(fortsetzung: 016:eigentum/subtext)

SUBTEXT
arg.: 2.2.001-036
 

2.2.001

mein interesse an Hegel, die Hegelrezeption eingeschlossen, ist nicht philologisch motiviert. Für meine philosophischen reflexionen setze Ich die ergebnisse der philologie zwar voraus, aber im text thematisiere Ich die historischen fragen nicht, im subtext nur dann, wenn mir der blick auf die rezeptionsgeschichte zur klärung bestimmter sachfragen notwendig erscheint. Ich geringschätze in keiner weise die arbeit der philologen, aber die arbeit des philologen ist auf einen anderen zweck ausgerichtet als die arbeit des philosophen und die in der unterscheidung wirksame wertschätzung sollte nicht dahingehend missverstanden werden, dass das eine höher, das andere niedriger einzuschätzen sei. Es sind schlicht zwei unterscheidbare gegenstände und mein interesse gilt dem gegenstand, der nur mit den methoden der philosophischen reflexion adäquat erfasst werden kann. Auch die problematische dialektik von philologie und philosophie bleibt ausgeklammert.  <==//
2.2.002
was Ich als eine idee Hegel's präsentiere, das ist im kern meine interpretation des Hegel'schen gedanken, so wie Ich diesen in den tradierten texten als dokumente der historia vorliegen habe. Die differenz sollte beachtet werden. Nicht als philologe rekonstruiere Ich eine bestimmte textfassung, sondern als philosoph reflektiere Ich eine bestimmte textstelle, die mir schwarz auf weiss zur hand ist. Auf den kurzsichtigen streit um das, was der wahre oder der richtige Hegel sein solle, will Ich mich nicht einlassen, weil Hegel's gedanke für mich nur die funktion eines kristalisationskerns haben kann(*1). In dieser form hat das individuum als ich jeden gedanken, den der genosse gedacht hat, in einem dokument der historia präsent, den das individuum, das ein ich ist, als factum der vergangenheit in jedem moment seiner gelebten gegenwart erinnert. In diesem denkhorizont bleibt für den kerngedanken des ontologischen arguments kein raum, nach dem jedes daseiende weltding durch einen unveränderbaren grund des seins bestimmt sein solle, nämlich als wesen dieses weltdinges. Die meinung, dass es so etwas wie ein ding an sich gäbe, kann Ich nicht teilen; denn das, was ein ding der welt ist, das habe Ich als dieses oder jenes nur in raum und zeit für mich präsent(*2).
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(*1)
siehe: Ulrich Richter: Die philosopheme Arthur Schopenhauers und Theodor W.Adornos als momente meiner selbsterfahrung. 010:methode.
==> bibliographie: 2.9.314.
(*2)
im system der Kant'schen philosophie bezeichnet der terminus: ding an sich, etwas anderes als gemeinhin darunter im kontext des ontologischen arguments gefasst wird. Zwar steht der Kant'sche begriff: ding an sich, in der tradition der abendländischen philosophie, aber Kant hatte den kern dieses gedankens erweitert. Was in der tradition der metaphysik das sein gewesen war, das hatte Kant, im blick auf die antinomien der transzendentalen dialektik zu einem postulat der kritischen vernunft umgebaut, das, als postulat nicht beweisbar, vorausgesetzt werden muss, um die einheit des kritischen gedankens behaupten zu können. Dieser gedanke ist aber im kontext meiner reflexionen über die begriffe: eigentum und besitz, ein seitengedanke, der hier nicht weiter verfolgt werden soll.  <==//
2.2.003
die behauptung, wer etwas besitze erscheine schon als person, prima vista schlüssig, ist secunda vista ein vorurteil(*1) und als dieses ein unzulässiger fehlschluss. Dieser ist Hegel aber nicht zuzuschreiben, auch dann nicht, wenn seine weiteren ausführungen zum problem des besitzes diese folgerungen nahezulegen scheinen(*2). Im systematischen denken Hegel's ist die simplifizierende reduktion komplexer sachverhalte ausgeschlossen, eine beobachtung, die aber die lektüre der texte Hegel's nicht immer einfacher macht.
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(*1)
das vorurteil ist gängig, der "vermögende" sei, weil er geld habe, auch schon ein respektabler bürger. Im dreiklassenwahlrecht Preussens, 19.jahrhundert, war festgelegt, dass sich der steuermillionär seinen "privat"abgeordneten leisten durfte, einen mussten sich die million der habenichtse teilen.
(*2)
diesen effekt beuten die kommentatoren aus, die Hegel als bequemen stichwortgeber instrumentalisieren, um der eigenen these eine entsprechende autorität zu verschaffen. Dieser vorwurf kann auch meinem verfahren gemacht werden, wenn Ich die texte als kristalisationskerne meiner reflektionen nutze(+1), aber gegen diese kritik wende Ich ein, dass diese reflexionen in der logik der sprache begründet sind, der sprache nämlich, mit der das individuum als ich die dinge seiner welt ergreift und fasst, sei es als phänomen oder als unterscheidender begriff; denn die zweideutigkeit jedes sprachlichen ausdrucks kann nur in der perspektive des anderen kenntlich gemacht werden, eine struktur des denkens, die den begriff oder das phänomen dann als bestimmt erfasst, wenn sie im horizont des jeweils ausgeschlossenen dritten moments reflektiert werden.
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(+1)
Ulrich Richter: Die philosopheme Arthur Schopenhauers und Theodor W.Adornos als momente meiner selbsterfahrung. ==> 010:methode.
==> bibliographie: 2.9.314.
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2.2.004
die kritik des fundaments, zumal seiner konstitutiven teile, bedeutet nicht, dass das ganze gebäude, das auf dem fundament aufgebaut ist, zum einsturz gebracht werden soll. Das bild eines realen gebäudes verfehlt die sache insoweit, als die statik eines realen hauses anderen prinzipien unterliegt als das gedankengebäude eines philosophen. Dennoch scheint mir dieser vergleich zweckmässig zu sein, weil in der kritik eines philosophischen systems perspektiven geöffnet werden, deren umstrittene gegenstände einerseits das in der kritik erscheinende bild des kritisierten systems verändern, die andererseits, genutzt als instrumente der welterklärung, eine andere einschätzung der gelebten realität ermöglichen. In dieser absicht greife Ich Hegel's erörterungen der begriffe: eigentum und besitz, auf, um sie einerseits als instrumente der analyse zu nutzen, die andererseits elemente meiner synthese sein werden. Hegel hat seine erwägungen im kontext seiner zeit formuliert, eine epoche der weltgeschichte, die noch weitgehend durch eine ständische ordnung der gesellschaft geprägt gewesen war. Es waren erwägungen gewesen, die die tiefgehenden transformationen des sozialen gefüges der gesellschaft in der aufbrechenden bürgerlichen welt der moderne bis heute begleiten werden. In diesem geschichtlichen kontext werden die begriffe: eigentum und besitz, im 21.jahrhundert anders definiert, als sie im anfang des 19.jahrhunderts definiert werden konnten. Trotz dieser fundamentalen veränderungen, die seit dem verlust der seinsgewissheit zu konstatieren sind(*1), bleiben die fragen virulent, die an die struktur einer gesellschaftlichen ordnung gestellt werden müssen, wenn die eigene existenz begriffen werden soll. Hegel hatte, das eigentum an einer sache und seinen besitz als fundierende elemente jeder sozialen ordnung begreifend, diese frage gestellt, auch wenn seine antworten, eingebunden in die vorstellungen seiner zeit, heute, unter veränderten bedingungen der wahrnehmung der gesellschaftlichen wirklichkeiten, nur noch eingeschränkt als gültig akzeptiert werden können.
