Text
nur für die links/verweisungen:
2.21.001    2.21.002    2.21.003    2.21.004    2.21.005   
2.21.006    2.21.007    2.21.008    2.21.009    2.21.010   
2.21.011    2.21.012    2.21.013    2.21.014    2.21.015   
2.21.016    2.21.017    2.21.018    2.21.019    2.21.020   
2.21.021    2.21.022    2.21.023    2.21.024    2.21.025
2.21.026    2.21.027    2.21.028    2.21.029    2.21.030
2.21.031    2.21.032    2.21.033    2.21.034    2.21.035
2.21.036    2.21.037    2.21.038    2.21.039    2.21.040
2.21.041    2.21.042    2.21.043    2.21.044    2.21.045
2.21.046    2.21.047    2.21.048    2.21.049    2.21.050
2.21.051    2.21.052    2.21.053    2.21.054    2.21.055
2.21.056    2.21.057    2.21.058    2.21.059    2.21.060
2.21.061    2.21.062    2.21.063



Lenin liest Hegel - Hegel, gelesen von Lenin.
Die trialektik von geist und materie.

A.1    Ein vorspiel.       
Das narrativ: Hegel als begründer totalitären denkens.

        Dem ondit folgend wird gesagt, der ahnherr des totalitarismus im 20.jahrhundert sei Hegel gewesen. Der holistische denkansatz Hegel's ist das fundament dieses totalitären denkens. Ich zitiere, pars pro toto, die position von Karl R.Popper(2.21.001), der, auf Hegel und Marx zeigend, von den "Feinden der Offenen Gesellschaft" gesprochen hatte. Damit ist die these gesetzt und Ich wechsle zum gegenstand des essays.

B.1    Die erzählung.

1.1    Einleitung.

        Das denken der menschen ist geprägt von einer dichotomie. Entweder wird ein gegensatz von materie und geist behauptet, oder behauptet wird der gegensatz von geist und materie, immer abhängig von der gewählten perspektive(2.21.002).

        Es ist das momentum der erfahrung, dass das individuum als ich(2.21.003) und sein genosse in der gemeinsam geteilten welt einerseits mit dingen der welt konfrontiert sind, die als phänomene offenbar keine materie sind, traditional bezeichnet mit dem terminus: geist, dinge der welt, die andererseits als gedanke dann nicht alles sein können, wenn der fuss an einem stein sich gestossen hat und das individuum als ich zu boden gefallen ist. In raum und zeit ist es eine erfahrung des individuums als ich, die ausschliesst, dass die phänomene der materie und die phänomene des geistes als dinge der welt zueinander in einem widerspruch stehen, der als möglichkeit entweder nur den geist zulassen kann oder nur die materie - tertium non datur. Die realität in der gemeinsam geteilten welt ist, dass der genosse und das individuum als ich die phänomene der materie und die phänomene des geistes als gegensätze erfahren, die, einander sich bedingend, einer kausalität unterworfen sind, der kausalität nämlich, die das individuum als ich und sein genosse gesetzt haben. Die phänomene des geistes und die phänomene der materie sind objekte ihres handelns, die beide, jeder für sich, in ihrer sozialen beziehung miteinander/gegeneinander händeln müssen. Weder kann in raum und zeit alles materie sein, noch ist alles geist. In ihrer sozialen beziehung(2.21.004) sind das individuum als ich und sein genosse, wesen der natur, verortet zwischen dem pol: geist, und dem pol: materie, immer auf dem weg seiend, mal mehr dem einen pol sich nähernd, mal weniger zugewendet dem anderen pol.

1.1.1    
das individuum als ich und sein genosse sind, wenn sie die dinge der welt durchmustern, konfrontiert mit phänomenen, die sie, jeder für sich, als dinge der welt in zwei klassen einteilen. Die beiden klassen sind als momente in zwei relationen gefasst:

        1.rel.: individuum_als_ich/genosse<==|==>geist,
        2.rel.: individuum_als_ich/genosse<==|==>materie.(2.21.005)

    Nicht identisch fallend implizieren die relationen: 1 und 2, im schema des trialektischen modus eine dritte relation:

        3.rel.: geist<==|==>materie.

    Der gedanke in einer graphik zusammengefasst(2.21.006):        
graphik: 001
       
                                .
    Die 1. und die 2.relation sind wahr, im moment der gelebten gegenwart gesetzt vom individuum als ich oder seinem genossen. Ob diese gesetzten relationen, beurteilt jede für sich, in der geltenden kausalordnung als richtig oder als falsch ausgewiesen sind, das soll hier als problem beiseite gestellt bleiben, weil die frage: richtig oder falsch, nicht der gegenstand dieses diskurses ist, aber, mit der implizit gesetzten 3.relation: geist<==|==>materie, ist ein anderes problem aufgeworfen und virulent. Es sind der genosse und das individuum als ich, die diese relation in ihrer je eigenen perspektive beurteilen, mit der konsequenz, dass ihre beurteilungen nicht gleich ausfallen werden. In den phänomenen: geist und materie, erscheinen die perspektiven des genossen und des individuums als ich in einem widerstreit, der in der tradition des abendländischen denkens mit den termini: idealismus und materialismus,(2.21.007) gehändelt wird, einerseits in den formen des dialektischen denkens, andererseits als obsession, Ich zitiere, pars pro toto, das denken W.I.Lenin's.

