fortsetzung:
subtext/argumente: 2.42.25
 

2.42.25

als bürger ihres staates, gemeinsam geteilt, sind das individuum als ich: A, und sein genosse: B, in vielen rollen tätig, rollen, die sie aktiv ergreifen können oder die ihnen passiv zugeschoben sind. Was immer diese rollen auch sein mögen(a), die kennzeichnung, bürger des gemeinsam geteilten staates zu sein, können das individuum als ich: A, und sein genosse: B, in der ausgestaltung ihrer rollen weder ignorieren, noch können sie sich dieser kennzeichnung entziehen(b). Sie leben in der spannung, einerseits ihre partikularen interessen in den grenzen der bürgerlichen freiheiten verfolgen zu können und andererseits das gemeinwohl pflegen zu müssen(c). Die zwecksetzung des staates, auf die das individuum als ich: A, und sein genosse: B, sich im konsens geeinigt haben, ist einerseits die grenze für ihr partikulares interesse, um andererseits als bedingung, real im verteidigten gemeinwohl, die partikularen interessen verfolgen zu können, ohne den jeweils anderen zu schädigen. Es sind das individuum als ich: A, und sein genosse: B, selbst, jeder für sich, die sich durch ihr handeln in den übernommenen rollen selbst beschränken müssen, wenn sie ihre partikularen interessen geniessen wollen(d). Die erfahrung zeigt, dass dies dem genossen: B, und dem individuum als ich: A, nicht immer gelingt. Die gründe für das misslingen sind vielfältig. Oft ist es die unfähigkeit des individuums als ich: A, und seines genossen: B, sich selbst zu beschränken, zumeist sind es aber die bedingungen, unter denen sie als bürger ihres staates leben(e). Wenn das gemeinwohl, ständig beschworen, nur noch eine leere hülse ist, dann sind das individuum als ich: A, und sein genosse: B, auf sich selbst mit ihren partikularen interessen zurückgeworfen, die zu verfolgen ihr einziger lebenszweck geworden zu sein scheint. Bar der kontrolle des verbandes des sozialen gruppe, können sie, eine monade(f) im kosmos des staates, nur noch sich selbst in der entgrenzung wahrnehmen, den jeweils anderen als mittel für das eigene interesse gebrauchend(g). Sie selbst, das individuum als ich: A, und sein genosse: B, sind es aber, die als bürger ihres staates, die rollen gestalten, die im widerstreit der partikularen interessen und des gemeinen wohls situiert sind(h).
----
(a)
die funktion des individuums als ich, bürger seines staats zu sein(01), wird in den soziologischen theorien mit dem terminus: rolle, bezeichnet. Dieser gebrauch des terminus: rolle, ist in meiner perspektive der sache einschränkend zu korrigieren. Für den begrenzten zweck einer soziologischen theorie kann die klassifikation der rollen plausibel sein, die die rolle des staatsbürgers von der rolle des privatmannes oder der rolle des liebhabers/der liebhaberin unterscheidet; denn mit der klassifizierung der rollen werden die unterscheidbaren aspekte markiert(02), in denen das individuum als ich seine existenz mit dem genossen realisiert, sei es im verband der sozialen gruppe, sei es im staat. Das faktum ist unbestritten, dass das individuum als ich in der wechselseitigen relation zum genossen eine vielzahl von rollen spielen kann, so die rolle des mandatierten bürgers und des nicht_mandatierten, so die rolle eines staatsbeamten, eines politikers oder eines privatiers(03). Die bedingung dieser einordnung der rollen ist die unterscheidung: verband der sozialen gruppe/staat, die als begrenzender horizont die differenzierung jeder denkbaren rolle zulässt, die das individuum als ich im verband der sozialen gruppe oder des staates spielt. Die rolle des vaters kann das individuum als ich nur im verband der sozialen gruppe spielen, die rolle des politikers aber nur im staat(04). Das merkmal: bürger des staates, ist für diese rollen, behauptet als konstitutives merkmal des begriffs, entweder eine kontradiktion oder eine redundanz.
----
(01)
im argument sollte präsent sein, dass das individuum als ich zugleich immer auch ein mitglied im verband der sozialen gruppe ist. Das gilt auch vice versa.
(02)
der terminus: rolle, ist dem erfahrungsbereich des theaters entlehnt. Der topus, das leben sei nur ein (theater-)spiel, mag als erklärung bestimmter situationen tauglich sein, aber diese möglichkeiten sind für meine überlegungen nachrangig.
(03)
die phänomenologie möglicher rollen könnte nun durchdekliniert werden, die zitierten beispiele sollten genügen.
(04)
wer spitzfindig argumentieren will, der dürfte kaum mühe haben, die benannten beispiele dem jeweils anderen ort zuzurechnen, eine praxis, die der klarheit des behaupteten arguments nicht immer dienlich sein dürfte. Das individuum als ich: A, als politiker ein weisses schaf, ist im verband seiner sozialen gruppe als schlitzohr gefürchtet, synonym für den politiker, der genosse: B, der geliebte vater, ist im staat als "vater der nation" ein gefürchteter tyrann(*1).
----
(*1) daran erinnert die geläufige rede von "väterchen Stalin".    (a)<==//
(b)
die auszeichnung, einerseits bürger des staates zu sein, wird andererseits oft als last erfahren. Das individuum als ich: A, und sein genosse: B, haben zu ihrer funktion, bürger des staates zu sein, ein gespaltenes verhältnis, das eine mal der pflicht sich verweigernd, das andere mal die chance schamlos ausbeutend. Diese erfahrung wird mit den termini: politisch und a-politisch, kenntlich gemacht. Es sind termini, die in der gegenüberstellung eine differenzierung vortäuschen, die zum einen falsch ist, zum anderen ein bestimmtes interesse markieren, gut oder böse. Die differenzung ist falsch, weil die termini in der gegenüberstellung keine negation zum gegenstand haben(01). Die gegenüberstellung: politisch/unpolitisch(=a-politisch), markiert gegensätze, die das individuum als ich: A, und sein genosse: B, leben können, weil es ihre autonome entscheidung ist, sich am politischen prozess entweder aktiv zu beteiligen oder diesen nur passiv über sich ergehen zu lassen. Die gründe sind in den partikularen interessen verortet(02). In ihrer masse sind die unpolitischen bürger kein problem des politischen prozesses(03). Aufmerksamkeit erfordert aber der terminus: politisch, weil mit diesem terminus zwei handlungsweisen bezeichnet werden, die auch dann strikt zu unterscheiden sind, wenn die handlungsformen zueinander keine widersprüche sind, sondern nur gegensätze markieren. Das individuum als ich: A, sich als politisch einschätzend, agiert, gleich seinem genossen: B, für alle, die es betrifft, als bürger des gemeinsam geteilten staates, wenn sie ihre pflichten als staatsbürger wahrnehmen, sei es als mandatierter bürger, sei es als bürger, der seinen genossen mandatiert(04). In der rolle des politikers, mandatiert oder auch nicht(05), sind dem individuum als ich: A, und seinem genossen: B, mögliche handlungsfelder geöffnet, die sie als chance nutzen können, ihre rolle als politiker sowohl für das gemeine wohl zu instrumentalisieren als auch für ihre partikularen interessen. Das janusgesicht des politikers ist die maske, die die vertauschung von partikularem interessen und gemeinem wohl verdeckt(06).