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(*1)
das ist ein seitengedanke, der in diesem kontext nicht weiter thematisiert werden soll. In der philosophischen reflexion der aufklärung hatte die traditionale metaphysik ihre dominierende stellung verloren, aber das, was ein historisches faktum ist, das ist kein argument, das kernproblem der metaphysik als obsolet aus der agenda des philosophen zu streichen. <==//
2.2.005
der dialektische dreischritt kennzeichnet die grundstruktur der Hegel'schen weltordnung. Das recht in der gesellschaftlichen ordnung ist dreigeteilt. Das abstrakte recht ist der 1.teil, die moralität der 2.teil und der 3.teil ist die sittlichkeit. Diese ordnung folgt dem abstrakten schema der dialektik, die Hegel mit den termini: "position, negation und vermittlung" fasst(*1). Diese dialektik fixiert in ihrer logik die bewegung eines linearen prozesses von dem ersten moment über das zweite moment zum dritten, ein prozess, der mit der rückkehr in das erste moment zwar die bewegung des kreises nachzeichnet, sich aber darin vom kreis unterscheidet, dass der prozess in raum und zeit im 1.moment inhaltlich eine andere, eine höhere stufe erreicht hat. Hegel verknüpft in seinem modell der dialektik den linearen prozess der bewegung mit der bewegung des kreises zu einer spirale, die, die kreisbewegung imitierend, der logik des linearen prozesses über viele stufen folgt, dessen anfang und ende in raum und zeit unbestimmt ist, und dessen fixierte punkte auf dem weg, als momente im anfang auftauchend, im ende verschwindend, unbestimmt bleiben. In analytischer absicht können die einzelnen momente des linearen prozesses auf der spiralbewegung für sich zwar präzis bestimmt werden, ihre bestimmten konturen verschwinden aber, wenn die analytisch getrennten momente in einer synthese wieder zusammengefasst werden sollen. Das defizit dieser dialektik(*2) sollte aber nicht missgedeutet werden; denn in der analyse der momente, jedes moment für sich, können aspekte der streitfragen bezeichnet werden, die sowohl die verteidiger der Hegel'schen dialektik als auch ihre kritiker nutzen können, die argumente Hegel's als kristalisationskerne ihrer eigenen reflexionen zu instrumentalisieren. Diese chance nutze Ich, wenn Ich einige argumente Hegel's aufgreife und sie, den fortgang der geschichte bedenkend, in einen neuen, also in einen anderen kontext stelle. Bestimmte perspektiven können folglich beiseite gelassen bleiben, die Hegel, verknüpft mit den termini: besitz und eigentum, genutzt hatte, um sein system der weltordnung zu entfalten. Diese gegenstände(*3) sollen hier nicht weiter erörtert werden.
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(*1)
diese termini verwendet Hegel in der Phänomenologie des Geistes. In der Logik gebraucht er die termini: sein - nichts - werden.
(*2)
in mehreren essays habe Ich meine kritik der Hegel'schen dialektik stück um stück entfaltet. Dieser prozess der reflexion ist in den dokumenten der historia rekonstruierbar(+1).
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(+1) siehe argument: 2.2.008.
(*3)
die themen: "moralität und sittlichkeit, schuld und strafe, gut und böse" sind in einem anderen kontext angemessener zu diskutieren, die frage nach der ordnung eines bürgerlichen staates eingeschlossen. <==//
2.2.006
das schema seiner dialektischen methode hat Hegel in drei fassungen diskutiert; die abstrakten schemata sind:
1.fassung(Phän.d.G.):.. position - negation - vermittlung
2.fassung(Logik):........ sein - nichts - werden
3.fassung(RPh.): ........ abstrakte recht - moralität - sittlichkeit
.................................. (oder: individuum - gesellschaft - staat).
Das schema ist die permanente wiederholung eines linearen prozesses, in den das reale leben eingebunden ist, solange es unter den bedingungen von raum und zeit existiert. In den fassungen der Logik und der Phänomenologie des Geistes wird die vermittlung (=das werden)
im moment der vollendung (=schliessung des kreises) als eine (neue) position (=sein) gedeutet, die, so deuten es die interpreten Hegel's(*1), eine höhere stufe im entwicklungsprozess sein soll, auf der die (neue) position (=sein) wieder mit der negation (=nichts) konfrontiert ist, die eine vermittlung (=das werden) impliziert. In der deutung der geschichte funktioniert dieses verfahren(*2), weil jede geschichtliche epoche, fixiert in den dokumenten der historia, als vorstufe zur nächst höheren stufe gedeutet werden kann, die das resultat der inneren widersprüche der vorangegangenen sein wird. Das schema funktioniert offensichtlich nicht, wenn die phänomene der natur der gegenstand der reflexionen sind(*3). Es funktioniert auch nicht, wenn die phänomene des sozialen lebens diesem schema unterworfen werden. Eingebunden in diese phänomene erfahren das individuum als ich und sein genosse das schema als eine fata morgana, die zwar ein spiegelbild ist, das aber kein reales bild sein kann, weil das individuum als ich und sein genosse, solange sie in raum und zeit eingeschlossen sind, auf dem weg das, was ihnen als ursprung oder als ziel erscheint, nur in ihren reflexionen auf dem weg erfassen können(*4). Ich stelle fest, dass mit der struktur der Hegel'schen dialektik das theoretische programm pragmatisch nicht eingelöst werden kann, wenn mit dieser methode phänomene der sozialen ordnung reflektiert werden sollen. Was als phänomen bestimmt festgestellt ist, das kann, wenn es in einem argument instrumentalisiert wird, funktional immer anders erscheinen, es kann jede funktionsstufe repäsentieren, mal als position, mal als negation, mal als vermittlung.
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(*1)
das gilt zumindest für die interpreten Hegel's, die der tradition von Karl Marx zugeordnet werden. Besonders krass sind die vulgären deutungen der Hegel'schen dialektik, die in den lehrbüchern des marxismus/leninismus tradiert worden waren, meinungen, die generationen von schülern als das sogenannte letzte wissen eingetrichtert wurden.
(*2)
das system der Hegel'schen geschichtsphilosophie folgt diesem muster. Die geschichte, das ist die überschaubare historia mit ihren fixierten dokumenten, wurde von Hegel als eine entwicklung der freiheit gedeutet; im anfang war nur einer frei gewesen, dann eine kleine gruppe und schliesslich sollen alle frei sein, eine freiheit, die, mit polemischem unterton, im preussischen könig Friedrich Wilhelm III schon zu Hegel's zeit ihren kulminationspunkt erreicht haben sollte. Etwas majestätsgläubig, aber mit frommen theologischem unterton hatten Marx und seine nachfolger dieses modell aufgegriffen und per theorie dekretiert, dass die geschichte der freiheit im kommunismus ihr ziel finden solle - bisher hat diese freiheit ihr verheissenes ziel noch nicht gefunden. Mit diesem modell der geschichte wird eine zukunft prognostiziert, die das resultat der vermittlung ist von (schlechter) position (=die reale misere der gegenwart) und (guter) negation (=die utopie des kommunismus), ein resultat, das exemplarisch im real existiert habenden sozialismus zwar präsent gewesen sei, aber noch als zwischenstufe zu höherem gedeutet werden müsse. Die theologen machen es nicht anders, wenn sie das schlimme erdental als notwendige durchgangsstufe zum paradies deuten.
(*3)
es genügt, wenn Ich auf den diamat (=dialektischer materialismus) verweise. Zumindest für die orthodoxen im marxistischen lager war Friedrich Engel's Dialektik der Natur die bibel dieser lehren und gewöhnlich wird als schulbeispiel das wasser in seinen drei aggregatzustände zitiert. Prima vista ist das beispiel plausibel und wer einspruch erhebt, der muss als dummer bauer erscheinen, aber in der perspektive der methode: trennung in analytischer absicht, wird secunda vista der unsinn der bei Hegel abgekupferten dialektik offen gelegt.
(*4)
die bilder des anfangs und des ziels sind projektionen in die zukunft, die das individuum als ich im moment seiner gelebten gegenwart als erinnerte facta der vergangenheit präsent hat, real im moment der gelebten gegenwart, dem moment, der, wenn er erinnert wird, nur ein factum der vergangenheit sein kann. Die realität der sozialen beziehungen ist allein in den facta der vergangenheit von dauer, einer dauer, die schreckt, bilder des schreckens, die ihr gegengewicht in den projektionen in die zukunft haben. Im moment der gelebten gegenwart kann das individuum als ich ein aequilibrium erreichen, das es als glück deutet, ein glück, das, als factum der vergangenheit in diese abgesunken, ein dokument verlorener dauer ist. <==//
2.2.007
in verschiedenen texten habe Ich explizit die struktur der Hegel'schen dialektik kritisiert(*1) und die methode des trialektischen modus in kritischer abgrenzung entwickelt. Weil die zusammenfassende rekapitulation dieser texte als eine unpassende wiederholung erscheinen könnte, verweise Ich nur global auf diese texte(*2), ohne zu versäumen, auf ein moment hinzuweisen, dass, weil es zur struktur meiner methode gehört, von der methode, synthetisierend reflektiert, nicht abgetrennt werden kann, obgleich es in analytischer absicht abtrennbar ist. In jedem moment der gelebten gegenwart reflektiert das individuum als ich sein verhältnis zur welt neu, folglich ist jede zusammenfassende darstellung von gedanken, die als facta der vergangenheit im moment der gelebten gegenwart erinnert werden, eine neue darstellung dieser gedanken, die, nur scheinbar, in der form der wiederholung real ist(*3). Das problem der wiederholung soll aber hier nicht weiter thematisiert werden(*4).
