1.1 Einleitung.
Das denken der menschen ist geprägt von einer dichotomie. Entweder wird
ein gegensatz von materie und geist behauptet, oder behauptet wird der
gegensatz von geist und materie, immer abhängig von der gewählten
perspektive(
2.21.002).
Es ist das momentum der
erfahrung, dass das individuum als ich(
2.21.003) und sein genosse in
der gemeinsam geteilten welt einerseits mit dingen der welt
konfrontiert sind, die als phänomene offenbar keine materie sind,
traditional bezeichnet mit dem terminus: geist, dinge der welt, die
andererseits als gedanke dann nicht alles sein können, wenn der fuss an
einem stein sich gestossen hat und das individuum als ich zu boden
gefallen ist. In raum und zeit ist es eine erfahrung des individuums
als ich, die ausschliesst, dass die phänomene der materie und die
phänomene des geistes als dinge der welt zueinander in einem
widerspruch stehen, der als möglichkeit entweder nur den geist zulassen
kann oder nur die materie - tertium non datur. Die realität in der
gemeinsam geteilten welt ist, dass der genosse und das individuum als
ich die phänomene der materie und die phänomene des geistes als
gegensätze erfahren, die, einander sich bedingend, einer kausalität
unterworfen sind, der kausalität nämlich, die das individuum als ich
und sein genosse gesetzt haben. Die phänomene des geistes und die
phänomene der materie sind objekte ihres handelns, die beide, jeder für
sich, in ihrer sozialen beziehung miteinander/gegeneinander händeln
müssen. Weder kann in raum und zeit alles materie sein, noch ist alles
geist. In ihrer sozialen beziehung(
2.21.004) sind das individuum als
ich und sein genosse, wesen der natur, verortet zwischen dem pol:
geist, und dem pol: materie, immer auf dem weg seiend, mal mehr dem
einen pol sich nähernd, mal weniger zugewendet dem anderen pol.
1.1.1
das individuum als ich und sein genosse
sind, wenn sie die dinge der welt durchmustern, konfrontiert mit
phänomenen, die sie, jeder für sich, als dinge der welt in zwei klassen
einteilen. Die beiden klassen sind als momente in zwei relationen
gefasst:
1.rel.: individuum_als_ich/genosse<==|==>geist,
2.rel.: individuum_als_ich/genosse<==|==>materie.(
2.21.005)
Nicht identisch fallend implizieren die relationen:
1 und 2, im schema des trialektischen modus eine dritte relation:
3.rel.: geist<==|==>materie.
Der gedanke in einer graphik zusammengefasst(
2.21.006):
graphik: 001

.
Die 1. und die 2.relation sind wahr, im moment der
gelebten gegenwart gesetzt vom individuum als ich oder seinem genossen.
Ob diese gesetzten relationen, beurteilt jede für sich, in der
geltenden kausalordnung als richtig oder als falsch ausgewiesen sind,
das soll hier als problem beiseite gestellt bleiben, weil die frage:
richtig oder falsch, nicht der gegenstand dieses diskurses ist, aber,
mit der implizit gesetzten 3.relation: geist<==|==>materie, ist
ein anderes problem aufgeworfen und virulent. Es sind der genosse und
das individuum als ich, die diese relation in ihrer je eigenen
perspektive beurteilen, mit der konsequenz, dass ihre beurteilungen
nicht gleich ausfallen werden. In den phänomenen: geist und materie,
erscheinen die perspektiven des genossen und des individuums als ich in
einem widerstreit, der in der tradition des abendländischen denkens mit
den termini: idealismus und materialismus,(
2.21.007) gehändelt wird,
einerseits in den formen des dialektischen denkens, andererseits als
obsession, Ich zitiere, pars pro toto, das denken W.I.Lenin's.
1.1.2
Ich erinnere mich, während des "Kalten
Kriegs" im umfeld der "68er revolution" immer wieder die parole gehört
zu haben, Hegel sei die quelle des totalitarismus im
20.jahrhundert(
2.21.008). Als beweis für diese behauptung wurde Lenin's
doktrin vom dialektischen materialismus geltend gemacht. Im blick auf
dieses argument war aber die beobachtung auffällig, dass diese
erzählung sowohl von den ideologen von rechts verbreitet wurde als auch
von den ideologen von links, freilich strikt in getrennter
marschrichtung, im ziel aber gleich. Die konservativen von rechts
instrumentalisierten den "real existiert habenden sozialismus"
sowjetischer prägung(
2.21.009) als beweis, dass Hegel mit seinem
begriff: dialektik, den boden vorbereitet habe, auf dem die
linkshegelianer: "Ludwig Feuerbach, Karl Marx und Friedrich Engels",
das fundament für den materialismus errichtet hatten, der ideologie
nämlich, die Lenin unter verwendung des terminus: dialektischer
materialismus, zum schibboleth seiner politischen philosophie gemacht
hatte. Die liberalen von links argumentierten, dass die nachfolger
Hegel's mit dem schibboleth: materialismus, den kern der dialektik
Hegel's, die realisierung der freiheit, verschüttet hätten und so den
weg frei gemacht haben für den terror Stalin's, dessen denken und
handeln im denken Lenin's vermittelt sei. Die stringenz dieser
argumente kann dahingestellt bleiben(
2.21.010), weil mein akzent
fokussiert ist auf die perspektive, mit der das individuum als ich und
sein genosse die dokumente der historia interpretieren. In diesen
perspektiven einer möglichen auslegung der dokumente der historia
schätze Ich Lenin's lektüre der texte Hegel's ein als ein glied in der
kette der möglichen argumente(
2.21.011).