----
(01)
die negation des begriffs: politisch, wird mit dem terminus: nicht_politisch, bezeichnet. Der terminus: a-politisch, äquivalent ist der terminus: unpolitisch,(*1), transportiert die bedeutung, dass der als a-politisch/unpolitisch bezeichnete zeitgenosse kein interesse zeigt, sich mit den gegenständen des politischen prozesses zu beschäftigen oder beschäftigen zu wollen - der eine geht eben gern in's theater, der andere ist auf den fussballplatz zu hause und das genügt, die auszeichnung, auch bürger des staates zu sein, ist davon unberührt.
----
(*1) die termini: a-politisch/unpolitisch, können sich in nuancen unterscheiden, aber diese differenzen können als stilistische feinheiten vernachlässigt werden.     (st/24225/(b)/(01))<==//
(02)
ein anderer aspekt, verortet in den spezifischen interessen, ist die kennzeichnung einer person als unpolitisch, wenn für das urteil eine wertung geltend gemacht wird, gegründet in bestimmten moralvorstellungen. Diese argumente sollten nicht vernachlässigt werden, aber sie können, vom kern des problems ablenkend, interessengebunden instrumentalisiert werden. Geläufig ist die klage über die politikverdrossenheit des bürgers(*1). Als faktum ein wichtiges problem des politischen prozesses und die gründe für dieses beklagte phänomen sind vielfältig(*2), gründe, die ihren fokus ausnahmslos in der autonomie des ich haben(*3).
----
(*1)
es ist ein empirisches datum, dass die bürger in ihrer mehrheit sich nicht aktiv am politischen prozess beteiligen. Es werden verschiedene zahlen gehandelt, aber der wert dieser aussagen ist relativ und kann bestenfalls als eine momentaufnahme zur kenntnis genommen werden. Nach meinem dafürhalten ist es verfehlt, aus den gehandelten zahlen eine krise des staates ableiten zu wollen.
(*2)
die bestimmten gründe für die politikverdrossenheit, die das individuum als ich: A, und sein genosse: B, geltend machen, sollten ernster genommen werden. Verortet in den verfolgten partikularen interesen ist eine vielzahl von gründen benennbar, die wiederum zu bestimmten klassen gebündelt werden. Diese gründe sind hier en detail nicht zu erörtern.
(*3)
das merkmal, bürger seines mit dem genossen geteilten staates zu sein, ist nicht davon abhängig, ob das individuum als ich: A, oder sein genosse: B, sich autonom entschieden haben, aktiv am politischen prozess teilzunehmen oder nicht. Mit ihrer entscheidung, aktiv mitzuwirken oder passiv auf bestimmte ereignisse des politischen prozesses zu reagieren, haben sie sich gebunden und müssen die konsequenzen akzeptieren, wenn nicht, dann müssen sie sich neu entscheiden(+1).
----
(+1)
klarstellung. Die entscheidung des individuums als ich, aktiv oder nur passiv am politischen prozess teilzunehmen, sollte nicht mit den entscheidungen gleichgesetzt und verwechselt werden, die das individuum als ich: A, und sein genosse: B, jeder für sich, im horizont der bürgerlichen freiheiten tagein, tagaus fällen. Die bürgerlichen freiheiten, gültig fixiert in den normen der rechtsordnung, sind gebundene freiheiten, an die das individuum als ich in autonomer entscheidung sich selbst gebunden hat.     (st/24225/(b)/(02))<==//
(03)
der unpolitische bürger in seiner menge(*1) ist im politischen prozess ein moment, das als problem in seiner latenz nicht wahrgenommen wird. Alles nimmt seinen geregelten gang und alle, die politischen bürger eingeschlossen, sind zufrieden, solange der prozess nicht gestört wird, aber die zufriedenheit des unpolitischen(*2) ist ein latenter zustand, der überall und in jedem moment der gelebten gegenwart in unruhe umschlagen kann, wenn die masse spürt, dass die gewohnten bedürfnisse nicht mehr befriedigt werden oder nicht befriedigt werden können(*3); die scheinbare passivität der unpolitischen bürger ist dann als hyperaktivität manifest, die alles einreisst, was den politischen prozess als begrenzung einhegt.
----
(*1)
es ist eine andere beobachtung, wenn behauptet wird, dass die menge der unpolitischen bürger als masse erscheinen kann, deren amorpher zustand als latente bedrohung wirkt. Ich belasse es bei dieser bemerkung, weil das phänomen der masse ein teilaspekt der machtphänomene ist(+1).
----
(+1) argument: //==>2.52ff.
(*2)
den terminus: der unpolitische, benutzte Thomas Mann im titel einer zusammenstellung politischer aufsätze, die er 1918 publiziert hatte(+1). Indem Ich den terminus aufgreife, spiele Ich mit der mehrdeutigkeit der gedanken, die in diesem terminus zusammengezogen sind und miteinander austauschbar gemacht werden können. Die politische situation der jahre bis 1918 ist nur eingeschränkt vergleichbar mit der situation, die heute im jahr: 2012, festgestellt werden kann. Die struktur der argumente, mit denen die unterscheidbaren situationen miteinander verknüpft werden können, ist aber gleich. Der ästhet und intellektuelle goutieren den status des unpolitischen ebenso, wie die konsumenten der neuen medien, solange der politische prozess als theater gehändelt wird, mal mit diesem stück im programm, mal mit jenem.
----
(+1) Mann,Thomas: Betrachtungen eines Unpolitischen. bibliographie/ //==>2.93.50.
