrn Westerwelle, meinen, tatkraft gezeigt zu haben, auch dann, wenn das, was sie angerichtet haben, nur dummheit mit methode ist.   <==//
(02)
die zahl: 130000000, wurde in der presse zitiert(*). Die summe der lasten ist nicht entscheidend, entscheidend ist allein die struktur, nach der die lasten und vorteile zwischen bund und ländern faktisch verteilt werden. Es ist mit dem gedanken der souveränität der bundesländer und der autonomie der kommunen nicht vereinbar, dass der bund die kommunen und die länder per bundesgesetz verpflichtet, leistungen zu erbringen, die die länder und kommunen aus ihren laufenden haushalten noch zu erwirtschaften haben(**). Die regel, wer die musik bestelle, der zahlt auch, ist praktisch bewährt, und die regel stellt auch sicher, dass durch die gesetzgebung der bund die einheit der lebensverhältnisse im bundesgebiet ebenso sichern kann, wie die länder und kommunen nicht daran gehindert werden, ihren bürgern besondere leistungen zu gewähren oder lasten aufzuerlegen.
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(*) so die nachricht in der Frankfurter Rundschau, 19./20.12.2009,p.4.
(**) im resultat ist es gleich gültig, ob den kommunen und ländern zusätzliche aufgaben zudiktiert werden, deren gegenfinanzierung offen ist, oder ob den ländern und gemeinden durch änderungen im steuerrecht einnahmen entzogen werden, die den laufenden haushalt zu makulatur machen.   <==//
(03)
der politischen klasse ist es nicht ad libitum zugestanden, die verteilung der verantwortung in bund und ländern nach interessenlage zu verändern. Es wird nicht bestritten, das die entwicklung der machtverhältnisse zwischen bund und ländern in den 60 jahren Bundesrepublik Deutschland die neugewichtung der machtverteilung erforderlich gemacht hat, aber was die diversen kommissionen zur förderalismusreform vorgeschlagen und zum teil auch schon in verfassungsrecht umgesetzt haben, das provoziert zweifel am willen der damen/herren politiker der Berliner Republik, sachgemässe lösungen zu suchen und, wenn gefunden, auch umzusetzen. Die finanzverfassung des Grundgesetzes spiegelt nicht einmal mehr annähernd die förderale machtverteilung zwischen bund und ländern. Vor allem die kommunen haben in ihrem lokal begrenzten bereich kaum noch möglichkeiten, die kommunalen finanzen eigenverantwortlich zu gestalten. Wenn der stadtrat per satzung nur noch frei ist, über die  portokasse zu verfügen, dann ist die frage zwingend, warum die bürger die teure institution: stadtrat, sich noch leisten sollen, die von den parteien vor ort zu einer versorgungsanstalt für "verdiente" parteimitglieder umfunktioniert worden ist. Ein anderes problem in der förderalismusdebatte ist die bildungspolitik, die zu einem flickenteppich lokaler bildungsabschlüsse verkommen ist, die, weil die schulformen mit ihren lehrplänen inzwischen inkompatibel geworden sind, den bürger hindern, aus Bayern nach Berlin oder von Mecklenburg nach Schwaben zu ziehen. Die idee des förderalen staates hat sein fundament in der teilung der macht, damit die geteilte macht zum wohl des ganzen, das von allen gewollt sein muss, eingesetzt werden kann. Diese idee wird schwerlich mit figuren zu realisieren sein, die als lokalfürsten eifersüchtig über ihren berit wachen(*).
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(*) mit dem terminus: verzwergen, hat Peter Gauweiler(CSU) in anderer absicht das handeln der lokalen parteifürsten charakterisiert(+). Wer nur noch auf den eigenen machtbereich starrt und diesen zu lasten der umgreifenden mächte zu behaupten versucht, der verringert seinen eigenen einfluss. Das lehrstück: wachstumsbeschleunigungsgesetz, ist nur ein mosaikstein in diesem bild.
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    (+) den terminus: verzwergen, habe Ich in einem zitat Gauweiler's aufgelesen, das der SPIEGEL zitiert hat; Peter Gauweiler sagte: "Wer Bayern kleinmachen will, muss vor allem die CSU verzwergen". DER SPIEGEL, 2/2010,p.26.   <==//
(gemälde/übersicht)<==//


Das 4.bild: der schatten der finanzmarktkrise.

Die frage, wo die welt in der grossen finanzmarktkrise stehe, ist heute nicht vernünftig beantwortbar - schon am ende? bereits in der mitte? oder noch im anfang? Wenn auf das gebaren der bankmanager geschaut wird, dann spiegeln diese herrschaften sich schon im ende; denn der glaube ist zurück, ein gottgebenes recht zu haben, boni in millionenhöhe zu fordern, und die boni als eine gottesfürchtige tat(01) für leistungen einzustreichen, die die steuerbürger zu bezahlen haben. In der BRD ist derzeit der skandal um die Bayrische Landesbank der fokus der debatten(02). Die damen/herren politiker der politischen klasse, z.b. der herr Stoiber in München, liessen sich vor monaten als helden grossartiger deals feiern, die jetzt als miese in milliardenhöhe in den büchern stehen. Waren diese herrschaften nur dummköpfe(03), dumme jungs, die nicht wissen konnten(04), was sie taten, als sie die Landesbanken, deren aufgabenzuordnung ein öffentlicher auftrag gewesen war, reihum in privatisierte zockerbuden verwandelten? Das wohl nicht; denn so lange die geschäfte gut liefen, für die öffentlichkeit sichtbar, solange waren sie alle, diese manager und politiker, die champions der nation, und jetzt, nachdem die logik dieser geschäfte im licht der öffentlichkeit steht, ducken sie sich weg und warten ab, bis die müllbeseitung mit den steuern der bürger bezahlt ist, um wieder, das unwetter ist für dieses mal ja vorüber, die bühne zu betreten, so, als sei nichts geschehen, von eine paar bedauerlichen unschönheiten abgesehen. Diese herrschaften verschwenden keinen gedanken daran, wie eine vernünftige ordnung beschaffen sein muss, die den notwendigen fluss des kapitals für die anstehenden wertschöpfungen sicherzustellt, aber ihre energien konzentrieren sie darauf, weiter im bühnenlicht der politik zu stehen. Es ist rührend, wenn frau Merkel, die bundeskanzlerin, den vorschlag ihres von wiederwahlsorgen geplagten kollegen Brown in London aufgreift und erklärt, eine sondersteuer auf bankerboni ins kalkül einbeziehen zu wollen, wenn die verfassung diese zuatzsteuer zulasse(05). Ob die erwogene sondersteuer für excessive boni, prämien für aggressive gier, die lösung der weltweiten finanzmarktkrise sein wird, kann und muss bezweifelt werden; denn die kosmetik an den symptomen ist keine therapie, die die wurzeln der krise erreicht. Wirksamer dürfte der vorschlag sein, eine börsenumsatzsteuer einzuführen, vergleichbar der Tobin-steuer, weil mit der verteuerung der spekulativen aktionen auf den börsen(06) zumindest das ausmaass dieser transaktionen gedeckelt werden kann, die zu den exorbitanten ausschlägen im markt führen, verwerfungen im markt, die die realwirtschaft beuteln. Das grundübel aber, die rendite für das spekulativ eingesetzte kapital(07), das wird von keinem der damen/herren politiker zur disposition gestellt, weder im lokalen bereich der BRD noch weltweit. Es wäre aber zweckmässig, sich wieder einmal an die erkenntnisse von Karl Marx zu erinnern, der als kenner der bürgerlichen ökonomie die mechanismen im markt des 19.jahrhunderts auf den punkt gebracht hatte, mechanismen, die auch im 21.jahrhundert im markt wirksam sein werden. Eine andere sache sind die konsequenzen, die die vermeintlichen schüler Marxens daraus gezogen haben(08). Solange der globale finanzmarkt nicht auf das beschränkt wird, was seine funktion für die reale güterwirtschaft ist, solange werden die derzeit beklagten misstände im markt andauern; denn ein markt kann seine funktion als ort des austauschs der güter, die im markt von den erwartungen, den interessen der akteure, umstellt sind, solange nicht wirksam erfüllen, solange eine neutrale instanz(09), früher sagte man dazu: staat, heute muss man sagen: die supranationale gemeinschaft, nicht die regeln setzt, die für alle verbindlich sind, weil es regeln sind, die allen nutzen bringen sollen und den vorteil nicht auf wenige beschränken, auserwählten, die, göttern gleich, den reibach kassieren. Die realisierung des konzeptes ist einfach, wenn die lösung gewollt wird, aber am willen zur lösung gibt es zweifel und der mut, die lösung auch durchsetzen zu wollen, ist beim derzeitigen politischen personal nicht einmal in homöopatischen dosen nachweisbar.
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Subtext zum 4.bild
(01)
Ich erinnere mich, irgendwo einmal die bemerkung eines US-bankers gelesen zu haben(*), der mit verweis auf gott die boni für banker in millionenhöhe gerechtfertigt hat. Die argumentation mit gott als helfer ist keine erfindung dieser krise, sie ist alt und hat, im Alten Europa wie in der Neuen Welt, ihr ideologisches fundament in der christlichen religion. Als begründer wird Calvin zitiert, treffender ist die meinung, dass es seine nachfolger gewesen waren, die die gnade des herrn mit dem ökonomischen erfolg seines knechts identifiziert haben, um so begründend die renditen aus zweifelhaften geschäften(**) zu rechtfertigen. Diese tradition wirkt im abendland fort.
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(*) belege vom hörensagen sind zweifelhafte beweismittel, vor allem dann, wenn der textbestand des zitates und seine historia ein gegenstand des diskurses ist. Für die reflexion eines zitates ist aber nicht immer der originale oder der "wahre" text oder die quelle entscheidend, entscheidend ist der vorliegende text als kristalisationskern der reflexion, in der dem text des zitats, original oder nicht und dem zitierten auch unterschoben, eine neue bedeutung hinzufügt ist, die nicht der zitierte zu verantworten hat, sondern vom zitator verantwortet werden muss. Es bleibt aber die notwendigkeit, vom verwender eines zitats zu fordern, dass er kenntlich macht, was seine quelle ist, aus der er den text geschöpft hat, den er als zitat instrumentalisiert, weil mit diesem wissen der adressat der textauslegung einschätzen kann, wie er die meinung des zitators beurteilen soll oder begreifen muss.
(**) der im 16.jahrhundert entstehende welthandel hat unter dem etikett: kolonialismus, phänomene gezeitigt, neue formen der sklaverei, die kein ruhmesblatt der christlichen religionen waren.   <==//
(02)
man hat den eindruck, dass die Bayrische Landesbank das letzte institut ist, das auf der liste der skandalbanken in länderhand überhaupt noch erscheinen kann. So hatte die Landesbank in NRW über jahre in den schlagzeilen gestanden, kriminalprozesse inklusive. Im gerede standen oder stehen noch die Landesbanken in Baden-Württemberg, Berlin, Sachsen und Schleswig-Holstein, einschliesslich Hamburg und Niedersachsen. Aus dem blick fallen sollte auch der skandal um die Helaba in Hessen nicht, ein skandal, der lange zurückliegt und dessen auslösender grund nicht die aktuelle finanzmarktkrise gewesen war, die gründe jenes skandals aber waren denen ähnlich, die heute für die krise benannt werden müssen.   <==//
(03)
ja wenn die damen/herren wenigstens raffinierte, top-intelligente gauner gewesen wären, dann wäre die sache zwar nicht besser, aber die sache könnte zumindest partiell "sportlich" genommen werden; denn die prämisse, dass im wettbewerb nur die besten die nase vorne haben sollen, ist auch ein wert für sich, allerdings ist der kontext ein anderer und diese differenz sollte nicht unterschlagen werden.   <==//
(04)
es wird die story kolportiert, dass ein hochqualifizierter banker, sich selbst einschätzend, gesagt haben soll, dass er die modernen finanzprodukte auch nicht verstünde, trotzdem habe er mit diesen produkten grosse geschäfte gemacht - vermutlich ist er schon wieder glänzend im geschäft.   <==//
(05)
es ist schon putzig, wenn der gedanke an eine neue steuer mit einem verweis auf die verfassung konterkariert wird. Es dürfte schwer sein, einen fall zu benennen, in dem die entscheidenden politiker durch verfassungsrechtliche bedenken behindert worden seien, eine neue steuer nicht einzuführen, wenn sie den willen gehabt hatten, die neue einnahmequelle für den staat aufzumachen. Nicht die ordnung des rechts ist der maasstab, sondern die messlatte ist die verfügbare macht, mit der die politiker über die neue steuer entscheiden und neues recht setzen. Im resultat, verkündet im gesetzblatt, ist nur die faktische verteilung der macht gespiegelt.   <==//
(06)
das gros der aktivitäten auf den börsenplätzen der welt sind kurzfristige spekulationen, oft spekulationen auf wenige stunden, die kursdifferenzen im promillebereich ausbeuten, die aber auf grund der logik der zahlenreihe: "1, 2, 3,...n" im einzelfall zu gewinnen im millionenbereich führen können. Das sind transaktionen, die mit ökonomie wenig und mit wertschöpfung schon gar nichts zu tun haben. Diese spekulationen wirksam zu unterbinden wäre ein wichtiger schritt, wieder ordnung im weltweiten finanzmarkt zu schaffen. Der mögliche einwand, als argument dürftig, ist die drohung, mit der schliessung des casinos: finanzmarkt, arbeitsplätze zur disposition zu stellen, nämlich die arbeitsplätze von croupiers, die, an den börsen nennt man sie wertpapierhändler, den mulis gleich, die arbeit für die bosse tun,  die sich auf das abgreifen der boni kaprizieren. Noch nie haben diese herrschaften einen gedanken daran verschwendet, dass ihr kurzfristiges tun langfristig millionen von arbeitsplätzen weltweit ruiniert(*). Es kann aber begründet prognostiziert werden, dass es für die gemeine wirtschaft ein gewinn sein wird, wenn die überflüssigen arbeitsplätze in der finanzmarktspekulation beseitigt werden, so, wie damals in der wendezeit 1989, als der ruf laut geworden war: stasibonzen in die produktion.
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(*) es erscheint als ehernes gesetz der börse, dass die aktienkurse steigen, wenn die nachricht gestreut wird, arbeitsplätze würden im rahmen notwendiger rationalisierungsmassnahmen gestrichen. Was für den börsenbeobachter ein gesetz zu sein scheint, das ist faktisch das resultat einer verwechselung, nämlich der logik des kapitals, fixiert auf profitmaximierung, mit der logik einer ökonomie, deren zweck es ist, die bedürfnisse des individuums als ich zu befriedigen, das die reale arbeit leistet.   <==//