1.1.3
Es sollte nicht übersehen werden, dass
Lenin seine ideengeber eifrig gelesen hat. In seinem langjährigen exil
war die bibliothek sein arbeitsort(
2.21.012). Es genügt, den blick auf
die literaturlisten zu lenken, die die herausgeber der schriften
Lenin's zusammengestellt haben(
2.21.013).
-
Lenin hat "seinen" Hegel im
kontext der lektüre der schriften von Ludwig Feuerbach, Karl Marx und
Friedrich Engels zur kenntnis genommen. Publiziert worden sind die
excerpte, produkt seiner lektüre der schriften Hegel's, posthum unter
dem titel: Philosophische Hefte,(
2.21.014), von den herausgebern
bezeichnet mit dem terminus "konspekt"(
2.21.015). Diese notizen sind
eine sammlung herausgeschriebener zitate, die Lenin mit kommentierenden
randnotizen versehen hat. Die reihung der zitate folgt zumeist der
vorlage und lässt keine systematik erkennen, die in der sache: Hegel's
dialektik, gegründet ist.
Lenin hat Hegel in deutsch
gelesen(
2.21.016). Im fokus seines interesses standen die folgenden
schriften:
- Logik der Wissenschaft
- Vorlesungen zur Geschichte der Philosophie.
- Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte.
- Enzyklopädie.
Es sollte beachtet werden, dass
Lenin zur Phänomenologie des Geistes und der Rechtsphilosophie keine
notizen angefertigt hat(
2.21.017). Ich kann nur vermuten, dass das
interesse Lenin's an Hegel begrenzt gewesen war. "Seinen" Hegel hatte
Lenin, frei geurteilt nach dem Marx'schen bonmot, er, Karl Marx, habe
Hegel vom kopf auf die füsse gestellt(
2.21.018), im lager der
idealisten verortet. Lenin hat Hegel's denken auf den begriff:
dialektik, reduziert, ein begriff, den Hegel in der Phänomenologie des
Geistes entwickelt hatte und in der Logik der Wissenschaft mit dem
begriff: das sein, amalgamiert. In Lenin's excerpten zu Hegel's
schriften ist das thema: dialektik, dominant, der fokus im denken
Hegel's aber ist die struktur des gesellschaftlichen lebens. Dafür
hatte Lenin, so scheint es, kein interesse gehabt, eine beobachtung,
die erstaunen evoziert, weil das politische wirken Lenin's, soweit die
dokumente der historia darüber auskunft geben, genau auf das problem
der gesellschaftlichen lebensbedingungen zentriert gewesen war. Lenin
hatte sich als revolutionär verstanden, der die gesellschaft verändern,
das soll heissen: bessern, wollte, in seinen "philosophischen"
schriften(
2.21.019) aber beschäftigte er sich abstrakt nur mit der
dialektik als methode, die er als politiker in seinem kampf um die
macht instrumentalisiert hat.
1.1.4
meine these ist, dass Lenin den
dialektikbegriff Hegel's nicht begriffen hat. Der terminus: dialektik,
en vogue in der tradition der Marx-rezeption, wurde von Lenin
inflationär gebraucht, ohne die damit verknüpften begriffe und
phänomene kritisch zu hinterfragen. Lenin hat blooss die meinung
Friedrich Engels' rezipiert, indem er die meinung Engels' wiederholt,
diese meinung allgemein in einem verweis zitierend(
2.21.020).
- Im ersten teil des essays beschreibe Ich die struktur der Lenin'schen notizen.
- Im zweiten teil analysiere Ich die traditionale unterscheidung: idealismus/materialismus(=materie und geist).
- Im dritten teil reflektiere Ich synthetisierend die logik
der unterscheidung: idealismus/materialismus, situiert im horizont
meiner kritik der Hegel'schen dialektik.
- Im vierten teil ordne Ich den Lenin'schen begriff:
dialektischer materialismus, ein als den misslingenden versuch, die
methode: dialektik, als garant der wahrheit zu etablieren.
- Im schlussteil verschiebe Ich das problem der dialektik auf
die phänomene der macht, die in ihrer logik das entscheidende kriterium
sind für die beurteilung der politischen praxis Lenin's.
-
1.2 hauptteil
1.2.1 Teil 1: Lenin's methode der aneignung der historia.
Im Band: 38, der Werke Lenin's sind die handschriftlichen notizen
zusammengefasst, die Lenin bei der lektüre der schriften seiner feinde
und freunde angefertigt hatte. Ich lasse die philologische frage offen,
ob die publikation dieser notizen im 38.band der schriften Lenin's den
normen einer historisch-kritischen edition entsprechen oder nicht,
maassgebend für mich ist allein das faktum, dass ein text vorliegt, den
Ich als wahr rezipiere. Die in der form vorliegenden publizierten
transkriptionen der handschriften Lenin's sind ein dokument der
historia und in dieser fassung sind die privaten notizen Lenin's ein
kristalisationskern für mein urteil. Ich gründe das urteil auf den
vorliegenden text, der, philologisch richtig oder falsch, für sich die
wahrheit des textes zeitigt. Die philologische richtigkeit des textes
darzulegen ist nicht der gegenstand dieses diskurses(
2.21.021).
