TEXTSAMMLUNG
zitat des monats
ausgabe: zdm/(43)05/22 /05/2022 mai/2022.  /(blieb stehen bis 10/2022)

Text:
"Die Koexistenz souveräner Nationalstaaten impliziert die Notwendigkeit des Krieges".
                                                 (Slavoj Žižek, DER SPIEGEL, 13/26.03.2022, p.46,(a).)

Kommentar:
das zitat, fragment eines ganzen, ist in seinen sinn verändert, wenn es in einem neuen, einem anderen kontext reflektiert wird. Es ist also notwendig, einerseits den kontext in seinem ursprung kenntlich zu machen, um andererseits den neuen kontext skizzieren zu können, in dem das zitat interpretiert werden soll, formuliert als ein rationales argument. Obgleich Žižek sein argument auf Hegel zu fokussieren scheint, bleibt sein argument im blick auf Hegel im ungefähren stecken. Es ist nicht erkennbar, was für Žižek die referenzstelle im kosmos der Hegel'schen philosophie ist, die den horizont abstecken soll, in dem er die aktuelle situation(Ukrainakrieg,2022) beurteilt. Weder Hegel's meinungen, formuliert in der rechtsphilosophie(b), noch seine these zur dialektik der weltgeschichte(c), passen mit dem zusammen, was Žižek im titel seines essays(d) andeutet und argumentativ als text formuliert hat(e). Über die these: ende der geschichte, kann trefflich gestritten werden, aber weder werden die vollendung der geschichte im absoluten geist(Hegel's) noch der untergang der zivilisation in kriegerischer zerstörung eines atomaren 3.weltkrieges das bewirken, worauf die rede vom ende der geschichte abzielt, das mögliche ende der historia eingeschlossen. Das, was bleibt, das ist das zitat als fragment, reduziert auf seine logik, die analyse aber kann von dem nicht absehen, was Žižek als horizont seines arguments aufgebaut hat.

Die these ist falsch, dass die koexistenz souveräner nationalstaaten der grund für die notwendigkeit des krieges, im jargon sagt man: des krieges an sich, sei.
    Einerseits, belegbar mit den dokumenten der historia, besagt das historische argument, dass schon die römer krieg geführt hatten, bevor im geschichtlichen diskurs die idee: souveräner nationalstaat, geltend gemacht wurde(f). Die idee des souveränen nationalstaates(g) kann es also nicht sein, die als (möglicher) grund für den krieg geltend gemacht werden könnte(h). Es waren und sind immer die ökonomischen interessen, die die völker veranlassen, sich in kriege zu verstricken, gefangen in den widerstreitenden interessen.

    Andererseits kann, logisch konsistent, die rechtfertigung gewalttätiger konflikte nicht aus der idee der koexistenz souveräner nationalstaaten abgeleitet werden. Die idee der koexistenz zwischen zwei(und mehr) staaten und/oder personen setzt das argument voraus, dass die möglichen kontrahenten in einer beziehung stehen, deren prinzip die wechselseitige anerkennung ihrer subjektivität ist. Diese anerkennung des je anderen schliesst die lösung möglicher konflikte mit gewaltanwendung aus.