(07)

rendite ist diebstahl(*). Wer 25% rendite auf das eingesetzte eigenkapital als mindestziel seiner wirtschaftlichen tätigkeit fordert, der weiss entweder nicht, wovon er redet, oder er weiss das sehr genau und versucht mit seinem reden, scheinbar d'accord mit der rechtsordnung, ein kriminelles handeln zu verschleiern. Der gewinn aus produktiver arbeit, von wenigen ausnahme abgesehen, die einer besonderen würdigung unterzogen werden müssen(**), kann die zahlenwerte nicht erreichen, die in bestimmten kreisen als selbstverständlich angesehen werden mögen. Es ist nicht zu kritisieren, wenn das individuum als ich aus seiner arbeit, die seine existenz sichert, einen mehrwert erzielen will, der genau den wert übersteigt, den das individuum als ich erzielen muss, wenn es seine bürgerliche existenz behaupten will. Dieser gewinn kann aber für das individuum als ich nur dann ein gewinn sein, wenn das ganze system, aus dem der gewinn gezogen werden kann, nicht in frage gestellt und durch exorbitante gewinnansprüche zerstört wird. Der markt des tauschens(***) funktioniert nur dann, wenn alle, die im markt an diesem tausch teilnehmen, eine reale chance haben, den wert ihrer arbeit gegen den wert der arbeit des genossen zum gemeinsamen nutzen gegenseitig zu tauschen. Mit gewinnmargen im zweistelligen bereich, derzeit als üblich angesehen, kann das gleichgewicht im markt weder auf dauer noch auf kurzen termin behauptet werden.
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(*) Pierre Proudhon hat das lemma: eigentum ist diebstahl, formuliert. Als these ist der satz falsch. Die früchte der eigenen arbeit können nicht von seinem produzenten gestohlen werden, sehr wohl aber von allen anderen, die sich an diesen früchten bereichern wollen. Was in der neoliberalen theorie mit dem terminus: rendite, bezeichnet wird, das sind die früchte des arbeitenden individuums als ich, die der genosse im ungleichen tausch sich aneignet, nicht selten auch mit gewalt.
(**) zu erwägen ist, ob die wertschöpfung Pablo Picasso's ein einschlägiger fall sein könnte. Der materialwert der von ihm geschaffenen kunstwerke ist nur ein bruchteil der summen, die im kunstmarkt gehandelt werden. Ich denke aber, das der wert eines objektes, den der sammler und liebhaber des objektes veranschlagt, nicht mit dem wert verglichen werden kann, den der besitzer desselben objekts als bloss nützlichem ding veranschlagen könnte.
(***) siehe das aktuelle zitat des monats: too big to fail. In: www.ur-philosoph.de //==>bibliographie //==>textsammlung //==>zitat des monats //==>(29)02/2010  <==//
(08)
historisch ist der real existiert habende sozialismus passé und über die utopien jener Marxadepten kann ernsthaft nicht diskutiert werden, die vorgegeben, Marx gelesen zu haben, aber niemals verstanden hatten, was die projektiven gedanken Marxens gewesen waren, deren gültigkeit heute nicht überholt ist. Lenin war ein theoretiker der macht gewesen, der vom techniker der macht: Stalin, noch getoppt wurde, figuren der historia, ihre kleinen helfer eingeschlossen, die nicht als zeugen gegen Marx taugen.   <==//
(09)
institutionen der gesellschaft, z.b. der staat oder die familie, sind theoretisch problematisch, weil sie im argument nur die position eines grammatischen subjekts haben können, in der realität aber wie reale subjekte gehändelt werden. Nur das individuum als ich kann ein reales subjekt sein, das sowohl für sich selbst als auch als mitglied der institution agiert. Konflikte zwischen den interessen, die das individuum als ich für sich selbst verfolgt, und den interessen, die es als mitglied der institution qua funktion verfolgen muss, sind nicht auszuschliessen und müssen im horizont der geltenden rechtsordnung austariert werden(*).
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(*) zum problem äussere Ich mich ausführlich im essay: Der Weltgeist Hegel's - das bin Ich, das sind Sie, das sind wir alle, jeder für sich. In: www.ur-philosoph.de //==>bibliographie   //==>015:weltgeist.   <==//
(gemälde/übersicht)<==//


Das 5.bild:  die neue teilung - reichtum und armut in der BRD.

