Der traditionale begriff der zeit
(
a) wird im relationalen argument mit
dem terminus: zeiterfahrung, markiert. Die gleichzeitigkeit der realen
weltdinge im ungleichzeitigen und/oder, gefasst in einer anderen
perspektive, die ungleichzeitigkeit der weltdinge im gleichzeitigen
(
b)
erfährt das individuum als ich
(
c) im moment seiner gelebten gegenwart
als einen strom von ereignissen, denen es sich nicht entziehen kann,
ein strom, der als präzis benannter ort, keine orientierung vermittelt,
es sei, das individuum als ich setzt seine orientierungspunkte, die den
unablässigen strom der zeit einteilen in orte, bezeichnet mit den
termini: gegenwart - vergangenheit - zukunft.
Das traditionale modell der zeit ist der zeitpfeil: vergangenheit -
gegenwart - zukunft. Die dreiteilung der zeit in orte wird im
relationalen argument aufgegriffen, aber, die linear vorgestellte zeit
ist umgedeutet in eine kreisbahn, die das individuum als ich in seiner
existenz durchläuft, entweder, aus der vergangenheit kommend,
durchschreitet es die gegenwart hin zur zukunft, oder, in der zukunft
die bilder der vergangenheit träumend, die real werden sollen in der
gegenwart und abgesunken sind in der vergangenheit, oder, in der
gegenwart die facta der vergangenheit erinnernd, die das individuum,
das ich seiend, als utopie einer erwarteten zukunft reflektiert.
Vermittelt sind die orte der zeit: "gegenwart, zukunft und
vergangenheit", im individuum als ich, das, sich im moment der gelebten
gegenwart(=praesentia)
(
d) als ich fühlend und wissend, die facta der
vergangenheit(=praeterita)
(
e) erinnert oder die projektionen in die
zukunft(=futurum)
(
f) imaginiert. Allein im moment der gelebten
gegenwart ist das individuum als ich real das individuum, das das ich
sein will und das das ich auch ist. Die facta der vergangenheit, als
dinge der welt real in den dokumenten der historia, sind
vorstellungen(=imaginationen) des individuums als ich, die das
individuum als ich im moment seiner gelebten gegenwart erinnert, und
die, als facta der vergangenheit im gelebten moment der gegenwart
erinnert, wieder absinken werden in die vergangenheit, als factum der
vergangenheit, das, wenn das individuum als ich es will, in einem
anderen moment der gelebten gegenwart wieder erinnert werden kann. Die
projektionen in die zukunft, die das individuum als ich im gelebten
moment der gegenwart als ein noch nicht imaginiert, sind vorstellungen,
die als ein bald seiendes, angefüllt mit den erinnerten facta der
vergangenheit, ein bild(=utopie) sind, das, angekommen im moment der
gelebten gegenwart, in ein factum der vergangenheit transformiert ist,
und das als factum der vergangenheit vom individuum als ich im moment
der gelebten gegenwart wieder erinnert werden kann, der ein anderer
moment sein wird
(
g). In diesem prozess der transformationen, vermittelt
alleim im moment der gelebten gegenwart, konstruiert das individuum als
ich seine zeit, die es in den erinnerungen der facta der vergangenheit
und in den imaginationen der projektionen in die zukunft präsent hat.
Im moment seiner gelebten gegenwart weiss das individuum als ich, dass
seine existenz real ist
(
h).
In der trialektik der zeit
(i), seine relationen zu den orten der
zeiterfahrung setzend, weiss sich das individuum als ich präsent in
einem der möglichen orte der zeit
(j), entweder im moment der gelebten
gegenwart, wenn es über die vergangenheit und/oder die zukunft
reflektiert, oder in der perspektive der facta der vergangenheit, wenn
es die zukunft und/oder die gegenwart analysiert, oder in der
perspektive der zukunft, wenn es träumt, wie die gegenwart sein sollte
und/oder die vergangenheit gewesen war. Das individuum als ich kann,
wenn es in einer position die beiden anderen positionen in einer
relation fasst, seine relationen nur im horizont der je anderen
position setzen, die das ausgeschlossenen dritte moment im schema ist.
In raum und zeit sind, wenn das individuum als ich seine zeit als
phänomen der erfahrung in den blick genommen hat, drei konstellationen
möglich, die in einem bild zusammengefasst werden, drei mögliche
situationen, die nicht identisch fallen können, jede situation für sich
dargestellt in einem schema des trialektischen modus. Im fokus des
bildes situiert ist das individuum als ich
(
k).