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(*1)
siehe argument: 2.2.008.
(*2)
der verweis auf eigene arbeiten in der form des selbstzitats
könnte als eitelkeit des autors missverstanden werden. Es liegt nicht in meiner hand, den falschen schluss des adressaten zu verhindern. In der modernen welt, man mag es beklagen oder nicht, ist aber jeder, der sich aktiv in diesen lebensformen einrichten will, genötigt, sich den mechanismen des mainstreams anzupassen. Man sagt, klappern gehöre zum handwerk, und ohne die reklame gäbe es die moderne nicht. Unbestritten verfolge Ich mit dem selbstzitat das wohlverstandene eigeninteresse, die resultate meiner arbeit in der welt breiter bekannt zu machen.
(*3)
jede re-lektüre eines textes ereignet sich in den formen der wiederholung. Wenn das individuum als ich im diskurs von den wiederholenden erklärungen absieht, um auf den neuen punkt seines gedankens zu kommen, dann hat dies pragmatische gründe, weil stillschweigend das alte vorausgesetzt werden kann. Die kommunikation im diskurs funktioniert, wenn alle, die es betrifft, mit den erforderlichen interpolationen kalkulieren.
(*4)
andernorts habe Ich das problem der wiederholung im ansatz diskutiert(+1), ohne einen bezug zu den thesen S.Kierkegaard's zu konstruieren, mit denen Kierkegaard, auch in der dialektik wurzelnd, einen anderen zweck verfolgt hatte(+2). Vom frühen interesse an Kierkegaard habe Ich heute nur noch den terminus: wiederholung, aufbewahrt(+3).
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(+1)
Ulrich Richter: Nichts neues - die utopien des gerechten staats und die reale illusion des kreativen. 013:neu/alt. ==> bibliographie: 2.9.314
(+2)
S.Kiergaard: Die Wiederholung. ==> bibliographie: 2.9.309.
(+3)
siehe argument: 2.7.056
<==//
2.2.008
der prozess der entwicklung meiner kritischen position zur Hegel'schen dialektik kann in meinen arbeiten seit 2000 rekonstruiert werden(*1). Es wäre ein missverständnis, wenn meine kritik der Hegel'schen dialektik als eine destruktion dieser theorie missverstanden würde; denn die zerstörung einer theorie als ungenügend(*2) setzt ihr verstehen voraus und dieses verstehen ist die bedingung, neues aufbauen zu können, von dem jeder baumeister überzeugt ist, dass es den anforderungen seiner welt besser angepasst sei, aber darüber zu urteilen, das steht nur dem genossen zu.
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(*1)
zur chronologie der texte siehe die signaturen:
//==> 006:Hegel/Adorno (2000),
//==> 009:anerkenng (2002),
//==> 011:reine/leben (2004),
//==> 014:das_politische (2006/2008(B-fassung)),
//==> 015:weltgeist (2008).         ==> bibliographie: 2.9.314.
(*2)
heute ist es üblich, den terminus: dekonstruktion, für die zerstörung einer theorie zu gebrauchen. Es wäre aber ein missverständnis, wenn meine reflexionen über die philosophie Hegel's mit jener methode verwechselt würden, die Jacques Derrida in seinen reflexionen verwendet hatte.  <==//
2.2.009
den terminus: bewegung des begriffs, hatte Hegel wiederholt in seinen schriften und vorlesungen verwandt(*1). Ich stelle nur das faktum fest, ohne mich auf eine erörterung dieses Hegel'schen begriffes einzulassen. Hier interessiert allein die feststellung der einschlägigen stellen, ob sie hinweise auf das subjekt enthalten, das als beweger des begriffs in betracht kommen könnte. Einen expliziten beleg habe Ich gefunden(*2), die anderen stellen zum begriff, indiziert durch den terminus: bewegung des begriffs, können zwar auf ein mögliches subjekt hin interpretiert werden(*3), aber diese interpretationen sind spekulationen der interpreten(*4), deutungen, die viel über die autoren verraten können, aber nur wenig über die interpretierte sache.
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(*1)
die volltextsuche in der digitalen fassung der suhrkamp- werkausgabe(+1) hat 14 belegstellen erbracht, die, vom kontext abgesehen, nur den hinweis auf die verwendung des terminus gebracht haben(+2).
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(+1)
edition des Talpa-Verlages. ==> bibliographie: 2.9.306.
(+2)
das register der suhrkamp-werkausgabe war in der suche nicht hilfreich gewesen. Für den terminus: bewegung des begriffs, gibt es keinen beleg. Alle belege der digitalen recherche wurden im kontext überprüft: Bd.5/p.247; Bd.6/p.551; Bd.8/p.308,390; Bd.11/p.379; Bd.16/p.71; Bd.18/p.218,275,295; Bd.19/p.335; Bd.20/p.288. Weitere belege in den folgenden anmerkungen: (*2) und (*3).   <==//
(*2)
im §415 der Enzyklopädie erörtert Hegel das verhältnis des bewusstseins(=subjekt) zu seinem objekt. Hegel sagt: "Da Ich für sich nur als formelle Identität ist, so ist die dialektische Bewegung des Begriffs, die Fortbestimmung des Bewußtsein, ihm nicht als seine Tätigkeit, sondern sie ist an sich und für dasselbe Veränderung des Objekts. Das Bewußtsein erscheint daher verschieden bestimmt nach der Verschiedenheit des gegebenen Gegenstandes und seine Fortbildung als eine Veränderung der Bestimmungen seines Objektes"(+1). Verknüpft mit zwei zitaten aus der Phänomenologie des Geistes, die in räumlich überschaubarer nähe zueinander stehen, erhält die abstrakte formel in der Enzyklopädie eine gewisse plastizität, die die interpretation nahelegt, dass auch in der vorstellungenswelt Hegel's das individuum als ich der beweger des begriffs sein könnte. Hegel sagte in der Phänomenologie des Geistes: "(...) durch diese Bewegung des Begriffs tritt der Geist in eine andere Gestalt". Im anschliessenden kapitel: c.Der Werkmeister, sagt Hegel: "Der Geist erscheint also hier als der Werkmeister, und sein Tun, wodurch er sich selbst als Gegenstand hervorbringt, (...)"(+2). Weitgehende spekulationen sind möglich, aber diese werden von den interpreten Hegel's verantwortet.
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(+1) Enz./Bd.10,p.202.
(+2) Phän.d.G./Bd.3,p.508   <==//
(*3)
in der einleitung zur Phänomenologie des Geistes hat Hegel seinen begriff: Bewegung des Begriffs, zusammenfassend konzipiert(+1). Er charakterisiert seinen begriff mit diesen worten: "Der Weg, wodurch der Begriff des Wissens erreicht wird, wird ((...)) durch die Bewegung des Begriffs die vollständige Weltlichkeit des Bewußtseins in ihrer Notwendigkeit umfassen"(+2). In die metapher: der weg, kann die vorstellung eines individuums, das ein ich ist, unschwer interpoliert werden, aber jede interpolation wird dem streit der interpreten Hegel's anheimfallen und dafür können nur die streitenden interpreten verantwortlich sein.
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(+1) Phän.d.G./Bd.3,p.37-43
(++) Phän.d.G./Bd.3,p.38.    <==//
(*4) argument: 2.2.010. <==//
(1.2.211///2.2.009)<==//


2.2.010

die formel: bewegung des begriffs, weist auf falsche spuren. In den spekulationen über den Hegel'schen "Begriff", der in den interpretationen der philosophie Hegel's daherkommt, als sei der begriff selbst der weltgeist, der die welt regiere, wird viel phantastisches geschrieben, das an worten reich, im gehalt aber dürftig ist. Als terminus kann der begriff zwar die funktionsstelle eines logischen/grammatischen subjekts einnehmen, aber der begriff ist in keinem fall ein reales subjekt, das einen freien willen hat. Der begriff ist ein instrument in der hand des realen subjekts, in meiner terminologie: das individuum als ich, und dieser begriff ist als phänomen ein objekt, aber als objekt kann der begriff nur dann erscheinen, wenn ein subjekt benannt wird, das als individuum ein ich ist(*1).