Lenin's philosophische
hauptschrift: Materialismus und Empiriokritizismus, ist im Band: 14,
abgedruckt(
2.21.022). Das problem einer textkritischen ausgabe dieses
textes kann Ich beiseite legen, weil das schema des Lenin'schen
argumentierens in vielen varianten immer das gleiche ist. Ich
fokussiere mein interesse auf die struktur des denkens Lenin's und die
methode seines argumentierens, die real gespiegelt ist in den
verfahren, mit denen Lenin das denken seiner zeitgenossen und vorgänger
rezipiert. D'accord, die richtigkeit oder falschheit bestimmter
behauptungen kann in einem anderen kontext relevant sein, aber dann
sind fragen aufgeworfen, die hier nicht diskutiert und beantwortet
werden müssen. Das problem, ob Lenin seinen gewährsmann richtig zitiert
hat oder nicht, wäre aber dann relevant, wenn das reale handeln Lenin's
als politiker das objekt meiner interpretation des denkens Lenin's als
philosoph ist. Das ist hier nicht der fall.
1.2.1.1 die konspekte zu Hegel.
Lenin's interesse an der philosophie Hegel's ist auf die dialektik als
methode fokussiert. Geurteilt an den notizen hat Lenin die schriften
Hegel's zur logik in teilen gelesen, einerseits die Logik der
Wissenschaft(1830), andererseits den teil: logik, in der
Enzyklopädie(1830). Hinzu kommen Hegel's Vorlesungen zur Geschichte der
Philosopie, beschränkt auf die philosophie der griechischen antike.
Lenin's interesse gilt den "materialisten" der antike, die in der
epoche der klassischen philosophie gewirkt hatten(
2.21.023).
Die excerpte Lenin's sind zitate
und paraphrasen des Hegel'schen textes, oft ineinander übergehend und
versehen mit kurzen kommentaren, gelegentlich verkürzt auf das zeichen:
NB(=nota bene) und andere zeichen des interesses. Im moment der
niederschrift mag es für Lenin als autor der notiz klar gewesen sein,
was seine notiz bedeuten soll, für den rezipienten dieser notizen aber
ist es schwer zu erkennen, wie Lenin "seinen" Hegel rezipiert hat,
zumal die notizen, illustriert mit neun verkleinerten faksimiles des
manuskripts, keine präzise systematik in der ordnung der notizen
erkennen lassen(
2.21.024).
Den anmerkungen Lenin's ist aber
zu entnehmen, was Lenin im moment der lektüre am text Hegel's für
notierenswert gehalten hat, verknüpft mit der zwecksetzung, die
lesefrüchte später zu verwenden(
2.21.025). Die differenz zwischen dem
text Hegel's und der notiz Lenin's sollte als problem nicht ignoriert
werden, weil der vergleich dessen, was der autor: Hegel, gedacht hatte
und was der leser: Lenin, denkt, post festum eine interpretation des
rezipienten der publizierten notiz Lenin's ist, sowohl des excerpierten
Hegelzitats als auch der Lenin'schen notiz, die, jede notiz für sich,
einerseits die leistung des rezipienten: Lenin, gewesen war,
andererseits die leistung des rezipienten der Lenin'schen notiz ist,
die aber nicht die leistung des Hegel rezipierenden Lenin sein kann,
sedimentiert in einem dokument der historia. Der logik der rezeption
folgend beschränke Ich mich darauf festzustellen, was Lenin an Hegel
interessiert hatte und unterlasse folglich jeden erweiternden
kommentar. Als gesichert stelle Ich fest, dass Lenin allein am begriff:
dialektik, interessiert gewesen war und die anderen facetten des
Hegel'schen denkens, im besonderen Hegel's kritik der bürgerlichen
gesellschaft, ignoriert hatte. Hinzukommt, dass Lenin "seinen" Hegel
durch die brille Engels' beurteilt(
2.21.026).
Die methode Lenin's in den
konspekten demonstriere Ich, pars pro toto, mit einer passage in
auszügen, ohne diese passage zu kommentieren, aber ergänzt mit einigen
hinweisenden anmerkungen(
2.21.027).
Lenin notiert:
#„Wenn in der Bewegung, dem Triebe und dergleichen Widerspruch in die
Einfachheit dieser Bestimmungen für das Vorstellen verhüllt ist, so
stellt sich hingegen in den Verhältnisbestimmungen der Widerspruch
unmittelbar dar. Die trivialsten Beispiele, von oben und unten, rechts
und links, Vater und Sohn und so fort ins Unendliche, enthalten alle
den Gegensatz in Einem. Oben ist, was nicht unten ist; ((//132)) oben
ist bestimmt nur dies, nicht unten zu sein, und ist nur, insofern ein
Unten ist; und umgekehrt; in der einen Bestimmung liegt ihr Gegenteil.
Vater ist das Andere des Sohnes, und der Sohn das Andere des Vaters,
und jedes ist nur als dies Andere des Andern; und zugleich ist dies
eine Bestimmung nur in Beziehung auf die andere; Ihr Sein ist ein
Bestehen ...“(70.)*
*((an der
seite: 4 senkrechte striche und der zusatz: in die Einfachheit
verhüllt))((p.131)).