(*3)
wird der konflikt manifest, dann kommt, so scheint es, die stunde - nein, nicht die stunde des politischen bürgers, sondern die stunde der politiker, aber das ist ein anderer kontext(+1).
----
(+1)
dieser kontext ist, analytisch getrennt, in einem anderen argument zu thematisieren(§1).
----
(§1) //==>anmerkung: (b/04).     (st/24225/(b)/(03))<==//
(04)
die meinung gilt, dass das, was der normalfall sein sollte, kein anlass sein kann, eine besondere wachsamkeit zu pflegen. Im prinzip ist das argument richtig, aber die gelebte gegenwart, sedimentiert in den facta der vergangenheit und ausgewiesen in den dokumenten der historia, zeichnet ein anderes bild. Das individuum als ich: A, und sein genosse: B, bürger ihres staates und als politische bürger sich begreifend, sind in ihrer rolle als politiker(*1) identifizierbar; ihr handeln wird auf dem forum publikum diskutiert(*2), ihre motive zum handeln aber, verborgen im forum internum, sind der öffentlichen diskussion entzogen(*3). Das ist die differenz, die nicht aufhebbar ist, solange von einem individuum gesprochen wird, das sich als ich begreift. In dieser differenz nistet auch der verdacht, dass das individuum als ich: A, oder sein genosse: B, es nicht immer auch ehrlich meinen könnten, wenn sie als politiker wahrgenommen werden. Der grund für die gesteigerte aufmerksamkeit ist die möglichkeit des missbrauchs ihrer rolle(*4).
----
(*1)
klarstellung. Die rolle: politiker sein, ist nicht auf den mandatierten bürger beschränkbar. Eingeschlossen ist auch der staatsbürger, der am stammtisch die kleine und die grosse weltlage diskutiert, nicht anders die theaterfigur auf dem politischen parkett, jene graue eminenz, die kein mandat hat, aber über macht verfügt.
(*2)
einerseits kann die öffentliche diskussion für das geschäft nützlich sein, anderersseits ist sie für den politiker eine ärgerliche sache. Die doppeldeutigkeit der öffentlichen diskussion ist immer dann manifest, wenn ein skandal, wieder einmal, auf dem spielplan steht.
(*3)
klarstellung. Der politische und der unpolitische bürger des staates sind in ihrem forum internum bei sich selbst, jeder für sich. Ihre geheimnisse sind für den anderen nicht greifbar, dennoch ist der unpolitische staatsbürger in seinem potential, den staat gefährden zu können, vom politischen staatsbürger unterscheidbar, auch dann, wenn die resultate der gefährdung gleich sind(+1), die gründe aber, die das potential der gefährdung tragen, sind nicht gleich(+2).
----
(+1)
Ich kann keine differenz im resultat erkennen, wenn behauptet wird, der staat: n, ist an der unfähigkeit seiner gleichgültigen bürger oder an der skrupelosigkeit seiner politiker gescheitert.
(+2)
wenn gesagt wird, dass der staat: n, zugrunde gegangen sei, weil seine bürger in der mehrheit es am mut hatten fehlen lassen, für die gemeinsame sache einzugestehen, dann ist diese meinung etwas anderes als die behauptung, dass eine clique von politikern sich des staates bemächtigt hatten und diesen aus egoistischen erwägungen zugrunde gerichtet haben.
(*4)
die möglichkeit des missbrauchs ist nicht ausschliessbar, aber es können, wenn's gewollt ist, bedingungen geschaffen werden, die zumindest den missbrauch erschweren und wenn er geschehen ist, wieder korrigieren - daran fehlt's zumeist.     (st/24225/(b)/(04))<==//
(05)
die rolle: politiker sein, kann der politische bürger des staates in vielfältiger weise ausfüllen. Es ist eine konvention, wenn die rolle des politikers mit bestimmten funktionen in den institutionen des staates, soweit diese auf wahlen zurückführbar sind, verknüpft wird. Diese konvention engt aber den begriff: politiker, in seinen merkmalen stark ein und es fallen wichtige bereiche des gesellschaftlichen lebens(*1) aus den blick. Der priester als bischof ist kein politiker, zumindest wird er das vehement verneinen, aber er agiert wie ein politiker, wenn er die interessen seiner kirche verfolgt. Die liste einschlägiger fälle kann, orientiert an partikularen interessen, erheblich erweitert werden(*2).
----
(*1)     argument: //==>2.32.05.

(*2)

diese klasse von phänomenen ist der gegenstand einschlägiger arbeiten, die im umkreis der politischen wissenschaften erstellt werden.    (st/24225/(b)/(05))<==//
(06)
in der rolle: politiker sein, verfügt der politische bürger über die wahlmöglichkeit, sich für das gemeine wohl einzusetzen - das ist das ideal, oder die partikularen interessen wirksam zu verfolgen - das ist die realität. Das eine kann in seinen negativen folgen für den jeweils anderen nicht ausgeschlossen werden, das andere ist in der progagierten reinheit nicht erreichbar. Es sind zwischenlösungen notwendig, die einen sicheren kurs zwischen der scylla des missbrauchs und der charybdis des altruismus ermöglichen, die perspektiven aber, in denen das individuum als ich: A, und sein genosse: B, jeder für sich das problem im bestimmten fall auflösen, können nicht die perspektive sein, die dem politischen prozess zugeordnet ist, es sind vorgaben, die das individuum als ich: A, und sein genosse: B, aus anderen feldern ihrer welterfahrung heranziehen. Vor allem ist die ethik in den blick zu nehmen, die denkbaren maximen der moral eingeschlossen(*1).
----
(*1)
die probleme der ethik und der moral werden andernorts erörtert(+1).
----
(+1) argumente: //==>2.32.09  //==>2.41.05  //==>2.62ff.