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(*1)
Richter,Ulrich: Der weltgeist Hegel's - das bin Ich, ... . 015:weltgeist. ==> bibliographie: 2.9.314. <==//
2.2.011
Hegel's feststellung, dass das individuum als person das subjekt seines handelns sei, widerstreitet dem prinzip der ständischen ordnung(*1). Wenn damals in der gesellschaft im kontext ihrer sozialen ordnung von einer person gesprochen wurde, dann nur in den grenzen des jeweiligen standes, dem im recht eindeutig definierte befugnisse zugeordnet waren. Der gedanke, dass dem individuum unverzichtbare rechte gegenüber seinem genossen zustanden, war seit der renaissance in der entstehenden bürgerlichen gesellschaft ständiger gesprächsstoff gewesen, ein prozess, der in der aufklärung verstärkt worden war, die alte ordnung aber, der sich Hegel als professor des preussischen königs auch subjektiv verpflichtet gefühlt hatte(*2), wurde auf der politischen ebene noch behauptet, eine ordnung, die nur fassade gewesen war, hinter der neues entstand. Zu den verdiensten Hegel's gehört, auch ein geburtshelfer des neuen gewesen zu sein, trotz der einwände seiner kritiker auf dem linken flügel, die behaupten, dass Hegel das entstandene neue mit seinem philosophischen system verhüllt habe, jedenfalls zum teil.
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(*1)
als gesellschaftsmodell der moderne war die ständegesellschaft durch die Französiche Revolution 1789-1793 zwar ideengeschichtlich erledigt worden, aber mit der einsetzenden restauration nach 1814 - Hegel publizierte seine Grundlinien der Philosophie des Rechts im jahr: 1820 - war die ständische ordnung politisch wirksam geblieben. Erst die erfordernisse der industriegesellschaft im 19.jahrhundert erzwangen ihre schleifung, ein prozess, der mit den ergebnissen des 1.weltkriegs abgeschlossen war.
(*2)
die eklatante differenz zwischen den einsichten Hegel's in die notwendigkeit der historischen entwicklung und seine subjektiven bewertungen dieser ereignisse dürften auch der horizont gewesen sein, in dem Arthur Schopenhauer gegen Hegel und die kathederphilosophie seiner zeit polemisiert hatte(+1). Als philosoph war Schopenhauer ein emanzipierter bürger, der es als sein glück einschätzte, der tyrannei der ständischen ordnung entronnen zu sein, sowohl ökonomisch als auch mental.
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(+1)
siehe: A.Schopenhauer: Über die Universitäts-Philosophie. Bd.VII.  ==> bibliographie: 2.9.315
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2.2.012
Hegel unterscheidet zwischen dem subjekt und der person(*1). Das individuum ist als subjekt ein anderes denn als person(*2). Als subjekt ist das individuum an sich, also abstrakt, es ist die "gegen die Realität negative, nur sich abstrakt auf sich beziehende Wirklichkeit - in sich einzelner Wille eines Subjekts"(*3). Als person aber ist das individuum die "Besonderheit des Willens" und "ausschliessende Einzelheit"(*4). Hegel schliesst seinen gedanken: "der Wille wird dadurch(*5) einzelner Wille - die Person"(*6). Hegel begreift die differenz: subjekt/person, im sinne eines prozesses, indem die perspektive der form in eine perspektive des inhalts transformiert wird. Hegel sagt: "((...)) - das Subjekt ist insofern Person. In der Persönlichkeit liegt, daß ich als Dieser vollkommen nach allen Seiten (in innerlicher Willkür, Trieb und Begierde, sowie nach unmittelbarem äußerlichen Dasein) bestimmte und endliche, doch schlechthin reine Beziehung auf mich bin und in der Endlichkeit mich so als das Unendliche, Allgemeine und Freie weiß"(*7).
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(*1)
Hegel sagt: "Person und Subjekt sind verschieden".(RPh.§35;Bd.7,p.94)
(*2)
in analytischer absicht kann es zweckmässig sein, zwischen person und subjekt zu unterscheiden, in der synthetisierenden reflexion tritt diese unterscheidung notwendig zurück. Die unterscheidung: subjekt/person, sollte, in der tradition gewachsen, beachtet werden, soweit bestimmte probleme in der perspektive der historia der gegenstand der reflexion sind. Losgelöst von den historischen konnotationen sind aber die termini: subjekt und person, irreführend und aus diesem grund verwende Ich dafür den terminus: das_ich. Im begriff: das_ich, verknüpft das individuum, das ein ich sein will, zwei merkmale. Das eine merkmal ist, dass es sich als individuum begreift, das mit sich identisch ist; das andere merkmal ist, dass es sich in der relation zu dem anderen sich selbst als das_andere begreift. Mit sich identisch und als ein selbst begreifend ist das individuum als ich sowohl das subjekt des geschehens in raum und zeit, als auch die person, die vom genossen als seinesgleichen zu respektieren ist, so wie es selbst den genossen, der_andere, als seinen anderen anerkennen muss, wenn es das ich sein will, das es in seiner intention ist.
(*3)  RPh.§34;Bd.7,p.92.
(*4)  RPh.§34;Bd.7,p.92.
(*5)  zur erläuterung füge Ich ein: ein bestimmtes zu sein.
(*6)  RPh.§34;Bd.7,p.93.
(*7)  RPh.§35;Bd.7,p.93.  <==//
2.2.013
in der darstellung der Hegel'schen gedanken verwende Ich gelegentlich den terminus: das individuum als person. Eine ähnlichkeit zu meinem terminus: das individuum als ich, besteht, aber es sind zwei eindeutig unterscheidbare termini. Der terminus: individuum als person, ist immer auf Hegel's gebrauch der termini: individuum und person, bezogen, die die unterscheidbaren begriffe: individuum und person, zum gegenstand haben. Mein terminus: individuum als ich,(*1) bezeichnet immer den begriff: das individuum als ich, ein begriff, der seine wurzeln in der philosophischen tradition hat, aber als gegenposition zu dieser entwickelt wurde. Den abweichenden terminus habe Ich geschaffen, um die gegenposition auch kenntlich zu machen, obgleich der gebräuchliche terminus: der mensch, immer noch stilistisch eleganter ist(*2). Für den neuen terminus spricht, dass er nicht unmittelbar mit der last des traditionalen terminus verknüpft werden kann, ohne aber diese verknüpfungen ausschliessen zu können.
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(*1)
einschliesslich der grammatikalischen varianten, die ihren grund in den fragen des stils haben.