Mit diesem modell der zeiterfahrung ist nichts darüber ausgesagt, was
die zeit in ihrem sein ist, weil jede mögliche aussage des ontologen
nicht über das hinauskommen kann, was in seiner perspektive die zeit
sein soll. Das, was die zeit ist
(l), das ist die zeit in der erfahrung
des individuums als ich im moment seiner gelebten gegenwart
(
m).
------------
(*)
der text des essays ist eine vorabpublikation eines arguments, das
im subtext einer anderen arbeit eingereiht ist, die noch in statu
nasciendi ist. Der vorgelegte text ist eigenständig und steht im
kontext mit den beiträgen, die Ich zum problem der zeit in der
92.ausgabe meiner homepage veröffentliche.(//==>) Die textfassung
wird unverändert übernommen, die internen verweise sind gestrichen
worden und die bibliographischen nachweise wurden für diese ausgabe
formal angepasst.
(*)<==//
(a)
die erörterung der traditionalen zeitbegriffe beschränke Ich auf
einen verweis. Vier lexika habe Ich konsultiert(01):
- Deutsches Wörterbuch(Wahrig). p.1457. (Die zeit
als ein nacheinander; umfangreicher verweis auf den vielfältigen
gebrauch des wortes: zeit)(02).
- dtv-lexikon. Bd.24, p.240-241. (Die Zeit ist ein
kontinuierliches fortschreiten; ausführlich zum terminus: relative
zeit, abgestellt auf den zeitbegriff in der physik)(03).
- Wörterbuch der philosophischen Begriffe.
p.747-748. (Verweis auf die indogermanische sprachwurzel: teilen,
abschneiden; ausführlich: Kant's begriff der zeit)(04).
- Historisches Wörterbuch der Philosophie. Bd.12,
sp.1182-1262, (Übersicht über die theorien der tradition, eingeteilt in
9 kapiteln)(05).
------
(01)
entweder wird im artikel zu wenig gesagt über das, was die zeit
ist oder sein soll, oder es werden viele aspekte des begriffs: zeit,
zitiert, die keinen knappen überblick über das verschaffen, was der
homo sapiens mit den terminus: zeit, an vorstellungen verknüpft. Der
kleinste gemeinsam nenner ist, dass die zeit in der verknüpfung mit dem
raum die grunderfahrung des individuums als ich und seines genossen
ist, wenn sie, jeder für sich, ihre existenz leben.
(02) Wahrig,Gerhard: Deutsches Wörterbuch. Gütersloh: 1986.
(03) dtv-Lexikon in 24 Bänden. München: 2006.
(04)
Wörterbuch der philosophischen Begriffe. Begründet von Friedrich
Kirchner und Carl Michaelis, fortgesetzt von Johannes Hoffmeister,
vollständig neu herausgegeben von Arnim Regenbogen und Uwe Meyer.
Hamburg: 1998.
(05) Historisches Wörterbuch der Philosophie. 13 Bde. Basel: 1971-2007.
(a)<==//
(b)
der begriff: ungleichzeitigkeit, ist zentral in der ontologie Ernst
Bloch's(01). Das, was als ein spiel mit der sprache erscheint, das ist
die realität, in der das individuum als ich und sein genosse, jeder für
sich, ihre zeit existenziell erfahren. Das kennzeichen dieser erfahrung
ist einerseits die gleichzeitigkeit des ungleichzeitigen(02),
andererseits die ungleichzeitigkeit des gleichzeitigen(03).
Vergangenheit, gegenwart und zukunft kreuzen sich in der gegenwart,
neues und altes im gemenge des alltäglichen. Gewiss sein kann sich das
individuum als ich nur im moment der gelebten gegenwart, wenn es das
vergangene und zukünftige trennt oder miteinander verknüpft. Weder kann
die vergangenheit das maass sein noch ist es die zukunft, weil das
individuum als ich es ist, das sein maass setzt, sich autonom
entscheidend an seine entscheidung absolut bindend.
------
(01)
Bloch,Ernst: Erbschaft dieser Zeit. Bd.4, p.104ff. Frankfurt am
Main: 1977.
Zusatz.
Bloch's kritik der gesellschaft, reflektiert als phänomene der zeiten
im moment der gelebten gegenwart, ist nicht gegenstand dieses essays
und bleibt daher beiseitegestellt.