Dass die schere zwischen arm und reich immer weiter auseinandergehe, wird in der republik allerorten beklagt. So weisen statistiken aus, beständig in der veröffentlichten meinung zitiert(01), dass die zahl der bürger, die auf sozialhilfe und HartzIV angewiesen sind, im jahr 2009 auf 7 million angestiegen sei(02), davon allein ca. 2 millionen kinder in sogenannten HartzIV-haushalten(03). Andere zahlen weisen aus, dass die zahl derer verdoppelt wurde, die, seit der agenda2010-politik, auf arbeitseinkommen aus jobs(04) im sogenannten niedriglohnsektor abgeschoben sind. Die zahl der versicherungspflichtigen arbeitsplätze ist reziprok rückläufig. In diesen zahlen wird die erfahrung gespiegelt, dass das nicht ausreichenden einkommen aus arbeit als grund für armut veranschlagt werden muss, armut, die als mangel an den erforderlichen subsistenzmitteln für eine bürgerliche existenz definiert ist. Nicht die mär von der faulheit der "da unten"(05) ist der grund, sondern der grund des faktums: armut, ist das nicht angemessene entgelt für real geleistete arbeit, mit der das individuum als ich seine bürgerliche existenz sichert. Das argument, ständig von interessierter seite rechtfertigend kolportiert, der "markt" gäbe nicht mehr her, ist falsch, weil die definition des marktes falsch ist, die in der neoliberalen doktrin geltend gemacht wird(06). Was ein angemessenes entgeld ist oder was der gerechte lohn für real geleistete arbeit sein soll, das wird in jeder sozialen ordnung, generation für generation, neu diskutiert und entschieden(07). Aber wenn die ordnung der gesellschaft und des staates nicht in den fluten der gewalt versinken soll, dann darf die grenze nicht missachtet werden, die in der einsicht fixiert ist, dass für die geleistete arbeit im tausch das entgelt geleistet werden muss, das der, der die arbeit leistet, benötigt, um mit den eingetauschten mitteln seine bürgerliche existenz bestreiten zu können(08). Wenn von den marktideologen behauptet wird, dass die faktischen entgelte im sogenannten niedriglohnsektor aus marktökonomischen gründen unausweichlich seien, dann können sie diese entgelte, als "hungerlöhne" auch gnädigerweise noch ausgehändigt, nur mit der macht erklären, über die die eine seite faktisch verfügt, mit der diese entgelte im sogenannten markt der anderen seite aufgenötigt werden. In diesen händeln ist es eine zynische selbstverständlichkeit, dass alle beteiligten ein "existenzminimum" voraussetzen, das zumindest im steuerrecht mit einer fixen zahl definiert ist(09). Diese prämisse markiert eine perspektive, die merkwürdiger weise in der öffentlichen diskussion nicht beachtet wird; denn die weigerung eines erheblichen teils der politischen klasse, den mindestlohn für geleistete arbeit gesetzlich zu fixieren(10), ist seit jahren der erfolgreiche versuch eines teils der gesellschaft, nämlich der arbeitgeber, zu lasten des anderen teils der gesellschaft, nämlich der arbeitnehmer, öffentliche subventionen zu kassieren, subventionen, die der staat leistet, weil der staat für das existenzminimum jedes arbeitnehmers einstehen muss, eine pflicht, die der staat mit den sogenannten transferleistungen der gesellschaft erfüllt(11), transferleistungen, die das ausgleichen, was der arbeitgeber dem arbeitnehmer an arbeitsentgelt vorenthält. Die phänomene: arm und reich, wird es in jeder differenzierten gesellschaft geben(12), aber diese beobachtung, historisch belegbar, ist untauglich, die tatsächliche armut in der gesellschaft und ihren reichtum missbräuchlich zu rechtfertigen, und alles, von ein paar gelegentlichen retouchen abgesehen, so zu belassen, was das beklagenswerte faktum ist, die teilung der gesellschaft, ein altes phänomen, das immer wieder neu gelebt wird.

Zusatz: das kalkül, das beklagenswerte faktum der teilung in dauer zu halten, sollte nicht aus dem blick fallen. Für die machthabende elite rechnen sich die beklagenswerten zustände, solange sie zur bewahrung ihrer vorteile genügend hilfspersonal rekrutieren können, mithelfer, die in der politischen klasse genügend verfügbar sind.
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Subtext zum 5.bild
(01)