(*2)
in dieser perspektive sind die fragen des stils nachrangig.  <==//
2.2.014
es ist mehr als eine differenz im stil, wenn Ich hier die nähere bestimmung: als person oder als ich, akzentuiere. In der terminologie Hegel's kann eine sache nur den status haben, eigentum eines individuums als person zu sein, in meiner terminologie: eigentum des individuums als ich. Analog kann der status des besitzes einer sache im kontext Hegel's nur dem individuum als person zugeordnet sein, im kontext des relationalen arguments nur dem individuum als ich. Was in der unterscheidbaren terminologie sichtbar wird, das ist die bruchlose einordnung des Hegel'schen gedankens in die tradition; meine terminologie zeigt dagegen den bruch mit dieser tradition an, obgleich Ich weiss, dass meine argumente nur im horizont der ausgeschlossenen tradition ihre bestimmung haben können.   <==//
2.2.015
Hegel argumentiert auf der argumentebene der philosophie. Sein gegenstand der reflexion ist nicht der in der jurisprudenz gültige begriff: eigentum. Die differenz zwischen den argumentebenen der philosophie und der jurisprudenz sollte beachtet werden, damit falsche schlussfolgerungen vermieden werden.  <==//
2.2.016
wenn Ich die erörterung konkreter rechtsfragen ausschliesse, zentrale probleme jeder rechtsordnung, die unter den termini: moralität und sittlichkeit, von Hegel diskutiert werden, dann hat das allein einen pragmatischen grund. Es ist ein moment der erfahrung, dass die pragmatischen probleme mehr aufmerksamkeit erregen als die ihnen zugrundeliegenden theoretischen probleme, problemfelder, die methodisch begründbar, vor die klammer gezogen werden können. So ist es gängige praxis, im politischen diskurs die frage nach dem begriff: eigentum, aufzuspalten, einmal unter dem theoretischen (oder philosophischen) aspekt, dann unter dem praktischen (oder juristischen) aspekt, ohne dass mit dieser trennung eine wertung verknüpft sein müsse. Zumindest wenn die frage der analyse im fokus steht, ist die trennung eindeutig möglich, eine trennung, die in der synthetisierende reflexion nicht aufrecht erhalten werden kann. Das aber hat einen theoretische grund und keinen pragmatischen. Mit den methoden der dialektik, nicht nur der Hegel'schen dialektik, ist das problem der reflexion analytisch getrennter momente befriedigend nicht auflösbar, weil der status des resultats nicht eindeutig bestimmbar ist; denn es ist möglich und auch zulässig, die reflexion sowohl als resultat des reflexionsprozesses zu deuten(=vermittlung) oder als stoff zu einem neuen reflexionsprozess(=position). Die entscheidung für das eine oder das andere kann aus der sache selbst nicht abgeleitet werden, sondern hat seinen bestimmungsgrund im interesse derjenigen, die den diskurs führen. Mein interesse ist auf das fundament fokussiert, und die möglichen folgerungen sollen für ein anderes unternehmen aufgeschoben bleiben(*1).
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(*1)
die Hegel'schen begriffe: moralität und sittlichkeit, sind implizite gegenstände meines essays zum begriff: das_politische,(+1). Unter den terminus: die drei dimensionen des politischen, greife Ich die von Hegel diskutierten fragen zur rechtsordnung des staats in ihrer struktur zwar auf, in der sache aber orientiere Ich mich an den thesen von Aristoteles, Machiavelli, Max Weber, C.Schmitt und I.Kant.
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(+1)
Ulrich Richter: Der Begriff: das_politische im trialektischen modus. 014:das_politische. ==>bibliographie: 2.2.314.
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2.2.017
was das eigentum einer person ist, das denkt Hegel als die entäusserung einer sache(*1). Hegel sagt: "Die Person muss sich eine äußere Sphäre ihrer Freiheit geben, um als Idee zu sein. Weil die Person der an und für sich seiende unendliche Wille in dieser ersten, noch ganz abstrakten Bestimmung ist, so ist dies von ihm Unterschiedene, was die Sphäre seiner Freiheit ausmachen kann, gleichfalls als das von ihm unmittelbar Verschiedene und Trennbare bestimmt"(*2). Den gedanken präzisiert Hegel: "Das von dem freien Geiste unmittelbar Verschiedene ist für ihn und an sich das Äußerliche überhaupt - eine Sache, ein Unfreies, Unpersönliches und Rechtloses"(*3).
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(*1)
siehe die anmerkung: "c) Entäußerung - Entfernung der Sache"(RPh.§41;Bd.7,p.102). Die anmerkung ist kryptisch und lässt in der beschränkung auf stichworte viel raum für ausgreifende interpretationen. Siehe auch argument: 2.2.030.
(*2) RPh.§41;Bd.7,p.102.
(*3) RPh.§42;Bd.7,p.103. ==> bibliographie: 2.9.306. <==//
2.2.018
die behauptung, dass das werk des individuums als ich das eigentum des individuums sei, das im werk sich als ich erfährt, ist mit der these Hegel's kompatibel, dass der freie wille des menschen in seinem eigentum konkret werde. Mein einwand gegen Hegel ist, dass seine erläuterungen zum begriff: eigentum, unzureichend sind, weil die phänomene des besitzes mit seinem begriff der dialektik nicht hinreichend eindeutig von den phänomenen unterschieden werden, mit denen das individuum als ich seinen freien willen in raum und zeit konkretisiert. Der grund dieses mangels ist im begriff: inbesitznahme, zu verorten, mit dem Hegel feststellt, dass der freie wille des individuums als ich nur in den geschaffenen weltdingen konkret werde, dinge der welt, die der genosse wie das individuum als ich in raum und zeit faktisch selbst in ihrer gewalt haben. Den notwendigen wechsel des eigentums an der sache und den besitz derselben denkt Hegel als einen prozess des überganges, ein übergang, in dem das eigentum als das besondere im besitz als das allgemeine verschwindet. Ich setze dagegen, dass die begriffe: eigentum und besitz, in raum und zeit für sich zwei momente sind, die als phänomene für sich bestehen, allein der blick des individuums als ich wechselt im moment seiner gelebten gegenwart von dem einen moment auf den anderen, entweder das eine moment: eigentum an der sache, oder das moment: besitz derselben, - tertium non datur.  <==//
2.2.019
es ist ein urteil post festum, wenn die thesen Hegel's in seiner zeit als neue, bis dato nicht gedachte oder denkbare gedanken gedeutet werden. Hegel's leistung ist, den kernfragen jeder gesellschaftlichen ordnung eine neue perspektive hinzugefügt zu haben, die so interessant gewesen war, dass die nachlebenden generationen genügend stoff für ihre eigenen reflexionen finden konnten. In der erinnerung alter texte entdeckt jedes individuum als ich seinen gedanken, der, in den prozessablauf der historia gestellt und dieser als geschichte gedeutet, mit dem prädikat: neu, gekennzeichnet werden kann und damit auch herausgehoben ist. Dass der besitz von weltdingen die grundlage jeder sozialen ordnung ist, das war ein geläufiger gedanke gewesen und das, was in der tradition des römischen rechts als eigentum definiert worden war, das wurde in der sprache immer mit dem gedanken des faktischen besitzes, der faktischen verfügung über die sache, verknüpft(*1). Die idee, dass es auch so etwas wie einen originären besitz einer sache geben könnte, also eines weltdinges, das erst durch ein individuum als ich geschaffen wurde, das ist eine idee, die historisch erst in der neuzeit entwickelt werden konnte(*2). Zur abscheidung dieser differenz sind die termini: besitz und eigentum, entwickelt worden, die diesen zweck auch augenfällig machen.
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(*1)
das wort: eigentum, ist im lateinischen mit den worten: res und possessio, zu übersetzen, das wort: eigentümer, mit dem wort: dominus. Die menschen verknüpfen in ihrer vorstellung den besitz einer sache immer mit der herrschaft über diejenigen, die eine sache besitzen können. Es ist aber eine andere perspektive auf das bestimmte ding der welt: n, wenn der gedanke akzentuiert werden soll, dass der schöpfer der sache: n, ein originäres recht an der von ihm selbst geschaffenen sache: n, hat, mit der er als legitimer besitzer nach gutdünken umgehen könne. In der römischen rechtstradition war diese idee, wenn überhaupt existierend, jedenfalls nicht dominierend. In der lateinischen sprache ist kein eigenständiger terminus nachweisbar für das, mit dem das bezeichnet werden könnte, das heute mit dem wort: eigentum, fixiert wird. Das lateinische wort: proprium = eigen(nahe), ist ein indiz, dass die idee des eigentums denkbar gewesen war, aber in der sphäre des rechts war der gedanke eines eigenständigen eigentums an der geschaffenen sache: n, noch nicht geläufig.
(*2)
zur historia des begriffs: eigentum, verweise Ich auf das einschlägige stichwort im Historischen Wörterbuch der Philosophie, in: HWdPh.Bd.2,sp.339-342. ==>bibliographie: 2.9.305.
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2.2.020
es ist die beobachtung zu notieren, dass Hegel den begriff: eigentum, nur in seiner allgemeinen form reflektiert, den begriff: besitz, aber konkret als gegenstand seiner philosophie des rechts. Was als kritik an Hegel erscheinen mag, das ist aber de facto die anerkennung seiner anstrengungen, ein zentrales problem der sozialen beziehungen zwischen dem individuum als ich und seinem genossen zu reflektieren; denn auf der argumentebene der begriffe sind die reflexionen über die begriffe: eigentum und besitz, für sich betrachtet, glasperlenspiele, die unverbindlich sind, solange sie in der sphäre der abstraktion belassen werden. Über das recht, ein grosses wort, kann zwar viel räsoniert werden, aber relevant sind, wie man sagt, allein die kleinen dinge der jurisprudenz, die entschieden werden müssen, wenn die unterscheidung: dein/mein, streitig gefallen ist. Die jurisprudenz kennt nur die streitfragen des besitzes(*1), und wenn sich das individuum als ich: A, und sein genosse: B, um das weltding: n, streiten, dann kann das eigentum an diesem weltding: n, zumeist dahingestellt bleiben, weil mit dem begriff: eigentum, nur auf das individuum zurück verwiesen werden kann, das sich als ich erweist, wenn es sich dieses weltdinges: n, als sein eigentum vorstellt. Der streit um das weltding: n, beginnt erst dann, wenn die frage des realen besitzes dieses weltdinges beantwortet werden muss.