(02)
es ist ein merkwürdiges spektakel, wenn die ruinen der
vergangenheit mit den verheissungen der zukunft konfrontiert werden,
die im moment der gegenwart ineinander zerfliessen. Die scheinbare
ungewissheit des künftigen steht unvermittelt neben der trügerischen
gewissheit des vergangenen, gewiss ist nur der moment der gelebten
gegenwart, der begrenzt ist vom noch nicht der zukunft und dem nicht
mehr der vergangenheit.
(03)
das, was im zeitalter der technischen moderne ein raffiniert gestaltetes ding der welt ist, das ist ein mit sich identisches
weltding, das in seiner wahrnehmung im moment der gelebten gegenwart
einerseits als ein anderes erscheint, und das andererseits, wenn es in
der echtzeit(=physikalische zeit) wahrgenommen ist, ein factum der
vergangenheit sein muss, das als factum der vergangenheit in die
vergangenheit abgesunken ist, und, wieder erinnert, in raum und zeit
different erlebt wird. Auf dem planeten: erde, ist an jedem ort der
welt zugleich mittag(=zenith der sonne) und wieder auch nicht, eine
differenz, die in der reflexion, ungleiches gleich machend, mit
konstruktionen überspielt wird, mit denen ein als ob des moments der
gelebten gegenwart realisiert ist, das im nicht_gleichzeitigen die
illusion einer gleichzeitkeit im moment der gelebten gegenwart
zulässt(*1).
-----
(*1)
Ich denke, dass es nicht korrekt sein kann, diese illusion einer
gleichzeitkeit im nicht_gleichzeitigen als einem irrtum zu
klassifizieren; denn diese illusion ist notwendig, wenn von einem
moment der gelebten gegenwart gesprochen werden soll, in dem die eigene
existenz als real erfahren wird.
(b)<==//
(c)
die gängige differenz, die der mensch zwischen sich und dem tier
oder der pflanze gesetzt hat, kann mit dem begriff: zeit, zureichend
demonstriert werden. Nur der mensch, das ist in der tradition konsens,
ist fähig, den begriff: zeit, zu denken. Das ist eine behauptung, für
die bis dato der empirische beweis noch nicht erbracht worden ist. Das,
was an argumenten plausibel möglich ist, das ist beschränkt auf
indizien, die den schluss zulassen, dass ausser dem homo sapiens(01)
kein individuum der natur fähig sein kann, vorstellungen zu imaginieren
oder zu denken, die mit dem begriff: zeit, vergleichbar sind,
einerseits, weil bei den individuen der natur das system der nerven in
unterscheidbaren graden nicht ausreichend ist, die komplexität der
zeiterfahrung zu fassen, andererseits, weil es keinen code gibt, der
den homo sapiens fähig machen könnte, mit den individuen der natur zu
kommunizieren. Die frage, ob die individuen der natur die zeit erfahren
können, ist empirisch nicht entscheidbar, aber, zugleich mit der
feststellung dieser beobachtung ist ausgeschlossen zu behaupten, dass
die individuen der natur nicht über formen der kommunikation verfügen,
die mit der zeiterfahrung des homo sapiens vergleichbar sind(02).
-------
(01)
die behauptung, dass der mensch einen begriff von zeit habe, ist
nur dann als rational ausgewiesen, wenn diese behauptung als das
resultat eines gesetzten postulats interpretiert wird. Insofern ist der
begriff: zeit, eine petitio prinzipii, mit der einige probleme der
erkenntnis von welt zwar gelöst erscheinen, andere aber als offen
stehen bleiben müssen. So war Kant verfahren, als er seine Kritik der
reinen Vernunft verfasst hatte.
(02)
es sollte unterschieden werden, dass es etwas anderes ist, wenn
die individuen in der natur durch physikalische prozesse gesteuert
werden, die als phänomene der natur auf das individuum einwirken, so
der wechsel von tag und nacht. Mit der differenz: hell/dunkel, werden
eindeutig phänomene der physikalischen zeit markiert, aber Ich lasse es
offen, ob dieser konstante wechsel von den individuen der natur auch
als zeit wahrgenommen wird. Die physis der individuen reagiert
nachweisbar auf diesen wechsel, die reaktionen der individuen werden
vom homo sapiens als ereignisse in der zeit interpretiert. Insofern
kann die hypothese einer zeitwahrnehmung der tiere und pflanzen nur
eine projektion des homo sapiens sein - es kann der fall sein, und wenn
es nicht der fall ist, dann ändert sich auch nichts.