1.1.2   
Ich erinnere mich, während des "Kalten Kriegs" im umfeld der "68er revolution" immer wieder die parole gehört zu haben, Hegel sei die quelle des totalitarismus im 20.jahrhundert(2.21.008). Als beweis für diese behauptung wurde Lenin's doktrin vom dialektischen materialismus geltend gemacht. Im blick auf dieses argument war aber die beobachtung auffällig, dass diese erzählung sowohl von den ideologen von rechts verbreitet wurde als auch von den ideologen von links, freilich strikt in getrennter marschrichtung, im ziel aber gleich. Die konservativen von rechts instrumentalisierten den "real existiert habenden sozialismus" sowjetischer prägung(2.21.009) als beweis, dass Hegel mit seinem begriff: dialektik, den boden vorbereitet habe, auf dem die linkshegelianer: "Ludwig Feuerbach, Karl Marx und Friedrich Engels", das fundament für den materialismus errichtet hatten, der ideologie nämlich, die Lenin unter verwendung des terminus: dialektischer materialismus, zum schibboleth seiner politischen philosophie gemacht hatte. Die liberalen von links argumentierten, dass die nachfolger Hegel's mit dem schibboleth: materialismus, den kern der dialektik Hegel's, die realisierung der freiheit, verschüttet hätten und so den weg frei gemacht haben für den terror Stalin's, dessen denken und handeln im denken Lenin's vermittelt sei. Die stringenz dieser argumente kann dahingestellt bleiben(2.21.010), weil mein akzent fokussiert ist auf die perspektive, mit der das individuum als ich und sein genosse die dokumente der historia interpretieren. In diesen perspektiven einer möglichen auslegung der dokumente der historia schätze Ich Lenin's lektüre der texte Hegel's ein als ein glied in der kette der möglichen argumente(2.21.011).   

1.1.3   
Es sollte nicht übersehen werden, dass Lenin seine ideengeber eifrig gelesen hat. In seinem langjährigen exil war die bibliothek sein arbeitsort(2.21.012). Es genügt, den blick auf die literaturlisten zu lenken, die die herausgeber der schriften Lenin's zusammengestellt haben(2.21.013).
-
        Lenin hat "seinen" Hegel im kontext der lektüre der schriften von Ludwig Feuerbach, Karl Marx und Friedrich Engels zur kenntnis genommen. Publiziert worden sind die excerpte, produkt seiner lektüre der schriften Hegel's, posthum unter dem titel: Philosophische Hefte,(2.21.014), von den herausgebern bezeichnet mit dem terminus "konspekt"(2.21.015). Diese notizen sind eine sammlung herausgeschriebener zitate, die Lenin mit kommentierenden randnotizen versehen hat. Die reihung der zitate folgt zumeist der vorlage und lässt keine systematik erkennen, die in der sache: Hegel's dialektik, gegründet ist. 

        Lenin hat Hegel in deutsch gelesen(2.21.016). Im fokus seines interesses standen die folgenden schriften: 
  1. Logik der Wissenschaft       
  2. Vorlesungen zur Geschichte der Philosophie.       
  3. Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte.       
  4. Enzyklopädie.
        Es sollte beachtet werden, dass Lenin zur Phänomenologie des Geistes und der Rechtsphilosophie keine notizen angefertigt hat(2.21.017). Ich kann nur vermuten, dass das interesse Lenin's an Hegel begrenzt gewesen war. "Seinen" Hegel hatte Lenin, frei geurteilt nach dem Marx'schen bonmot, er, Karl Marx, habe Hegel vom kopf auf die füsse gestellt(2.21.018), im lager der idealisten verortet. Lenin hat Hegel's denken auf den begriff: dialektik, reduziert, ein begriff, den Hegel in der Phänomenologie des Geistes entwickelt hatte und in der Logik der Wissenschaft mit dem begriff: das sein, amalgamiert. In Lenin's excerpten zu Hegel's schriften ist das thema: dialektik, dominant, der fokus im denken Hegel's aber ist die struktur des gesellschaftlichen lebens. Dafür hatte Lenin, so scheint es, kein interesse gehabt, eine beobachtung, die erstaunen evoziert, weil das politische wirken Lenin's, soweit die dokumente der historia darüber auskunft geben, genau auf das problem der gesellschaftlichen lebensbedingungen zentriert gewesen war. Lenin hatte sich als revolutionär verstanden, der die gesellschaft verändern, das soll heissen: bessern, wollte, in seinen "philosophischen" schriften(2.21.019) aber beschäftigte er sich abstrakt nur mit der dialektik als methode, die er als politiker in seinem kampf um die macht instrumentalisiert hat.

1.1.4   
meine these ist, dass Lenin den dialektikbegriff Hegel's nicht begriffen hat. Der terminus: dialektik, en vogue in der tradition der Marx-rezeption, wurde von Lenin inflationär gebraucht, ohne die damit verknüpften begriffe und phänomene kritisch zu hinterfragen. Lenin hat blooss die meinung Friedrich Engels' rezipiert, indem er die meinung Engels' wiederholt, diese meinung allgemein in einem verweis zitierend(2.21.020).

-
1.2    hauptteil

1.2.1    Teil 1:     Lenin's methode der aneignung der historia.

        Im Band: 38, der Werke Lenin's sind die handschriftlichen notizen zusammengefasst, die Lenin bei der lektüre der schriften seiner feinde und freunde angefertigt hatte. Ich lasse die philologische frage offen, ob die publikation dieser notizen im 38.band der schriften Lenin's den normen einer historisch-kritischen edition entsprechen oder nicht, maassgebend für mich ist allein das faktum, dass ein text vorliegt, den Ich als wahr rezipiere. Die in der form vorliegenden publizierten transkriptionen der handschriften Lenin's sind ein dokument der historia und in dieser fassung sind die privaten notizen Lenin's ein kristalisationskern für mein urteil. Ich gründe das urteil auf den vorliegenden text, der, philologisch richtig oder falsch, für sich die wahrheit des textes zeitigt. Die philologische richtigkeit des textes darzulegen ist nicht der gegenstand dieses diskurses(2.21.021).

        Lenin's philosophische hauptschrift: Materialismus und Empiriokritizismus, ist im Band: 14, abgedruckt(2.21.022). Das problem einer textkritischen ausgabe dieses textes kann Ich beiseite legen, weil das schema des Lenin'schen argumentierens in vielen varianten immer das gleiche ist. Ich fokussiere mein interesse auf die struktur des denkens Lenin's und die methode seines argumentierens, die real gespiegelt ist in den verfahren, mit denen Lenin das denken seiner zeitgenossen und vorgänger rezipiert. D'accord, die richtigkeit oder falschheit bestimmter behauptungen kann in einem anderen kontext relevant sein, aber dann sind fragen aufgeworfen, die hier nicht diskutiert und beantwortet werden müssen. Das problem, ob Lenin seinen gewährsmann richtig zitiert hat oder nicht, wäre aber dann relevant, wenn das reale handeln Lenin's als politiker das objekt meiner interpretation des denkens Lenin's als philosoph ist. Das ist hier nicht der fall.