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(*1)
in den rechtstexten der moderne wird auch der terminus: eigentum, gebraucht. Wenn aber über die sache: n, tatsächlich gestritten wird, dann kann der terminus: eigentum, in den rechtsnormen, so §903 BGB, nur auf die phänomene des besitzes verweisen. Der grund für diese bedeutungsverschiebung ist die doppeldeutigkeit, die dem terminus: eigentum, aufgelastet ist, wenn die faktisch unterschiedlichen formen des besitzes, zweckmässig in jedem komplexen sozialen system, bezeichnet werden sollen, unterscheidungen, für die der terminus: eigentum, aktiviert wird. Was in den rechtstexten mit dem terminus: eigentum, bezeichnet wird, das ist begrifflich eine bestimmte form des besitzes. Es ist der rechtliche besitz einer sache, die faktisch aber von einem anderen besessen werden kann.   <==//
2.2.021
mit dem terminus: "Besitz", schliesst Hegel den §488 der Enzyklopädie ab(*1)(*2). Was für Hegel eigentum der person ist, das erscheint diesem individuum als besitz. Mit dem "praktischen Prädikat des Meinigen, (...) ist der Besitz Eigentum, der als Besitz Mittel, als Dasein der Persönlichkeit aber Zweck ist"(*3).
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(*1)
Enz.§488;Bd.10,p.306.
(*2)
nicht übersehen werde sollte, dass der §488 an einer schlüsselstelle im system der Hegel'schen philosophie steht. Das problem des eigentums und seines besitzes handelt Hegel im 2.teil unter dem titel: der objektive Geist,(+1) ab und beginnt seine inhaltlichen erörterungen unter dem titel: "A Das Recht a.Eigentum"(+2).
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(+1) Enz.§§483-552.
(+2) Enz.§488
(*3)
Enz.§489;Bd.10,p.307. ==>bibliographie: 2.9.306. <==//
2.2.022
in seinen notizen zum §41 der Rechtsphilosophie gebraucht Hegel den terminus: besitznahme,(*1). Worauf Hegel abstellt, das ist der vorgang, also der prozess der ergreifung, und nicht das resultat, der faktische besitz der sache. Mithin ist in der definition des Hegel'schen begriffs: eigentum, die besitznahme der sache das konstitutive moment des begriffs, weil das eigentum an der sache erst dann begründet sein kann, wenn das individuum als ich die sache faktisch, etwas ihm äusserliches in raum und zeit, in seine gewalt bringt. Der besitz der sache kann dann nur die konsequenz dieser handlung des individuums als ich sein. In der perspektive des individuums als ich ist die handlung nicht austauschbar, wohl aber kann der besitz der sache wechseln.
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(*1)
die notiz(+1) im kontext:
"Eigentum überhaupt - Person und Sache, Beziehung beider aufeinander.
a) Besitznahme - Mein; bleibendes, allgemeines Prädikat überhaupt.
b) Gebrauch der Sache, - Prozeß der Sache, indem sie mein ist.
c) Entäusserung - Entfernung der Sache". (zit.RPh.§41;Bd.7,p.102)
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(+1)
siehe die anmerkung der redaktion, theorie werkausgabe, Bd.7, p.530. ==>bibliographie: 2.9.306.
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2.2.023
was Hegel vorrangig interessiert, das ist die "besitznahme"(*1) einer sache als eigentum, gleichgültig, ob die sache, in der die person ihren freien willen objektiviert hat, eigentum dieser person ist oder einer anderen. In der perspektive der besitzergreifung ist die in besitz genommene sache ein gegenstand des rechts. An der sache selbst ist entschieden, ob der genosse über die sache faktisch verfügen kann oder das individuum als ich, einander sich im besitz der sache ausschliessend. In Hegel's Philosophie des Rechts erscheinen alle vorstellungen, mit denen Hegel seinen begriff des eigentums formuliert und als fundament jeder gesellschaftlichen ordnung begreift, als vor die klammer gezogen, denen in Hegel's weitläufigen ausführungen zur sphäre des rechts(*2) keine konstituierende funktion zukommt. Das mag als ein mangel erscheinen, es entwertet aber nicht Hegel's überlegungen zu dem, was er unter dem terminus: recht, systematisch diskutiert hatte, überlegungen, die als reflexionen zum bürgerlichen recht weder überflüssig sind noch nachrangig. Das wird hinreichend deutlich, wenn der blick auf die praxis der jurisprudenz gewendet wird. Die gegenstände der rechtsstreitigkeiten sind ansprüche des besitzes, faktisch oder rechtlich, und die frage des eigentums an der sache, zumeist im besitz eines anderen, interessiert, wenn überhaupt, nur noch den philosophen.
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(*1)
das wort: besitznahme, verwendet Hegel mehrfach(+1), so auch in der kapitelüberschrift: A.Besitznahme, das die paragraphen: 54-58, umfasst(+2). Im schema der gliederung ist erkennbar, dass Hegel die fragen des eigentums nur als ein moment seines systems: die philosophie des rechts, entfaltet hat. In der systematik ist jedoch eine diskrepanz auffällig zwischen dem programmatischen titel: das eigentum,(+3) und den zugeordneten unterabschnitten, in denen nur noch die probleme der besitznahme, des gebrauchs und der entäusserung der sachen erörtert werden. Auch die folgenden abschnitte berühren gegenstände, die im spannungsfeld: individuum als ich/genosse, gemeinhin der sphäre des rechts zugeordnet sind, reflexionen, die nicht das innenverhältnis des individuums als ich betreffen, das für den begriff: eigentum, eigentümlich ist.
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(+1)
RPh.Bd7,p.118-130. Hegel gebraucht zwei termini: besitzergreifung und besitznahme. Die definition des begriffs: besitznahme, ist: "Die Besitznahme ist teils die unmittelbare körperliche Ergreifung, teils die Formierung, teils die bloße Bezeichnung".(RPh.§54,p.119)
(+2)
RPh.Bd.7,p.119
(+3)
1. teil: das abstrakte recht(§§34-104), 1.abschnitt: das eigentum(§§41-71).  <==//
(*2)
vom eigentum ist nach dem paragraphen nr.41 der Rechtsphilosophie nicht mehr viel die rede, wohl aber von den vielfältigen facetten, in denen der objektivierte freie wille des individuums als person allen, die es betrifft, gegenwärtig ist, nämlich in den formen des besitzes. Zusatz. Es ist auffällig, dass im Hegel-Lexikon(+1) das stichwort: eigentum, fehlt, dafür aber dem gegenstand: besitz, ein knapper artikel eingeräumt ist(+2). Zuerst hatte mich das fehlen des stichworts: eigentum, irritiert, dann aber, im fortgang meiner reflexionen über die texte Hegel's, begriff Ich die entscheidung der herausgeber.
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(+1)
Hegel-Lexikon. ==> bibliographie: 2.9.307
(+2)
Paul Cobben stellt zwar Hegel's strikte unterscheidung von
eigentum und besitz heraus, aber die funktion des begriffs: besitz, im system Hegel's wird in der darstellung nicht erkennbar. Siehe das stichwort: Besitz(System). Hegel-Lexikon,p.158-159. ==> bibliographie: 2.9.307.   <==//
(1.2.123//2.2.023)<==//
2.2.024
Hegel teilt das besessene eigentum ein in das privateigentum und das gemeinschaftliche eigentum(*1). Diese unterscheidung Hegel's(*2) verfolge Ich hier nicht weiter. Zum einen setzt diese einteilung den begriff: besitz, voraus und was an argumenten rational geltend gemacht werden kann, das ist im kontext des begriffs: besitz, zu erörtern. Zum zweiten setzt die Hegel'sche einteilung voraus, dass die unterscheidung: öffentlich/privat, auf der argumentebene der begriffe gültig definiert ist. Als kategorie der gesellschaftsanalyse ist die unterscheidung: öffentlich/privat, nicht der gegenstand meines diskurses. Solange Ich aber die differenz in der unterscheidung: öffentlich/privat, unerörtert lasse, kann der gebrauch der termini: öffentlich und privat, nur missverständnisse produzieren.