(st/24225/(b)/(06))<==//
/(b)<==//
(c)
wenn das individuum als ich: A, und sein genosse: B, als bürger ihres gemeinsam geteilten staates den politischen prozess gestalten, dann tun sie dies immer in der position des subjektes, das seine objekte bewegt. Sie verfolgen ihre partikularen interessen, aber diese können sie nur im horizont des gemeinen wohls auf dauer sichern. Fokussiert auf den politischen bürger in der rolle des politikers(01), müssen das individuum als ich: A, und sein genosse: B, jeder für sich, ihre partikularen interessen verfolgen(02), aber sie können es nur, wenn sie diese interessen mit dem gemeinen wohl in der balance halten, die die bedingung ist, partikulare interessen verfolgen zu können. Es ist, begrenzt in raum und zeit, möglich, den anteil des partikularen interesses zu lasten des gemeinen wohls auszuweiten(03), aber der freche egoismus des einen hat seine grenze immer im egoismus des anderen, der nicht besser zu bewerten ist. In der rolle des politikers können sich weder das individuum als ich: A, noch sein genosse: B, der dialektik von partikularem interesse und gemeinem wohl entziehen und historische grösse kann das individuum als ich in der rolle des politikers dann zeigen, wenn es fähig ist, sein partikulares interesse als ein moment des gemeinen wohls erscheinen zu lassen(04). Das partikulare interesse kann als maxime für das gemeinwohl taugen, aber das ist, eine andere deutung der erfahrung wäre unehrlich, nur in den sternstunden der geschichte möglich, und diese sind die ausnahme(05).
----
(01)
Ich verenge die perspektive gezielt auf die rolle des politikers(*1). Andere formen des politischen handelns werden damit einerseits ausgegrenzt, aber sie sind damit andererseits nicht als nebensächlich qualifiziert. Das handeln des individuums als ich: A, und seines genossen: B, jeder für sich, ist im politischen prozess nicht auf die rolle: politiker sein, beschränkt. Sie sind auch dann politisch tätig, wenn sie als beamte des staates, als angestellte einer gewerkschaft oder als ehrenamtler in einem verein tätig sind. Der aspekt des politischen prozesses kann in den hintergrund verschoben sein, aber die verschiebung ändert nichts an der wirksamkeit des aspektes, wohl aber vieles an seiner wahrnehmung.
----
(*1)
die rolle: politiker sein, hat viele facetten, zueinander oft gegensätzlich bis zum wechselseitigen ausschluss. Eine dieser facetten ist die politik als beruf(+1). Andere facetten sind der politiker als vertreter seines standes(+2), oder der politiker als revolutionär(+3). Das sind klassifikationen, die exakt an den partikularen interessen ausgerichtet sind, die der genosse: B, oder das individuum als ich: A, verfolgen wollen.
----
(+1)
der politiker, so redet man, stehe zwischen beruf und berufung. Das schöne bild, mit eifer gemalt in den sonntagsreden, hübscht die krude realität auf, die den politiker als genosse in der zeit präsentiert, der seine berufung als politiker auf eine karriere reduziert hat, in der der beruf als politiker ein item im curriculum vitae ist(§1). Vom Weber'schen ideal wird noch gesprochen(§2), aber die realität ist, dass in der agenda des modernen politikers nur das datum der wiederwahl gesetzt ist.
----
(§1)
Ich zitiere, pars pro toto, den politiker: Gerhard Schröder, Bundeskanzler a.D.($1).
----
($1) Richter,Ulrich: Nur ein emporkömmling ... . mdb (07)04/06. bibliographie/ //==>2.93.49.
(§2)    Weber,Max: Politik als Beruf. bibliographie/ //==>2.93.51.
(+2)
es ist ein bild aus alten zeiten, der seriöse mann von stand, der als politiker posiert. Ich kenne keinen vernünftigen grund, er eine nachtrauer rechtfertigen könnte. Früher war es der adel gewesen(§1), in diese position ist heute eine elite eingerückt, die teils auf erarbeitetes sachwissen sich berufen kann, teils ererbte traditionen ausbeutet(§2). Was den politiker auszeichnet, der sich auf seinen stand beruft, das ist das gefühl, mitglied einer geschlossenen kaste zu sein.
----
(§1) der historische hintergrund muss hier nicht en detail expliziert werden.
(§2) der verweis sollte genügen, dass das geerbte kapital ein moment dieser tradition ist, man spricht auch vom geldadel.
(+3)
der politiker, der ein revolutionär sein will, ist als topos aus der mode gekommen(§1), unter dem neuen terminus: reformer, ist der topos weiter geläufig(§2). Der politiker als reformer hat heute keine probleme, auch dann nicht, wenn das wahlkampfmotto: keine experimente, in anderer zeit die zündende parole gewesen war(§3).
----
(§1)
als prototyp des politikers, der ein revolutionär sein wollte, zitiere Ich, pars pro toto, den staatsgründer der Sowjetunion: W.I.Lenin.
(§2)
der politiker, der im jahr 2012 reüssieren will, darf das wort: reform, nicht vergessen. Alles, so sagt man, müsse reformiert werden, weil es reformiert werden muss - die tautologie als anpassung an den mainstream.
(§3)
mit dieser parole hatten Konrad Adenauer und seine CDU den bundestagswahlkampf: 1957, erfolgreich bestritten.
(02)
in den diskursen über die rolle: politiker sein, ist es brauch im brustton der überzeugung zu behaupten, dass das partikularinteresse abgrundtief böse, das gemeinwohl aber das schlechthin gute sei(*1), gleichsetzungen, die weder schlüssig darlegbar sind, noch in ihrer blossen entgegensetzung funktionieren können. Methodisch ist es zwar zulässig, das partikularinteresse und das gemeinwohl in einer relation zu fassen(*2), aber diese relation ist nur ein teil im ganzen; denn das individuum als ich hat entweder das partikularinteresse oder das gemeinwohl als ein moment präsent - tertium non datur, und das, was das eine moment in seiner bestimmtheit ist, das ist es im horizont des ausgeschlossenen anderen moments(*3).
----
(*1)
das sind gleichsetzungen, die, dem gerade anstehendem gerede dienlich, bequem auch umgekehrt werden können.
(*2)
die relation: partikularinteresse<==|==>gemeinwohl, kann vom beobachtenden dritten als ausdruck einer relativität der beiden momente zueinander interpretiert werden, dann, wenn das partikularinteresse und das gemeinwohl als extrempunkte auf einer skala fixiert werden. Die zwischenpunkte indizieren den grad der relativität des einen moments zum anderen. Das bild ist zwar plausibel, aber falsch.
(*3)    argument: //==>2.24.78.
(03)
vom ungekehrten fall, der ausweitung des gemeinwohls zu lasten der partikularen interessen, ist in den dokumenten der historia weniger die rede. Mir ist kein fall bekannt, dass die ausweitung des gemeinwohls zu lasten der partikularen interessen der grund gewesen war, durch den in der bekannten historia ein staat zugrunde gerichtet worden sei. Von der mehrung des gemeinwohls zu schwätzen ist bequem und diktatoren können das nachweisbar besonders gut, aber das gerede vom gemeinwohl, kommunistisch, faschistisch oder sonstwie gewendet, ist nur die dürftige fassade, mit der die kruden interessen verdeckt werden sollen.