der einwand ist zulässig, dass Ich nicht mit exakten statistiken operiere; dem einwand steht aber entgegen, dass mit jeder zitierten statistik der schein einer objektivität erzeugt werden kann(*), die mit der realität der subjektiven erfahrung nicht deckungsgleich sein muss. Die statistische zahl ist allein gültig für die soziale gruppe, für die der wert errechnet worden ist; deshalb kann aus dieser zahl nicht zwingend abgeleitet werden, dass die zahl auch für das bestimmte mitglied der bestimmten sozialen gruppe zutreffend sein muss. Die statistische zahl(**) markiert allein eine tendenz, in der die zahl korrekt, auf den bestimmten fall bezogen, interpretiert werden kann.
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(*) die garnierung der texte mit statistiken, oft versimpelt in prima vista eindeutigen schaubildern, ist ein konstitutives moment der öffentlichen berichterstattung. Das verfahren ist solange nicht zu kritisieren, solange die zitierten statistiken öffentlich zugänglich, d.h. überprüfbar sind. Noch ist im wust der PR-meldungen die zeitungsente identifizierbar, weil der bürger darauf vertrauen kann, dass die belege in der Bundesrepublik Deutschland überprüfbar sind, nachweise, mit denen die nachrichten garniert werden, die als information in den medien verbreitet werden.
(**) die korrekt errechneten tabellen sind in der regel öffentlich dokumentiert und können eingesehen werden. Ihre zitation ist nur ein moment rationalen argumentierens.  <==//
(02)
Ich stütze mich auf eine agenturmeldung, die von der Frankfurter Rundschau, 04.01.2010, abgedruckt worden ist. Die Nationale Armutskonferenz (NAK) habe mitgeteilt, dass mit der abschaffung der arbeitslosenhilfe die zahl der menschen auf sozialhilfeniveau auf etwa sieben millionen gestiegen sei.   <==//
(03)
zahlen suggieren eine exaktheit, die der bürger im vergleich, weil er seine wahrnehmung der realen weltdinge reflektierend mit metaphern anreichert, als realität individuell anders deutet. Die zahl: 7 millionen, bedeutet auch, dass, grob über den daumen gepeilt, ca.10% der einwohner Deutschlands(*), oder jeder zehnte, verwaltungstechnisch als arm klassifiziert werden. Mit der zahl: 10, eine konstante in den theorien sozialer schichtung, wird die schicht der entbehrlichen bezeichnet(**).
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(*) 2006: 82.375.000 einwohner (nach Fischer Weltalmanach 2009,p.115).
(**) dazu unten die 12.anmerkung.  <==//
(04)
man redet nur noch von jobs. Das altväterliche wort: arbeit, scheint aus der mode gekommen zu sein, aber was als ein phänomen der mode erscheint, das ist das symptom der gesellschaftlichen unordnung, nicht deren ursache. Folgt man den auskünften der einschlägigen wörterbücher, dann wird in der englischen sprache strikt unterschieden zwischen dem terminus: job(=stück arbeit), und dem terminus: work(=die arbeit). In der deutschen sprache ist eine bedeutungsverschiebung festzustellungen, die ihren grund in einer vermengung der getrennten grundbedeutungen hat. Job, als eingemeindetes fremdwort, bedeutet sowohl vorübergehende beschäftigung als auch stellung und gelegenheit zum geldverdienen(*). Die arbeit und der job sind also nicht dasselbe, aber mit dem terminus: job, wird eine identität behauptend suggeriert, die den schein schafft, mit der reale arbeit nach den bedürfnissen der machthaber bewertet wird, mal gesellschaftlich niedrig, wenn's viele trifft, mal gesellschaftlich hoch, wenn wenige auserwählte davon profitieren(**).
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(*) stichwort: job, in: Wahrig. Deutsches Wörterbuch. Gütersloh: 1986.
(**) gut neudeutsch, im mainstrem: denglish, sprechen auch die vertreter der elite nur noch von ihrem job, für den sie einen bonus erwarten, der mindestens 7-stellig ist.  <==//
(05)
es könnte eingewendet werden, dass mit diesem argument das traditionale vorurteil von denen "da unten" und denen "da oben" wieder aufgewärmt werde. Die behauptung, gängig in den sogenannten besseren kreisen, dass die "da unten" faul seien und nicht arbeiten wollten(*), ist ebenso eine schamlose lüge wie das von der anderen interessierten seite behauptete vorurteil, dass die "da ganz oben" für eine produktive arbeit keine zeit mehr haben können, weil ihre tätigkeitsfelder mit den anstrengungen ausgefüllt seien, das eingestrichene kapital für luxus aller art ausgeben zu müssen. Die eine behauptung ist so falsch wie die andere und nassauer gibt es in jeder sozialen schicht. Zutreffend ist aber die feststellung, dass "die da oben" für die unterstellte arbeitsleistung ein vielfaches von dem einsacken, was denen da unten für real geleistete arbeit in vielen fällen vorenthalten wird(**).
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(*) herr Roland Koch habe, wie es in einer meldung des rundfunks am 16.januar 2010 hiess(+), die arbeitspflicht für HartzIV-empfänger gefordert. Schliesslich, so seine begründung, erhielten sie auch leistungen des staates. Das ressentiment dieses herrn gegen alle, die nicht in sein weltbild passen oder nach seiner pfeife tanzen, ist öffentlich notorisch, aber es verwundert doch, mit welcher dummheit dieser herr wieder einmal einen spruch in die welt setzt, dessen bedeutungshorizonte für ihn wenig schmeichelhaft sind. Bekanntlich hatte der herr Goebbels von einer arbeitspflicht für arbeitsscheues gesindel gesprochen, denen dann im KZ mores gelehrt wurde, und auch der genosse Ulbricht redete im gehabten sozialismus von einer staatlichen arbeitspflicht. Herrn Koch ist zu empfehlen, mal einen blick auf die HartzIV-realität zu werfen, die mit den sogenannten 1-Eurojobs(++) bereits jene arbeitspflicht zum gegenstand hat, deren vollständige realisierung bisher nur an einem mangel, klein und und für die ideologen der agenda 2010 bedauerlich, gescheitert ist. Für die durchsetzung einer allgemeinen arbeitspflicht, im HartzIV-gesetz bereits verklausuliert normiert, fehlen die 1-Eurojobs in ausreichender zahl oder sollen diese jobs, das ist eine vermutung, demnächst schon für 50 cent im angebot stehen?
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    (+) die äusserung des herrn Koch schlug wieder einmal hohe wellen. Die details der kampagne pro und kontra Koch können hier beiseite gelassen werden, weil sie im bild dieses politikers, prototyp der politischen klasse heute, nur ein weiterer mosaikstein sind, mit dem sein öffentliches bild strukturell nicht verändert werden kann.
    (++) die 1-Eurojobs hatte herr Schröder erfunden oder erfinden lassen, was im ergebnis keinen unterschied macht. Dem herr Schröder behilflich gewesen war just der herr Koch höchstselbst, der im Bundesrat Schröder's reformagenda 2010 passieren liess.   (*)<==//
(**) Ulrich Richter: 418 - oder was soll die arbeit wert sein. in: www.ur-philosoph.de //==>bibliographie //==>textsammlung //==>argument des monats //==>(13)/07/2004(**)<==//   (05<==//
(06)
das marktargument ist auch im zeichen der globalisierung der märkte nicht stichhaltig. Global bestehen die differenzen zwischen den gezahlten entgelten für arbeitsleistungen in den unterschiedlichen regionen der welt zwar nominal, tatsächlich aber sind die differenzen gegenstandslos, weil die notwendigkeit, mit der arbeit die bürgerliche existenz zu sichern, nicht mit der produktivität des individuums als ich vergleichbar ist und folglich, weil die gründe für die faktischen differenzen in den regionen der welt heterogenen, vor allem kulturell und historisch unterschiedlich sind, auf dem globalen markt nicht nivellierend gegeneinander aufgerechnet werden können(*); denn wenn das individuum als ich aus seiner arbeit nicht das erlösen kann, was es auf dem lokalen markt des austausches benötigt, um seine arbeitskraft wieder zu regenerieren, dann sind alle weiteren überlegungen gegenstandslos, weil diese individuen aus dem markt physisch verschwinden, ein umstand, den auch der ideologe der reinen lehre in seinem zynismus wird bedenken müssen(**).
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(*) Ich stelle nicht in abrede, dass die differenzen in der produktivität der arbeit weltweit gegeben sind. Diese differenzen bestimmen global auch den handelspreis der erzeugten güter. Aber das ist ein maasstab, der dann nicht angewendet werden kann, wenn es um die befriedigung der notwendigen bürgerlichen bedürfnisse geht. Für die frage, welcher wohlstand für den einzelnen gelten soll, wenn die unmittelbaren bürgerlichen bedürfnisse befriedigt sind, kann aber sehr wohl mit dem maasstab der produktivität beurteilt werden, aber die geltung dieses maasstabs ist auf den lokalen markt begrenzt; denn das spiel der marktteilnehmer im globalen markt ist für alle beteiligten nur dann akzeptabel, wenn die produktivität des individuums als ich nicht mit einer zahl definiert, sondern mit der notwendigkeit bewertet wird, im tausch den gegenwert zu erhalten, der für die bürgerliche existenzsicherung, den wohlstand einschliessend, in einem begrenzten sozialen raum erforderlich ist.
(**) die erfahrung, statistisch belegt, zeigt, dass die sogenannten billiglohnländer genau dann sich zu hochlohnländern mausern, wenn die extremwerte im markt sich einem mittleren niveau angenähert haben. Wenn die lehre der neoliberalen ideologen ein allgemeines gesetz wäre, dann müsste die karawane der lohnhopper oder lohndumper auf dem globus unendlich weiterziehen, aber in der globalisierten welt ist die zahl der länder begrenzt, die sich ausbeuten liessen und mit dem letzten verschwundenen land, zumeist ausgeplündert, werden auch die räuber krepieren, die keine beute mehr finden können.  <==//
(07)
gegenwärtig wird die frage nach dem gerechten lohns für arbeit unter dem stichwort: mindestlohn, diskutiert. Die debatten verlaufen deshalb so unbefriedigend, weil ignoriert wird, dass der wert des gerechten lohns nicht mit einer zahl ausgedrückt werden kann; denn das, was als gerecht angesehen wird, das ist durch einen relationsbegriff definiert, der nicht auf einen zahlenwert reduzierbar ist. Das, was gerecht sein soll oder als gerecht angesehen werden kann, das wird nach dem prinzip der anerkennung des anderen als der_andere vom individuum als ich und seinem genossen wechselseitig in jedem moment ihrer gelebten gegenwart neu austariert; die facta der vergangenheit und ihre projektionen in die zukunft können nur orientierungspunkte sein, an denen sie, jeder für sich, ihre entscheidung ausrichten können(*).
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(*) zu den details dieser begriffe verweise Ich auf einen anderen text, in dem Ich diese begriffe(+) im kontext der methode: der trialektische modus, expliziere.
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    (+) Ulrich Richter: der begriff: das_politische, im trialektischen modus. In: www.ur-philosoph.de //==>bibliographie //==>liste //==>014:das_politische //==>subtext //==>argumente: 2.22.01-58.   <==//
(08)
die feststellung eines existenzminimums, zum beispiel in der form eines gesetzlich oder vertraglich normierten mindestlohns, ist keine weltfremde utopie, sondern das postulat einer schlichten überlegung, die mit allen in raum und zeit möglichen erfahrungen belegt werden kann. Ein beispiel, zugegeben banal, soll diese erfahrungen illustrieren. Das auto fährt nicht und kein vernünftiger zeitgenosse wundert sich dann, wenn er feststellt, dass der erforderliche sprit nicht im tank ist. Der mindestlohn ist die notwendige bedingung für alle tauschprozesse im markt, nicht minder wichtig, aber nachrangig ist die frage, ob der tatsächliche lohn auch hinreichend sei, alle wünsche zu befriedigen, die im markt eingetauscht werden können, eine frage, die mit dem masstab: existenzminimum, zureichend nicht beantwortet werden kann. Die sonst möglichen antworten, die mit dem maasstab: wohlstand für alle, bewertet werden, spiegeln allein das freien spiel der marktkräfte und die verteilung ihrer macht.  <==//
(09)
das existenzminimum wird derzeit mit einer zahl knapp über 8000€ definiert. Der feststellung dieses werts, über den mit den unterschiedlichsten argumenten gestritten werden kann, liegt zumindest die annahme zugrunde, dass es erstens notwendig ist, einen solchen wert quantitativ zu definieren, und dass zweitens kriterien benennbar sind, mit denen der wert errechnet werden kann. In der gesellschaftlichen debatte ist das sogenannte existenzminimum unstreitig anerkannt, worüber allein gestritten wird, das ist die grenzlinie, deren realer verlauf nach dem maasstab der realen machtverteilung bestimmt ist.   <==//
(10)
der mindestlohn ist der marktübliche preis für die zu leistende arbeit. Wer meint, einem anderen arbeit anbieten zu müssen, die er selbst nicht leisten will oder faktisch nicht leisten kann, der muss für die erwartete arbeitsleistung auch das entgelt bezahlen, das der leistende benötigt, um seine bürgerliche existenz zu sichern. Will der arbeitgeber dem arbeitnehmer das erforderliche nicht zahlen - gut, dann hat der arbeitgeber entweder auf die erwartete leistung zu verzichten, oder er muss die zu vergebende arbeit selbst leisten. Im machtgefüge der gesellschaft hat der gesetzlich definierte mindestarbeitslohn die funktion, alle im markt beteiligten akteure gleichzustellen, zumindest auf der basis, die für alle gilt, die sicherung der bürgerlichen existenz, was darüber ist, das kann dem eingehegten freien spiel der marktkräfte überlassen werden(*).
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(*) diese überlegung ist aber darauf einzuschränken, dass die beteiligten akteure gleich befähigt sind, die erforderliche arbeit auch physisch und psychisch zu leisten. Menschen, die aufgrund eines handikaps, der grund ist nachrangig, nur eingeschränkt leistungsfähig sein können, bedürfen der ergänzenden, d.h. der auffüllenden hilfe, die von der gesellschaft als ganze zu leisten ist.   <==//
(11)
das gestrüpp der gesellschaftlichen transferleistungen ist nicht mehr überschaubar. Hier könnte ein reformiertes steuerrecht hilfreich sein, wenn alle bürger des staates unangesehen der person individuell der steuerpflicht unterlägen und jedem bürger ein steuerbescheid ausgehändigt würde, der die verbindliche grundlage für alle gesellschaftlichen transferleistungen ist, als beispiele seien die sozialhilfe, die rente und die krankenversicherung zitiert. Ein wust von bürokratie, oft erniedrigender natur, könnte vermieden werden(*), wenn der jährliche steuerbescheid mit einer zahl ausweisen würde(**), was dem bürger zur sicherung seiner bürgerlichen existenz faktisch zu verfügung steht, eine grundlage, auf der errechnet werden kann, welche leistungen der steuerbürger in der form von beiträgen zur gesetzlichen rente und krankenkasse zu leisten hat, welche ergänzenden leistungen er von der gesellschaft erwarten kann(***).
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(*) als beispiel für die ausufernde bürokratie ist auf den gesamten komplex: HartzI-IV, zu verweisen. Das programm: agende 2010, hatte, entgegen der versprechungen, zwar keine neuen arbeitsplätze geschaffen, das gegenteil ist eher zutreffend, aber es hat eine bereits bestehende bürokratie gigantisch aufgeblasen.   (*)<==//
(**) das argument geht fehl, dass der steuerbürger mit der vorlage des steuerbescheids gläsern wäre. Bereits heute ist der bürger gläsern, allein mit der feinen differenz, dass für die sogenannt vermögenden bürger andere regeln gelten als für den besagten HartzIV-kunden. Es ist vernünftig, der öffentlichkeit den freien zugang zu den steuerdaten des bürgers zu verwehren, weil seine ökonomische potenz ein moment seiner privatsphäre ist, die gesichert sein muss, aber es gibt keinen vernünftigen grund, einer staatlichen behörde, gesetzlich beschränkt und öffentlich kontrolliert, die kompetenz einzuräumen, umfassend das reale einkommen der staatsbürger zu erfassen, damit jedem bürger das zugeordnet werden kann, was der bürger, jeder für sich, seiner gemeinschaft gegenüber zu leisten hat und, das ist die kehrseite der medaille, was jeder für sich von seiner gemeinschaft als ergänzende leistung erwarten kann. Es ist nicht zu erwarten, dass mit dieser reform die vielzahl der ämter signifikant verringert wird, aber mit dem amtlichen steuerbescheid in der hand überschaut der bürger das, was er beanspruchen kann und was er zu leisten hat. Ich plädiere nicht für eine übermächtige steuerbehörde, die alles weiss, wohl aber für eine behörde, die die macht hat, alle relevanten daten zu erfassen, damit sie einen bescheid erstellt, auf dessen basis andere verwaltungsbehörden ohne zusätzliche aufwendige überprüfungen ihre unabhängigen entscheidungen treffen können.  (**)<==//
(***) voraussetzung für diesen steuerbescheid wäre, dass der steuerberechnung sowohl das reale einkommen der bürger aus arbeit und vermögen, als auch die transferleistungen der gesellschaft unterworfen werden.  (***)<==//   (11)<==//
(12)
in einer studie hat G.Lenski beschrieben, dass in allen historisch nachweisbaren gesellschaften ein sogenannter bodensatz von "entbehrlichen" feststellbar ist(*). Die gründe dafür sind vielfältig und jede gesellschaft ist mehr oder weniger stark damit konfrontiert, dass sie mitglieder hat, die anderen mitgliedern nichts mehr nützen. Ein programm, das diese phänomene, zusammengefasst im terminus: die entbehrlichen, "auszumerzt", ist nicht realisierbar, weil es moralisch nicht gerechtfertigt werden kann und faktisch das gesetzte ziel nicht erreicht(**), aber das ziel jeder sozialpolitik sollte sein, die klasse der entbehrlichen in seinem umfang zu begrenzen und den betroffenen zumindest das gesellschaftliche minimum einer bürgerlichen existenz zu sichern, weil das, was in der natur als sogenanntes naturgesetz gilt, nämlich diese menschen, den prozessen der natur unterworfen, ihrem schicksal anheimfallen zu lassen, in der kultur nicht gelten darf; denn eine gesellschaft kann nur dann dauerhaft bestand haben, wenn alle mitglieder darauf vertrauen können, in der gemeinschaft schutz vor der natur zu finden.
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(*) Gerhard Lenski: Macht und Privileg. Eine Theorie der sozialen Schichtung. Frankfurt am Main: 1977 (=stw183).
(**) dieses ziel ist auch mit der gewalt eines totalitären regimes nicht erzwingbar, weil der zweck totalitärer gewalt die versteinerung der arm/reich-differenz ist.  <==//
(gemälde/übersicht)<==//


