ausgabe: 1001 : Lucia_Pinochet : politik    (oktober 2001)
 

text:

         Ist es etwa verboten, nach einem harten Arbeitsleben eine Million  zu besitzen?

             Lucia Pinochet
             (tochter des Augusto Pinochet, einem militär, diktator, mörder)
             quelle: Frankfurter Rundschau, 23./24.o5.2001,p.2

kommentar:

Nein! - aber es muss doch erlaubt sein, einmal nachzufragen, woher das vermögen stammt. Merkwürdig: vor dem stichtag eine arme kirchenmaus, danach die wunderbare brotvermehrung, und das bei einem gehalt, das vorher bescheiden und danach auch nicht üppig war, zumal der bürger davon auszugehen hat, dass alle bürgerlichen notwendigkeiten davon zu bestreiten waren. Sicher, zu den zeiten als dieser herr regierte, war es lebensgefährlich, eine solche frage zu stellen, aber da alle macht vergänglich ist und auch die macht dieses herren schliesslich vergangen war, ist diese frage nicht nur nicht opportun, sondern auch notwendig. Balzac soll irgendwo einmal gesagt haben: hinter jedem grossen vermögen steht ein verbrechen, und aus der römischen geschichte weiss man, dass die helden Rom hoch verschuldet verliessen und aus den provinzen als krösuse in Rom wieder einzogen. Es ist kaum anzunehmen, dass die menschen in den provinzen die früchte ihrer arbeit dankbar diesen herrschaften in die hände gelegt haben. Und gelegentlich erzählen die dokumente, dass eine magd nach dem langen leben in, wie man so sagt, treuen diensten für ihre herrschaft ein paar ärmliche habseligkeiten den erben hinterlassen habe. Gibt es da etwa einen zusammenhang, dass die einen nichts haben und die anderen alles für sich zusammenraffen? Beobachtbar ist nur dieses; es gibt zwei phänomene, die wie die beiden seiten einer münze zusammengehören: die gewalt, die als recht sich kaschiert - eine alte erfahrung, und doch scheint jede generation dazu verdammt zu sein, diese erfahrung immer wieder neu zu leben.

stand: 01.11.08.

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