(c)<==//
(d)
der moment der gelebten gegenwart ist, d'accord mit der tradition,
der fortschreitende punkt auf dem zeitpfeil in seiner bewegung aus der
vergangenheit hin zu einer imaginierten zukunft. Das ist, neben allen
anderen vorstellungen von der zeit, die vorstellung, die Ich von der
zeit habe, eine vorstellung, die Ich allen, die es betrifft,
unterstelle. In der perspektive der physikalischen zeit ist dieser
imaginierte punkt, ohne ausdehnung im raum, exakt bestimmbar, aber mit
dieser bestimmung ist nicht mehr gesagt als dies, dass im
raum/zeit-kontinuum der moment der gelebten gegenwart ein punkt ist,
der neben allen anderen möglichen raum/zeit-punkten verortet sein
muss(01). Insofern kann der moment der gelebten gegenwart in meinem
denken nur ein rechenstein sein, mit dem Ich mein kalkül der
welterkenntnnis aufmache. In diesem punkt, einerseits imaginiert,
andererseits real in der physischen existenz gelebt, habe Ich meine
welt präsent, alle anderen orte, die denkbar sind, scheiden aus. Diese
feststellung impliziert den gedanken, dass in der vergangenheit oder in
der zukunft kein vergleichbarer ort möglich ist. Was Ich bin, das bin
Ich im moment der gelebten gegenwart(02), anderes ist mir nicht
verfügbar.
Der gegenstand des begriffs: moment der gelebten gegenwart, ist eine
vorstellung, die das individuum als ich imaginieren muss, wenn es sich
als das ich, das es ist, erfahren will.
--------
(01)
diese hypothese ist die bedingung dafür, dass in der astrophysik
vom sogenannten urknall geredet werden kann, der, wie die astrophysiker
es sagen, ca. 14mrd lichtjahre zurückliegen soll. Die urknalltheorie
ist ein modell, das, begrenzt auf diese zeit(*1), brauchbare daten
liefert, wie es gewesen sein könnte ... . Das genügt, um für einen
limitierten ausschnitt im raum/zeit-kontinuum kausalitäten zu
formulieren, mit denen die dinge der welt als geordnet erscheinen, die
das individuum als ich, sein genosse eingeschlossen, im moment der
gelebten gegenwart bewegen, jeder für sich.
----
(*1) die vorstellung der zeit im hypothetisch unterstellten moment des
urknalls ist ein dilatierter moment der gelebten gegenwart, der
(bequem) genutzt werden kann als rechenstein - und das genügt.
(02)
jenseits der grenze des moments der gelebten gegenwart ist für
mich keine existenz denkbar(*1), das ist, gedacht im moment der
gelebten gegenwart, der bereich des todes oder, formuliert in der
kategorie der zeittheorien, die ewigkeit. Ich kann an der grenzlinie
stehen, die die welt von der NATUR absolut trennt, intramundum sehe Ich
vieles, extramundum nichts oder alles, al gusto, gesagt intramundum.
------
(*1)
der glaube, dass es etwas jenseits der grenze gibt, ist etwas
anderes. Der gegenstand des glaubens ist etwas, das für das individuum
als ich nur im moment seiner gelebten gegenwart möglich ist, immer
gedacht intramundum, extramundum intendiert.
(d)<==//
(e)
das factum der vergangenheit ist ein ereignis, das, gelebt im
moment der gelebten gegenwart, abgesunken ist in die vergangenheit, ein
ding der welt, das in einem dokument der historia präsent ist. In der
form eines dokuments der historia
(
01) wird jenes ereignis, in der zeit
vergangen, vom individuum als ich in einem anderen moment seiner
gelebten gegenwart wieder erinnert, dieses gewesene ereignis in ein
anderes ereignis transformierend. Strikt zu unterscheiden sind
einerseits das ereignis, ein factum der vergangenheit als ein reales
objekt der erinnerung, andererseits das ereignis, als factum der
vergangenheit identisch mit sich, in den formen der imagination, mit
denen das individuum als ich das ereignis erinnert, real ausgerichtet
an den dokumenten der historia. Die rede ist wörtlich zu nehmen, dass
das, was vergangen ist, vergangen ist, weil im moment der gelebten
gegenwart jeder akt der erinnerung an etwas vergangenes ein realer akt
ist. Der akt der erinnerung ist ein neues, ein anderes ereignis
(
02).