Das 6.bild: bildung für alle - parteiisch gewichtet.

von bildungsiniativen reden allerorten die damen/herren der politischen klasse. Die forderungen sind nachvollziehbar in einem land, das über keine rohstoffressourcen verfügt und das, so sagt man, in die bildung der bürger als kompensation des mangels investieren müsse. Einerseits wird die bildung im land der dichter und denker quasi als eine nationale pflicht gedeutet, andererseits ist die bildung nur ein objekt für investitionen, investionen, über die die vertreter der elite wie krämer verfügen und als bankrotteure sich erweisen. Investionen a la neoliberalismus und bildung im sinn des Humboldt'schen ideals sind gegensätze, die sich wechselseitig ausschliessen, und was als resultat sich zeitigen wird, das ist ein heilsversprechen, das den himmel für die guten verspricht, den bösen aber die hölle prophezeit; am ende werden alle die betrogenen sein.

Die hörsäle sind wieder von den studenten und studentinnen besetzt, und wie damals, in den legendären 68iger(01), werden wieder die hörsäle von der polizei geräumt, allein die polizei kommt jetzt im morgengrauen - vielleicht eine signifikante differenz im umgang mit konflikten, in denen misstände manifest werden. Gegenwärtig sind es die exorbitanten studiengebühren(02) und die neuen studiengänge, die den ort der freien lehre und des studierens systembedingt in paukanstalten umgewandelt haben(03). Schon immer war das erwerben von wissens mit mühsal verbunden, und was die generationen früher geschaffen hatten, das ist ein arbeitsreicher prozess der aneignung vorhandenen wissens, neues wissen zu schaffen, ist aber ein unternehmen, das, wie alle historische erfahrung belegt, nicht im zwangskorsett bürokratischer vorschriften und fehlender finanzmittel geleistet werden kann, in dem der geist, in span'sche stiefeln eingeschnürt, seinen gang zu gehen hat(04). Die gesellschaft muss, wenn sie als institution in den bekannten formen weiter existieren soll, ihre anstrengungen auf die ausbildung der nachwachsenden generation konzentrieren, beginnend mit dem ersten atemzug des neugeborenen mitglieds(05). Ob die gesellschaft, real in jeder einzelnen person, dazu fähig ist? - das ist eine frage, die nicht auf die wahlmöglichkeit jedes individuums als ich abzielt, sondern diese frage ist auf seinen willen fokussiert, die realen anforderungen des lebens und der gesellschaft sachgemäss einer lösung zuzuführen und die gruppeninteressen, real oder vermeintlich, einzuschränken, um gangbare lösungen für alle zu finden. Es ist schon kurios, wenn politiker, die vor jahren gegen ganztagsschulen und kindergärten für alle gewettert hatten, heute, freilich unter anderem etikett, das nämlich einfordern und sich öffentlich darüber echauffieren, dass das, was sie früher erfolgreich verhindert hatten, heute nicht schon standard ist(06). Aber nicht nur die formen der ausbildung des nachwuchses geben zu kritik allen anlass, der skandal setzt sich fort, wenn der ausgebildete nachwuchs bereit ist, sich in die, wie man sagt, offene gesellschaft zu integrieren, die als eine geschlossene gesellschaft wahrgenommen wird. Das schlagwort: generation praktikum, ist heute gängig und die ausgebildeten, in der hand den lehrbrief oder das diplom, werden von der wirtschaft nicht "übernommen". Wer als junger mensch, voll tatendrangs, den initiationsritus in die moderne arbeitswelt verfehlt, der figuriert in den listen der jobcenter von HartzIV als nummer, nicht, weil diese frau und dieser mann unwillig seien oder gar faul oder sonstwie dem konsum verfallen, sondern einfach aus dem grund, dass die gesellschaft nicht fähig ist, ihnen einen adäquaten platz in der gesellschaft anzubieten und dann auch zu verschaffen. Hier versagt nicht der einzelne, sondern die gesellschaft, deren verantwortliche mitglieder meinen, sich auf den zweck beschränken zu können, die gesellschaft nach dem neoliberalen modell des kosten/nutzen-kalküls zu organisieren, im irrtümlichen glauben, auf kosten anderer die eigene stellung in der sozialen hierarchie vorteilhaft sichern zu können(07).
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Subtext zum 6.bild
(01)