1.2.1.1     die konspekte zu Hegel.

        Lenin's interesse an der philosophie Hegel's ist auf die dialektik als methode fokussiert. Geurteilt an den notizen hat Lenin die schriften Hegel's zur logik in teilen gelesen, einerseits die Logik der Wissenschaft(1830), andererseits den teil: logik, in der Enzyklopädie(1830). Hinzu kommen Hegel's Vorlesungen zur Geschichte der Philosopie, beschränkt auf die philosophie der griechischen antike. Lenin's interesse gilt den "materialisten" der antike, die in der epoche der klassischen philosophie gewirkt hatten(2.21.023).

        Die excerpte Lenin's sind zitate und paraphrasen des Hegel'schen textes, oft ineinander übergehend und versehen mit kurzen kommentaren, gelegentlich verkürzt auf das zeichen: NB(=nota bene) und andere zeichen des interesses. Im moment der niederschrift mag es für Lenin als autor der notiz klar gewesen sein, was seine notiz bedeuten soll, für den rezipienten dieser notizen aber ist es schwer zu erkennen, wie Lenin "seinen" Hegel rezipiert hat, zumal die notizen, illustriert mit neun verkleinerten faksimiles des manuskripts, keine präzise systematik in der ordnung der notizen erkennen lassen(2.21.024).

        Den anmerkungen Lenin's ist aber zu entnehmen, was Lenin im moment der lektüre am text Hegel's für notierenswert gehalten hat, verknüpft mit der zwecksetzung, die lesefrüchte später zu verwenden(2.21.025). Die differenz zwischen dem text Hegel's und der notiz Lenin's sollte als problem nicht ignoriert werden, weil der vergleich dessen, was der autor: Hegel, gedacht hatte und was der leser: Lenin, denkt, post festum eine interpretation des rezipienten der publizierten notiz Lenin's ist, sowohl des excerpierten Hegelzitats als auch der Lenin'schen notiz, die, jede notiz für sich, einerseits die leistung des rezipienten: Lenin, gewesen war, andererseits die leistung des rezipienten der Lenin'schen notiz ist, die aber nicht die leistung des Hegel rezipierenden Lenin sein kann, sedimentiert in einem dokument der historia. Der logik der rezeption folgend beschränke Ich mich darauf festzustellen, was Lenin an Hegel interessiert hatte und unterlasse folglich jeden erweiternden kommentar. Als gesichert stelle Ich fest, dass Lenin allein am begriff: dialektik, interessiert gewesen war und die anderen facetten des Hegel'schen denkens, im besonderen Hegel's kritik der bürgerlichen gesellschaft, ignoriert hatte. Hinzukommt, dass Lenin "seinen" Hegel durch die brille Engels' beurteilt(2.21.026).

        Die methode Lenin's in den konspekten demonstriere Ich, pars pro toto, mit einer passage in auszügen, ohne diese passage zu kommentieren, aber ergänzt mit einigen hinweisenden anmerkungen(2.21.027).

    Lenin notiert: 
   
        #„Wenn in der Bewegung, dem Triebe und dergleichen Widerspruch in die Einfachheit dieser Bestimmungen für das Vorstellen verhüllt ist, so stellt sich hingegen in den Verhältnisbestimmungen der Widerspruch unmittelbar dar. Die trivialsten Beispiele, von oben und unten, rechts und links, Vater und Sohn und so fort ins Unendliche, enthalten alle den Gegensatz in Einem. Oben ist, was nicht unten ist; ((//132)) oben ist bestimmt nur dies, nicht unten zu sein, und ist nur, insofern ein Unten ist; und umgekehrt; in der einen Bestimmung liegt ihr Gegenteil. Vater ist das Andere des Sohnes, und der Sohn das Andere des Vaters, und jedes ist nur als dies Andere des Andern; und zugleich ist dies eine Bestimmung nur in Beziehung auf die andere; Ihr Sein ist ein Bestehen ...“(70.)*

            *((an der seite: 4 senkrechte striche und der zusatz: in die Einfachheit verhüllt))((p.131)).

        „Das Vorstellen hat daher wohl allenthalben den Widerspruch zu seinem Inhalte, kommt aber nicht zum Bewußtsein desselben; es bleibt äußerliche Reflexion, die von der Gleichheit zur Ungleichheit oder von der negativen Beziehung zum Reflektiertsein der Unterschiedenen in sich übergeht. Sie hält diese beiden Bestimmungen einander äußerlich gegenüber und hat nur sie, nicht aber das Übergehen, welches das Wesentliche ist und den Widerspruch enthält, im Sinne*

            *((letzte satz ist beidseitig mit 3 senkrechten strichen versehen))

        - Die geistreiche Reflexion, um diese hier zu erwähnen, besteht dagegen im Auffassen und Aussprechen des Widerspruchs. Ob sie zwar den Begriff der Dinge und ihrer Verhältnisse nicht ausdrückt und nur Vorstellungsbestimmungen zu ihrem Material und Inhalt hat, so bringt sie dieselben in eine Beziehung, die ihren Widerspruch enthält und durch diesen hindurch ihren Begriff scheinen läßt.
        - Die denkende Vernunft aber spitzt, sozusagen, den abgestumpften Unterschied des Verschiedenen, die bloße Manningfaltigkeit der Vorstellung, zum Gegensatze, zu. Die Mannigfaltigen werden erst, auf die Spitze des Widerspruchs getrieben, regsam und lebendig gegeneinander und erhalten in ihm die Negativität, welche die inwohnende Pulsation der Selbstbewegung und Lebendigkeit ist...“(70/71)*((//133))**