Es sind die historiker, die, vermittelt in den dokumenten der historia,
ihre erzählungen über das formulieren, was einmal gewesen war und das
in ihrer erzählung gewesen sein soll
(
03). Es ist ein irrtum zu glauben,
dass das, was als die historische wahrheit ausgegeben wird, das gewesen
sein kann, das in dem vergangenen moment der gelebten gegenwart das
reale ereignis gewesen war. Jede erinnerung eines ereignisses, real
gewesen im moment einer gelebten gegenwart, unterliegt der
transformation, die das individuum als ich präsent hat, wenn es im
moment seiner gelebten gegenwart jenes ereignis der geschichte als ein
wieder erscheinendes ereignis erinnert. Für sich ist das erinnerte
ereignis ein anderes, ein neues ereignis. So ist die rede zu verstehen,
das die geschichte sich nicht wiederholen kann.
--------
(01)
jede erinnerung eines historischen ereignisses, als objekt real in
den dingen der welt, den dokumenten der historia, ist gebunden an ein
reales individuum, das das ich ist, das es sein will(*1). Die zeugnisse
des ereignisses sind, wie man sagt, entweder reale objekte, oder es
sind geschichten, die erzählt werden, zusammengefasst unter dem
terminus: dokument der historia. In dieser situation hat das dokument
der historia die funktion eines belegs, der als das ausgeschlossene
dritte moment in der relation zwischen dem individuum als ich, das sich
erinnert, und jenem ereignis in der historia, das erinnert wird, darauf
beschränkt ist zu vermitteln, was das individuum als ich in der
erinnerung des ereignisses sich präsent macht(*2). Das individuum als
ich deutet das real vorliegende dokument der historia als das zeugnis
des erinnerten ereignisses, aber das dokument der historia ist, wenn es
von einem individuum als ich in einem anderen moment der gelebten
gegenwart wahrgenommen und erinnert wird, nicht jenes ereignis,
identisch mit sich. Insofern ist die rede zutreffend, dass ein
gewesenes ereignis in der zeit nicht wiederholbar sein kann, aber als
factum der vergangenheit wird im akt des erinnerns im moment der
gelebten gegenwart jenes ereignis immer wieder wiederholt(*3), diese
wiederholung von etwas, das gewesen war, ist etwas anderes.
----------
(*1)
im moment seiner gelebten gegenwart ist das individuum als ich
real - es lebt diesen moment. Davon abzugrenzen ist das individuum, das
ein ich gewesen war und als person der historia weiter die agenda des
weltgeschehens zu bestimmen scheint. Es ist eine konvention, wenn in
den erzählungen über die res gestae die handelnde person redet, so als
sei ihr moment der gelebten gegenwart wieder präsent geworden. Auch
dann, wenn ein zitat instrumentalisiert wird, spricht nicht der grosse
Caesar über das weltgeschehen, sondern es spricht der historiker, der
dem Caesar ein zitat in den mund legt, so, als sei das zitat in statu
nasciendi des moments der gelebten gegenwart, richtig oder falsch, dem
Caesar zugeordnet.
(*2)
das argument in einer graphik wiederholt:
graphik: 1
(*3)
das ist der sinn jener spektakel, wenn eine historische schlacht
mit platzpatronen, viel dampf und lärm, periodisch wiederkehrend,
nachgestellt wird - ein spiel, was einmal ein kampf gewesen war.
(e/01)<==//
(02)
als ereignis ist das geschehen, abgesunken in die vergangenheit,
im moment der gelebten gegenwart kein problem der vergangenheit; denn
das, was geschehen ist, das ist geschehen, und das geschehene kann
nicht verändert werden(*1), eine binsenweisheit, die falsch ist, weil
die vergangenheit ein problem in der gelebten gegenwart ist. Mit jedem
erinnerten ereignis, belegt mit den dokumenten der historia, die sind,
was sie sind, wird die vergangenheit neu geschrieben, und das, was als
eine unverbrüchliche wahrheit gehändelt wird, das ist eine erzählung
über ein ereignis, von dem nicht einmal gewiss sein kann, dass es ein
ereignis gewesen war - nicht geschehen, aber gut erfunden und brauchbar
für den verfolgten zweck(*2). Die historische wahrheit ist eine
konvention, die dann nützlich sein kann, wenn die welt,
interessengeleitet erfahren, mit den bildern der vergangenheit neu
geordnet werden soll. Die feststellung der historischen wahrheit ist
ein prozess, der sich, fundiert in den facta der vergangenheit, im
moment der gelebten gegenwart ereignet und im ereignis schon ein factum
der vergangenheit ist.