(04)
es wäre nun erforderlich, die behauptung mit historischem material zu unterlegen. Der blick in die analen der geschichte könnte weiterhelfen, aber die chance dafür werde Ich aus zwei gründen nicht nutzen. Zum ersten ist die aufzählung historischer beispiele notwendig subjektiv, und kann, weil die meinungen unterschiedlich begründet sind, bestenfalls als obiter dictum fungieren. Zum zweiten sind die zitierten fälle erläuterungsbedürftig. Diese erläuterungen können nicht mit ein paar bemerkungen abgetan werden, und für die geforderte ausführlichkeit ist der benötigte platz in diesem essay nicht verfügbar.
(05)
der verweis auf die sternstunde, die einem politiker vergönnt sein könnte, wird vermutlich als billige ausflucht gedeutet werden, das problem in der erforderlichen konkretheit zu traktieren. Sei's drum, Ich halte den verweis auf die seltenen sternstunden für die plausibelste antwort, die der verstörenden erfahrung entgegengesetzt werden kann, dass das bild des politikers in der öffentlichen meinung so viele dunkle flecken hat. Das, was im bild auffällt, das sind die ausnahmen nach der einen wie nach der anderen seite, das gros der politiker aber sind die grauen mäuse, die im getriebe des staates die notwendige funktionen ausüben(*1).
----
(*1)
die unterscheidung: beamter(angestellter)/politiker, sollte nicht geschliffen werden, aber in vielen fällen ist es schwer zu unterscheiden, ob der gewählte abgeordnete in der rolle des politikers eine verwaltungsaufgabe erledigt, oder der bestallte beamte mit der erledigung seiner amtsgeschäfte politik macht. Das zu untersuchen ist immer die bearbeitung eines einzelfalles und dieser fall wird nicht immer eindeutig einer bestimmten klasse zuordbar sein.     (c)<==//
(d)
im politischen diskurs, wenn wieder einmal ein skandal auf der agenda steht, wird argumentiert, man müsse den politikern grenzen setzen, damit sie ihr mandat nicht für die verfolgung ihrer partikularen interessen(01) missbrauchen. Es ist unbestritten, dass in jeder rechtsordnung grenzen für das bestimmte handeln definiert sind, die gegen jedermann gelten sollen, auch dann, wenn der adressat der regel diese regel nicht gesetzt hat. Das genügt aber nicht. Wenn die geltende ordnung funktionieren soll, dann müssen alle, die es betrifft, sich konsensuell auf die geltung dieser regeln verständigt haben. Dieser konsens ist aber nur dann möglich, wenn alle, die es betrifft, jeder für sich, sich in ihrer autonomen entscheidung selbst gebunden haben. Das individuum als ich: A, und sein genosse: B, agierend in der rolle: politiker sein, müssen sich selbst in ihrem handeln beschränken, wenn sie, ihre partikularen interessen verfolgend, für den bürger das geschäft der politik, bestimmt durch das gemeine wohl, erledigen wollen und erledigen(02). Es kann eingewendet werden, dass dieses argument weltfremd sei, weil die welt, so sagt man, eben anders ticke. Dem befund widerspreche Ich nicht, die erklärungen für die befunde, alles reale skandale der vermeintlich mächtigen, sind aber falsch. Die einhaltung der geltenden ordnung funktioniert nur dann, wenn die zur einhaltung der ordnung bestimmten sich selbst an die ordnung halten, das heisst, sich selbst in ihrer willkür, umstellt von interessen, beschränken. Das ist eine leistung, zu der die politiker nur dann fähig sind, wenn sie, sich autonom entscheidend, sich selbst an diese ordnung gebunden haben. Das individuum als ich: A, und sein genosse: B, sind, in der rolle: politiker sein, unfähig, diese rolle auszufüllen, wenn sie die selbstbegrenzung entweder offen verneinen(03) oder zu dieser selbstbegrenzung nicht fähig sind(04).
----
(01)
die einschlägigen phänomene werden zutreffend mit dem terminus: korruption, bezeichnet. Der missbrauch des übertragenen mandats zum privaten vorteil ist endemisch, nicht nur in den oligarchisch verfassten staaten, sondern auch in den staaten, die als demokratien gelten.
(02)
Immanuel Kant hatte das auf seine weise so formuliert: "Die wahre Politik kann also keinen Schritt tun, ohne vorher der Moral gehuldigt zu haben,((...))"(*1).
----
(*1)
es ist üblich, den gedanken Kant's auf dieses zitatfragment zu verkürzen(+1), die einschränkung, präziser die konkretion des gedankens wird zumeist weggelassen(+2). Das zitat geht weiter: ", und ob zwar Politik für sich selbst eine schwere Kunst ist, so ist doch Vereinigung derselben mit der Moral gar keine Kunst; denn diese haut den Knoten entzwei, den jene nicht aufzulösen vermag, sobald beide einander widerstreiten"(+3).
----
(+1)    argument: //==>2.32.09.
(+2)
die relation: politik<==|==>moral, ist in einem anderen kontext noch zu diskutieren(§1).
----
(§1) argument: //==>2.62ff.
(+3)   Kant,Immanuel: Zum ewigen Frieden. p.243. bibliographie/ //==>2.93.52.
(03)
politiker, als autokraten, diktatoren und staatskriminelle bekannt und berüchtigt, sind in dieser klasse abzulegen.
(04)
gleichwohl die realität exakt spiegelnd, kann der einwand nicht richtig sein, dass kein fall für die klasse: politiker, zitiert werden könnte, wenn die selbstbeschränkung des politikers als ein allgemeines gesetz gelten würde. Ich entgegne und verweise noch einmal auf den fall: "Gerhard Schröder, Bundeskanzler a.D.", mein argument wiederholend, dass die beobachtbaren phänomene kein beweis für die einwendende behauptung sein können. Herr Schröder, der "basta- politiker", war und ist es noch(*1) zur erforderlichen selbstbeschränkung nicht fähig(*2). Er glaubt, als sogenanntes alpha- tier sich auf seine macht stützen zu können, aber sein gefühl, mächtig zu sein, versperrt den zugang zur geforderten selbstbindung. In den phänomenen der macht ist die unabdingbare verknüpfung der autonomie des ich und die in der autonomie implizierte bindung auseinandergebrochen und das, was in den phänomenen der macht beobachtet werden kann, das ist einerseits eine entgrenzte freiheit, die leer ist, und andererseits das bedürfnis, den anderen seiner bürgerlichen freiheiten zu berauben.