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(*1)
Hegel sagt: "Da mir im Eigentum mein Wille als persönlicher, somit als/(108) Wille des Einzelnen objektiv wird, so erhält es den Charakter von Privateigentum, und gemeinschaftliches Eigentum, das seiner Natur nach vereinzelt besessen werden kann, die Bestimmung von einer an sich auflösbaren Gemeinschaft, in der mein Anteil zu lassen für sich Sache der Willkür ist".(RPh.§46;Bd.7,p.107/108).
(*2)
Hannah Rabe merkt im stichwort: eigentum, an, dass der terminus: "Privat-Eigentum", eine "Wortschöpfung Hegels" sei(+1). Ich lasse das dahin gestellt sein und beschränke mich auf den hinweis, dass zumindest der terminus: privateigentum, im 19.jahrhundert eine glänzende karriere gehabt hatte, der es aber, begrenzt auf die perspektive der reflexion der schlechten realität, an glanz gebrach. Was Karl Marx und die linken kritiker Hegel's begierig als brauchbaren terminus aufgegriffen hatten, das liess sich zwar in der propaganda der gedanken gut vermarkten, blieb aber in der analyse unbestimmt, weil das, was für den begriff: eigentum, das bestimmende moment sein sollte, nur die phänomene des besitzes zum gegenstand haben konnte. Die unterscheidung: öffentlicher und privater besitz, ist eine rationale unterscheidung, wenn die bereiche dessen, was dem staat und was dem bürger zugeordnet sein soll, begrifflich bestimmt sind. Im kontext meiner überlegungen ist der terminus: privateigentum, schlicht irreführend - entweder bezeichnet der terminus eine tautologie oder er ist logisch inkonsistent. Der terminus: privatbesitz, bezeichnet dagegen eine eindeutig bestimmte menge von phänomenen; es ist geraubter besitz, der immer das eigentum eines anderen ist.
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(+)
HWdPh. Stichwort: eigentum, Bd.2 sp.339. ==> bibliographie: 2.9.305.
<==//
2.2.025
es wäre nicht klug, die in der jurisprudenz unzureichende begriffliche unterscheidung der phänomene des eigentums und des besitzes dazu missbrauchen zu wollen, die überlegungen Hegel's zu den begriffen: moralität und sittlichkeit, als gegenstandslos in frage zu stellen. Mit seinen reflexionen zur philosophie des rechts will Hegel die struktur der bürgerlichen gesellschaft und ihre rechtsordnungen bestimmen und für diesen zweck genügen die normen des besitzes. In den abschnitten der Philosophie des Rechts: moralität und sittlichkeit, entfaltet Hegel seine gründe hinreichend, aber weder mit den prinzipien der moral noch mit denen der sittlichen ordnung(*1) ist die frage nach dem eigentum beantwortbar, weil die antwort auf diese frage jenes individuum als person voraussetzt, das erst durch das eigentum in der form des objektivierten freien willens sich als person erweisen kann und durch die weltdinge, die sein eigentum sind, sich auch als person begreift. Dafür aber, dass das individuum, ein ich sein wollend, sich durch seine arbeit im werk als ich geschaffen hat, ist es nicht notwendig, dass das individuum als ich die resultate seiner arbeit auch besitzen muss, die es im tausch, seinen besitz an diesem eigentum aufgebend, gegen die güter des genossen an diesen als dessen besitz übergeben kann.
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(*1)
mit dem terminus: sittlichkeit, erörtert Hegel die phänomene der staatlichen ordnung. Zu erwägen ist aber, ob unter dem terminus: sittlichkeit, nicht auch die phänomene der religiösen ordnung zu erörtern sind, ohne die moderne unterscheidung von religion und staat verwerfen zu müssen. In der perspektive der historia sind die phänomene der staatlichen ordnung relativ neu und die menschen in den vorangegangenen epochen haben weitgehend ohne staatliche ordnungen existiert, nicht aber ohne die strukturen ihrer religionen.  <==//
2.2.026
die freie formulierung des Hegel'schen gedankens ist stilistisch begründet; siehe argument: 2.2.017. <==//
2.2.027
das zitat im kontext(*1)(*2).
1. Rechtsphilosophie/ §33 (einteilung):
"Der freie Wille muß sich zunächst, um abstrakt zu bleiben, ein Dasein geben, und das erste sinnliche Material dieses Daseins sind die Sachen, das heißt die äußeren Dinge. Diese erste Weise der Freiheit ist die, welche wir als Eigentum kenne sollen, die Sphäre des formellen und abstrakten Rechts, wozu nicht minder das Eigentum in seiner vermittelten Gestalt als Vertrag und das Recht in seiner Verletzung als Verbrechen und Strafe gehören. Die Freiheit, die wir hier haben, ist das, was wir Person nennen, das heißt das Subjekt, das frei und zwar für sich frei ist und sich in diesen Sachen ein Dasein gibt." (RPh.Bd.7,p.91)
2. Enzyklopädie/ §486:
"Diese Realität überhaupt als Dasein des freien Willens ist das Recht, welches nicht nur als das beschränkte juristische Recht, sondern als das Dasein aller Bestimmungen der Freiheit umfassend zu nehmen ist. Diese Bestimmungen sind in Beziehung auf den subjektiven Willen, in welchem sie als allgemeine ihr Dasein haben sollen und allein haben können, seine Pflichten, wie sie als Gewohnheit und Sinnesart in demselben Sitte sind. Dasselbe, was ein Recht ist, ist auch eine Pflicht, und was eine Pflicht ist, ist auch ein Recht. ((...))
Im Felde der Erscheinung sind Recht und Pflicht zunächst so Correlata, daß einem Rechte an meiner Seite eine Pflicht in einem anderen entspricht. Aber dem Begriffe nach ist mein Recht an eine Sache nicht bloß Besitz, sondern als Besitz einer Person ist es Eigentum, rechtlicher Besitz, und es ist Pflicht, Sachen als Eigentum zu besitzen, /(305) d.i. als Person zu sein, was in das Verhältnis der Erscheinung, der Beziehung auf eine andere Person gesetzt, sich zur Pflicht des anderen, mein Recht zu respektieren, entwickelt." (Enz.Bd.10,p.304/305). ==> bibliographie: 2.9.306.
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(*1)
Ich zitiere nach der suhrkamp-werkausgabe. ==>bibliographie: 2.9.306.
(*2)
als beleg für eine behauptung ist jedes zitat, seine funktion
erweiternd, auch interpretation, die der zitator dem zitierten text hinzufügt. Mehr als die kennzeichnung des belegs ist also nicht möglich, wenn der zitator sich eines fremden gedankens bedient hat, um dem eigenen gedanken mehr gewicht zu geben. Vom zitator muss aber eingefordert werden, dass er dem adressaten seines arguments die chance eröffnet, sich selbst ein bild von der quelle zu machen. Das wird der adressat des zitats nur dann können, wenn er das zitat mit den eigenen augen und ohren wahrnehmen kann. Die originale fassung eines zitats habe Ich meinem stil gelegentlich angepasst; in diesen fällen zitiere Ich die originale textstelle im kontext.   <==//
2.2.028
Hegel sagt: "Das abstrakte Recht ist also nur erst bloße Möglichkeit und insofern gegen den ganzen Umfang des Verhältnisses etwas Formelles. Deshalb gibt die rechtliche Bestimmung eine Befugnis, aber es ist nicht absolut notwendig, daß ich mein Recht verfolge, weil es nur eine Seite des ganzen Verhältnisses ist. Möglichkeit ist nämlich Sein, das die Bedeutung hat, auch nicht zu sein".(RPh./§37;Bd.7,p.96). ==> bibliographie: 2.9.306. <==//
2.2.029
Hegel sagt: "Erst im Eigentume ist die Person als Vernunft". (RPh.§41;Bd.7,p.102). ==> bibliographie: 2.9.306. <==//
2.2.030
den text habe Ich, Hegel's gedanken interpretierend, in den duktus meines denkens transformiert.