------
(*1)
es sollte unmissverständlich differenziert werden, dass die
manipulationen am dokument der historia etwas anderes sind(+1) als das
zurechtbiegen der deutung eines ereignisses, das erinnert wird(+2). Für
sich sind die verfahren: geschichtsklitterung und geschichtsfälschung,
kein problem des erinnerns, weil in jeder erinnerung das erinnerte
im moment der gelebten vergangenheit neu bestätigt werden muss.
Diese verfahren werden erst dann zu einem problem, wenn die
veränderungen, situiert im moment der gelebten gegenwart,
interessengeleitet vorgenommen werden. Die kritisierten veränderungen
im narrativ eines historischen ereignisses sind allein im moment der
gelebten gegenwart möglich, wenn der akt der veränderung vorgenommen
wird mit dem ziel, eine neue erzählung zu schaffen, die die alte
erzählung ersetzen soll. Geschichte als neu zu erfinden ist nicht
vergleichbar mit der dokumentation der historia, die res gestae des
individuums als ich und seines genossen.
-------
(+1) der fälscher der geschichte verändert physisch das dokument der
historia, identisch mit sich, um das dokument der historia als beleg
für seine deutung passend zu machen. Mit der arbeit eines historikers,
der versucht festzustellen, was faktisch geschehen war, ist dieses
procedere nicht vereinbar.
-
(+2) die anpassung der deutung eines dokuments der historia, gemeinhin
mit dem terminus: geschichtsklitterung, bezeichnet, ist der versuch,
die dokumente der historia so in die deutung eines historischen
ereignisses einzupassen, dass das argument stimmig ist. Manipuliert
wird das erzählte, und es ist schwierig festzustellen, was eine
akzeptierte deutung des ereignisses ist und was nicht.
(*2)
mit jedem zitierbaren fall kann dieser zusammenhang demonstriert
werden, pars pro toto, der Rütlischwur der eidgenossen im
13.jahrhundert. Es kann sein, das ist umstritten, dass es damals ein
vergleichbares ereignis gegeben hatte, als gründungsakt des staats:
Schweiz, interpretiert ist die heutige diskussion des ereignisses
bestimmt durch Friedrich Schiller's erzählung, seinem schauspiel:
Wilhelm Tell, das mit jeder aufführung des stückes auf der bühne das
ereignis neu präsent macht.
(e/02)<==//
(03)
die geschichten, erzählt von den historikern, haben in den
dokumenten der historia ihren gegenstand, aber, das, was die historiker
als etwas vergangenes erzählen, das ist gegenwart. Es sind geschichten,
die in jedem moment der gelebten gegenwart wieder und wieder das
vergangene, gesichert mit den dokumenten der historia, transformiert
bewahren. Diese transformationen sind bilder, die in der erinnerung für
sich real sind, präsent im moment der gelebten gegenwart als
imaginationen einer realität, die im moment der gelebten gegenwart
nicht die realität des vergangenen ist und als eine andere realität
erscheint. Dieser zusammenhang sollte präsent sein, wenn im moment der
gelebten gegenwart über die "wahrheit" eines historischen ereignisses
gestritten wird, auch dann, wenn ein zweifel an den dokumenten der
historia nicht geäussert wird.