            *(Hegelzitat: Bd.6. p.77/78))
            **((es folgt Lenin's kommentar in einen kasten gesetzt:))

            NB
             (1) Das gewöhnliche Vorstellen erfasst Unterschied und Widerspruch, nicht aber das Übergehen von dem einen zum anderen, das aber ist das Wichtigste.
              (2) Geistreiches Denken und Verstand.
            Das geistreichende Denken erfaßt den Widerspruch, spricht ihn aus, bringt die Dinge zueinander in Beziehung, läßt „den Begriff durch den Widerspruch hindurch erscheinen“, ohne jedoch den Begriff der Dinge und ihrer Verhältnisse auszudrücken.
              (3) Die denkende Vernunft (Verstand) spitzt den abgestumpften Unterschied des Verschiedenen, die bloße Mannigfaltigkeit der Vorstellungen, zum wesentlichen Unterschiede, zum Gegensatz, zu. Erst auf die Spitze des Widerspruchs getrieben, werden die Mannigfaltigkeiten (regsam)* **und lebendig gegeneinander - erhalten sie die Negativität, welche die inwohnende Pulsation der Selbstbewegung und Lebendigkeit ist.*

                *((im russischen text als deutsches wort notiert))
                **((2 senkrechte striche links))#.

        Die zitierte textstelle ist ein sediment des Lenin'schen denkens, das als dokument der historia eine interpretation evoziert, die verortet ist im denken des interpreten, der das dokument der historia interpretiert. Seine deutung des textes, wie immer sie auch ausfallen mag, sollte nicht verwechselt werden mit dem, was Lenin tatsächlich gedacht hatte, als er den passus aus Hegel's text abschrieb und mit seiner kommentierenden bemerkung ausdeutend erweitert. D'accord, diese stelle ist als beweisstück für das denken Lenin's, hier des begriffs: dialektik, nur mit einschränkungen tauglich.

1.2.1.2    Materialismus und Empiriokritizismus.

        Die situation ist eine andere, wenn die rezeptionsmethode untersucht wird, die Lenin in seiner philosophischen hauptschrift: Materialismus und Empiriokritizismus, angewendet hatte. In seiner textgestalt ist diese schrift ein ausgedehntes kompilat von zitaten, zusammengestellt aus den gelesenen schriften. Die zitate sind oft umfänglich und werden, teils teils, mit einer bemerkung eingeleitet und/oder mit einem kommentar abgeschlossen(2.21.028). Diese kommentare sind, und das sollte nicht übersehen werden, in vielen fällen nicht mehr als eine polemik gegen den zitierten autor, den Lenin im lager der idealisten verortet, abgeschoben und abqualifiziert als "machist"(2.21.029). Diese polemiken, in ihrer diktion meisterhaft formuliert, sind in ihrem sachlichen inhalt leer.
  
        Ich zitiere, pars pro toto, eine passage aus dem kapitel(VI/3): "Von den Suworowschen „Grundlagen der sozialen Philosophie“(1908)". Lenin setzt sich mit dem "Gen.S.Suworow" auseinander und zitiert seinen gewährsmann, das zitat kommentierend:

        #„... Dieses Gesetz der sozialen Ökonomie ist nur das Prinzip der inneren Einheit der sozialen Wissenschaft" (verstehen Sie was, lieber Leser?), "sondern auch das Bindeglied zwischen der sozialen Theorie und der allgemeinen Theorie des Seins.“(294) 
            So, so! S.Suworow hat also die „allgemeine Theorie des Seins“ von neuem entdeckt, nachdem sie zu vielen Malen und in den verschiedensten Formen von den zahlreichen Vertretern der philosophischen Scholastik entdeckt worden war! Wir gratulieren den russischen Machisten zu der neuen „allgemeinen Theorie des Seins“! Wir wollen hoffen, daß sie ihre nächste Kollektivarbeit ganz der Begründung und Weiterentwicklung dieser großen Entdeckung widmen werden!#(2.21.030).
  
        Ein anderer beleg ist die polemik gegen H.Poincarè(2.21.031).

        Das objekt Lenin's sind die "Professor((en)) der Philosophie (wie auch der Theologie)", die "sich nicht direkt oder indirekt mit der Widerlegung des Materialismus" befassen(2.21.032). Die gegner Lenin's sind die russische materialisten, die als revisionisten in das lager der machisten gewechselt sind und offen front gegen den materialismus machen. Mit seiner einordnung der zitierten autoren setzt Lenin eine grenze zwischen zwei weltanschauungen, die als lager des denkens unversöhnbar gegenüberstehen, etikettiert mit den termini: materialismus und idealismus. In dieses schema von freund/feind presst Lenin alle denkbaren philosophischen gedanken, die er nach der maxime der parteilichkeit(2.21.033) beurteilt.

        Es sollte beachtet werden, dass nach dem tod Lenin's(1924) die herausgeber die verbindliche ausgabe: Materialismus und Empiriokritizismus, mit Lenin's schrift: "Zehn Fragen an den Referenten" erweitert haben, diesen text voranstellend(2.21.034). Mit diesem text stellt Lenin unmissverständlich klar, dass es im meinungsstreit, sei dieser philosophisch oder sei dieser politisch motiviert, nur eine richtige position geben könne. Unter punkt: 1, fragt Lenin, suggestiv-fordernd:

        #Erkennt der Referent an, daß die Philosophie des Marxismus der dialektische Materialismus ist?#

    und Lenin präzisiert diese aussage unter dem zweiten punkt:

        #Erkennt der Referent die von Engels vorgenommene grundlegende Einteilung der philosophischen Systeme in Materialismus und Idealismus an, ... #.