der vergleich der hochschulproteste im jahr: 2009, mit den ereignissen im jahr: 1968, ist historisch falsch. Im jahr: 2009, ist die abschaffung der hochschulgebühren und die realität der neuen bachelor- und masterstudiengänge der gegenstand der proteste, gegenstände, die einerseits im jahr: 1968, bereits abgeschafft (studiengebühren) und andererseits noch nicht realisiert worden waren (der umbau der ordinarienuniversität zu einer demokratisch modellierten hochschule). Im jahr: 1968, stand der demokratische umbau der nachkriegsgesellschaft auf der agenda, eine reform, die nach der initialzündung im jahr: 1968, zum teil im folgenden jahrzehnt realisiert wurde. Im jahr: 2009, lehnen sich die studenten und studentinnen gegen eine hochschulpolitik auf, die kein klares ziel hat und handwerklich miserabel ist.   <==//
(02)
die proteste gegen die in der Berliner Republik wieder eingeführten studiengebühren haben bei mir kein dejá vu ausgelöst. Zwar war Ich, als Ich das studium 1965 in Köln begonnen hatte, noch mit dem faktum: studiengebühren und hörergeld für die professoren, konfrontiert gewesen, auch war die eintragung in listen, geführt von den amanuenses, noch gebräuchlich, aber spätestens seit dem jahr: 1967, war davon nichts mehr zu hören und zu sehen. Zumindest von der administrativen seite war das studium seitdem für den studenten gebührenfrei(*). Die idee, wieder studiengebühren einzuführen, wurde erst dann wieder verfolgt, nachdem die DDR selig abgewickelt worden war, zunächst nur für das zweitstudium, dann für die sogenannten langzeitstudenten und schlieslich auch wieder für das grundstudium, so, wie zu kaisers zeiten. Mit der neueinführung der studiengebühren hat sich, entgegen der versprechungen der bildungspolitiker, nichts grundsätzlich geändert; in den seminaren fehlen nach wie vor die erforderlichen neuesten bücher in ausreichender zahl und zusätzliches lehrpersonal wurde auch nicht eingestellt - sehr wohl wurde aber die verwaltung aufgeblasen, die das inkasso und die verteilung der eingezogenen gelder zu besorgen hat(**).
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(*) gleichwohl hatte das geld für das studium auch im jahr: 1967, die zentrale rolle gespielt. Viele studenten konnten damals, nicht anders heute, ihr studium nur durch sogenannte werkarbeit finanzieren, aber es waren jobs verfügbar gewesen, für die die studenten wertvolle zeit verwenden mussten, ein faktum, das sich zum teil in den schon damals beklagten verlängerten studienzeiten niedergeschlagen hatte. Ein abschluss nach den acht pflichtsemestern im folgenden war auch damals nicht die regel gewesen und die abbrecherquote war in den zeiten eines durch prüfungsordnungen nur formal geregelten studiums auch nicht signifikant anders als es heute der fall ist. Neuere daten sollen ausweisen, dass die abbrecherquote, im zeitalter des bürokratisch verordneten abbruchs, im bachelorstudium signiafikant höher sei, als diese in den zeiten des alten magisterstudiengangs der fall gewesen war. Der grund könnte simpel sein. Das durch und durch bürokratisch organisierte studium verstattet der alternativen lösung aktueller studienprobleme keinen freiraum, weil der kandidat, der ein seminar versäumt hatte, aus welchem grund auch immer, aus dem system aussortiert wird.
(**) das kann eine erklärung für die exorbitant hohen gebührensätze sein, einnahmen, die von den hochschulen zum teil auch noch zweckentfremdet verwendet werden. Was bei der neueinführung der studiengebühren als tatsächlicher zweck befürchtet wurde, das ist heute die realität. Die zusätzlichen einnahmen wirken wie steuern, die in den allgemeinen haushalt fliessen. Die zweckbindung der studiengebühren ist leeres gerede.  <==//
(03)
die universität als ort des freien lehrens und studierens war unter den realen bedingungen der gesellschaftlichen machtverteilung immer eine fata morgana gewesen, aber die blaupause der Humboldt'schen bildung war ein leitendes ideal auch dann, wenn das ideal in der realität nur partiell realisiert worden ist. Unter dem schirm, zutreffender sollte gesagt werden, unter der knute des "Bologna-Prozesses", wurde mit der konstruktion der bachelor- und masterstudiengänge zumindest das Humboldt'sche bildungsideal effektiv geschliffen und murks installiert, der nun, wie seitens der politiker unter dem eindruck der proteste eilfertig versichert wird, schnell und unbürokratisch beseitigt werden soll. Es wäre besser gewesen, die verantwortlichen hätten erst einmal nachgedacht und dann gehandelt; denn das war unstreitig gewesen, dass im licht des sich vereinigenden Europas der flickenteppich der schulabschlüsse in Europa dringends neu gewebt werden müsse. Eins scheint aber klar geworden zu sein, dass der wechsel von einer hochschule zur anderen für die deutschen studenten, vielleicht auch ein studienjahr im ausland, durch die leistungen der deutschen administration schwieriger, faktisch sogar unmöglich gemacht worden ist, weil die anerkennung der andernorts erbrachten studienleistungen in den dekanats- und prüfungsbüros nicht mehr kalkulierbar ist.   <==//
(04)
frei nach Goethe, Faust. Szene: Mephisto und student (vers: 1911-1917).   <==//
(05)
es sollte zum allgemeinwissen jedes politikers gehören, dass die weichen für das schicksal des individuums, das als ich sich bilden will, entscheidend und nicht nachholbar in der frühkindlichen entwicklung gestellt werden. Die aufmerksamkeit, die die erwachsenen dem nachwuchs widmen, damit dieser mit seiner physischen formung auch seine pesönlichkeit bilden kann, kommt, ökonomisch formuliert, mit zinseszins in späteren jahrzehnten wieder zurück. Das hickhack, das die politische klasse um die früherziehung der kinder jetzt veranstaltet, zeugt nicht nur von der dummheit ihrer maassgeblichen vertreter, sondern auch von ihrem zynismus, mit dem sie über das schicksal von menschen bestimmen wollen. Die kleinfamilie, in seinen bruchformen das standardmodell der moderne, kann nicht das leisten, was die groossfamilie in alter zeit(*1) geleistet hatte. Es ist eine anforderung der vernunft, dass die gesellschaft der moderne die historisch überkommenen formen der vergemeinschaftung des individuums, das ein ich sein soll, so zu organisieren, dass der zweck, das individuum als ich zu einem aktiven teil seiner gemeinschaft zu befähigen, erreicht wird. Dafür kann das traditionale bild der familie(*2) ebensowenig das absolute maass sein wie irgendeine utopie der idealen menschheit(*3). Die mitglieder einer modernen kleinfamilie, vor allem in den sogenannten patchwork-familien, sind überfordert, wenn sie das leisten sollen, was ihnen die moderne in den medien tagein-tagaus als zielmarke vorführt. Für die frau sind die gegenwärtigen formen der bürgerlichen arbeit, als selbstverständlich von der gesellschaft eingefordert, mit der erziehung eines kindes, das aus biologischen gründen sich noch nicht selbst versorgen kann, ebenso unvereinbar, wie die traditionale erwartung an den mann, dass er, der pater familias, durch arbeit die benötigten finanzmittel herbeischafft, damit die gattin sich der kindererziehung uneingeschränkt widmen könne. Hier hat die gesellschaft als ganzes die pflicht, schon aus gründen der selbsterhaltung, formen der bürgerlichen existenz zu finden, in dem die unterschiedlichen anforderungen von ihren mitgliedern geleistet werden können. Es ist schlichtweg dummes ideologisches geschwätz, wenn behauptet wird, dass nur die leibliche mutter die ideale erziehung ihres kindes gewährleisten könne(*4), genauso wie es dummes ideologisches geschwätz ist, dass die frau zu ihrem eigenen kind keine besondere emotionale beziehung haben solle, eine soziale beziehung, die als bürokratischer vorgang figuriert(*5). Was gefordert ist, das ist phantasie, auch scheinbar unvereinbares miteinander produktiv zu verknüpfen.
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(*1) Ich verteidige nicht das alte modell der groossfamilie, in der das individuum sich zu einem ich bilden musste, aber die struktur einer groossfamilie, zumindest, soweit sie als lebensverband von drei generationen begriffen wird, ist, in der zeit gewachsen, ein bewährtes modell, die divergenten erfordernisse zusammenzubinden, mit denen jede humane existenz konfrontiert ist. Zum ersten die verschaffung und sicherung der subsistenzmittel für die existenz jedes mitgliedes der gemeinschaft, zum zweiten die sicherung der existenz der gruppe durch das aufziehen der nachfolgenden generation; zum dritten das individuelle gefühl einer befriedigenden existenz durch selbstreflexion (früher sagte man: religiöse erbauung). Die familienformen der historia sind strukturen, die an die jeweiligen lebensbedingungen angepasst waren. Eine stammesordnung, sinnvoll, wenn der gemeinschaft nur das verfügbar ist, was ihr von der natur mitgegeben wurde, ist genauso wenig an die neuen lebensmöglichkeiten der moderne angepasst, wie eine gesellschaft, die, gemäss eines ideologischen vorurteils, nur aus indiviuellen egoisten besteht. In der moderne sind die extreme untauglich, aber in der mitte ist genügend raum für vielfältige familienformen, wenn formen mutig gewagt werden, die heute ungewohnt sein mögen, morgen aber schon der normalfall sein können.  *1<==//
(*2) das bild der traditionalen familie hat in ihrer struktur zwei quellen. Zum ersten das bild der göttlichen familie, die als muster von den christlichen theologen erfunden worden war, zum zweiten die bilder der grooss- oder der kleinbürgerlichen familie des 19.jahrhunderts, die von den ideologen der aufklärung modelliert worden waren. Neben diesen formen hatten die familienstrukturen des adels bestanden, die sich von den strukturen der familien in den städten, den handelsleuten und handwerkern, ebenso unterschieden wie von den formen der gemeinschaften auf dem lande, den bauern, soweit diese als leibeigene rechtlich keine eigenständige familie gründen konnten.   *2<==//
(*3) die utopien einer humanen existenz ohne familiäre zwänge sind dadurch bestimmt, dass sie ihre blaupausen in der negation des bestehenden hatten. Es sind rationale konstruktionen, die negativ die fehler kopieren, die mit der neukonstruktion beseitigt werden sollten. Sie funktionierten, historisch beweisbar, ebenso schlecht wie die vorlagen schlecht funktioniert hatten.   *3<==//
(*4) der blick auf die dokumente der historia lehrt anderes - die amme war in den herrscherfamilien eine institution gewesen, und die funktion der amme war gesellschaftlich notwendig, weil die mütter- und die hohe kindersterblichkeit in diesen zeiten keine andere alternative zuliess; denn einerseits musste das neugeborene ohne mutter über die ersten lebensjahre gebracht werden und die mutter ohne kind ihren biologischen zyklus zuende bringen.  *4<==//
(*5) die relation: eltern<==|==>kind,(+) ist in den plänen der technokraten auf eine fallziffer reduziert. Das liest sich dann so: jedes kind, die eltern eingeschlossen, hat auf den platz in der kita einen rechtsanspruch, zugleich warnen die berufenen bildungspolitiker aber, dass der rechtsanspruch, für 2013 vorgesehen, aus finanziellen gründen nur zu 40% realisiert werden könne, andere zahlen unter 100 tun's auch.
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    (+) lies: die eltern relationieren abhängig mit dem kind. Im schema des trialektischen modus erscheint die relation: eltern<==|==>kind, als ein moment der theorie sozialer rollen, die das individuum als ich und seine genossen in der gesellschaft übernehmen können. Obgleich unbefriedigend, belasse Ich es bei dieser andeutung, weil ihre explikation erheblichen raum beanspruchen würde.   *5<==//  (05)<==//
(06)
in der DDR_selig hatte es die einrichtung der betriebskindergärten gegeben, sie wurden mit den betrieben nach der wende abgewickelt. In dieser institution, vom staatlichen betrieb bereitgestellt, wurden die kinder abgeliefert, damit vor allem die arbeitnehmerinnen ihre arbeitskraft dem staat faktisch zur verfügung stellen konnten. Die faktische realisierung dieses programms kann nicht verteidigt werden, aber in ihrer struktur könnte diese institution eine vernünftige lösung sein, die erfordernisse der erziehung der kinder mit der forderung der gesellschaft nach arbeitskräften zu verknüpfen(*). Dieser zweck sollte erreichbar sein, wenn der wille entscheidet, dem wohl des kindes vorrang zu geben und nicht den egoistischen vorstellungen der eltern, die von den ökonomischen interessen der wirtschaft und den eitelkeiten von politikern gelenkt werden.
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(*) die wirtschaft hat, soweit ihre manager sich dem diktat der renditen pro quartal entziehen können, die möglichkeiten einer verknüpfung dieser gesellschaftlichen anforderungen längst als standortfaktor erkannt, aber das sind insellösungen, die allgemein noch nicht genutzt werden. In den behörden, die verwaltung des Bundestages eingeschlossen, werden die möglichkeiten betrieblicher kindergärten bereits genutzt. Freilich ohne geld, zumal öffentlicher mittel, kann die einrichtung solcher orte der erziehung, vergleichbar den einrichtungen des allgemeinen schulwesens, nicht geleistet werden, aber geldmittel für die erziehung des nachwuchses sind auch dann fällig, wenn die besagte kleinfamilie die erziehung in eigenregie leisten muss, und wenn, im günstigen falle, oma und opa bereitstehen, die enkel zu besorgen, kosten, die in keiner statistik, für politiker interessengebunden verwertbar, erfasst sind. So oder so, es werden, im jargon der politik, kosten anfallen, die von der gesellschaft als ganzer beglichen werden müssen. Faktisch geht der streit also um die frage, welche gruppe in der gesellschaft ihren anteil der anderen auflasten kann; damit ist die machtfrage der kern des problems.   <==//
(07)
unter dem diktat des reinen kosten/nutzen-kalküls wird es für die heranwachsenden unmöglich gemacht, selbst eine familie zu gründen, die den erwarteten gesellschaftlichen standards entspricht. Wenn die verantwortlichen politiker fortfahren, die gesellschaft nach dem reinen kosten/nutzen-kalkül organisieren zu wollen, dann werden sie genau die strukturen schaffen und verfestigen, die von ihren chefideologen wortreich beklagt werden. Die defizitären familienstrukturen heute sind ein faktum und mit guten gründen ist prognostizierbar, dass die gesellschaftlichen probleme verschärft werden, die auf dauer den zusammenhalt jeder gesellschaftlichen ordnung auflösen. In einem verhängnisvollen kreislauf von aktion und reaktion werden genau die situationen geschaffen und versteinert, die als verfall gesellschaftlicher strukturen wortreich beklagt werden. Es ist kein zufall, wenn davon gesprochen wird, dass armut(*), nicht anders der reichtum, vererbar ist. Das ist die grundthese aller schichtungstheorien, in denen soziale mobilität zwar ein wichtiger strukturfaktor der sozialen ordnung ist, ein faktor, der aber in der realität nur mit kleinen ziffern ausgewiesen ist. In der sozialen hierarchie stabiler ordnungen gibt es die mobilität in beiden richtungen: nach oben oder nach unten, chancen, die zumindest die angst vor sozialem abstieg einzelner nicht beseitigen, zugleich aber hoffnungen, die den sozialen aufstieg als eine reale möglichkeit ausweisen. Dieser austausch, der die hierarchische ordnung der gesellschaft in seiner struktur nicht beseitigt, wird aber gestört, wenn die soziale ordnung als ganze zur disposition gestellt ist(**), in der alle nur verlieren können, auch jene, die meinen, durch einen zufall, als glück missverstanden, nach oben gespült worden zu sein.
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(*) mit dem unterton der verachtung wird davon gesprochen, dass es bereits generationen von sozialhilfeempfängern gäbe, die es sich, wie man sagt, in der sozialen hängematte bequem gemacht hätten. Seit der agenda 2010 ist für diese generationen das kürzel: HartzIV, im gebrauch.
Zusatz: frau von der Leyen, jetzt als ministerin für arbeit und soziales, vorher für die familien zuständig, hat recht, wenn sie darauf verweist, dass der terminus: HartzIV, unerwünschte assoziationen provoziert. Der terminus hat nun einmal einen üblen ruf, aber das problem wird nicht gelöst, wenn der terminus nur durch einen anderen, einen euphemistischen ausdruck ersetzt wird. Kosmetik kann die schwarze stelle zwar überdecken, aber sie beseitigt den fleck nicht.
(**) diese phänomene werden unter den termini: zerfall der staatlichkeit und bürgerkrieg, zusammengefasst.  <==//
 (gemälde/übersicht)<==//