„Das Vorstellen hat daher wohl
allenthalben den Widerspruch zu seinem Inhalte, kommt aber nicht zum
Bewußtsein desselben; es bleibt äußerliche Reflexion, die von der
Gleichheit zur Ungleichheit oder von der negativen Beziehung zum
Reflektiertsein der Unterschiedenen in sich übergeht. Sie hält diese
beiden Bestimmungen einander äußerlich gegenüber und hat nur sie, nicht
aber das Übergehen, welches das Wesentliche ist und den Widerspruch
enthält, im Sinne*
*((letzte satz ist beidseitig mit 3 senkrechten strichen versehen))
- Die geistreiche Reflexion, um
diese hier zu erwähnen, besteht dagegen im Auffassen und Aussprechen
des Widerspruchs. Ob sie zwar den Begriff der Dinge und ihrer
Verhältnisse nicht ausdrückt und nur Vorstellungsbestimmungen zu ihrem
Material und Inhalt hat, so bringt sie dieselben in eine Beziehung, die
ihren Widerspruch enthält und durch diesen hindurch ihren Begriff
scheinen läßt.
- Die denkende Vernunft aber
spitzt, sozusagen, den abgestumpften Unterschied des Verschiedenen, die
bloße Manningfaltigkeit der Vorstellung, zum Gegensatze, zu. Die
Mannigfaltigen werden erst, auf die Spitze des Widerspruchs getrieben,
regsam und lebendig gegeneinander und erhalten in ihm die Negativität,
welche die inwohnende Pulsation der Selbstbewegung und Lebendigkeit
ist...“(70/71)*((//133))**
*(Hegelzitat: Bd.6. p.77/78))
**((es folgt Lenin's kommentar in einen kasten gesetzt:))
NB
(1) Das
gewöhnliche Vorstellen erfasst Unterschied und Widerspruch, nicht aber
das Übergehen von dem einen zum anderen, das aber ist das Wichtigste.
(2) Geistreiches Denken und Verstand.
Das
geistreichende Denken erfaßt den Widerspruch, spricht ihn aus, bringt
die Dinge zueinander in Beziehung, läßt „den Begriff durch den
Widerspruch hindurch erscheinen“, ohne jedoch den Begriff der Dinge und
ihrer Verhältnisse auszudrücken.
(3) Die
denkende Vernunft (Verstand) spitzt den abgestumpften Unterschied des
Verschiedenen, die bloße Mannigfaltigkeit der Vorstellungen, zum
wesentlichen Unterschiede, zum Gegensatz, zu. Erst auf die Spitze des
Widerspruchs getrieben, werden die Mannigfaltigkeiten (regsam)* **und
lebendig gegeneinander - erhalten sie die Negativität, welche die
inwohnende Pulsation der Selbstbewegung und Lebendigkeit ist.*
*((im russischen text als deutsches wort notiert))
**((2 senkrechte striche links))#.
Die zitierte textstelle ist ein
sediment des Lenin'schen denkens, das als dokument der historia eine
interpretation evoziert, die verortet ist im denken des interpreten,
der das dokument der historia interpretiert. Seine deutung des textes,
wie immer sie auch ausfallen mag, sollte nicht verwechselt werden mit
dem, was Lenin tatsächlich gedacht hatte, als er den passus aus Hegel's
text abschrieb und mit seiner kommentierenden bemerkung ausdeutend
erweitert. D'accord, diese stelle ist als beweisstück für das denken
Lenin's, hier des begriffs: dialektik, nur mit einschränkungen
tauglich.
1.2.1.2 Materialismus und Empiriokritizismus.
Die situation ist eine andere, wenn die rezeptionsmethode untersucht
wird, die Lenin in seiner philosophischen hauptschrift: Materialismus
und Empiriokritizismus, angewendet hatte. In seiner textgestalt ist
diese schrift ein ausgedehntes kompilat von zitaten, zusammengestellt
aus den gelesenen schriften. Die zitate sind oft umfänglich und werden,
teils teils, mit einer bemerkung eingeleitet und/oder mit einem
kommentar abgeschlossen(
2.21.028). Diese kommentare sind, und das
sollte nicht übersehen werden, in vielen fällen nicht mehr als eine
polemik gegen den zitierten autor, den Lenin im lager der idealisten
verortet, abgeschoben und abqualifiziert als "machist"(
2.21.029). Diese
polemiken, in ihrer diktion meisterhaft formuliert, sind in ihrem
sachlichen inhalt leer.
Ich zitiere, pars pro toto, eine
passage aus dem kapitel(VI/3): "Von den Suworowschen „Grundlagen der
sozialen Philosophie“(1908)". Lenin setzt sich mit dem "Gen.S.Suworow"
auseinander und zitiert seinen gewährsmann, das zitat kommentierend:
#„... Dieses Gesetz der sozialen Ökonomie ist nur das Prinzip der
inneren Einheit der sozialen Wissenschaft" (verstehen Sie was, lieber
Leser?), "sondern auch das Bindeglied zwischen der sozialen Theorie und
der allgemeinen Theorie des Seins.“(294)
So, so!
S.Suworow hat also die „allgemeine Theorie des Seins“ von neuem
entdeckt, nachdem sie zu vielen Malen und in den verschiedensten Formen
von den zahlreichen Vertretern der philosophischen Scholastik entdeckt
worden war! Wir gratulieren den russischen Machisten zu der neuen
„allgemeinen Theorie des Seins“! Wir wollen hoffen, daß sie ihre
nächste Kollektivarbeit ganz der Begründung und Weiterentwicklung
dieser großen Entdeckung widmen werden!#(
2.21.030).
Ein anderer beleg ist die polemik gegen H.Poincarè(
2.21.031).