        Im kontext dieser schrift ist die these greifbar real, dass Lenin, geurteilt in der perspektive seiner politischen interessen, nicht die absicht gehabt haben kann, die differenz: idealismus/materialismus, mit einer nüchternen kritik der antagonistischen lager(2.21.035) auszuloten, um die möglichkeiten einer vermittlung zu bestimmen. Es ist exakt die vermittlung, die Hegel als das ziel der dialektik von position und negation bestimmt hatte. Hegel's idee der vermittlung ist dem ziel Lenin's konträr, der mit seiner schrift versucht, seinen adressaten immer wieder einzuhämmern, dass die idealisten die feinde des materialismus seien, die zu vernichten sind.

        Mit seinem manischen zwang, die gewährsleute unablässig zu zitieren, unterbrochen mit kommentaren, die nur einen tenor haben: jeder idealist rede unsinn, fixiert Lenin die botschaft, dass nur er: Lenin, der materialist, es sein könne, der wahr rede. Dieser botschaft steht das faktum entgegen, dass Lenin über den idealismus zwar eine eindeutige meinung gehabt hatte, aber seine eigene position, der dialektische materialismus(2.21.036) ist unscharf formuliert. Wenn Lenin vom materialismus spricht, dann beschränkt er sich darauf, die meinung Friedrich Engels' zu zitieren(2.21.037).      

1.2.2    Teil 2. Der dialektische materialismus Lenin's.

        Die kontroverse: materialismus/idealismus, verkürzt Lenin auf den materialismus in der version: dialektischer materialismus. In der tradition der abendländischen philosophie ist der gegensatz: idealismus/materialismus, der cantus firmus. Es ist zwar brauch, von einem widerspruch zu sprechen, der die begriffe: idealismus und materialismus, katagorisch trennt, aber die dokumente der historia sind phänomene, an denen in raum und zeit nachvollziehbar demonstriert werden kann, dass die theoreme des materialismus und des idealismus zueinander nur gegensätze sein können. In der differenz: materialismus/idealismus, ist ein gegensatz gespiegelt, der kein widerspruch sein kann. Mit der unterscheidung: materie/geist,(2.21.038) reagiert das individuum als ich auf seine erfahrung, dass die materielle welt durchdrungen ist mit den phänomenen des geistes und es sind die geister, die akzeptieren müssen, dass sie ohne die materielle welt nicht auskommen können, an der sie ihr mütchen kühlen.

        Lenin ist weitschweifig, wenn er die idealisten abkanzelt, die, den geist vor die materie setzend, nur unsinn reden(2.21.039), er übersieht aber, dass die materie in ihrem sosein nur dann real sein kann, wenn die materialisten in ihren vorstellungen ein abbild der materiellen dinge verfügbar haben. In der wiederspiegelungstheorie(2.21.040), dem kern des Lenin'schen materialismus, ist exakt der gedanke von einem subjekt präsent, den Lenin in den positionen der idealisten jedweder couleur(2.21.041) unermüdlich bekämpft, nämlich der gedanke, dass von der materie nur dann gesprochen werden kann, wenn der antipode: geist, eingeräumt ist, nicht anders die idealisten, die vom geist nur dann reden können, wenn sie in ihr kalkül die materie einbeziehen, real in den dingen der welt, die der spiegel sind, in dem der idealist sich als das erkennt, was er ist, nämlich das subjekt zu sein, das kein objekt sein kann. Im spiegelbild der materie, das eine vorstellung des individuums als ich ist, ergreift der idealist die chance, sich selbst als idealist begreifen zu können, existierend in der welt, die in den dingen der welt, die materie sind, real ist. Die unterscheidung: geist/materie, ist strikt zu beachten.
  
        Das eine ist, den idealismus, respektive den materialismus, als ideologien in ihrer struktur zu kritisieren, den vorzug dieser theorien einerseits erkennend, den mangel dieser theorien andererseits benennend. Das ist das tägliche geschäft der philosophen, wenn sie, wie man sagt, versuchen, die relation: geist<==|==>materie, auf dem begriff zu bringen.

        Das andere ist die verneinung des je anderen, die keine negation ist und als verneinung nur eine position sein kann, die keinen gegenpart haben soll, der als spiegel im spiegelbild die verneinung in ihrem sosein erkennbar macht. Das, was Lenin an den positionen der sogenannten empiriokritiker unablässig kritisiert, ihren einseitigen blick als idealisten auf den geist nämlich, das wiederholt Lenin, der materialist, unablässig mit seinem verweis auf den dialektischen materialismus, der die auflösung des problems sein soll. Lenin erkennt nicht, dass seine kritik des empiriokritizismus genau das dementiert hat, was die bedingung seiner kritik ist, die relation: geist<==|==>materie.

        In der analyse der einen position(=idealismus) oder der analyse der anderen position(=materialismus) kann es zweckmässig sein, die je andere position auszublenden, um schärfer den kern eines arguments in den fokus zu nehmen, aber, diese analyse erfolgt immer im horizont der je anderen position. Der materialist: Lenin, kann sich seiner position als materialist nur dann gewiss sein und sicher, wenn er in sein kalkül zumindest die position der kritisierten idealisten als notwendiges potential einbezieht, nicht anders der idealist: Mach, der, so von Lenin gezeichnet, gegen die gottlosen materialisten zu felde zieht(2.21.042). Mit seinen wiederholungen der argumente gegen die idealisten präzisiert Lenin weder seine argumente im kampf gegen den idealismus, noch stärken diese wiederholungen seine eigene position; denn mit seiner verneinung des idealismus, ihm die existenz im sosein absprechend, hat Lenin die gegenüberstellung: idealismus/materialismus, die die bedingung seiner kritik der verhassten machisten ist, de facto gegenstandslos gesetzt.
 
        Im horizont des Lenin'schen denkens ist der idealismus ebenso ohne substanz wie der materialismus ohne substanz bleiben muss, weil das gegenüber des einen oder des anderen zerstört ist, gegen den der materialismus, respektive der idealismus stehen sollen.

1.2.3    Teil: 3. Die logik des Hegel'schen begriffs: dialektik, im horizont des trialektischen modus.

        In der logik des Lenin'schen arguments ist das ausgelöscht, was den kern der Hegel'schen dialektik ausmacht.