(e/03)<==// (e)<==//
(f)
die projektionen in die zukunft sind konstruktionen, die das
individuum als ich im moment seiner gelebten gegenwart geschaffen hat,
komponiert aus den erinnerten facta der vergangenheit(01),
imaginationen, die eine realität spiegeln, die real sein soll im
horizont des gegenwärtigen, ausgemalt in bildern, die, wenn sie im
moment der gelebten gegenwart wahrgenommen und reflektiert werden, als
factum der vergangenheit in diese abgesunken sind. Das individuum als
ich will mit diesen bildern die trennung des gewesenen und des
künftigen aufheben und im moment der gelebten gegenwart in dauer
halten, eine anstrengung, die nicht gelingt, weil es den moment der
gelebten gegenwart nur als einen imaginären punkt erfahren kann, den
das individuum als ich transitorisch durchläuft. Es ist ein
merkwürdiges phänomen, dass einerseits die gegenstände der projektionen
in die zukunft erinnerte facta der vergangenheit sind, die andererseits
in der projektion in das noch nicht als ein nicht mehr, eben ein factum
der vergangenheit, wahrgenommen und reflektiert werden(02). In dieser
konstruktion können die projektionen, unabhängig davon, was ihr
gegenstand ist, im moment der gelebten gegenwart nicht als diese
bestimmte projektion realisiert werden, weil der moment der realisation
ein transitorisches ereignis ist, das, gleichwohl ein element der
zeiterfahrung seiend, keine dauer hat, weder raum noch zeit
unterliegend(03).
------
(01)
in der tradition werden diese konstruktionen mit dem terminus:
utopie, bezeichnet(*1).
----
(*1) //==> anm.: (g).
(02)
in diesem mechanismus ist verortet, dass eine utopische
vorstellung, was immer sie auch sein mag, im moment der gelebten
gegenwart nicht 1:1 realität werden kann. Jedes utopische bild, real
vorgestellt, ist im moment der gelebten gegenwart bereits ein factum
der vergangenheit. Obgleich der blick des individuums als ich in die
zukunft gerichtet ist, hat das individuum als ich diese zukunft im
moment der gelebten gegenwart allein in den facta der vergangenheit
präsent, erinnert in bildern. Es ist eine illusion, die zukunft sich in
bildern als real vorzustellen, weil, wenn diese vorstellungen,
imaginiert unter den bedingungen von raum und zeit, wahrgenommen und
reflektiert werden, bilder einer vergangenen wahrnehmung und reflektion
sind. Das ist demonstrierbar mit jeder utopie, die im diskurs der
gegenstand der debatten ist. Der gegenstand der utopie, die die
gerechtigkeit in der welt zum gegenstand hat, ist die reale erfahrung
der ungerechtigkeiten in der gesellschaft im moment der gelebten
gegenwart(*1).
-------
(*1) in dieser perspektive sollte Bloch's schrift: Geist der Utopie,
rezipiert werden.
(03) das bild der utopie zeigt immer ein gewesenes ereignis.
(f)<==//
(g)
die theorien über die utopie als begriff und/oder als phänomen
können als gegenstände der historiker beiseite gestellt bleiben(01). Es
sollte aber nicht übersehen werden, dass in der erkenntnis der
weltdinge jeder denkbaren utopie eine wichtige funktion zugeordnet ist.
Im sinn dessen, was sein soll, ist jeder utopische gedanke das
vermittlungsmoment, das das individuum als ich nutzt, wenn es versucht,
seinen ort in der gesellschaft(=welt) zu bestimmen. Das utopische bild
einer möglichen welt ist der richtungsweíser, der dem individuum als
ich den weg weist und sein ziel ausmalt. Dieser aspekt sollte nicht
ignoriert werden.
--------
(01) das ist im kontext dieser arbeit ein seitenthema, das nicht
vernachlässigt werden darf und als selbstständige analyse und
reflektion gehändelt werden sollte. Es genügt, auf Ernst Bloch und
seinem geist der utopien zu verweisen.
(g)<==//
(h)
der gedanke, dass das individuum als ich sich im moment der
gelebten gegenwart als existent weiss, den tod als seinsweise
ausschliessend(01), ist mit den traditionalen zeitbegriffen nicht
vereinbar(02). Der raum und die zeit haben kein sein, das jenseits der
existenz des individuums als ich möglich wäre, und das, was die
ontologen über das sein von raum und zeit immer wieder sagen, das ist
ein sprechen intramundum über das, was sie in der theorie extramundum
verortet haben. Das sprechen über raum und zeit ist als
imagination(=vorstellung) des individuums als ich ein reden intramundum.
-------
(01)
es ist etwas anderes, wenn die lebenden über den tod des genossen
sprechen. Der verstorbene genosse ist tot, zurückgefallen in den
zustand der materie, und das, was die nachlebenden intramundum über den
toten genossen noch prädizieren, das kann den toten nicht mehr berühren.
(02) //==> anm.:
(m). /
(h)<==//
(i)
d'accord mit den konventionen der tradition sind für die modi der
zeit im gebrauch die termini:
1. moment der gelebten gegenwart (=gegenwart,
praesentia),
2. factum(01) der vergangenheit (= vergangenheit,
praeterita),
3. projektion in die zukunft (=zukunft, futurum).