Das objekt Lenin's sind die
"Professor((en)) der Philosophie (wie auch der Theologie)", die "sich
nicht direkt oder indirekt mit der Widerlegung des Materialismus"
befassen(
2.21.032). Die gegner Lenin's sind die russische
materialisten, die als revisionisten in das lager der machisten
gewechselt sind und offen front gegen den materialismus machen. Mit
seiner einordnung der zitierten autoren setzt Lenin eine grenze
zwischen zwei weltanschauungen, die als lager des denkens unversöhnbar
gegenüberstehen, etikettiert mit den termini: materialismus und
idealismus. In dieses schema von freund/feind presst Lenin alle
denkbaren philosophischen gedanken, die er nach der maxime der
parteilichkeit(
2.21.033) beurteilt.
Es sollte beachtet werden, dass
nach dem tod Lenin's(1924) die herausgeber die verbindliche ausgabe:
Materialismus und Empiriokritizismus, mit Lenin's schrift: "Zehn Fragen
an den Referenten" erweitert haben, diesen text
voranstellend(
2.21.034). Mit diesem text stellt Lenin
unmissverständlich klar, dass es im meinungsstreit, sei dieser
philosophisch oder sei dieser politisch motiviert, nur eine richtige
position geben könne. Unter punkt: 1, fragt Lenin, suggestiv-fordernd:
#Erkennt der Referent an, daß die Philosophie des Marxismus der
dialektische Materialismus ist?#
und Lenin präzisiert diese aussage unter dem zweiten punkt:
#Erkennt der Referent die von Engels vorgenommene grundlegende
Einteilung der philosophischen Systeme in Materialismus und Idealismus
an, ... #.
Im kontext dieser schrift ist die
these greifbar real, dass Lenin, geurteilt in der perspektive seiner
politischen interessen, nicht die absicht gehabt haben kann, die
differenz: idealismus/materialismus, mit einer nüchternen kritik der
antagonistischen lager(
2.21.035) auszuloten, um die möglichkeiten einer
vermittlung zu bestimmen. Es ist exakt die vermittlung, die Hegel als
das ziel der dialektik von position und negation bestimmt hatte.
Hegel's idee der vermittlung ist dem ziel Lenin's konträr, der mit
seiner schrift versucht, seinen adressaten immer wieder einzuhämmern,
dass die idealisten die feinde des materialismus seien, die zu
vernichten sind.
Mit seinem manischen zwang, die
gewährsleute unablässig zu zitieren, unterbrochen mit kommentaren, die
nur einen tenor haben: jeder idealist rede unsinn, fixiert Lenin die
botschaft, dass nur er: Lenin, der materialist, es sein könne, der wahr
rede. Dieser botschaft steht das faktum entgegen, dass Lenin über den
idealismus zwar eine eindeutige meinung gehabt hatte, aber seine eigene
position, der dialektische materialismus(
2.21.036) ist unscharf
formuliert. Wenn Lenin vom materialismus spricht, dann beschränkt er
sich darauf, die meinung Friedrich Engels' zu
zitieren(
2.21.037).
1.2.2 Teil 2. Der dialektische materialismus Lenin's.
Die kontroverse: materialismus/idealismus, verkürzt Lenin auf den
materialismus in der version: dialektischer materialismus. In der
tradition der abendländischen philosophie ist der gegensatz:
idealismus/materialismus, der cantus firmus. Es ist zwar brauch, von
einem widerspruch zu sprechen, der die begriffe: idealismus und
materialismus, katagorisch trennt, aber die dokumente der historia sind
phänomene, an denen in raum und zeit nachvollziehbar demonstriert
werden kann, dass die theoreme des materialismus und des idealismus
zueinander nur gegensätze sein können. In der differenz:
materialismus/idealismus, ist ein gegensatz gespiegelt, der kein
widerspruch sein kann. Mit der unterscheidung: materie/geist,(
2.21.038)
reagiert das individuum als ich auf seine erfahrung, dass die
materielle welt durchdrungen ist mit den phänomenen des geistes und es
sind die geister, die akzeptieren müssen, dass sie ohne die materielle
welt nicht auskommen können, an der sie ihr mütchen kühlen.
Lenin ist weitschweifig, wenn er
die idealisten abkanzelt, die, den geist vor die materie setzend, nur
unsinn reden(
2.21.039), er übersieht aber, dass die materie in ihrem
sosein nur dann real sein kann, wenn die materialisten in ihren
vorstellungen ein abbild der materiellen dinge verfügbar haben. In der
wiederspiegelungstheorie(
2.21.040), dem kern des Lenin'schen
materialismus, ist exakt der gedanke von einem subjekt präsent, den
Lenin in den positionen der idealisten jedweder couleur(
2.21.041)
unermüdlich bekämpft, nämlich der gedanke, dass von der materie nur
dann gesprochen werden kann, wenn der antipode: geist, eingeräumt ist,
nicht anders die idealisten, die vom geist nur dann reden können, wenn
sie in ihr kalkül die materie einbeziehen, real in den dingen der welt,
die der spiegel sind, in dem der idealist sich als das erkennt, was er
ist, nämlich das subjekt zu sein, das kein objekt sein kann. Im
spiegelbild der materie, das eine vorstellung des individuums als ich
ist, ergreift der idealist die chance, sich selbst als idealist
begreifen zu können, existierend in der welt, die in den dingen der
welt, die materie sind, real ist. Die unterscheidung: geist/materie,
ist strikt zu beachten.