Das 7.bild: die mär, die privatisierung sei das heil für alle.

das zauberwort neoliberaler ideologie ist der terminus: privatisierung. Der kern dieser lehre(01) ist die meinung, dass der staat schlanker werden müsse, damit er als konkurrent nicht im markt erscheinen könne. Drei dinge werden miteinander verknüpft, die analytisch strikt getrennt werden sollten(02). Das eine ist die daseinsvorsorge als aufgabe des staates. Der staat als institution seiner bürger hat die pflicht, für alle bürger in gleicher weise zu sorgen, damit sie als individuum, das ein ich ist, zusammen mit den mitbürgern, den genossen, ihre bürgerliche existenz realisieren können. Das zweite ist die streitfrage, inwieweit der staat als fiskus teil des marktes sein kann, auf dem alle güter getauscht werden müssen, die teil der bürgerlichen existenz der marktteilnehmer, also der bürger sind. Das dritte ist ein problem der praxis, nämlich die zweckmässige, das heisst die rationale verwaltung der staatlichen aufgaben(03). Es gibt aufgaben des staates, die nicht dem kalkül einzelner gruppen der gesellschaft anheimgestellt werden können. Folglich muss es ein gegenstand des politischen diskurses sein festzustellen(04), welche aufgaben, der öffentlichen verantwortung entzogen, dem privaten interesse nicht anheimgestellt werden können, ohne den staat als institution in frage zu stellen. Das ist ein weites feld komplexer fragen, die mit ein paar argumenten  nicht bearbeitet werden können, fragen, die den konsens voraussetzen, dass diese aufgabenfelder unstreitig benennbar sind(05). Ich fokussiere daher den diskurs auf bestimmte felder im aufgabenbereich des staates, die streitig diskutiert werden müssen, weil der staat in seiner doppelrolle, zum einen als neutrale institution, zum anderen als interessengeleiteter fiskus, in das ökonomische leben der gesellschaft involviert ist. Die frage ist, inwieweit darf, muss oder sollte der staat als fiskus sich im markt beteiligen?

Soweit der staat über vermögenswerte verfügt, ist er immer auch als fiskus am markt beteiligt. Privatisierung im engeren sinn bedeutet dann, inwieweit der staat seine vermögenswerte(06) an die interessengruppen in der gesellschaft veräussern soll oder muss. Als fiskus ist der staat im sinn des §903 BGB eigentümer von sachen, die einem kollektiv als eigentum zugeordnet sind. Wenn diese sachen, welche sachen das sein sollen, kann offen bleiben, einem einzelnen als eigentum übertragen, also privatisiert werden, dann kann nach §903 BGB der "neue" eigentümer mit der sache machen, was er will, also auch im rahmen des geltenden rechts die übertragene sache zu lasten der gemeinschaft nutzen(07). Es ist nicht bestreitbar, dass der staat als fiskus im markt tätig ist und seine tätigkeit ist wie die seiner bürger in der verfassung und im positiven recht geregelt. Der gegenstand, der hier im streit steht, ist die frage, ob der staat als fiskus legitimiert ist, vermögenswerte im staatlichen besitz, deren zweck es ist, die daseinsvorsorge des staates sicherzustellen, in private hände zu geben, also an individuen als ich zu veräussern, die legitim ihr partikulares interesse auch zum schaden der gemeinschaft nutzen können. Der horizont dieser frage ist das faktum, dass der staat in der funktion des grammatikalischen subjekts(08) als institution seiner bürger, nur durch die bürger dieses staates handeln kann, benannte bürger, die von den bürgern, individuen als ich, in einem bestimmten verfahren mandatiert, also ermächtigt worden sind, im namen der vertretenen rechtsgültig zu handeln. Was mit dem terminus: privatisierung, bezeichnet wird(09), das ist ein konflikt von interessen, der in der person des amtswalters situiert ist, der sowohl ein individuum als ich ist als auch ein bürger, der mit seiner entscheidung in der funktion des amtswalters zugleich dem individuum als ich in seiner funktion des bürgers einen eigentumstitel nach §903 BGB verschafft(10). Was derzeit beobachtet werden kann, das ist als versuch eines teils der gesellschaft zu bewerten, sich unter dem trügerischen etikett: privatisierung, des öffentlichen eigentums zu bemächtigen, um als institution seiner bürger den staat soweit zu schwächen, damit die profitierenden gruppen in der gesellschaft, die sich mächtig wähnen, ihr partikulares interesse zu lasten der gemeinschaft aller, die es betrifft, desto leichter durchsetzen zu können(11).
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Subtext zum 7.bild
(01)

Ulrich Richter: Die leere der neoliberalen ideologie und der wohlstand der gesellschaft. In: www.ur-philosoph.de //==>bibliographie //==>textsammlung //==>argument des monats //==>(15)04/2005<==//
(02)
im diskurs wird der politische streitgegenstand: privatisierung öffentlichen reichtums, immer in zwei perspektiven beurteilt. Die eine perspektive ist die analyse des gegenstands, die andere perspektive ist die synthese der in der analyse getrennten momente. Das individuum als ich hat, wenn es mit dem genossen über den gegenstand disputiert, die beiden perspektiven in getrennten relationen präsent, indem die eine relation nur im horizont des jeweils ausgeschlossenen dritten moments präzis bestimmt sein kann(*). Jede analyse ist durch den horizont der synthese begrenzt, so wie jede synthese ihre grenze in der analyse des identischen gegenstands hat.
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(*) der gedanke(+) im schema des trialektischen modus in einer graphik wiederholt. Die momente sind: "das individuum_als_ich, die_analyse und die_synthese. Die relationen sind:
1.relation: individuum_als_ich<==|==>analyse,
2.relation: individuum_als_ich<==|==>synthese,
3.relation:                  analyse<==|==>synthese.
 