Hegel's text im kontext:
"Die Person hat das Recht, in jede Sache ihren Willen zu legen, welche dadurch die meinige ist, zu ihrem substanziellen Zwecke, da sie einen solchen nicht in sich selbst hat, ihrer Bestimmung und Seele meinen Willen erhält, - absolutes Zueignungsrecht des Menschen auf alle Sachen. ((...))
Zusatz. Alle Dinge können Eigentum des Menschen werden, weil dieser freier Wille und als solcher an und für sich ist, das Entgegenstehende aber diese Eigenschaft nicht hat. Jeder hat also das Recht, seinen Willen zur Sache zu machen oder die Sache zu seinem Willen, das heißt mit anderen Worten, die Sache aufzuheben/(107) und zu der seinigen umzuschaffen; denn die Sache als Äußerlichkeit hat keinen Selbstzweck, ist nicht die unendliche Beziehung ihrer auf sich selbst, sondern sich selbst ein Äußerliches. ((...)) Sich zueignen heißt im Grunde somit nur die Hoheit meines Willens gegen die Sache manifestieren und aufweisen, daß diese nicht an und für sich, nicht Selbstzweck ist. Diese Manifestation geschieht dadurch, daß ich in die Sache einen anderen Zweck lege, als sie unmittelbar hatte; Ich gebe dem Lebendigen als meinem Eigentum eine andere Seele, als es hatte; ich gebe ihm meine Seele"(*1).
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(*1)
RPh.§44;Bd.7,p.106/107. ==> bibliographie: 2.9.306. <==//
2.2.031
Hegel sagt: "Die Person muß sich eine äußere Sphäre ihrer Freiheit geben, um als Idee zu sein. Weil die Person der an und für sich seiende unendliche Wille in dieser ersten, noch ganz abstrakten Bestimmung ist, so ist dies von ihm Unterschiedene, was die Sphäre seiner Freiheit ausmachen kann, gleichfalls als das von ihm unmittelbar Verschiedene und Trennbare bestimmt".(RPh.§41;Bd.7,p.102). ==> bibliographie: 2.9.306. <==//
2.2.032
Hegel sagt: "Zusatz. Das Vernünftige des Eigentums liegt nicht in der Befriedigung der Bedürfnisse, sondern darin, daß sich die bloße Subjektivität der Persönlichkeit aufhebt. Erst im Eigentume ist die Person als Vernunft. Wenn auch diese erste Realität meiner Freiheit in einer äußerlichen Sache, somit eine schlechte Realität ist, so kann die abstrakte Persönlichkeit eben in ihrer Unmittelbarkeit kein anderes Dasein als in der Bestimmung der Unmittelbarkeit haben". (RPh.§41;Bd.7,p.102). ==> bibliographie: 2.9.306.
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Zusatz:
folgt man Hegel's aussage, dass die vorstellung des eigentums sich nicht darin erschöpfen könne, nur der befriedigung von bedürfnissen zu dienen, dann ist das, was nach Hegel eigentum sein solle, immer etwas mehr als blooss ein besessenes weltding, das als besessenes weltding nur unter den bedingungen der kausalität möglich sein könne. Es sei, wie es nach Hegel sein soll. Hegel begreift dann die bedingung der kausalität als ein konstitutives merkmal des begriffs: eigentum, das als konstitutives merkmal aber nur dem begriff: besitz, zuordbar ist. Wenn das richtig ist, dann kann das, was nach Hegel's begriff als eigentum erscheint, nur mit den kategorien des besitzes erfasst werden. Diese folgerung ist als aussage nicht mit der aussage Hegel's vereinbar, dass das eigentum mehr sein solle als ein besessenes ding der welt. Im widerspruch verortet bleibt das dunkel, was bei Hegel das besagte: mehr, sein solle.  <==//
2.2.033
was das individuum als person in der besitzergreifung der sache, ein "äußerliches Tun", in seinen händen hat, das ist die "Materie der Sache". Für die beziehung zwischen dem individuum als person und seinem weltding als objekt(*1) ist es gleichgültig, ob die perspektive des individuums als ich auf das weltding: n, die perspektive des besitzes der sache ist oder des eigentums an der sache. Hegel sagt: "Die Besitzergreifung macht die Materie der Sache zu meinem Eigentum, da die Materie für sich nicht ihr eigen ist. Die Materie leistet mir Widerstand (und sie ist nur dies, mir Widerstand zu leisten) ((...)) Das Besitzergreifen als äußerliches Tun, wodurch das allgemeine Zueignungsrecht der Naturdinge verwirklicht wird, tritt in die Bedingungen der physi-(/116)schen Stärke, der List, der Geschicklichkeit, der Vermittlung überhaupt, wodurch man körperlicherweise etwas habhaft wird. ((...)) Aber diese Wirklichkeit der Besitzergreifung ist verschieden von dem Eigentum als solchem, welches durch den freien Willen vollendet ist. Gegen ihn hat die Sache nichts Eigentümliches für sich zurückbehalten, wenn schon im Besitze, als einem äußerlichen Verhältnis, noch eine Äußerlichkeit zurückbleibt. ((...))/(117) Es bleibt an dem, das ich in Besitz nehme, etwas übrig, das ich nicht in Besitz genommen habe - aber nicht als Materie - denn Besitzergreifen ist äußerliches Tun -". (RPh.§52;Bd.7,p.115-117). ==> bibliographie: 2.9.306.
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(*1)
Hegel's gedanke ist nicht auf die relation gerichtet, die das individuum als ich notwendig zu der sache: n, hat. Damit kann Hegel die doppeldeutigkeit der relation, die in jedem akt der besitznahme impliziert ist, nicht in den blick bekommen, nämlich einmal das moment des eigentums, wenn das individuum als ich das ding der welt schafft, dann das moment des besitzes, mit dem es sich seines eigentums vergewissern, sich aber auch des eigentums seines genossen bemächtigen kann.   <==//
2.2.034
Hegel sagt: "Der moralische Standpunkt ist der Standpunkt des Willens, insofern er nicht bloß an sich, sondern für sich unendlich ist (vorh.§). Diese Reflexion des Willens in sich und seine für sich seiende Identität gegen das Ansichsein und die Unmittelbarkeit und die darin sich entwickelnden Bestimmtheiten bestimmt die Person zum Subjekte". (RPh.§105;Bd.7,p.203). ==> bibliographie: 2.9.306. <==//
2.2.035
Hegel sagt: "Die Sittlichkeit ist die Idee der Freiheit, als das lebendige Gute, das in dem Selbstbewußtsein sein Wissen, Wollen und durch dessen Handelns seine Wirklichkeit, so wie dieses an dem sittlichen Sein seine an und für sich seiende Grundlage und bewegenden Zweck hat, - der zur vorhandenen Welt und zur Natur des Selbstbewußtseins gewordene Begriff der Freiheit". (RPh.§142;Bd.7,p.292). ==> bibliographie: 2.9.306. <==//


2.2.036

die idee der freiheit ist als "sittlicher Geist" in den formen der familie, der bürgerlichen gesellschaft und der verfassung des staates real. Worauf Ich abstelle, das ist die für Hegel typische dreiteilung, deren momente jeweils in das folgende moment "übergehen"(*1). In diesen formen des geistes erscheint der begriff: besitz einer sache, in unterschiedlicher weise und die funktion der formen ist es, bestimmte aspekte des besitzes kenntlich zu machen. Das sind aber phänomene, die nur mittelbar mit dem begriff: eigentum, verknüpft sind, verknüpfungen, die nur auf der argumentebene der wertungen zureichend reflektiert werden können, weil diese reflexionen allein im horizont bestimmter historischer formen der familie, der gesellschaft und schliesslich des staates möglich sind.
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(*1)
Hegel sagt: "A. der unmittelbare oder natürliche Geist; - die Familie. Diese Substanzialität geht in den Verlust ihrer Einheit, in die Entzweiung und in den Standpunkt des Relativen über und ist so B. bürgerliche Gesellschaft, ((...)) C. ((...)) Staatsverfassung ((...))". (RPh.§157;Bd.7,p.306). ==> bibliographie: 2.9.306. <==//
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(weiter: subtext/arg.: 2.3.001-031

titelseite<==//

stand: 13.05.07.
eingestellt: 10.11.10.
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