----
(*1) seit 2005, mit dem verlust des amtes nach fehlgeschlagener wiederwahl, steht herr Schröder nicht mehr im rampenlicht des täglichen politiktheaters, aber die fäden zieht er im hintergrund weiter ... .
(*2) die persönlichen gründe für den offenkundigen mangel stehen hier nicht zur diskussion; das muss herr Schröder in seinem forum internum mit sich selbst ausmachen.     (d)<==//
(e)
der mangel an selbstbeschränkung, den politiker als vertreter seiner klasse in verruf bringend, ist das eine, das andere sind die realen lebensverhältnisse, in denen das individuum als ich A, und sein genosse: B, ihre rolle, politiker sein, ausfüllen müssen. Wollen täten sie's schon, nämlich "gute" politiker zu sein, aber sie können's nicht(01). Die sozialen verhältnisse, in denen der politiker tagein tagaus agiert, können ein argument sein, warum der politiker: A, so handelt, wie er handelt, sein widersacher: B, aber sich anders verhält, im ergebnis sind beide, so scheint es, den gleichen umständen ausgesetzt. Das, was zur verteidigung oder anklage vorgebracht wird, das sind erklärungen, die das eine oder andere verhalten zwar erläutern, argumente, die aber das faktische verhalten der politiker, fokussiert auf den bürger in der rolle: politiker sein, nicht begründen können. Als subjekt seines handelns sollte der politiker die dinge der welt bewegen, sie so verändern, dass der zweck des tuns erreicht wird, nämlich die existenz des individuums als ich und seines genossen zu sichern, de facto ist der politiker aber getrieben von den zuständen in der realen welt, die seinen handlungspielraum stark einengen(02). Diese begrenzungen, objektiv gesetzt, sollten nicht kleingeredet werden, aber sie können nicht das entscheidende argument sein; denn das ziel der tätigkeit des politikers ist genau die gestaltung dieser objektiven einschränkungen. Von dieser aufgabe können sich das individuum als ich: A, und sein genosse: B, in der rolle: politiker sein, weder dispensieren, noch können sie dispensiert werden. Was ihnen gelingt, zumeist aber misslingt, das ist ein anderes problem(03).
----
(01)
in anspielung auf einen spruch von Karl Valentin. Den spruch habe Ich nur in der erinnerung präsent: Wollen täten sie's schon gern, aber sie dürfen's net.
(02)
das ist wieder der ort, an dem die realen probleme zu diskutieren wären, die der stoff der täglichen arbeit eines politikers sind. Es sind die sprichwörtlichen dicken bretter Max Weber's, die mit augenmaass und ausdauer zu bohren sind(*1). Der widerstand der objekte ist real, aber die widerständigkeit sollte nicht als ausrede missbraucht werden, die dinge laufen zu lassen; denn erst das nichttun oder das gleichgültige laufenlassen der dinge schafft die probleme, die dann beklagt werden. Der politiker kann in den grenzen seines mandats handeln, wenn er es im horizont des gemeinen wohls tut.
----
(*1)
Max Weber sagt: "Die Politik bedeutet ein starkes langsames Bohren von harten Brettern mit Leidenschaft und Augenmaß zugleich"(+1).
----
(+1) Max Weber: Politik als Beruf. p.67. bibliographie/ //==>2.93.51.
(03)
die gründe, sowohl für das gelingen als auch das scheitern, sind ad personam zu erörtern und entziehen sich jeder allgemeinen systematisierung. Die systematische erfassung kann zwar versucht werden, aber das sind versuche, die kontextabhängigen bewertungen folgen. Das gilt für den seriösen wissenschaftler in der gleichen weise wie für den mediengewandten sachbuchautor, der am markt sein rezeptbuch für den guten oder schlechten politiker unterbringen will.    (e)<==//
(f)
die metapher: monade, erfordert eine knappe erläuterung(01). Analog der Leibiz'schen monade, die keine fenster hat, agiert der politiker in einem umfeld, das er nur noch partiell wahrnehmen kann. Der damit verknüpfte verlust von realität mag einiges erklären, wenn die tätigkeit der politiker, wahrgenommen als vertreter ihrer klasse, nach soll und haben beurteilt wird, die denkbaren gründe aber, ausgerichtet an den partikularen interessen, können im horizont des gemeinen wohls nicht akzeptiert werden.
----
(01)
den terminus: monade, greife Ich in diesem argument auf. Ich erörtere aber den begriff: monade nicht, zentral in der theorie Leibniz'(*1). Der terminus: monade, wird allgemein gebraucht, zumeist aber als zerrbild der Leibniz'schen theorie.
----
(*1) Richter,Ulrich: Kein gott - der schöpfer seines selbst ist das individuum als ich. 019:schöpfung. bibliographie/ //==>2.93.49.     /(f)<==//
(g)
die klagen über "die politiker" dürften so alt sein wie das nachdenken über den staat(01), die bürger eingeschlossen, die der staat sind(02). Es mag noch hingehen, wenn behauptet wird, dass es "schlechte" politiker gäbe(03), aber im zeitalter des postmodernen denkens hat dieses reden seinen eigentümlichen sinn. In der beliebigkeit des denkens(04) ist es mangels anerkannter orientierungspunkte nicht mehr möglich abzuschätzen, ob das reale handeln eines bürgers in der rolle: politiker sein, ein gutes oder ein schlechtes handeln ist. Weil alles möglich sein kann, ist kein ding der welt in einem schema einordbar, das als verbindlich anerkannt ist. Der moderne politiker, einer monade gleich, steht in einer welt, aus der er herausgefallen ist. Auf den schutz des verbandes der sozialen gruppe kann er nicht zurückgreifen(05), und in der gleichheit mit dem genossen: B, hat das individuum als ich: A, die rolle: politiker sein, ausfüllend, nur sein partikulares interesse als verlässlichen orientierungspunkt verfügbar, das im horizont des ausgeschlossenen gemeinen wohls mit dem partikularen interesse des genossen: B, streitig gefallen sein kann. Das partikulare interesse kann nur eingeschränkte geltung gewähren(06), aber im politischen prozess wird es als gemeinwohl camoufliert. Es ist eine situation geschaffen(07), in der nur noch der eigne vorteil das maass der dinge ist, und je mehr, desto besser. Die damen/herren: politiker, ein gängiges bild, sind de facto von einem lobbyisten nicht mehr zu unterscheiden, der das geschäft seines herrn zu besorgen hat, ein bild, das im bürger gespiegelt ist, der sich entweder aus dem politischen prozess ausgeklinkt hat(08) oder gespalten als politikverdrossener wähler abseits steht(09) und als wutbürger sich gewalttätig outet(10), handlungsformen, die den politischen diskurs verhindern, zum teil auch unterbinden sollen.
