Textsammlung

zitat des monat

ausgabe: 0901 : Dr.Edmund Stoiber      : politik    (september 2001)
 

text:

        Wer mit der PDS koaliert, paktiert mit dem Sozialismus der SED.
             Dr.Edmund Stoiber, Min.-Präs.Bayern
             Berlin, 12.08.2001
             qu.: Frankfurter Rundschau, 13.08.2001, p.1

kommentar:

ex cathedra - ich habe gesprochen. Nur, die intention des redens ist das eine, seine logik und ihr bezug zur realität ist das andere.
Ich bestreite dem herrn Dr.Stoiber nicht, dass er die PDS mit ihren politischen absichten, die seinen interessen widerstreiten, herzlich schlecht findet, schliesslich ist die BRD, wie man sagt, ein freies land mit einer freiheitlichen demokratischen grundordnung, in der jedermann seine meinung äussern kann (Art.5 I GG und was daran hängt). Ich fordere von ihm aber, dass er die regeln des anstands und der politischen kultur respektiert; denn der respekt vor der ordnung, die allen ein optimum an freier lebensentfaltung gewähren soll, ist eine wesentliche bedingung, dass diese ordnung auch funktionieren kann; diesen respekt fordere Ich von jedem ein, der als demokrat akzeptiert werden will.

Koalitionen sind machtfragen, und wer macht erlangen will -auf demokratischem wege- der muss sich nach partnern umsehen, die kompatible interessen vertreten. Aus der tatsache, dass die beteiligten sich zusammentun, kann logisch zwingend nicht abgeleitet werden, dass sie alles an interessen akzeptieren und quasi verinnerlichen, was der andere in die verbindung mit einbringt; die erfahrung zeigt, dass dies immer nur teile sind, und aus der geschichte lassen sich viele beispiele zitieren, in denen nur strategische interessen auf zeit das gemeinsame gewesen waren (z.b. die kriegskoalition USA und Sowjetunion gegen Hitlerdeutschland). Eine andere frage ist es, wie weit das strategische kalkül getrieben werden kann, um glaubwürdig zu sein und zu bleiben.

Es gibt ideen und politische konzepte, die durch die praxis ihrer verfechter so in misskredit gebracht worden sind, dass die zitierung des zeichens quasi pawlowsche reflexe produziert, aber auch daraus lässt sich zwingend nicht ableiten, dass die konstitutiven momente der ideen und konzepte für sich die ursache der schlechten praxis sind. Der "Sozialismus der SED"(selig) hat mit dem, was ein Karl Marx in seiner zeit unter dem zeichen: sozialismus, gedacht und schriftlich fixiert hatte, soviel und so wenig gemeinsam wie das christentum der römischen kirche mit der lehre des Jesus von Nazareth. Irgend etwas passendes wird sich in diesen ideen für jedes interesse schon finden lassen....

Und dann die realitäten. Ich kann mich erinnern, in den nachrichten der zeitungen gelesen zu haben, dass die Union partiell auch schon mit den schmuddelkindern von der PDS paktiert hat und noch paktiert (Herr Stoiber und seine CSU ist nur dank der politischen geographie bis jetzt noch unschuldig). Soll Ich aus diesen fakten schliessen, dass die CDU in den fünf neuen Bundesländern auch mit dem "Sozialismus der SED" paktiert hat und noch paktiert? - es kann so sein, aber zwingend ist dieser schluss nicht; und selbst wenn das der fall sein sollte, wende Ich ein, dass Ich das nicht notwendig auch als verwerflich verurteile; denn die gewählten vertreter der PDS sind von menschen gewählt worden, die von ihren verfassungsmässigen rechten genau denselben gebrauch gemacht haben, wie die wähler der Union das auch tun. Das ist ein zentrales moment der demokratischen ordnung der BRD, und nur heuchler und dummköpfe setzten das wegen kurzfristiger vorteile aufs spiel.

ps: die PDS ist nicht nach meinem geschmack und ihr programm verspricht vieles, das ihre geschichte, die mehr umfasst als die zeit seit 1990, längst als hohle phrasen erwiesen hat, aber sie agiert als partei offensichtlich im rahmen der verfassung. Das ist zu respektieren, und wer anderer meinung ist, der solle seine rechtlichen möglichkeiten ausschöpfen, der blick in das gesetz fördert bekanntlich die rechtskenntnis: Art. 21 II und III GG.
 

stand: 01.08.31.

zurück/übersicht   //
zurück/bibliographie   //
zurück/textsammlung/überblick   //