TEXTSAMMLUNG

zitat des monats
ausgabe: 01/04 - januar-märz/2004               (bis juni/2004)

text:

Deutschland 2010, das ist ein Land, das Spitze ist in Wirtschaft, weil es Spitze ist in Bildung und Forschung.
 
qu: Gerhard Schröder. Bundeskanzler und Vorsitzender der SPD, Rede auf dem SPD-Parteitag in Bochum, 17.November 2003.
zitiert nach dem text der spd-website vom tage.


kommentar:

die politische rede ist eine spezies für sich - effekt soll sie machen*, und, so scheint es, jedes mittel ist recht, wenn nur das ziel erreicht wird. Aber was ist das ziel der politischen rede? und ist auch jedes mittel tauglich, das propagierte zu erreichen? Das sind fragen, die der politische redner sich selbst nicht stellen kann (täte er es, dann unterbliebe diese 8.biblische plage), der politische bürger aber muss sich diesen fragen stellen, wenn er vom wortschwall der politiker nicht überwältigt sein will und zum blöden claqueur verkommen soll.

Ein dummes argument richtet sich selbst, bestenfalls hat es noch einen unterhaltungswert vom niveau eines Bohlen. Ein argument, das die regeln der logik missachtet, ist beliebig; der adressat kann sich aussuchen, was ihm gefällt, der redner entzieht sich seiner verantwortung. Ich spitze das zitat des Bundeskanzlers Schröder zu und reduziere es auf seinen gegenstand: das Deutschland der agenda 2010 ist spitze, weil es spitze ist; ein politiker der opposition könnte genauso treffend sagen: der finanzminister Eichel ist pleite, weil er pleite ist. Wer sagt, das seien tautologien, dem werde Ich nicht widersprechen. Ein tautologisches argument, so die lehre der logik, ist leer, und das volk kennt diese lehre, wenn es sagt: wo nichts ist, da kann auch nichts werden. Die agenda 2010 also ein nichts? - Wenn's das wäre, könnte mancher damit noch leben.... Aber dem ist nicht so und die in der rede zur schau gestellte offenheit verhüllt mit der leere des arguments den zweck der rede, den der Bundeskanzler Schröder bewusst verbergen muss. Der gegenstand der agenda 2010 ist das programm der pauperisierung eines drittels der gesellschaft, und Ich frage mich, was die motive des herrn Schröder sein könnten, ein solches programm der spaltung der gesellschaft in szene zu setzen, das die tradition der deutschen sozialdemokraten radikal beendet und post festum zu einem irrtum erklärt. Die rede auf dem parteitag der SPD, der das zitat als fragment entnommen ist, gibt auf diese frage keine antwort. Punkt für punkt können zu den vorgeschlagenen und inzwischen mit der opposition beschlossen massnahmen, alternativen aufgezeigt werden, die, entgegen dem neoliberalen geschwätz, wenn es denn gewollt wird, die idee des sozialstaates nicht ruinieren sondern befördern. Es bleiben also nur die vermutungen, die eine plausibele antwort möglich machen. Dem herrn Schröder geht's um die macht, was immer das sein mag; darin ist er dem herrn Kohl gleich mit einer kleinen differenz, die in der zeit liegt, der herr Schröder wird's keine 16 jahre machen....

* in den zeiten eines Demosthenes war das nicht anders als heute, wo die postmoderne denke alles zu einem medienevent umfunktioniert. Kluge menschen hatten früher die rhetorik zu einer raffinierten technik geformt, um leute zu überreden, mit grossem kapitaleinsatz ist heute diese technik auf schlagzeilen reduziert, die jeden fertigmacht, der nicht spurt.   <--//


stand: 04.07.15

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