----
(01)
in dieser perspektive kann der text des Aristoteles ebenso gelesen werden wie die zahlreichen texte, die in der nachfolge zu diesem thema verfasst worden sind. Es ist eine frage der perspektive und in dieser perspektive werden akzente gesetzt. Insofern könnte meine bemerkung, weil selbstverständlich, redundant sein. Das zu beurteilen hat der adressat meines textes zu entscheiden, Ich mache allein geltend, dass es verwundern sollte, wenn diese fragen immer wieder aufgeworfen werden. Es ist also weniger das historische interesse(*1), das den genossen und das individuum als ich auf diese fragen zurückführt, vielmehr ist es die struktur einer welterfahrung, die jede generation nötigt, die fragen nach dem guten wie den schlechten politiker zu stellen, die als zeitgenossen die spiegelbilder der toten vorgänger sind, objekte der heldenverehrung, positiv und/oder negativ(*2).
----
(*1)
diese frage bleibt dem historiker überlassen.
(*2)
von den toten vorgängern sind dokumente der historia noch verfügbar, aber die deutung dieser dokumente ist ein gegenstand, der nur im moment der gelebten gegenwart real möglich ist. Historische fragen sind fragen der gegenwart.    (st/24225/(g)/(01)<==//
(02)
Ich greife in synthetisierender reflexion einen bekannten satz auf und verändere ihn, an die neue situation anpassend. Die formel: "ich, der könig, bin der staat"(l'etat c'est moi) ist die definition des absolutismus. Das ist historia, in zeitalter der demokratie, so sagt man, gilt die formel: "wir, das volk, sind der staat"(*1).
----
(*1) in der sprache gespiegelt: l'etat ce sont nous.   (st/24225/(g)/(02)<==//
(03)
das reden über die "schlechten" politiker ist ein allgemeinplatz, aber es wäre unklug das faktum zu ignorieren, dass es immer individuen als ich geben wird, die der übertragenen aufgabe nicht gerecht werden können, weil die erforderlichen fähigkeiten ihnen nicht verfügbar sind(*1). Das ist ein problem, das händelbar ist, wenn es erkannt wurde.
----
(*1)
in der alten zeit, so kann vermutet werden, dürfte das problem auch virulent gewesen sein, allein das vergessen und das verschwinden der dokumente der historia in der zeit haben über diese fakten den schleier gelegt, der die res gestae, in ihren umrissen fragmentiert, noch erkennen lässt, reste, die, abhängig von interessen, aufgeblasen werden.    (st/24225/(g)/(03)<==//
(04)
das schlagwort: anything goes,(*1) ist zum schibboleth der gegenwart geworden. Es verweist auf die beliebigkeit, mit der heute argumente instrumentalisiert werden können. Einerseits ist eine offenheit suggeriert, die andererseits von den realen dingen der welt nicht eingelöst werden kann. Diese differenz wird als quell der angst erfahren, einer angst, vor der, so scheint es, kein schutz möglich ist. Was als versprechen erfahren wird, das erweist sich als gegenstandslos und im moment der gelebten gegenwart gibt es für das individuum als ich keinen anhaltspunkt, der eine sichere orientierung ermöglicht - alles ist möglich geworden, und das, was dem einen als das gute präsent ist, dass ist dem anderen das schlechthin böse(*2).
----
(*1)
der autor des schlagworts, Paul K.Feyerabend, hatte den satz in einem anderen kontext gebraucht(+1). Das schlagwort: anything goes, ist zur kennzeichnnung einer epoche adaptiert worden,
----
(+1) Ulrich Richter: Die vollendung des kunstwerks und die versuchungen des experiments. 020:kunstwerk. Argument: 2.2.001/(g). bibliographie/ //==>2.93.49.
(*2)
diese dialektik ist nicht auflösbar, auch dann nicht, wenn argumente geltend gemacht werden, deren kausalität unabweisbar sein soll.    (st/24225/(g)/(04)<==//
(05)
auf den schutz des verbandes der sozialen gruppe wird zwar immer wieder verwiesen, aber der für den verweis geltend gemachte grund ist nicht zulässig, wenn auf der argumentebene: staat, argumentiert werden muss(*1). Die sozialstruktur des verbandes der sozialen gruppe ist vor allem auf dem prinzip der abstammung fundiert, das mit dem prinzip der gleichheit nicht vereinbar ist. Das, was im verband der sozialen gruppe den schutz des individuums als ich vor der gemeinschaft schützen kann, das funktioniert im staat nicht oder erscheint als in das gegenteil verkehrt(*2).
----
(*1)
das ist im 20. und im 21. jahrhundert ablesbar am verfall der familienstrukturen, die ein faktisches gegengewicht zum staat gewesen waren. Die moderne gesellschaft, geprägt durch den staat, lässt die alten strukturen der familienorganisation nicht mehr zu. Das ist demonstrierbar an den phänomenen, die in den reproduktionsprozessen der gesellschaft aufgezeigt werden können. Die arbeitswelt, vor allem in der form, wie sie von den neoliberalen ideologen gepredigt wird, ist mit der traditionalen struktur der familie(+1) nicht vereinbar und das problem heute ist, formen zu schaffen, in denen die moderne familie mit den anforderungen der neoliberalen wirtschaftsordnung vereinbar erscheint(+2). Die vereinbarkeit von wirtschaftsordnung und familie ist möglich, wenn sie gewollt ist(+3).
----
(+1)
präziser: mit der familienstruktur der bürgerlichen gesellschaft im 19.jahrhundert bis mitte des 20.jahrhunderts.
(+2)
gesellschaften, die vom neoliberalen denken (noch) nicht bestimmt sind, kennen diese probleme zumindest nicht in dieser schärfe und die diskrepanz zwischen arm und reich ist ein anderes problem.