Das eine ist, den idealismus,
respektive den materialismus, als ideologien in ihrer struktur zu
kritisieren, den vorzug dieser theorien einerseits erkennend, den
mangel dieser theorien andererseits benennend. Das ist das tägliche
geschäft der philosophen, wenn sie, wie man sagt, versuchen, die
relation: geist<==|==>materie, auf dem begriff zu bringen.
Das andere ist die verneinung des
je anderen, die keine negation ist und als verneinung nur eine position
sein kann, die keinen gegenpart haben soll, der als spiegel im
spiegelbild die verneinung in ihrem sosein erkennbar macht. Das, was
Lenin an den positionen der sogenannten empiriokritiker unablässig
kritisiert, ihren einseitigen blick als idealisten auf den geist
nämlich, das wiederholt Lenin, der materialist, unablässig mit seinem
verweis auf den dialektischen materialismus, der die auflösung des
problems sein soll. Lenin erkennt nicht, dass seine kritik des
empiriokritizismus genau das dementiert hat, was die bedingung seiner
kritik ist, die relation: geist<==|==>materie.
In der analyse der einen
position(=idealismus) oder der analyse der anderen
position(=materialismus) kann es zweckmässig sein, die je andere
position auszublenden, um schärfer den kern eines arguments in den
fokus zu nehmen, aber, diese analyse erfolgt immer im horizont der je
anderen position. Der materialist: Lenin, kann sich seiner position als
materialist nur dann gewiss sein und sicher, wenn er in sein kalkül
zumindest die position der kritisierten idealisten als notwendiges
potential einbezieht, nicht anders der idealist: Mach, der, so von
Lenin gezeichnet, gegen die gottlosen materialisten zu felde
zieht(
2.21.042). Mit seinen wiederholungen der argumente gegen die
idealisten präzisiert Lenin weder seine argumente im kampf gegen den
idealismus, noch stärken diese wiederholungen seine eigene position;
denn mit seiner verneinung des idealismus, ihm die existenz im sosein
absprechend, hat Lenin die gegenüberstellung: idealismus/materialismus,
die die bedingung seiner kritik der verhassten machisten ist, de facto
gegenstandslos gesetzt.
Im horizont des Lenin'schen
denkens ist der idealismus ebenso ohne substanz wie der materialismus
ohne substanz bleiben muss, weil das gegenüber des einen oder des
anderen zerstört ist, gegen den der materialismus, respektive der
idealismus stehen sollen.
1.2.3 Teil: 3. Die logik des Hegel'schen begriffs: dialektik, im horizont des trialektischen modus.
In der logik des Lenin'schen arguments ist das ausgelöscht, was den
kern der Hegel'schen dialektik ausmacht.
In zwei formen hat Hegel seinen
begriff: dialektik, entwickelt, begriffe, die als phänomene, in ihrer
struktur different erscheinend, als begriff nicht different sind.
Einerseits ist es die herr/knecht-dialektik in der Phänomenologie des
Geistes(1807), anderseits ist es die seins-dialektik in der Logik der
Wissenschaften(1831)(
2.21.043). Die Hegel'schen dialektikbegriffe
folgen in ihrer struktur dem klassischen modell der dialektik: these -
antithese - synthese.
Hegel gebraucht entweder die
formel: "position - negation - vermittlung", oder die formel: sein -
nichts - werden. Das argument Hegel's ist, dass mit der setzung einer
position(=sein) notwendig auch die negation(=nichts) gesetzt sein muss,
gesetzt als widerspruch, dessen in-eins-setzung von sein und nichts die
vermittlung(=werden) der positionen: sein und nichts, ist,
interpretiert als identität(
2.21.044).
Dem gedanken Hegel's kann Ich
einen gewissen charm nicht absprechen, aber das, was auf der
argumentebene des begriffs wie das glasperlenspiel gelingt, das ist,
vollzogen vom individum als ich in raum und zeit auf der argumentebene
der phänomene, zweideutig. Der begriff: dialektik, dargestellt im
trialektischen modus, ist im moment der gelebten gegenwart eine
position(=sein), vom individuum als ich gesetzt als moment einer
relation. Die negation(=nichts) ist als das bestimmende kriterium das
ausgeschlossene dritte moment. In einem anderen moment der gelebten
gegenwart setzt das individuum als ich das moment: die
negation(=nichts), in einer relation, die eine position ist, und das
moment: position(=sein), ist als das ausgeschlossene dritte moment das
bestimmende moment. Die vermittlung von position(=sein) und
negation(=nichts) ist im schema des trialektischen modus fixiert mit
der relation: position<==|==>negation, und das individuum als ich
ist als das bestimmende moment das ausgeschlossene dritten
moment(
2.21.045).
Dieser begriff: dialektik,
entwickelt aus dem dialektikbegriff Hegel's und situiert im horizont
des trialektischen modus(
2.21.046), ist nicht kompatibel mit dem
dialektikbegriff, den Lenin seinem begriff: dialektischer
materialismus, unterlegt hat.
1.2.4 Teil: 4. Lenin's begriff einer materialistischen dialektik.
Meine auslegung der Hegel'schen dialektik im horizont des
trialektischen modus demonstriert, dass der versuch Lenin's die
dichotomie: idealismus/materialismus, auf den dialektischen
materialismus als lösung aller gesellschaftlichen probleme zu
verkürzen, nicht gelingen kann, vielmehr kann gezeigt werden, dass
Lenin mit einem dialektikbegriff operiert, der in der überlieferung als
vulgärdialektik verpönt ist(
2.21.047).
