TEXTSAMMLUNG
zitat des monats
ausgabe: (38)07/17 //07-09/2017 juli-september/2017  (blieb stehen bis 09/2018)
 
Text:
"Wir müssen wieder Kriege gewinnen".
                                    (Donald Trump, US-Präsident,28.02.2017,(a))
Kommentar:
 
Den text in englisch zu zitieren wäre korrekt, geboten wäre auch, das video_dokument der rede zu konsultieren, um sich des theaters zu vergewissern, in dem die rede eine show gewesen war(b). Dieser konvention steht aber ein gewichtiger grund entgegen, der mich bestimmt, den ausgewählten teil der rede in der version zu zitieren, die von den gewohnten medien übermittelt worden war; denn in dieser fassung hatte das zitat seine globale wirksamkeit gefunden(c) und an dieser fassung habe Ich mir auch das urteil gebildet über das, was herr T. gesagt hatte. In der zitierten fassung ist das wort des US-präsidenten der gegenstand meiner interpretation, eine interpretation, die Ich in meiner welt vollziehe und nicht in der welt des herrn T., gleichwohl einzuräumen ist, dass er und Ich denselben planeten bewohnen - einen anderen gibt es nicht. Das problem ist alt, ein text ist auszulegen(d).

So erschreckend neu das zitat klingt, neues hat Herr T. nicht gesagt. So weit der blick in die historia zurückreicht, eine maxime der mächtigen ist es, krieg zu führen mit dem ziel, diesen, ihren krieg zu gewinnen, das soll heissen, ein krieg wird inszeniert, um beute zu machen. Mit der beute eignet man sich die arbeit anderer gewalttätig an, sei's aus gier, weil man selbst zu faul ist, mit eigner arbeit sich den wohlstand zu verschaffen, den andere sich geschaffen haben, sei's aus dummheit, weil's an verstand gebricht.

Aber das, was im rückblick als eine historische konstante erscheint(e), das mag den alten in der vergangenheit als quintessenz ihrer erfahrungen gültig gewesen sein, im 21.jahrhundert ist die maxime, dass der krieg den krieger ernähre,(f) nicht mehr gültig, weil der sieger, das ist wissen, im krieg nichts mehr gewinnen kann, oder, wiederholt in der sprache des ökonomen, der angezettelte krieg wirft keinen gewinn ab, kostet aber irre viel(g).

Im diesem horizont ist das gerede des herrn T. von den künftigen kriegsrenditen nicht nur ein beispiel einfältigster dummheit, das gerede des herrn T., der sich selbst als geschäftsmann anpreist, ist unverantwortlich und zerstört jede hoffnung auf frieden in der welt; denn das wohl des staates und seiner bürger kann nicht nach den regeln eines deals besorgt werden(h), sondern wird in der erfüllung des mandats besorgt, das herr T. übertragen bekommen hatte, als er gewählt worden war(i).

