Es gibt formeln,
die, wenn sie umgekehrt werden, eine andere bedeutung haben. Mit der
umkehrung: das sagbare nicht sagen - das unsagbare sagen
(a),
wird weder gleiches gesagt, noch kann das gesagte und das ungesagte
dasselbe sein. Das problem ist, dass mit dem ungesagten einerseits und
mit dem gesagten andererseits zwei perspektiven auf ein bestimmtes ding
der welt
(b) markiert sind, die als nicht_überbrückbar
(c)
sich wechselseitig ausschliessen. Die eine seite des gemeinten
weltdinges ist das sagbare, das aus gewohnheit gesagt wird, die andere
seite dieses weltdinges ist das unsagbare, das angst macht als das
gesagte nicht_gesagte
(d).
Alles, was in raum und zeit über die dinge der welt
gesagt werden kann, das ist sagbar, und über das, was diesem sagen
nicht_zugänglich ist, kann nichts prädiziert werden
(e).
Insofern ist der terminus: unsagbar, nicht_präzis, weil der terminus:
unsagbar, ausgewiesen als verneinung, den anschein suggeriert, eine
negation zu sein. In der abgrenzung zum negierten, kann über das, was
verneint ist, alles behauptet werden, zu dem die phantasie fähig ist,
al gusto
(f). Die
vieldeutigkeiten des sagbaren aber sind dann neutralisiert, wenn die
argumentebenen beachtet werden, auf denen das streitig gefallene
argument analysiert und reflektiert werden soll.
Auf der argumentebene der ontik ist das sprechen vom
unsagbaren dann sinnvoll, wenn der sprechende das unsagbare affirmativ
mit einem bestimmten sinn verknüpft, der als eine position immer sagbar
ist, auch dann, wenn das gesagte mit den verfügbaren termini nicht
angemessenen formuliert ist
(g). In diesem sinn ist jedes sprechen über ein ding der welt eine position, sei's eine affirmation, sei's ein verneinung.
Auf der argumentebene der logik ist jede aussage
über ein ding der welt eindeutig, entweder, als urteil: SaP(die blume
ist rot), das die verknüpfung von subjekt(S) und prädikat(P) mit der
copula(a=affirmation/position) in einer position behauptet, oder, als
urteil: SeP(die blume ist nicht_rot), das die verknüpfung von
subjekt(S) und prädikat(P) mit der copula(e=verneinung/negation) in
einer position verneint. Über das negierte P(=nicht_rot) ist ein
weiteres urteil nicht_möglich und das S ist das, was es ist, ein S,
aber, in raum und zeit, auf der argumentebene der ontik, kann in einem
folgenden urteil das S mit einem P, das ein anderes P ist, wieder
verknüpft sein, entweder als SaP oder als SeP. In diesen sinn ist das
sogenannte unsagbare immer etwas gesagtes, eine position, die auch eine
verneinung zum gegenstand haben kann.
Es ist etwas anderes, wenn das sagbare nicht gesagt
wird und im politischen streit um die notwendigen dinge des lebens das
sagbare in den formen des schweigens und des verschweigens ungesagt
bleibt, sei's als wahrheit, sei's als lüge.
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(a)
Ich greife eine formel aus der
begründung für den Literaturnobelpreis 2023 auf, die vom SPIEGEL in
einem interview mit dem preisträger: Jon Fosse, zitiert wurde: "dem
Unsagbaren eine Stimme verleihen",(01).
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(01) DER SPIEGEL, Nr.50/ 09.12.2023, p.115.
(a)<==//
(b)
jedes denkbare ding der welt kann benannt sein, pars pro toto das ding der welt: gott(01).
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(01) fragment: Gott ist eine vorstellung des individuums als ich.
fdm/24.037.
(b)<==//
(c)
der unterstrich: "_", muss gelesen
werden. Lies: das nicht gesagte mit unterstrich. In der abgrenzung zur
verneinung markiert der unterstrich die negation, pars pro toto: nicht
richtig(=unrichtig) und nicht_richtig(=falsch).
(c)<==//
(d)
die differenz: ontik/logik,(01) sollte
nicht übersehen werden. Angst ist ein phänomen der ontik und die angst
als phänomen kann im logischen urteil ein element(S oder P) sein. Über
die angst, die als begriff negiert ist, kann nichts prädiziert werden
und die angst, als phänomen verneint, ist real etwas seiendes, so wie
der mut etwas seiendes ist. Die negation(logisch) und die
verneinung(ontisch)(02) scheinen als phänomen oder als begriff dasselbe
zu sein, die als das je andere gültig auf der zutreffenden
argumentebene gehändelt werden, einerseits auf der argumentebene der
logik, andererseits auf der argumentebene der ontik.
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(01)
INDEX/register //==>stichworte: differenz, logik, ontisch.
(02)
INDEX/register //==>stichworte: verneinung, negation und argumentebene. (link)
(d)<==//
(e)
das problem der grenzen wird hier nicht erörtert, dazu andernorts en detail(01).
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(01)
INDEX/register //==>stichwort: grenze. (link)
(e)<==//
(f)
das beispiel: die blume ist rot/nicht
rot, ist aus der tradition geläufig. Es wird im logikkurs immer dann
zitiert, wenn die negation(SeP) erläutert wird. Die aussage: nicht rot,
wird mit der feststellung: die blume kann auch gelb sein, ergänzt. Das,
was verneint(=rot) sein soll, das wird mit einer position(=gelb) gesagt.
(f)<==//
(g)
neben der sprache sind andere
erfahrungsbereiche der individuellen existenz in betracht zu ziehen,
partes pro toto die musik oder die gestik(pantomime). Das sind formen
der kommunikation, die das spektrum der sprache erweitern, aber nicht
ersetzen.
(g)<==//
finis