Ausweislich der notizen, die in
den Philosophischen Hefte((n)) abgedruckt worden sind, hat Lenin die
texte gelesen, in denen Hegel seinen begriff von dialektik beschrieben
und begründet hatte, aber die rezeption dieses begriffs: dialektik,
vollzog Lenin in der tradition von Marx und Engels, auf Marx
verweisend, der, wie's kolportiert wird, den Hegel vom kopf auf die
füsse gestellt habe(
2.21.048). Hegel hatte versucht, das
fragile verhältnis von position und negation in der vermittlung(=das
aufgehobene) auszubalancieren, um seinen begriff: die absolute idee,
den bedingungen von raum und zeit entziehen zu können. Das ziel Hegel's
ist die absolute idee, die das subjekt(=individuum als ich) in raum und
zeit nicht realisieren kann, weil das ziel im moment seiner
realisierung, "dem objektiv Wahren"(
2.21.049), immer wieder in die
realität zurückfällt und den prozess der dialektik von position und
negation neu eröffnen muss. Das, was Lenin von Hegel's idee übernommen
hat, das wird von Lenin in seiner kritik der Hegel'schen dialektik als
die form des absoluten geistes verrechnet, die Hegel als idealisten
ausweist(
2.21.050).
Dem letzten kapitel der Logik
Hegel's: Die absolute Idee, widmet Lenin seine ganze aufmerksamkeit. In
einer längeren passage, untypisch für Lenin's notizen, skizziert Lenin,
was seinem dafürhalten nach die dialektik ist. Die dialektik ist
blooss eine methode.
Lenin notiert für sich(
2.21.051):
#Zu betrachten bleibt jetzt schon nicht der Inhalt*01, sondern ... „das
Allgemeine seiner Form - das ist die Methode“(329)*02.
((...))
„Die absolute Methode“ (d.h. die
Methode des Erkennens der objektiven Wahrheit) „dagegen verhält sich
nicht als äußerliche Reflexion, sondern nimmt das Bestimmte aus ihrem
Gegenstand selbst, da sie selbst dessen immanentes Prinzip und Seele
ist“*03.
((...))
Diese
Methode „des absoluten Erkennens“ ist ((//212)) analytisch, ...„aber
ebensosehr synthetisch“...(336).
„Dieses so
sehr synthetische als analytische Moment des Urteils, wodurch das
anfängliche Allgemeine aus ihm selbst als das Andere seiner sich
bestimmt, ist das dialektische zu nennen...“(336)*04.
((mit zwei senkrechten strichen am rand
und der notiz Lenin's: Eine der Bestimmungen der Dialektik. Dieses
zitat Hegel's wiederholt Lenin auf russisch, gesetzt in einen kasten
und von den herausgebern rückübersetzt(?)))
„Dieses so sehr synthetische als
analytische Moment des Urteils, wodurch (durch das Moment) das
anfängliche Allgemeine der allgemeine Begriff*05 aus ihm selbst als das
Andere seiner sich bestimmt, ist das dialektische zu nennen.“
Eine Bestimmung, die nicht gerade zu den klaren gehört!!
1. die Bestimmung des Begriffs
aus ihm selbst das Ding selbst soll in seinen Beziehungen und in seiner
Entwicklung betrachtet werden*06;
2. Das Widersprechende im Ding
selbst (das Andere seiner*07), die widersprechenden Kräfte und
Tendenzen in jedweder Erscheinung;
3. die Vereinigung von Analyse und Synthese.
Diese sind allem Anschein nach die Elemente der Dialektik.
((Am rand zwei senkrechte striche von
nummer: 1 bis 16, und der randnotiz: Die Elemente der Dialektik, folgt
eine liste von 15 elementen, daraus eine auswahl: ... //231 ))
5) das ding (die Erscheinung etc)
als summe ((es folgt eine raute = das zeichen: #)) und Einheit der
Gegensätze.
6) Kampf resp. Entfaltung dieser Gegensätze, der widersprechenden Bestrebungen etc.
7) Vereinigung von Analyse und
Synthese - das Zerlegen in einzelne Teile und die Gesamtheit, die
Summierung dieser Teile.
x 8) die Beziehung jedes Dinges
(jeder Erscheinung etc) sind nicht nur mannigfaltig, sondern allgemein,
universell. Jedes Ding (Erscheinung, Prozeß etc.) ist mit jedem
verbunden.
9) nicht nur Einheit der
Gegensätze, sondern Übergänge jeder Bestimmung, Qualität, Eigenheit,
Seite, Eigenschaft in jede andere in ihrem Gegensatz?*08.
((... /214 ))
14) die scheinbare Rückkehr zum Alten (Negation der Negation)
15) Kampf des Inhalts mit der
Form und umgekehrt. Abwerfen der Form, Umgestaltung des Inhalts.
16) Übergang der Quantität in die
Qualität und vice versa. (15 und 16 sind Beispiele von 9)*09.
((es folgt das in einen kasten gesetzte resumee Lenin's))
Die Dialektik kann kurz als die
Lehre von der Einheit der Gegensätze bestimmt werden. Damit wird der
Kern der Dialektik erfaßt sein, aber das muß erläutert und
weiterentwickelt werden.
