text:
Einen gerechten Krieg zu führen
ist ein Akt christlicher Nächstenliebe. Das Böse muss bestraft,
das Gute belohnt werden. Die Zeit für Gewalt ist gekommen.
Richard Land, Präsident der Kommission für Ethik und Religionsfreiheit bei den Südstaaten-Baptisten.
zitiert nach: Der Spiegel, 8/2003,p.99 (zitat in der titelgeschichte: "In göttlicher Mission". Der Kreuzzug des Georg W. Bush, p.90-99)
kommentar:
das zitat ist ein gedoppeltes; Ich habe es einem artikel entnommen, dessen autor(en) es als ein isoliertes zitat in ihr argument eingefügt haben. Daher ist eine gewisse skepsis geboten, das zitierte zitat als ein isoliertes argument zum gegenstand einer reflexion zu machen. Aber Ich kann geltend machen, dass jedes zitat, wie ein aphorismus, ein eigenes gewicht hat, das zumindest ein anstooss für reflexionen sein kann, der an dem wortlaut des textes und seiner semantik anknüpft.
Es ist eine eigentümlichkeit
von glaubensüberzeugten, heute spricht man postmodern von fundamentalisten,
dass sie al gusto die logik umbiegen und ihre heiligen schriften zu steinbrüchen
umfunktionieren, denen sie die passenden versatzstücke entnehmen.
Es gibt keine gerechten kriege, oder wie einige in blasphemischer überhebung
sagen: heilige kriege - es gibt nur gewalt, und Ich bestreite nicht, dass
die phänomenologie der gewalt in der bekannten geschichte von der
steinschleuder bis zur atombombe alles aufbietet, das das herz "der guten"
in wallung versetzen kann, wenn es gegen "die bösen" geht. Aber wer
ist "der gute", der legitimiert mit christlicher nächstenliebe "den
bösen" bestrafen kann, nein: bestrafen darf, schlimmer noch: bestrafen
muss, um dafür bartstreichend seinen lohn einzuziehen? Selbstredend
ist "der böse" immer der andere, der glaubensüberzeugte kann
nur "der gute" sein, so wie der heilige Georg (und einige andere heilige,
die viel von gewalt verstanden haben, solange sie sich als die stärkeren
fühlen konnten, bis sie als sogenannte märtyrer auf der kehrseite
der medaille endeten). Aber was ist das, das den heiligen Georg als "den
guten" und nicht als "den bösen" auszeichnet? Die antwort - eine leerstelle
oder die tautologie: ... eben, weil er "der gute" der gute ist. Und da
ist noch der dritte satz im zitat, dem eine gewisse stringenz nicht zu
bestreiten ist. "Der gute" ruft die gewalt an zu entscheiden, wer "der
böse", wer "der gute" ist - oder ist es "der böse"? Die
gewalt aber folgt nicht der logik zivilisierter gesellschaften, seien diese
nun christlich, muselmanisch oder sonst einer ethischen überzeugung
folgend bestimmt. Die beschwörung der gewalt ist ein rückfall
in atavistische denkstrukturen, die die stifter der grossen religionen
überwinden wollten. Ihre nachfahren, selbsternannte eiferer und bornierte
ideologen, zerstören dieses erbe, wenn sie behaupten, dass es nur
mit gewalt zu bewahren sei. Worin kann also die differenz festgemacht werden,
die die terroristen des wortes und die terroristen der waffen aller lager
unterscheidet? - Ich kann keine differenz kenntlich machen und das macht
die christlichen fundamentalisten mit den muselmanischen beliebig austauschbar
- ihre götter haben einen namen: gewalt.
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siehe auch: argument
des monats: 07/01: die gewalt und der begriff des politischen.
stand: 03.07.01.
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