Jedes bild, nicht nur ein text, kann als zitat
(b) gebraucht werden. Das
problem ist allemal das gleiche: das, was zitiert ist, bedarf der
interpretation, weil weder das wort noch das bild das sein können, für
das sie stehen. Das problem ist das narrativ, das mit dem bild ohne
worte etwas erzählt. Spektakuläres ist nicht erkennbar, das bild zeigt
eine beliebige situation, die dann real ist, wenn im bild die akteure
ihre zugeordnete rolle spielen. Durch die szene eilt der machthaber,
der lakai salutiert und das gold der macht ist der
paravent.
Es ist der betrachter des bildes, dem eine welt mit dem gezeigten bild
geöffnet wird
(c), die
zweideutig eindeutig ist, abhängig von der
situation, in der der betrachter des bildes diese situation als ein
faktum wahrnimmt. Seine welt kann der betrachter auch dann nicht
ausblenden, wenn er mit einer welt konfrontiert wird, die seine welt
nicht ist und diese welt als eine welt einschätzt, wie sie nicht sein
soll, aber real ist.
Die photographierte szene ist banal und wiederholt sich in
nichtgezählten varianten. Nicht banal ist aber die inszenierung des
geschehens: der machthaber, eine mit gold verkleidete tür
durchschreitend, erwartet beachtung, die der gardist mit seinem salut
stellvertretend für das zuschauende publikum leistet. In seinem gesicht
spiegelt der machthaber die gleichgültigkeit, die in seinem lauernden
blick kalkulierend ihr pendant hat, verachtung zeigend für das
imaginierte publikum, das volk. In der mit gold ausgekleideten tür sind
die divergenten momente reflektiert, die dem geschehen im bild den
glanz der macht verschaffen. Wird jedoch der talmiglanz der macht
ausgeblendet, dann schrumpft der akteur im bild zu einer beliebigen
person zusammen, dem die honeur gemacht werden, geliefert von einer
person, die an der tür verwechselbar ist mit jedem husaren einer
örtlichen karnevalsgarde
(d).
Diese deutung des bildes ist ein
konträres narrativ, weil der machthaber, der inszenierung in der
realität bedürftig, die inszenierung der macht zur rechtfertigung
seines machtanspruches instrumentalisiert, der macht nämlich, deren
rückseite die gewalt ist, mit der er seinen machtanspruch, in raum und
zeit limitiert, durchsetzt
(e),
aber, sein machtanspruch, einer
offenbarung gleich, ist faktisch eine illusion, die kontrafaktisch den
mächtigen
(f) als die
schwächste figur in der clique ausweist, die ihn
als anführer der clique auserkoren hat, einer clique von den kumpanen,
die den mächtigsten als gallionsfigur solange toleriert, solange er
fähig ist, einerseits das geschäft der clique zu promoten, das
andererseits den fortgang der show garantiert.
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(a) gescannt, das
bild im format etwas beschnitten.
(a)<==//
(b)
jedes zitat(01) ist zweideutig,
einerseits in der intention des
zitators eindeutig, eindeutig andererseits in der deutung des jeweils
adressierten.
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(01)
die sprachwurzel des terminus: zitat,
weist drei bedeutungen
aus(*1).
- das wort: citatus, das ist das partizip: herbeigerufen.
- das wort: citare, das ist das verb in den bedeutungen: aufrufen,
bescheiden, vor gericht laden, vorladen, anklagen, namentlich anführen,
nennen, anstimmen.
- das wort: citatio, das ist das substantiv: die vorladung,
(mittelalterliches latein).
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(*1) alle angaben nach dem Deutschen Wörterbuch(1980),
p.1468,
herausgeben von Gerhard Wahrig.
(b)<==//
(c)
die differenz: bild/reale welt, ist zu
beachten. Es sollte
unstreitig sein, dass der akteur die goldverzierte tür durchschritten
hatte und ein gardist salutierte. Dieses ereignis ist ein faktum der
vergangenheit, das als ereignis jederzeit wiederholt werden kann,
solange, wie der akteur im amt ist. Das photo von dem ereignis, das im
moment der gelebten gegenwart geschossen worden war, ist auch ein
faktum der vergangenheit, mit der differenz aber, dass das bild als
photo ein ding der welt ist, das kein pendant hat, das, ein anderes
photo seiend, das ereignis in einem anderen photo dupliziert, das
gleiches zwar zeigen kann, als photo aber mit dem je anderen photo
nicht identisch fällt. Es ist zu unterscheiden, dass einerseits die
photographie eines ereignises als photo in gleicher weise ein faktum
der vergangenheit ist wie das ereignis selbst, andererseits aber ist
das ereignis als ein gleiches ereignis wiederholbar, das in einem
anderen moment der gelebten gegenwart als ein anderes ereignis präsent
ist. Dem zitierten photo steht entgegen, dass das photo, das neue
ereignis in einem bild fassend, ein anderes photo ist, das als photo,
in einem anderen moment der gelebten gegenwart geschossen, ein anderes
photo sein muss, das in seiner komposition als bild in einem bild das
ereignis zwar verdoppelt, aber als bild real ein anderes photo ist, das
einerseits den anderen bildern ähnlich und/oder gleich erscheint,
andererseits aber als dieses photo weder mit den möglichen ereignissen
identisch fallen kann, noch wird das ereignis selbst im bild
wiederholt, das als ereignis in der realität ein anderes ereignis
gewesen war(01). Diese differenz muss jeder betrachter des bildes als
denkbare interpretation des bildes in sein kalkül einbeziehen, ein
kalkül, das allein der betrachter des bildes ad personam formulieren
kann.
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(01)
es ist ein zufall, dass mir ein zweites
photo verfügbar ist(*1),
das aus derselben photoserie stammen dürfte, die auf dem pressemarkt
gehandelt wird.
bild: 002
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(*1)
//==> anm.: (a). Quelle:
Westfälische Nachrichten, 06.10.2022,
p.2, (dpa).
(c)<==//
(d)
es ist ein missverständnis, wenn dieser
vergleich mit einem
karnevalsverein als eine verharmlosung der faktischen macht gedeutet
würde. Das missverständnis ist gegründet im wissen, das die vermutung,
der machthaber könne mächtig sein, falsch ist, weil auch der
mächtigste, so erscheinend, abhängig ist von seinen kumpanen, die ihn
als anführer der clique erkoren haben und der führer der clique ist
solange ihr führer, solange er als machthaber liefern kann ...
.
(d)<==//
(e)
es sollte bedacht werden, dass die
macht des mächtigen, gegründet
auf gewalt, mit der ohnmacht des schwachen korreliert ist. Ohnmacht und
macht sind de facto ein nullsummenspiel, weil die abweichung vom
imaginären nullpunkt zwischen macht und ohnmacht die maasszahl
markiert, mit der die reale verfügungsgewalt über die greifbaren
machtmittel fixiert wird.
(e)<==//
(f)
es macht keinen unterschied, ob der
machthaber sich als autokrat
geriert, als tyrann und/oder als führer. Die struktur der macht ist von
diesen spezifikationen nicht abhängig.
(f)<==//
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(//a01) eine
notwendige ergänzung.