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    (+) zur methode: trennung in analytischer absicht, siehe argument: 2.23.03. In: www.ur-philosoph.de //==>bibliographie //==>liste //==>014:das_politische.  <==//

(03)
im politischen diskurs sollte es selbstverständllich sein, dass der staat, der im interesse der bürger funktionieren soll, auch zweckmässig verwaltet wird. Dazu gehört sowohl die sicherung des rechts als auch die ökonomische verwaltung der mittel. In der Bunderepublik Deutschland ist die rechtssicherheit derzeit gewährleistet und entgleisungen, die bedauerlich sind, werden immer wieder zu beklagen sein, verfehlungen, die dann kein grund zur besorgnis sind, wenn sie unverzüglich abgestellt werden. Die rationale verwendung der finanzmittel wird immer ein zankapfel zwischen den beteiligten gruppen der gesellschaft sein, weil deren interessen zu different sind, um auf dauer einen gemeinsamen nenner zu haben. Die alljährliche klage über die verschwendung von steuermitteln ist ein ritual, das die einen als ein jährliches ärgernis zelebrieren, und die anderen desinteressiert zu den akten legen, solange alle, die am bösen spiel beteiligt sind, das gefühl haben können, dass ihre interessen nicht substanziell verletzt werden. Und schliesslich ist die idee, dass jede verwaltung in ihren prozessabläufen immer wieder optimiert werden kann, weil selbstverständlich, eine banalität.   <==//
(04)
im blick auf die historia sollte es unstreitig sein, dass das verhältnis zwischen dem individuum als ich und seiner sozialen gruppen in den einzelnen epochen der geschichte einem ständigen veränderungsprozess unterworfen gewesen war. In den stammesgesellschaften der vorgeschichte war dieses verhältnis anders organisiert als in den stadtstaaten der griechischen antike, später im Römischen Reich und den staaten der neuzeit(*). Die struktur dieser beziehungen, der gemeinsame nenner, ist zumindest formal durch wenige konstanten bestimmt, von gesetzen zu sprechen, geht meines erachtens zu weit. Diese konstanten sind zwar brauchbare anhaltspunkte, aber sie sind zu allgemein, um daraus für die spezifische situation jeder bestimmten epoche schlüssige folgerungen ziehen zu können. Das ist eine aufgabe, die von jeder generation in der gerade anstehende situation geleistet werden muss.
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(*) die staatsbegriffe der neuzeit, zu nennen sind vor allem die von Jean Bodin, Thomas Hobbes und Immanuel Kant, reflektieren die problematische struktur der beziehungen zwischen dem einzelnen und seinen sozialen gruppen, aber es sind reflexionen, die spezifisch auf die bestimmte situation zugeschnitten sind, erwägungen, die als theoretische lösung eines praktischen problems entworfen wurden. Es sind aspekte des problems, also teile, die zwar das ganze spiegeln, in keinem fall aber das ganze sein können.   <==//
(05)
es mag unbefriedigend erscheinen, dass Ich die diskussion eines konkreten problems zwar wieder andeute aber nicht durchführe. Ich denke, dass es ein moment der redlichkeit ist, auf das implizierte problem hinzuweisen, ohne das problem in seinen vielfältigen facetten en detail zu erörtern. Einerseits ist es die begrenzte raumzeit, die diesem unternehmen faktische grenzen setzt, anderseits ist es auch ein moment des kalküls, dass die gegenwärtigen geflogenheiten des öffentlichen diskurses mit einbezieht. Im zeitalter der clips von 10 sekunden länge hat ein differenziertes argument kaum noch eine chance überhaupt zur kenntnis genommen zu werden; unter diesem aspekt ist dieser essay sicherlich nicht ein muster angepasster kommunikation.  <==//
(06)
früher war es lehre, dass das sogenannte eigentum des staates dem könig als souverän zustand. Diese rechtskonstruktion war ebenso fiktiv wie später die rechtskonstruktion im gehabten sozialismus, dass das volk der eigentümer dieser güter gewesen sei. Als juristisches subjekt kann der staat zwar besitzer, d.h. verfügungsberechtigter über bestimmte güter sein, niemals aber eigentümer. In der perspektive des philosophen ist der begriff: eigentum, anders zu definieren als in der perspektive des juristen, der theoretisch zwar besitz und eigentum unterscheidet, faktisch aber das recht der verfügung über eine sache auf den begriff: besitz, begrenzen muss, weil der jurist für seinen begriff: eigentum, keinen bestimmten gegenstand benennen kann. Nur das individuum als ich kann eigentum an einer sache haben, nämlich dann, wenn es selbst der schöpfer der sache gewesen ist.   <==//
(07)
es ist zweckmässig, verfassungsrechtlich strikt zwischen dem allgemeinwohl und dem privatnutzen zu unterscheiden. Der bürger, soweit er ein individuum als ich ist, kann nur den privatnutzen gegen andere bürger gelten machen, in keinem fall kann das allgemeinwohl ein gegenstand seines tuns sein. Der staat als institution seiner bürger kann nur das allgemeinwohl geltend machen, in keinem fall den privatnutzen des individuums als ich. Was auf der analytischen argumentebene strikt getrennt erscheint, das ist auf der argumentebene der synthese, wenn das individuum als ich, nicht voneinander ablösbar, die einzelnen relationen, die möglich sind, reflektiert, weil das individuum als ich die getrennten momente immer nur im horizont des jeweils ausgeschlossenen dritten moments, des anderen, bestimmt präsent haben kann(*). Privater besitz und eigentum ist nur dann gesichert, wenn der staat faktisch das gemeinwohl sichern kann, das für alle gilt. Das gemeinwohl ist aber nur dann gesichert, wenn der bürger weiss, das sein besitz und eigentum vor dem zugriff des anderen faktisch gesichert ist, besitz, der nur seinem vorteil dienen soll. Wenn dieser zusammenhang aufgebrochen wird, dann ist es rational nicht mehr möglich, mein und dein zu unterscheiden, weil jedermann sich nur noch auf sein mein berufen wird und das dein des genossen aus dem blick verliert.
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(*) dieser gedanke im schema des trialektischen modus wiederholt. Die momente sind: "das_individuum_als_ich, der_staat(=das_gemeinwohl), der_bürger(=der_private_nutzen). Möglich sind diese relationen:
1.relation:         das_individuum_als_ich<==|==>der_staat(=das_gemeinwohl),
2.relation:         das_individuum_als_ich<==|==>der_bürger(=der_private_nutzen)
3.relation: der_staat(=das_gemeinwohl)<==|==>der_bürger(=privater_nutzen)
 
       


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(08)
Ulrich Richter: Der Weltgeist Hegel's. In: www.ur-philosoph.de //==>bibliographie //==>liste //==>015:weltgeist //==>argument: 2.5.05.   <==//
(09)
andere aspekten des problems: privatisierung, sind der gegenstand von zwei essays, die in der zeit zurückliegen.
Ulrich Richter: Privatisierung - die idiotenformel. In: www.ur-philosoph.de //==>bibliographie //==>textsammlung //==>argument des monats //==>(06)07/2002.
Ulrich Richter: Privatisierung - die idiotenformel(II). In: www.ur-philosoph.de //==>bibliographie //==>textsammlung //==>argument des monats //==>(23)01/2009<==//
(10)
es ist das strukturdilemma der politischen klasse, dass sie faktisch zwei herren dienen soll. Der eine herr, das ist der staat, sie selbst wollen der andere herr sein. Die struktur dieses konfliktes ist real durch keine theorie aufhebbar. Wie sich das individuum als ich auch entscheiden mag, entweder als bürger zu handeln, der es selbst ist, oder als amtswalter des staates, zu dem es durch seinen genossen mandatiert ist, das individuum als ich kann das problem nur in der perspektive des bürgers oder in der perspektive des amtswalters bestimmt beurteilen und auch entscheiden. Diese differenz ist für das individuum als ich solange nicht aufhebbar, solange das individuum sich als ich begreifen kann. Diese auskunft, theoretisch stringent begründet, ist pragmatisch aber wenig befriedigend, weil die differenz vom individuum als ich im moment seiner gelebten gegenwart gelebt werden muss. Die praxis ist aber ein hinreichender beleg, dass dies gelingen kann, wenn das resultat, den widerstreit der gegensätzlichen interessen in einem kompromiss aufzulösen, gewollt wird. Das setzt aber voraus, dass das individuum als ich, für sich bindend, strikt unterscheidet, ob es als amtswalter handelt oder als bürger. Der blick auf die realität ist deprimierend, wenn die täglichen nachrichten zur kenntnis genommen werden müssen.   <==//
(11)
das projekt: börsengang der Deutschen Bahn,(*) ist exemplarisch für diese tendenz. Die privatisierung öffentlicher aufgaben zur partiellen ökonomischen nutzung, vulgo profiterzielung oder shareholdervalue, geht immer zu lasten der allgemeinheit; denn der profit, der aus dem investment abgegriffen wird, muss von den benutzern der bahn erbracht werden, die als bürger einen anspruch an ihren staat: Bundesrepublik Deutschland, haben, weil der staat die öffentliche verkehrrsleistung als teil der daseinsvorge sichern muss. Die historia der privatisierung öffentlichen eigentums in der Bundesrepublik Deutschland zeigt hinlänglich, dass die privatisierung öffentlicher leistungen immer zu lasten der konsumenten gegangen ist, die immer mehr für weniger leistung zahlen müssen(**).
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(*) siehe: Ulrich Richter: Privatisierung - die idiotenformel(II). In: www.ur-philosoph.de //==>bibliographie //==>textsammlung //==>argument des monats //==>(23)01/2009.
(**) es genügt, auf die täglichen erfahrungen der bürger hinzuweisen, die sich mit den leistungen privatisierter staatsunternehmen rumschlagen müssen. Als lüge ist die mär notorisch, dass die privaten ihre dienstleistungen preisgünstiger anböten - der blick auf die preise der DB und der bewertende vergleich mit ihren leistungen zeigt etwas anderes. Dass die partiell geringeren kosten für das telephonieren der kunden ihren grund in der privatisierung der alten post gehabt haben sollen, sind mitnichten ein beweis für die leistungen der privaten anbieter, die ihren mörderischen wettbewerb mit dumpinglöhnen für die arbeitnehmer ausfechten.   <==//
(gemälde/übersicht)<==//


Der epilog.

die bilder sind mosaiksteine der realität, aber für sich ist jedes bild nicht die realität, die das individuum als ich und sein genosse, jeder für sich, nur im moment der seiner gelebten gegenwart erfahren kann. Als text sind die bilder, spiegelbild der realität, selbst die realität, die das individuum als ich im moment der gelebten gegenwart in den facta der vergangenheit erinnern kann und als projektionen in die zukunft entwirft. Insofern ist diese auswahl(01) erinnerter facta der vergangenheit und entworfener projektionen in die zukunft interessengeleitet, interessen, die Ich als person definiere und auch verantworte. Sie sind ein moment in dem diskurs, an dem alle, die es betrifft, beteiligt sind. Ob mein text rezipiert wird, das ist ein moment, der in der autonomie des genossen liegt - er entscheidet.
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anmerkung:
(01) im gemälde der zeit fehlen einige aspekte, so die themen: ökologie und gewalt. Die liste könnte auch noch erweitert werden, aber das lasse Ich hier beiseite, zumindest für dieses mal.
(gemälde/übersicht)<==//
finis

stand: 10.11.14.   /10.02.24.

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