TEXTSAMMLUNG
das fragment des monats

ausgabe (037)/37//2024/ fdm/24.037/ januar/2024

Gott, der geglaubte, ist eine vorstellung des individuums als ich.

    So, wie die götter vom homo sapiens vorgestellt werden, ist die existenz eines gottes weder beweisbar, noch widerlegbar, weil der streit um die existenz des geglaubten gottes nicht entscheidbar ist(a). Dem steht als gegensatz die erfahrung entgegen, dass in jedem moment der gelebten gegenwart das individuum als ich und sein genosse, jeder für sich, die streitfrage: existiert gott?, entschieden hat - so oder so, immer gebunden in ihren glaubensbezeugungen mit absoluter geltung gegen sich selbst. Für den genossen und das individuum als ich ist das entschiedene die wahrheit, hypostasiert als die wahrheit des seins. Es sind herausgekehrte wahrheiten, die in ihrer struktur nicht unterscheidbar sind von den bildern, die der kleine Max imaginiert, wenn er sich sein bild vom lieben oder bösen gott macht, erzählt von der oma im märchen.

    Werden die beweisstücke für die existenz/nicht_existenz(b) des geglaubten/nicht_geglaubten gottes durchgemustert, dann ist in der vielfalt der antworten(c) ein konstantes schema aufzeigbar. Ein subjekt ist benannt, das, offen oder nicht, im forum internum seine vorstellung von einem gott imaginiert und diese vorstellung als argument auf dem forum publicum geltend macht. Das subjekt behauptet, dass seine vorstellung von gott genau der gott sein müsse, an den das subjekt glauben will oder auch nicht(d).

    Im gegensatz zu den traditionalisten, die an das umfassende sein der weltdinge glauben, macht das individuum als ich eine gewissheit geltend, hinter die es nicht zurückgehen kann. Es ist das individuum als ich selbst, das sich vorstellen muss, dass es selbst das subjekt ist, das sich seinen gott vorstellt: Ich bin - das genügt(e). Das entscheidende momentum im argument ist die vorstellung des individuums als ich von dem, was gesetzt sein muss, wenn es glaubt, dass alles so ist, wie es ist(f). In diesem sinn ist der gott die vorstellung des individuums, das, das ich seiend, sich vorstellen kann, was sein gott ist, geschöpft aus seinem individuellen impuls, der eingebettet ist im horizont der geschichtlichen erbschaft des homo sapiens.

    In den mythen der völker, dokumentiert in den heiligen schriften, ist nachvollziehbar die genesis der vorstellungen, die mit dem terminus: gott, gefasst werden. Der in bildern vorgestellte gott ist eine fiktion des individuums als ich, und es ist gleich_gültig, ob Mose, wie erzählt wird, die gebote seines gottes vom berg Sinai auf die erde geholt hatte, oder, ob der prophet Mohamed, aufmerksam den erzählungen des erzengels Gabriel in der höhle lauschend, das gehörte seinen mitbürgern in Mekka erzählt. Diesen geglaubten gott, fixiert in seiner vorstellung, händelt das individuum als ich wie einen fetisch, der, ein ding der welt, die inkarnation seines glaubens ist(g).

    In dieser perspektive ist der geglaubte gott weder das subjekt, der als sein geschöpf das individuum als ich zum objekt hat, noch kann der geglaubte gott als gott für das individuum als ich das objekt sein, das, vorgestellt als gott ein teil im ganzen seiend, nicht das ganze ist. Der geglaubte gott ist als vorstellung des individuums als ich ein ding der welt, al gusto.
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(a)
Richter,Ulrich: Gibt es gott? - nein und ja! Die logik des ontologischen gottesbeweises im horizont des relationalen arguments.(2013/2013). //==> homepage: www.ur-philosoph.de/ bibliographie/ 022:gottesbeweis.   (a)<==//
(b)
der unterstrich muss gelesen werden. Die termini: nicht_existenz und andere, lies: nichtexistenz mit unterstrich.     (b)<==//
(c)
es sind, different in der aussage, exakt soviele antworten möglich wie individuen als ich benannt werden können, die fähig sind, auf die frage nach dem geglaubten gott zu antworten. Jede antwort ist für sich ein ding der welt, das mit einer anderen antwort nicht identisch fallen kann.    (c)<==//
(d)
es ist eine beobachtung, die erstaunen lässt, nämlich, dass die frage nach der existenz/nicht_existenz gottes die zwingende unterscheidung zwischen dem atheisten und dem theisten ausschliesst. Sowohl der theist als auch der atheist müssen ihr objekt: gott, voraussetzen, wenn sie über die existenz/nicht_existenz gottes streiten, entweder bejaht oder verneint. Scheinbar ist der theist in einer günstigeren position, weil er das, was er beweisen will, den existenten gott, voraussetzt - ein klassischer zirkelschluss. Der atheist hat es scheinbar einfacher, weil er meint, den gott ignorieren zu können, den er verneinen will. Der verneinte gott aber, in jeder vorstellung eine position, ist dem atheisten nicht als objekt seiner verneinung zur hand.    (d)<==//
(e)
die formel: Ich bin, formuliere Ich, ohne die metaphysische prämisse zu teilen, in anlehnung an Descartes' bekanntes wort: "ich denke, also bin ich".   (e)<==//
(f)
dieser gedanke ist in seiner struktur eine tautologie, analog dem wort des biblischen gottes: Jahwe, der sagte: ich bin, der ich bin.(2.Mose: Ex.3.14)   (f)<==//
(g)
im mechanismus des fetischismus ist der grund für das bilderverbot(01) verortet, mit dem die theologen der monotheistischen religionen einerseits ihren EINEN gott als momentum ihrer macht schützen und andererseits die gläubigen ihres vorgestellten gottes entfremden, was die basis ihrer macht ist; denn, so lehren es die theologen, mit der vorstellung(=imagination) des geglaubten gottes, ein aspekt der autonomie des individuums als ich, ist im gemachten bild des geglaubten gottes, gemäss ihres begriffs von dem EINEN gott, genau der EINE gott dementiert, der von den anderen dingen der welt nicht unterscheidbar ist.
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(01)
"Du sollst dir kein Gottesbild machen, ... " heisst es im 1.gebot des dekalogs,(2.Mose: Ex.20.4).   (g)<==// 
finis
 
stand: 24.02.01
eingestellt: 24.01.01.
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