        In zwei formen hat Hegel seinen begriff: dialektik, entwickelt, begriffe, die als phänomene, in ihrer struktur different erscheinend, als begriff nicht different sind. Einerseits ist es die herr/knecht-dialektik in der Phänomenologie des Geistes(1807), anderseits ist es die seins-dialektik in der Logik der Wissenschaften(1831)(2.21.043). Die Hegel'schen dialektikbegriffe folgen in ihrer struktur dem klassischen modell der dialektik: these - antithese - synthese.

        Hegel gebraucht entweder die formel: "position - negation - vermittlung", oder die formel: sein - nichts - werden. Das argument Hegel's ist, dass mit der setzung einer position(=sein) notwendig auch die negation(=nichts) gesetzt sein muss, gesetzt als widerspruch, dessen in-eins-setzung von sein und nichts die vermittlung(=werden) der positionen: sein und nichts, ist, interpretiert als identität(2.21.044).

        Dem gedanken Hegel's kann Ich einen gewissen charm nicht absprechen, aber das, was auf der argumentebene des begriffs wie das glasperlenspiel gelingt, das ist, vollzogen vom individum als ich in raum und zeit auf der argumentebene der phänomene, zweideutig. Der begriff: dialektik, dargestellt im trialektischen modus, ist im moment der gelebten gegenwart eine position(=sein), vom individuum als ich gesetzt als moment einer relation. Die negation(=nichts) ist als das bestimmende kriterium das ausgeschlossene dritte moment. In einem anderen moment der gelebten gegenwart setzt das individuum als ich das moment: die negation(=nichts), in einer relation, die eine position ist, und das moment: position(=sein), ist als das ausgeschlossene dritte moment das bestimmende moment. Die vermittlung von position(=sein) und negation(=nichts) ist im schema des trialektischen modus fixiert mit der relation: position<==|==>negation, und das individuum als ich ist als das bestimmende moment das ausgeschlossene dritten moment(2.21.045).

        Dieser begriff: dialektik, entwickelt aus dem dialektikbegriff Hegel's und situiert im horizont des trialektischen modus(2.21.046), ist nicht kompatibel mit dem dialektikbegriff, den Lenin seinem begriff: dialektischer materialismus, unterlegt hat.
 
1.2.4    Teil: 4. Lenin's begriff einer materialistischen dialektik.

        Meine auslegung der Hegel'schen dialektik im horizont des trialektischen modus demonstriert, dass der versuch Lenin's die dichotomie: idealismus/materialismus, auf den dialektischen materialismus als lösung aller gesellschaftlichen probleme zu verkürzen, nicht gelingen kann, vielmehr kann gezeigt werden, dass Lenin mit einem dialektikbegriff operiert, der in der überlieferung als vulgärdialektik verpönt ist(2.21.047).

        Ausweislich der notizen, die in den Philosophischen Hefte((n)) abgedruckt worden sind, hat Lenin die texte gelesen, in denen Hegel seinen begriff von dialektik beschrieben und begründet hatte, aber die rezeption dieses begriffs: dialektik, vollzog Lenin in der tradition von Marx und Engels, auf Marx verweisend, der, wie's kolportiert wird, den Hegel vom kopf auf die füsse gestellt habe(2.21.048).   Hegel hatte versucht, das fragile verhältnis von position und negation in der vermittlung(=das aufgehobene) auszubalancieren, um seinen begriff: die absolute idee, den bedingungen von raum und zeit entziehen zu können. Das ziel Hegel's ist die absolute idee, die das subjekt(=individuum als ich) in raum und zeit nicht realisieren kann, weil das ziel im moment seiner realisierung, "dem objektiv Wahren"(2.21.049), immer wieder in die realität zurückfällt und den prozess der dialektik von position und negation neu eröffnen muss. Das, was Lenin von Hegel's idee übernommen hat, das wird von Lenin in seiner kritik der Hegel'schen dialektik als die form des absoluten geistes verrechnet, die Hegel als idealisten ausweist(2.21.050).

        Dem letzten kapitel der Logik Hegel's: Die absolute Idee, widmet Lenin seine ganze aufmerksamkeit. In einer längeren passage, untypisch für Lenin's notizen, skizziert Lenin, was seinem dafürhalten nach die dialektik ist. Die dialektik ist  blooss eine methode.

    Lenin notiert für sich(2.21.051):

        #Zu betrachten bleibt jetzt schon nicht der Inhalt*01, sondern ... „das Allgemeine seiner Form - das ist die Methode“(329)*02.

            ((...))
 
        „Die absolute Methode“ (d.h. die Methode des Erkennens der objektiven Wahrheit) „dagegen verhält sich nicht als äußerliche Reflexion, sondern nimmt das Bestimmte aus ihrem Gegenstand selbst, da sie selbst dessen immanentes Prinzip und Seele ist“*03.

            ((...))

              Diese Methode „des absoluten Erkennens“ ist ((//212)) analytisch, ...„aber ebensosehr synthetisch“...(336).
            „Dieses so sehr synthetische als analytische Moment des Urteils, wodurch das anfängliche Allgemeine aus ihm selbst als das Andere seiner sich bestimmt, ist das dialektische zu nennen...“(336)*04.

((mit zwei senkrechten strichen am rand und der notiz Lenin's: Eine der Bestimmungen der Dialektik. Dieses zitat Hegel's wiederholt Lenin auf russisch, gesetzt in einen kasten und von den herausgebern rückübersetzt(?)))

        „Dieses so sehr synthetische als analytische Moment des Urteils, wodurch (durch das Moment) das anfängliche Allgemeine der allgemeine Begriff*05 aus ihm selbst als das Andere seiner sich bestimmt, ist das dialektische zu nennen.“
            Eine Bestimmung, die nicht gerade zu den klaren gehört!!
        1. die Bestimmung des Begriffs aus ihm selbst das Ding selbst soll in seinen Beziehungen und in seiner Entwicklung betrachtet werden*06;
        2. Das Widersprechende im Ding selbst (das Andere seiner*07), die widersprechenden Kräfte und Tendenzen in jedweder Erscheinung;
        3. die Vereinigung von Analyse und Synthese.
            Diese sind allem Anschein nach die Elemente der Dialektik.