Anmerkungen:
(a)
seine rede, numero eins, vor dem US-Kongress, 28.02.2017, zitiert in der fassung der Westfälischen Nachrichten, 01.03.2017.      (a)<==//
(b)
die inszenierung ist ein teil des theaters, das herr T. dem publikum bereits in seinem wahlkampf geboten hatte, das publikum in unklaren lassend, was von seinem theater substanz ist und was die glitzernde verpackung gewesen war.       (b)<==//
(c)
die zitierte fassung hatte Ich mehrmals im rundfunk gehört und in verschiedenen zeitungen gelesen.      (c)<==//
(d)
Hans-Georg Gadamer, einer der bedeutendsten vertreter der hermeneutik im 20.jh., hatte darauf bestanden, dass die voraussetzungslose interpretation eines textes nicht möglich ist, weil jede auslegung des textes im horizont von meinungen eingeschlossen ist, über die nur der interpretierende, für sich gültig, verfügen könne. Jeder interpret, das zitat korrekt deutend, muss diesen horizont in seiner erzählung kenntlich machen, damit seine interpretation nachvollziehbar ist, potentieller stoff eines anderen diskurses.       (d)<==//
(e)
die historischen fakten, sedimentiert in den dokumenten der historia, werden, einem interesse folgend, daraufhin gedeutet, dass, wie man sagt, der krieg ein essentielles moment im gesetz der geschichte sei. Diese denkweise ist beweisbar falsch. An der rede vom krieg als dem gesetz der geschichte ist nur die banale feststellung richtig, dass es in der bekannten historia immer kriege gegeben hatte; die zeiten des friedens sind die rare ausnahme(01). In der historia gibt es kein naturgesetz(02), es gibt allgemeine erfahrungen, aus denen historische tendenzen abgeleitet werden, die im rückblick gewisse gleichförmigkeiten erkennen lassen.
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(01)
das statement gilt auch für die jüngste zeit, die periode nach 1945. Seitdem ist die welt zu keinem zeitpunkt ohne kriegerisches ereignis geblieben, regional sehr unterschiedlich verteilt. Zwischen den staaten hat es in Europa seit 1945 keinen krieg mehr gegeben, gleichwohl gewalttätige auseinandersetzungen registriert werden mussten, bürgerkriegen ähnlich, so die kämpfe auf dem Balkan nach dem staatlichen zerfall Jugoslawiens(1991-2002).
(02)
in der historia, immer wieder versucht, gibt es kein gesetz des geschichtlichen prozesses, das den sogenannten naturgesetzen der exakten wissenschaften vergleichbar wäre. Es gibt zwar patterns der geschichtsdeutung, aber aus diesen erzählungen sind verlässliche prognosen nicht ableitbar.       (e)<==//
(f)
Friedrich Schiller hatte formuliert: "Der Krieg ernährt den Krieg"(01). Der kontext ist eine diskussionsrunde von offizieren der armee Wallenstein's über die aussichten der geplanten kriegshandlungen, mit aussicht auf beute.
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(01)    Wallenstein, Die Piccolomini, I,2.      (f)<==//
(g)
die kosten moderner kriege, im blick die USA, können mit zwei zahlen kenntlich gemacht werden. Vor kurzem war irgendwo zu lesen, dass der militärhaushalt der USA sich auf 1 billion dollar belaufe, ausdrückt in einer zahl: 1.000.000.000.000. Der Irak-krieg, den G.W.Bush vom zaun gebrochen hatte, soll, 2003 bis heute, ca. 2 billionen dollar gekostet haben. Mit diesen zahlen ist der ökonomische nutzen eines krieges im 21.jh. fragwürdig geworden. In der perspektive eines ökonomen wäre es profitabler gewesen, diese summen von geld in bildung, gesundheit und sozialen ausgleich zu investieren. D'accord, die rendite pro person wäre dann, ausgedrückt in zahlen, vielleicht klein ausgefallen, aber die prognose ist realistisch, dass die welt um ein vielfaches sicherer geworden wäre, weil von diesen investionen alle etwas gehabt hätten und nicht die wenigen investoren, die mit ihren spekulationskapital die blutige rendite am finanzmarkt abgeschöpft haben(01).
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(01)
pars pro toto Richard Bruce "Dick" Cheney, US-vizepräsident unter G.W.Bush. Herr Cheney, anteilseigner an Halliburton, eine im ölgeschäft tätige rüstungsfirma, und zeitweilig deren CEO, hat, soweit die informationen öffentlich verfügbar sind, ein ökonomisches interesse am 2.Irakkrieg(2003ff); den 1.Irakkrieg(1991) hatte er, der verteidigungminister unter US-präsident: G.H.Bush, aktiv geführt.      (g)<==//
(h)
im wahlkampf und auch als präsident der USA hat herr T. sich selbst gelobt, dass er als geschäftsmann die erforderlichen erfahrungen habe, einen deal zu machen. Der deal ist ein handel(01), mit dem die dealer, jeder für sich, einen vorteil realisieren, zumeist zu lasten der am deal nichtbeteiligten. In der realität folgt der deal der logik der marktkräfte, das heisst, es wird derjenige sich durchsetzen, der im moment des deals der stärkere ist. Im horizont dieses mechanismus ist auch das wiederholte reden des herrn T. zu beurteilen, dass er auf dem "free trade" und dem "fair trade" bestehe. In der logik des stärkeren, Orwell'sches doubel-speach, ist der freie handel das diktat des milliardärs über den millionär, ein armer schlucker, und der faire handel das resultat, dass wenige sehr viel haben und die vielen fast nichts(02).
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(01)
bemerkenswert ist der eintrag im Wahrig (Deutsches Wörterbuch,1986): "Deal ... Handel, Geschäft(mit Rauschgift) (engl)".
(02)
kürzlich ist in der presse ein schlagender vergleich publiziert worden. Oxfam, so wird berichtet, habe errechnet, dass die 8 reichsten milliardäre der welt über soviel kapital verfügen, wie die hälfte der heute auf dem planeten: erde, lebenden menschen zusammen(*1).
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(*1)
das ist ein beeindruckendes zahlenspiel, das auf der basis einer zu hinterfragenden methode zu bewerten ist, aber allen bedenken zum trotz, dürfte die tendenz in diesem vergleich nicht bestreitbar sein.      (h)<==//
(i)
der kern des demokratischen mandats ist die überzeugung, dass der mandatierte politiker und/oder beamte im auftrag des mandatierenden bürgers, das wahlvolk als souverän, handelt und das öffentliche wohl befördert, nämlich die res publica, die alle bürger in der gleichen weise betrifft. Mit dieser idee einer demokratischen ordnung ist das gerede des herrn T. von den deals, die er besorgen wolle, nicht vereinbar - so reden politiker und ganoven, die bereits den nächsten deal oder coup d'etat im kopf ausbaldowern.       (i)<==//
finis
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stand: 18.10.01.
//eingestellt: 17.07.01.
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