(+3)
Ich zitiere, pars pro toto, die ur-deutsche diskussion um den ausbau der Kitaplätze. Andere staaten sind da schon weiter und die DDR- selig war in diesem punkt, zumindest was die grundidee betrifft, auch schon weiter gewesen.
(*2)
Ich verweise auf die phänomene im politischen prozess, die, neben anderen, mit den termini: kumpanei und seilschaft(+1), bezeichnet werden. Es ist auch kein zufall, wenn von mafiösen strukturen geredet wird, in denen die politiker agieren(+2).
----
(+1) im jargon der moderne: man sei gut vernetzt.
(+2) Ich zitiere, pars pro toto, den cavaliere: Silvio Berlusconi.   (st/24225/(g)/(05)<==//
(06)
das partikulare interesse: n, vom individuum als ich: A, verfolgt, kann in der form der maxime ein allgemeines gesetz sein(*1), aber nur dann, wenn der genosse: B, diese geltung in autonomer entscheidung für sich als gültig akzeptiert hat. In dieser form erscheint die maxime, das bestimmte partikulare interesse: n, fassend, als das gemeine wohl, das als begriff kein partikulares interesse sein kann, als phänomen von anderen phänomenen aber nur schwer unterscheidbar ist. In der doppeldeutigkeit der phänomene ist das problem verortet.
----
(*1) Ich folge dem argument von Immanuel Kant.    (st/24225/(g)/(06)<==//
(07)
wenn der kern der gesellschaftlichen realität gefasst werden soll, den die protagonisten der gesellschaft in ihrem neoliberalen denken geschaffen haben, dann dürfte dieser kern angemessen mit der parole: geiz ist geil, fixiert sein, ein werbespruch, beliebig in form und inhalt, dem der bürger des staates, sei es in der rolle des politikers, sei es in der rolle des unpolitischen, volens nolens ausgeliefert ist. Der begriff: geiz, ist durch das konstitutive merkmal: besitz, in seiner definition doppeldeutig, einmal bezeichnet der terminus: besitz, die bewahrung eines besessenen weltdinges(*1), dann fokussiert der terminus: besitz, das wollen auf die mehrung des besitzes um jeden preis.
----
(*1) was die sache ist, die besessen wird oder besessen sein soll, das ist für den geiz nachrangig.    (st/24225/(g)/(07)<==//
(08)
der prototyp dieses verhaltens ist die figur des aussteigers. Aber das individuum als ich: A, kann weder aus dem staat, noch aus dem verband der sozialen gruppe "aussteigen", weil es sich mit seinem genossen: B, darüber verständigt hat, die dinge der welt in der perspektive der wechselseitigen relation zu sehen(*1). Davon bleibt unberührt, das das individuum als ich: A, bestimmte formen des staates verneinen kann, die formen eingeschlossen, die mit dem zeichen: anarchie, klassifiziert werden. Unabhängig von der bestimmten form der vergesellschaftung wird das individuum als ich: A, immer mit dem genossen: B, verbunden sein, die distanz zwischen den orten im raum mag grooss sein oder klein. Für Robinson Crusoe war die gerettete bibel aus dem wrack des gescheiterten schiffes das bindeglied zum abwesenden genossen, der moderne aussteiger wird, so kann vermutet werden, nicht auf das internet verzichten wollen.
----
(*1) klarstellung. Die möglichkeit, die dinge der welt in einer abhängigen relation wahrzunehmen, scheidet logisch aus, weil das_andere nicht der_andere sein kann.     (st/24225/(g)/(08)<==//
(09)
die politikverdrossenheit hat viele erscheinungsformen; sie werden hier nicht weiter untersucht.     (st/24225/(g)/(09)<==//
(10)
ein aktuelles phänomen ist der sogenannte wutbürger, ein merkwürdiger zeitgenosse, der sowohl mit dem florett des politischen diskurses fechtet als auch den pflasterstein werfen kann, wenn die staatsmacht mit gewalt anrückt, sei's mit dem polizeiknüppel, sei's mit dem strafbefehl des staatsanwalts - das zeichen: §, verknüpft beides.    (st/24225/(g)/(10)<==//
(g)<==//
(h)
was aber ist der ideale bürger des staates, der sein partikulares interesse mit dem gemeinen wohl zum wohl und nutzen aller, die es betrifft, zu verbinden weiss? - das auszumalen ist der gegenstand einer projektion in die zukunft(01), vorstellungen also, die das individuum als ich: A, und sein genosse: B, jeder für sich, im moment der gelebten gegenwart selbst denken müssen(02). Der moment der gelebten gegenwart erscheint als flüchtig, aber er ist der einzig sichere moment, der im wandel der zeit und des ortes stabil ist. Unsicher, weil immer den zweideutigkeiten der interpretation ausgeliefert, sind die facta der vergangenheit, die, in den dokumenten der historia identisch mit sich selbst, mal in dieser, mal in jener form erscheinen.
----
(01)
die projektion in die zukunft ist als factum der vergangenheit eine utopie. Die funktion der utopie ist, das mögliche als das schon wirkliche erscheinen zu lassen, ohne es sein zu können. Anders als die kritiker des utopischen denkens behaupten, ist in der utopie die form des rationalen denkens real, die real im moment der gelebten gegenwart nur als factum der vergangenheit erinnert werden kann(*1).
----
(*1) Ich argumentiere mit den überlegungen Ernst Bloch's, ohne seine theorie der utopie en detail hier zu reflektieren. Die formen der utopie sind im begriff: das_politische, beachtliche momente, aber die konkrete utopie ist kein konstitutives merkmal des begriffs.
(02)
die utopie des jeweils anderen ist, aus dem forum internum auf das forum publicum entlassen, ein factum der vergangenheit, das als dokument der historia ein gegenstand anderer diskurse sein kann. In dieser form unterscheidet sich die bestimmte utopie nicht von den anderen gegenständen, die im diskurs über den politischen prozess als argumente gehändelt werden.     (h)<==//
---------------
(2.42.07/y/03))<==//
fortsetzung:
subtext/argumente: 2.71.01 bis 2.72.03

-
zurück/anfang;bibliographische angaben

stand: 13.05.01.
-
zurück/übersicht  //
zurück/neue_texte  //
zurück/bibliographie  //
zurück/bibliographie/verzeichnis //
-