Der notwendige schluss ist, dass als quintessenz des zitats allein die feststellung stehen bleibt, dass jeder krieg, ausgefochten von souveränen nationalstaaten, das resultat eines konfliktes ist, für den vielfältige gründe benennbar sind, gründe, die zumeist nicht auf offener bühne dargelegt sind und gezielt verdeckt werden. Der Ukrainakrieg(2022) ist der aktuelle beleg(i), ein weiterer mosaikstein im bösen spiel.  
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(a)
der titel des essays: "Heißer Frieden. Ein Krieg, der kein Krieg sein will, und ein Kampf der Kulturen am Ende der Geschichte". DER SPIEGEL, 13/26.03.2022, p.46-49. Das "markenzeichen" des slowenischen meisterphlosophen: Slavoj Žižek, ist, dass er zu allem eine schnelle meinung hat.   text(a)<==//
(b)
vermutlich zielt Žižek ab auf §324 in der Rechtsphilosophie(01). Hegel referiert offenkundig den stand der aktuellen diskussion nach den kriegen Napoleon's und der neuordnung Europa's nach 1814. Die existenz des nationalstaats, als idee durchgesetzt nach der französischen Revolution 1789-1793, war zum standardargument geworden, mit dem das faktum der kriege zwischen den staaten neu begründet wurde. Es kann dahingestellt bleiben, ob Hegel in seinem denken den krieg als solchen verteidigt hatte, das faktum der kriege allerdings war in seiner zeit eine tägliche erfahrung gewesen, die zur begründung eines krieges aber nicht taugt.
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(01)
Hegel,G.W.F.: Grundlinien der Philosphie des Rechts. in: Theorie Werkausgabe(suhrkamp) Frankfurt am Main: 1970, Bd.7, p.491-494.   text(b)<==//
(c)
im sinn des Hegel'schen begriffs der geschichte hatte Francis Fukuyama 1992 vom ende der geschichte geredet(01). Offenkundig zielt Žižek ab auf Hegel's these, entfaltet in der "Philosophie der Geschichte",(02) dass im absoluten geist der prozess der geschichte vollendet sein werde, allein die reale geschichte, das ist eine interpretation, wird im absoluten geist verschwunden sein.
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(01)    Fukuyama,Francis: The End of History and the Last Man. London: 1992.
(02)
Hegel,G.W.F.: Vorlesungen über die Philosphie der Geschichte. in: Theorie Werkausgabe(suhrkamp) Frankfurt am Main: 1970, Bd.12, p.31.      text(c)<==//
(d)
Samuel Huntington hatte von einem "Clash of Civilizations"(01) gesprochen, in dem die bekannte europäische kultur untergehen werde. Solche katastophenmeldungen haben immer wieder ihre konjunkturen und erwiesen sich post festum als gegenstandslos. Erkennbar ist allein in der aktuellen situation, dass eine zeitenwende(02) ansteht, in der die koordinaten der macht global neu geordnet werden.
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(01)   Huntington,Samuel P.: The Clash of Civilizations and the Remaking of World Order. London: 1997. 
(02)   die these von Bundeskanzler Olaf Scholz, Bundestagsrede vom 27.02.2022.    text(d)<==//
(e)
der text des essays ist nach meinem dafürhalten unklar. Was will Žižek sagen? - Ich weiss es nicht, aber dass das ende der geschichte mit der Ukraina-krise gekommen sei, das halte Ich für schlichten unsinn, auch dann, wenn der reale konflikt für viele den realen tod bringen wird und die gefahr eines atomkriegs nicht abwegig ist.   text(e)<==//
(f)
Jean Bodin hatte mit seinen überlegungen zur theorie des staats(01) den versuch unternommen, in den religionskämpfen des 16.jahrhunderts die autorität des französichen königs als oberste instanz im staat zu etablieren. Nur der könig als souverän sei dazu befugt, das letzte wort zu haben, das alles regeln soll. Die idee des nationalstaates war erst im 17./19.jahrhundert im zug der europäischen aufklärung entwickelt worden. Es ist zutreffend, dass die ideen der souveränität und des nationalsstaates auf die abgrenzung der gruppen in der gesellschaft abgestellt sind, um diese in ihrem umgang miteinander einzuschränken, auch mit gewalt, aber das argument genügt nicht, um die faktischen kriege zwischen den staaten, geführt nach dem Dreißigjährigen Krieg in Europa(1618-1648), hinreichend zu erklären.
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(01)   1576, "Sechs Bücher über den Staat".    text(f)<==//
(g)
der begriff: nationalstaat, ist problematisch, weil die ethnische abstammung der genossen zwar ein aspekt der bildung von familien sein kann, aber ungeeignet ist, einen staat zu gründen, der mehr sein muss als eine "blutsgemeinschaft"(01). Es bedarf des verstandes und der vernunft, nicht eines blossen gefühls irgendeiner zusammengehörigkeit, das als faktum ein gegenstand der geschichten ist, die als factum der vergangenheit im moment der gelebten gegenwart erinnert werden.
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(01)
mit einem volk ist kein staat zu machen, sehr wohl aber mit bürgern, die aus freien entschluss sich zu einem staat vereinen wollen.   text(g)<==//
(h)
die anführer der nationalstaaten haben die idee der souveränität des staates immer wieder dazu missbraucht, "im namen" des volkes kriege vom zaun zu brechen. Die gründe dafür sind vielfältig, aber diese gründe haben alle einen gemeinsamen nenner, nämlich eine ideologie, mit der der führer sich selbst ermächtigt wähnt, gewalt gegen andersdenkende anzuwenden - es ist die klassische struktur eines zirkelschlusses, mit dem der anfang als ziel interpretiert wird. Der alte glanz ist das versprechen, allein im moment der gelebten gegenwart ist dieser glanz eine substitution vergangener zeit, die noch einmal mit einer projektion in die zukunft erinnert wird.   text(h)<==//
(i)
zarp00(01) und seine camarilla, in der manier von KGB und NS-schergen agierend, haben es verstanden, in den letzten 25 jahren die gründe für ihren krieg gegen die Ukraina zu verschleiern, solange, bis sie selbst den schleier zerstören mussten, um ihre pläne real umsetzten zu können.
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(01)
lies: zar klein p null null; im blick auf die seit dem 24.02.2022 begangenen verbrechen verbietet es sich, den bürgerlichen namen korrekt zu verwenden. Wer von "fliegen" schwadroniert, die zerquetscht werden, der hat sich selbst als subjekt entmächtigt und zu einer sache degradiert(*1).
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(*1)   adm(39)05/22, das argument des monats: Der tyrannenmord - eine nicht_mögliche handlung.    text(i)<==//    
finis
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eingestellt: 22.11.01.

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