((Es folgen längere zitate, die Hegel's
sicht auf die dialektik der antike zum gegenstand haben. Am rand
diverse kurze notizen Lenin's, die in ihrer allgemeinheit viele
interpretationen zulassen*10. ... /214-217. Ich fahre fort mit einer
notiz Lenin's zum begriff: negation, gesetzt in einen kasten. /218)).
Nicht die bloße Negation, nicht
die unnütze Negation, nicht das skeptische Negieren, Schwanken,
Zweifeln in charakteristisch und wesentlich in der Dialektik - die
unzweifelhaft das Element der Negation enthält -, nein, sondern die
Negation als Moment des Zusammenhangs, als Moment der Entwicklung, bei
Erhaltung des Positiven, d.h. ohne irgendwelche Schwankungen, ohne
jeden Eklektizismus.
((im text unmittelbar folgend))
Die Dialektik überhaupt besteht im Negieren
der ersten These, in ihrer Ersetzung durch die zweite (im Übergang der
ersten in die zweite, im Aufzeigen des Zusammenhangs zwischen der
ersten und der zweiten etc.). Das Zweite kann zum Prädikat des Ersten
gemacht werden -
- „z.B. das
Endliche ist unendlich, Eins ist Vieles, das Einzelne ist das
Allgemeine“(341)...*11.
((eine weitere längere auslassung mit
zitaten von Hegel und kommentierenden bemerkungen Lenin's, so das wort:
das Salz der Dialektik*12. Lenin schliesst seine lektüre der Logik
Hegel's ab am 17.XII.1914. Vor dieser notiz zitiert Lenin Hegel:))
„Indem die Idee sich nämlich als
absolute Einheit des reinen Begriffs und seiner Realität setzt, somit
in die Unmittelbarkeit des Seins zusammennimmt, so ist sie als die
Totalität in dieser Form - Natur.“(352/353.)
((/226))
Dieser Satz auf der letzten, 353.Seite
der Logik(kursiv) ist höchst bemerkenswert. Der Übergang der logischen
Idee zur Natur. Der Materialismus ist fast mit Händen zu greifen.
Engels sagte mit Recht, daß das System Hegels ein auf den Kopf
gestellter Materialismus ist*13. Das ist nicht der letzte Satz der
Logik, aber das Weitere bis zum Schluß der Logik ist unwichtig.
_____
Ende der „Logik“. 17.XII.1914
((am rand die notiz, gesetzt in einem kasten mit drei linien))
NB: In der kleinen Logik
(Enzyklopädie § 244, Zusatz*14 S.414 lautete der letzte Satz des
Buches: „diese seiende Idee aber ist die Natur“.
((abgesetzt
mit zwei waagerechten Linien folgt in einem kasten gesetzt, am rande
versehen mit der notiz: NB:))
Bemerkenswert, daß im ganzen
Kapitel über die „absolute Idee“ fast mit keinen Wort Gott erwähnt ist
(höchstens, daß da einmal zufällig ein „göttlicher“ Begriff
entschlüpft), und außerdem - dies NB - hat das Kapitel fast gar nicht
spezifisch den Idealismus zum Inhalt, sondern sein Hauptgegenstand ist
die dialektische Methode. Fazit und Resümee, das letzte Wort und der
Kern der Hegelschen Logik ist die dialektische Methode - das ist
äußerst bemerkenswert. Und noch eins: In diesem idealistischsten Werk
Hegels ist am wenigsten Idealismus, am meisten Materialismus.
„Widersprechend“, aber Tatsache!*15.#
(
2.21.052).
Diese notizen Lenin's sind schwer zu handhaben, weil
in der Lenin'schen form der ausdeutung des Hegel'schen textes diesen
notizen Lenin's der inhalt beigegeben ist, den der interpretierende zu
verantworten hat, ein inhalt, der nicht mit den gedanken gleichgesetzt
werden sollte, die Lenin bei der anfertigung der notizen gehabt hatte.
Folglich kann aus diesen notizen keine in sich konsistente theorie der
dialektik abgeleitet werden, die Lenin als begriff: dialektik,
(vielleicht) im kopf gehabt hatte. Diese notizen sind aber hinweise, in
welche richtung Lenin gedacht hatte(
2.21.053). Der begrenzende horizont
dieser gedanken ist das denken Friedrich Engels', auf den Lenin in
seinen verweisen immer wieder zurückgreift(
2.21.054). Der
dialektikbegriff Engels' aber hat, ausser den terminus: dialektik,
nichts gemein mit dem dialektikbegriff
Hegel's(
2.21.055).
1.3. schluss
1.3.1
Ich komme zum schluss und weite den gedanken aus.
Die lesefrüchte, gesammelt von Lenin bei seiner lektüre der schriften
von Marx, von Engels und von Hegel, wären längst im schlund der
vergangenheit verschwunden und auch vergessen, wenn der autor dieser
notizen nicht W.I.Lenin, der revolutionär und politiker, gewesen wäre.
Aus diesem grund sind seine notizen, die geschichte des 20. und des
21.jahrhunderts im blick habend, auch heute noch von interesse, aber,
ob es möglich ist und auch sinnvoll sein kann, aus den philosophischen
überlegungen Lenin's in den jahren: 1908-1917, rückschlüsse zu ziehen
auf das politische geschehen im jahr: 2024, das ist eine frage, die
widersprechende antworten evozieren muss, weil die antworten abhängig
sind von den perspektiven, in denen das problem der tradierung
analysiert und reflektiert wird.
Meine position ist eine der möglichen antworten.