((Am rand zwei senkrechte striche von nummer: 1 bis 16, und der randnotiz: Die Elemente der Dialektik, folgt eine liste von 15 elementen, daraus eine auswahl: ... //231 ))

        5) das ding (die Erscheinung etc) als summe ((es folgt eine raute = das zeichen: #)) und Einheit der Gegensätze.
        6) Kampf resp. Entfaltung dieser Gegensätze, der widersprechenden Bestrebungen etc.
        7) Vereinigung von Analyse und Synthese - das Zerlegen in einzelne Teile und die Gesamtheit, die Summierung dieser Teile.
    x     8) die Beziehung jedes Dinges (jeder Erscheinung etc) sind nicht nur mannigfaltig, sondern allgemein, universell. Jedes Ding (Erscheinung, Prozeß etc.) ist mit jedem verbunden.
        9) nicht nur Einheit der Gegensätze, sondern Übergänge jeder Bestimmung, Qualität, Eigenheit, Seite, Eigenschaft in jede andere in ihrem Gegensatz?*08.

            ((... /214 ))

        14) die scheinbare Rückkehr zum Alten (Negation der Negation)
        15) Kampf des Inhalts mit der Form und umgekehrt. Abwerfen der Form, Umgestaltung des Inhalts.
        16) Übergang der Quantität in die Qualität und vice versa. (15 und 16 sind Beispiele von 9)*09.

            ((es folgt das in einen kasten gesetzte resumee Lenin's))

        Die Dialektik kann kurz als die Lehre von der Einheit der Gegensätze bestimmt werden. Damit wird der Kern der Dialektik erfaßt sein, aber das muß erläutert und weiterentwickelt werden.

((Es folgen längere zitate, die Hegel's sicht auf die dialektik der antike zum gegenstand haben. Am rand diverse kurze notizen Lenin's, die in ihrer allgemeinheit viele interpretationen zulassen*10. ... /214-217. Ich fahre fort mit einer notiz Lenin's zum begriff: negation, gesetzt in einen kasten. /218)).

        Nicht die bloße Negation, nicht die unnütze Negation, nicht das skeptische Negieren, Schwanken, Zweifeln in charakteristisch und wesentlich in der Dialektik - die unzweifelhaft das Element der Negation enthält -, nein, sondern die Negation als Moment des Zusammenhangs, als Moment der Entwicklung, bei Erhaltung des Positiven, d.h. ohne irgendwelche Schwankungen, ohne jeden Eklektizismus.

            ((im text unmittelbar folgend))

      Die Dialektik überhaupt besteht im Negieren der ersten These, in ihrer Ersetzung durch die zweite (im Übergang der ersten in die zweite, im Aufzeigen des Zusammenhangs zwischen der ersten und der zweiten etc.). Das Zweite kann zum Prädikat des Ersten gemacht werden -
            - „z.B. das Endliche ist unendlich, Eins ist Vieles, das Einzelne ist das Allgemeine“(341)...*11.

((eine weitere längere auslassung mit zitaten von Hegel und kommentierenden bemerkungen Lenin's, so das wort: das Salz der Dialektik*12. Lenin schliesst seine lektüre der Logik Hegel's ab am 17.XII.1914. Vor dieser notiz zitiert Lenin Hegel:))

        „Indem die Idee sich nämlich als absolute Einheit des reinen Begriffs und seiner Realität setzt, somit in die Unmittelbarkeit des Seins zusammennimmt, so ist sie als die Totalität in dieser Form - Natur.“(352/353.)

            ((/226))

       Dieser Satz auf der letzten, 353.Seite der Logik(kursiv) ist höchst bemerkenswert. Der Übergang der logischen Idee zur Natur. Der Materialismus ist fast mit Händen zu greifen. Engels sagte mit Recht, daß das System Hegels ein auf den Kopf gestellter Materialismus ist*13. Das ist nicht der letzte Satz der Logik, aber das Weitere bis zum Schluß der Logik ist unwichtig.
        _____

        Ende der „Logik“. 17.XII.1914

            ((am rand die notiz, gesetzt in einem kasten mit drei linien))

        NB: In der kleinen Logik (Enzyklopädie § 244, Zusatz*14 S.414 lautete der letzte Satz des Buches: „diese seiende Idee aber ist die Natur“.

            ((abgesetzt mit zwei waagerechten Linien folgt in einem kasten gesetzt, am rande versehen mit der notiz: NB:))

        Bemerkenswert, daß im ganzen Kapitel über die „absolute Idee“ fast mit keinen Wort Gott erwähnt ist (höchstens, daß da einmal zufällig ein „göttlicher“ Begriff entschlüpft), und außerdem - dies NB - hat das Kapitel fast gar nicht spezifisch den Idealismus zum Inhalt, sondern sein Hauptgegenstand ist die dialektische Methode. Fazit und Resümee, das letzte Wort und der Kern der Hegelschen Logik ist die dialektische Methode - das ist äußerst bemerkenswert. Und noch eins: In diesem idealistischsten Werk Hegels ist am wenigsten Idealismus, am meisten Materialismus. „Widersprechend“, aber Tatsache!*15.#

    (2.21.052).
 
    Diese notizen Lenin's sind schwer zu handhaben, weil in der Lenin'schen form der ausdeutung des Hegel'schen textes diesen notizen Lenin's der inhalt beigegeben ist, den der interpretierende zu verantworten hat, ein inhalt, der nicht mit den gedanken gleichgesetzt werden sollte, die Lenin bei der anfertigung der notizen gehabt hatte. Folglich kann aus diesen notizen keine in sich konsistente theorie der dialektik abgeleitet werden, die Lenin als begriff: dialektik, (vielleicht) im kopf gehabt hatte. Diese notizen sind aber hinweise, in welche richtung Lenin gedacht hatte(2.21.053). Der begrenzende horizont dieser gedanken ist das denken Friedrich Engels', auf den Lenin in seinen verweisen immer wieder zurückgreift(2.21.054). Der dialektikbegriff Engels' aber hat, ausser den terminus: dialektik, nichts gemein mit dem dialektikbegriff Hegel's(2.21.055).   

