TEXTSAMMLUNG
zitat des monats
ausgabe: (40)11/19 //11-12/2019 november-dezember /(blieb stehen bis 12/2020)
Text:
Ab heute mehr Geld für Alle Rentner!
(BILD, 01.07.2019,
schlagzeile 1.seite/obere hälfte,
gesehen am Kiosk und aufgeschrieben)
Kommentar:
Die schlagzeile einer zeitung(a)
hat eine eigene existenz. Der korrespondierende text, das dictum
erläuternd, steht, nach einer ersten textzeile, bekanntlich auf
seite: zwei, oder einer der folgenden seiten des blattes. Den
zur schlagzeile gehörende text habe Ich nicht gelesen. Das ist
auch nicht erforderlich, weil das, worüber Ich reflektiere, das
fragment eines textes ist, das, eindeutig getrennt von text, für
sich selbst steht(b). Ich greife auf das zitat zu
als fragment, um ein immanentes problem der fragmentierten
aussage des BILD-artikels aufzugreifen, das einen widerspruch
markiert, der als phänomen ein skandal ist.
Zwei aspekte sind zu erörtern, die zu einem schluss
zusammengeführt werden.
- die formel: ALLE Rentner, markiert, logisch geurteilt,
eine all-aussage, für die es keine ausnahme geben kann, und,
wenn es eine ausnahme gibt, dann ist die aussage ein
widerspruch, der nicht_gültig ist. Eine aussage, möglich in
raum und zeit, ist dann falsch, wenn nur ein fall benannt
werden kann, mit dem belegt ist, dass ein Rentner in seiner
tasche ein weniger an realem einkommen hat als ihm mit der
rentenerhöhung zum 01.07.2019 versprochen worden war. Das
ist der fall und der fall ist kein einzelfall, sondern die
fälle sind der teil der sozialen gruppe: rentner, der, nicht
klein in der zahl, die rente mit der "Grundsicherung im
Alter" aufstocken muss. Die zitierte schlagzeile in der
BILD-zeitung ist, ergo, ein fake news, Ich sage es in
traditionaler weise, es ist eine lüge und der erfinder der
schlagzeile wird es wohl auch wissen.
- im sozialrecht nach SGB/II und XII gibt eine grenze, die
quasi magische wirkung entfaltet und die die soziale gruppe:
rentner, in zwei teile trennt. Ein teil der rentner kann mit
der erhöhung ihrer renten rechnen, ungeschmälert, der andere
teil der rentner muss feststellen, dass mit der
rentenerhöhung zu 1.juli 2019 weniger in der tasche ist als
mit dieser rentenerhöhung versprochen war(c).
Die grenze ist der sozialhilfesatz nach SGB/XII. Die logik
des gesetzes, §82 SGB/XII, ist simpel. Was dem
sozialhilfebedürftigen an einkommen in geld auf der einen
seite als ein plus zufliesst, das wird ihm auf der anderen
seite in geld wieder abgezogen, für den bedürftigen ein
nullsummenspiel, das nur als schäbig zu bezeichnen ist - es
ist ein skandal(d).
Der schluss.
Die rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland
weist im sozialrecht einen widerspruch aus, der als phänomen
die soziale spaltung der gesellschaft in arm und reich
spiegelt. Für den §82 SGB/XII mag es vernünftige gründe geben,
aber im system der sozialhilfe führt die regel, logisch
zwingend, zu phänomenen, für die der terminus: skandal, das
zutreffende wort ist. Die wirkung des §82 SGB/XII, geurteilt
im system, ist, dass der empfänger von sozialhilfe, dessen
bedürftigkeit immer auf zeit veranschlagt ist, überhaupt keine
chance hat, sich aus dem sumpf der bedürftigkeit
herauszuarbeiten, weil ihm alles, was über die magische grenze
seiner bedürftigkeit hinausgeht, jährlich "objektiv"
festgestellt, wieder abzunehmen ist und er dadurch im kreis
der bedürftigkeit eingesperrt bleibt. Die ursache dieses
misstandes ist nicht die norm: §82 SGB/XII, sondern sein
quellgrund ist die gesetzlich statuierte gleichsetzung sozial
ungleicher gruppen auf dem niveau(=zahl) des regelsatzes der
sozialhilfe. Der gesetzgeber, wider die gleichheitsnorm des
Art.3 I GG, handelnd, händelt ungleiches als gleich,
einerseits, und andererseits, so wie die dinge liegen,
verweigern sich als gesetzgeber die damen/herren: politiker,
den grund zu benennen, warum die gleichsetzung nicht_gleicher
gruppen in der gesellschaft im horizont des gleichheitsgebots
der verfassung geboten sei und damit gerechtfertigt ist(e).
Das reale system der sozialhilfe ist das problem, ungelöst,
aber das ist für die macher der BILD-zeitung nur ein anlass,
ihr geschäftsmodell weiter zu optimieren.
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(a)
im zeitalter der bits und bytes ist die website die
variante zur zeitung. Auf den bildschirmen der smartphones und
laptops wird der ganze text, für sich ein argument, reduziert
auf fragmente im format: twitter, und der benutzer ist
verzwergt auf die bewegung, die bruchstücke anzuklicken. Die
technik erzwingt die fragmentierung eines gedankens, der ein
ganzes ist. Das herkömmliche umblättern einer zeitungsseite
ist funktional vergleichbar mit der fingerbeweung des
anklickens auf dem laptop oder smartphone, aber es ist in raum
und zeit eine andere erfahrung von
wirklichkeit. (a)<==//
(b)
die nicht-zur-kenntnisnahme des ganzen BILD-artikels
mag als eine unterlassung kritisiert werden. Sei's drum, in
den zeiten von Twitter ist es gängige praxis, jeden
sachverhalt, komplex oder nicht, auf 140(280) zeichen maximal
zu verkürzen und, als fragment eines arguments,
interessengeleitet in die diskussion zu werfen, mit dem ziel,
den fortgang des diskurses bestimmen zu wollen. Das verfahren
muss nicht anrüchig sein(01), aber es stinkt, wenn wichtige
details des arguments, das argument des fehlenden raums und
der zeit vortäuschend, vorenthalten, das soll heissen,
unterschlagen werden.
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(01)
es ist das los der archäologen, aus zufälligen
fundstücke ihrer suche eine ganze kulturepoche zu
rekonstruieren. Sie versuchen es, die aufgefundenen fakten
vorzeigend, und malen das bild einer epoche, das ein
baustein im verstehen der geschichte ist - ein akzeptiertes
verfahren. (b)<==//
(c)
das theaterstück: rentenerhöhung und faktische
rentenminderung, steht seit jahren, mindestens seit der
agenda2010, auf dem spielplan. (c)<==//
(d)
der gleichen problematik unterliegen die empfänger
von HartzIV. Wird das Kindergeld erhöht, direkt gezahlt, dann
wird der gleiche betrag dem/r bezieher/in von HartzIV-stütze
abgezogen. (d)<==//
(e)
mit der diskussion um die grundrente(01) scheint in
die debatte über die gleichheit/ungleichheit der sozialen
gruppen bewegung zu kommen, aber so wie die diskussionen
derzeit geführt werden, wird die faktische ausgestaltung der
geplanten grundrente das problem in der sozialhilfe nicht
lösen.
------
(01)
parallel dazu die diskussion um ein
grundkindergeld, in dem alle bisherigen sozialleistungen für
das kind zusammengefasst werden, und das allen kindern
zukommen soll, unabhängig von der steuerlichen potenz der
eltern. (e)<==//
finis
stand: 21.01.01.
eingestellt: 19.11.07.
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