-------
(01)
die orthographie ist zu beachten, weil das faktum im moment der
gelebten gegenwart kein factum der vergangenheit ist, gleichwohl das
faktum der gegenwart, wenn es ein ereignis im moment der gelebten
gegenwart gewesen war, als ein factum der vergangenheit wieder erinnert
werden kann.
(i)<==//
(j)
analog zu den termini der zeit werden die modi des raumes mit den
termini: "hier, da und dort", bezeichnet. Das schema im trialektischen
modus ist analog dem schema der zeit geformt(01). Mit den kategorien
des raumes ausgedrückt erscheint die zeit als versteinert.
------
(01)
das argument in einer graphik wiederholt:
graphik: 2
(j)<==//
(k)
das argument in einem bild wiederholt:
bild: 1
(k)<==//
(l)
zu verweisen ist auf Augustinus, für
den die zeit ein problem der schöpfung gottes gewesen war(01). Die
ewigkeit gottes auf der einen
seite(02), auf der anderen seite die zeit im moment der gegenwart,
situiert zwischen vergangenheit, die nicht mehr ist, und der zukunft,
die noch nicht sein kann(03). Das problem ist, dass im begriff des
allumfassenden seins, gefasst mit dem terminus: ewigkeit, das seiende
und das nichtseiende als identität gefasst sind. Augustinus entfaltet
diesen gedanken als moment seines glaubens. Darin hat er recht, dem
andere folgen können, wenn sie folgen wollen, und wenn nicht? - dann
ändert dies auch nichts(04).
-------
(01)
Augustinus sagt: "Was ist also Zeit? Wenn mich niemand danach
fragt, weiß ich es; will ich einem Fragenden es erklären, weiß ich es
nicht".(*1)
--------
(*1) Augustinus: Bekenntnisse. buch 11, p.629. Frankfurt am Main: 1987.
(02)
Augustinus sagt: "Herr, Dein ist die Ewigkeit".(*1)
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(*1) a.a.O. buch 11/p.603
(03)
Augustinus sagt: "Aber zuversichtlich behaupte ich zu wissen, dass
es vergangene Zeit nicht gäbe, wenn nichts verginge, und nicht künftige
Zeit, wenn nichts herankäme, und nicht gegenwärtige Zeit, wenn nichts
seiend wäre".(*1)
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(*1) a.a.O. buch 11/p.603. (unmittelbar anschliessend an das zitat,
anm.: (01))
(04)
in der perspektives des seienden hat Augustinus das problem der
zeit in seinen reflektionen über den staat gottes wieder
aufgegriffen(*1).
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(*1) Augustinus: Vom Gottesstaat. buch: XII, kap.11-21. München: 2007.
(l)<==//
(m)
als teil der erfahrung bleiben die zeittheorien unberührt, die
einerseits die physik der zeit zum gegenstand haben, andererseits die
zeit als historia, eingeschlossen die zeit als ein soziologisches
phänomen(01). Diese theorien, das problem des begriffs: zeit, vor die
klammer setzend(02), werden im ontologischen argument und im
relationalen argument unterscheidbar gehändelt. Das ontologische
argument behauptet die physikalische zeit(=raum/zeit) als ontische
wahrheit, das ist im relationalen argument zu bestreiten, gleichwohl
die physikalische raum/zeit ein vernünftiges modell ist, an dem sich
alle, die es betrifft, in ihrer welt orientieren können. Diese zeit ist
real, gesetzt vom individuum als ich in den relationen mit den
momenten: "gegenwart, vergangenheit und zukunft", ausserhalb dieser
relationen sind raum und zeit irrelevant.
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(01)
in der soziologie spricht man von einem zeitregime des menschen.
Gemeint ist die zeit als ein phänomen der gesellschaft, so in der
unterscheidung: arbeitszeit/freizeit. In diesen theorien ist die zeit
in den unterscheidbaren modi ein rechenstein, der jedes kalkül als
richtig oder falsch ausweist.
(02)
das problem dieser zeittheorien ist der anfang und/oder das ende
der zeit. Das, was jenseits des endes und/oder des anfanges liegt, das
ist terra incognita und kann das nicht stören, was diesseits als anfang
oder als ende gesetzt ist.
(m)<==//