1.3.     schluss

1.3.1  
Ich komme zum schluss und weite den gedanken aus.

        Die lesefrüchte, gesammelt von Lenin bei seiner lektüre der schriften von Marx, von Engels und von Hegel, wären längst im schlund der vergangenheit verschwunden und auch vergessen, wenn der autor dieser notizen nicht W.I.Lenin, der revolutionär und politiker, gewesen wäre. Aus diesem grund sind seine notizen, die geschichte des 20. und des 21.jahrhunderts im blick habend, auch heute noch von interesse, aber, ob es möglich ist und auch sinnvoll sein kann, aus den philosophischen überlegungen Lenin's in den jahren: 1908-1917, rückschlüsse zu ziehen auf das politische geschehen im jahr: 2024, das ist eine frage, die widersprechende antworten evozieren muss, weil die antworten abhängig sind von den perspektiven, in denen das problem der tradierung analysiert und reflektiert wird.

        Meine position ist eine der möglichen antworten.

1.3.2   
das problem der gegenwart sind die phänomene der macht, die im horizont des begriffs: dialektik, ausbalanciert werden müssen, das problem gefasst im trialektischen modus.

        Im politischen diskurs ist es eine konvention, von der dialektik der macht zu sprechen. Die situation ist, dass bestimmte interessen, im streit stehend, durchgesetzt werden sollen. Es wird, um den eigenen interessen gewicht zu verleihen, einerseits auf die dialektik verwiesen, reduziert auf die methode, andererseits wird versucht, mit der methode: dialektik, den eigenen anspruch zu rechtfertigen. Die these ist also plausibel nachvollziehbar, dass Lenin mit seiner lektüre der schriften Hegel's den zweck verfolgt hatte, eine theorie der macht zu formulieren, um in der praxis die machtmittel in die hand zu bekommen, die notwendig sind, den kampf um die machtmittel in der gesellschaft führen zu können. Die maxime dieser praxis ist, entweder jeden konkurrenten klein zu halten oder zu vernichten(2.21.056).

    In dieser perspektive ist die theorie der macht auf die logik der kausalität verengt, die zwischen den verfügbaren mitteln und den anstrebten wirkungen zu beobachten ist(2.21.057). Lenin, fixiert auf eine ideologie, die mit dem terminus: dialektischer materialismus, bezeichnet wird, dachte als revolutionär, eingebunden in seiner ideologie, und, auf diese perspektive begrenzt, handelte Lenin, gefangen in seiner theorie, als ein politiker der macht.

        Einerseits hat Lenin nicht begriffen, dass es zwischen den dingen der welt als das_andere, den dingen der natur in ihrem sosein, keine dialektik möglich ist, aber, es ist möglich von gewissen kausalitäten zu sprechen, die wirksam sind zwischen den dingen der welt, nämlich dann, wenn eingeräumt ist, dass das subjekt: Lenin, seine objekte händelnd, eine vorstellung hat von dem, was die dinge der welt in ihrer materialität sind. Allerdings, die bedingung dieser position ist, dass die unterscheidung: materie/geist oder idealismus und materialismus, wirksam sein muss, was in raum und zeit die reduktion des arguments auf die positionen, entweder idealismus oder materialismus, begrifflich ausschliesst.

        Anderseits ist es zwingend, von einer dialektik zwischen dem individuum als ich: A, und seinem genossen: B, zu sprechen, dann, wenn sich der genosse: B, und das individuum als ich: A, um das ding der welt: n, streiten. Der streit aber hat zum fundament gründe, die zwischen dem individuum als ich: A, und dem genossen: B, streitg sind, ohne dass die gründe mit den methoden der kausalität als legitim ausgewiesen werden können. Immer wird der eine grund gegen den anderen grund stehen, ohne dass aus diesen gründen heraus entscheidbar ist, welcher grund kausal gerechtfertigt ist oder nicht. Dieser situation können sich weder der genosse: B, noch das individuum als ich: A, entziehen, wenn die soziale beziehung real ist, gesetzt als relation: A<==>B,(2.21.058). Mit dem Lenin'schen begriff: dialektischer materialismus(2.21.059), missbraucht als paspartout, kann die situation einer sozialen beziehung zwischen dem individuum als ich: A, und seinem genossen: B, nicht erfasst werden.

        Hegel's dialektik, erweitert in der methode des trialektischen modus, weist einen weg aus(2.21.060), der im gegensatz zu dem machtmissbrauch Lenin's gangbar ist, die welt ohne gewalt zu schaffen und diese als ort zu begreifen, in dem das_humanum(2.21.061) realität ist.   

C.1    Das nachspiel.
Lenin, der illegitime erbe Hegel's.

    Es ist unergiebig, Lenin rezipieren zu wollen als einen philosophen, der in der abendländischen tradition verwurzelt ist. Gleichwohl ist Lenin's auseinandersetzung mit der tradition ein faktum, das, den blick auf die realität im jahr: 2024, nicht verstellend, die mögliche perspektive ausschliesst, das politischen handeln Lenin's, getränkt von gewalt, mit der dialektik Hegel's widerspruchsfrei erklären zu können(2.21.062). Im kampf um die macht ist die gewalt das movens, ein momentum, das mit dem terminus: dialektik, camoufliert wird. Das, was im kampf um die macht zählt, das ist die verfügbare macht in den phänomenen der gewalt, gewalt aber, als faktum real, ist kein begriff des politischen(2.21.063).
finis

-----------
fortsetzung: subtext/ 2.11.001.

<==// anfang

eingestellt: 25.01.01
zurück/übersicht  //   
zurück/neue_texte  //    
zurück/bibliographie  //  
zurück/bibliographie/verzeichnis  //