Den vortrag hatte Ich auf dem
35.Int.Hegelkongress in Tiflis, 30.09.-04.10.2024, in deutsch gehalten.
Die version des vortrags wird im Hegel-Jahrbuch in englisch publiziert.
Hegel,G.W.F.
Lenin,W.I.
rezeption
dialektik/Hegel
methode
trialektische_modus
materialismus (materie)
idealismus (geist)
empiriokritizismus
Wenn mit der "Idee
des Guten" argumentiert wird, dann muss auch von der realität des bösen
gesprochen werden. Umstritten ist das politische erbe Lenin's.
Einerseits ist Lenin die lichtgestalt, der als weitsichtiger staatsmann
auch die historischen quellen seines politischen denkens genau studiert
hatte, andererseits ist Lenin als gründer der Sowjetunion ein mensch
der gewalt gewesen, der über leichen gegangen war. Sein umfangreiches
werk, zusammengesetzt aus tagespolitischen schriften, programmen,
manifesten und studien zur geschichte des dialektischen materialismus,
ist als dokument der historia eine quelle, die aufklärung verspricht
über die frage, wie Lenin die schriften von Hegel rezipiert hatte.
Der gegenstand meines vortrags sind die excerpte und
notizen Lenin's, die er bei der lektüre der Schriften Hegel's
angefertigt hatte(a). Ergänzend wird herangezogen seine schrift:
Materialismus und Empiriokritizismus(b).
Ich proponiere als these, dass Lenin die schriften
seiner "Pappenheimer" zwar gelesen hatte, aber Lenin zog aus seiner
lektüre keine zwingenden schlussfolgerungen für sein politisches
handeln, weder im blick auf das "konservative" narrativ, Hegel sei mit
seiner dialektik, vermittelt durch Marx und Engels, der begründer des
kommunistischen totalitarismus, noch im blick auf das "progressive"
narrativ, Lenin habe seinen historischen beitrag geleistet zur
erfüllung der Hegel'schen geschichtsutopie, alle werden in der
vollendung der geschichte frei sein.
Ich will darlegen, dass Lenin den kerngedanken der
dialektik Hegel's(=position, negation und aufhebung des widerspruchs in
der vermittlung) nicht begriffen hat. Das umstrittene verhältnis von
idealismus und materialismus reduzierte Lenin auf ein nebeneinander von
idealismus und materialismus, einerseits den idealismus, verengt auf
den empiriokritizismus Mach's, und andererseits den dialektischen
materialismus in der fassung Engels'. Das, was Hegel in seiner
dialektik als eine einheit gedacht hatte, das bricht Lenin auf in einen
nicht aufhebbaren widerspruch, in dem das eine, der materialismus, das
andere, den idealismus, ersetzt. Lenin ist überzeugt, dass der
idealismus im geschichtlichen prozess vernichtet wird und der
materialismus triumphieren werde. In seiner argumentation aber kommt
Lenin nicht über das hinaus, was Engels in seinem Anti-Dühring
geschrieben hatte, von Lenin reduziert auf die wiederholung
einschlägiger zitate. Hatte Engels noch eine verknüpfung von idealismus
und materialismus zumindest in sein kalkül eingestellt, so eliminiert
Lenin den idealismus und lässt den materialismus vermittlungslos
zurück. Der terminus: dialektik, wird von Lenin als floskel genutzt,
mit der er, installiert in der position der macht, sein gewalttätiges
handeln camoufliert.
Dennoch ist der Hegellektüre Lenin's ein moment der
aufklärung eigentümlich, nämlich die aufklärung, die, nicht geleistet
von Lenin, von seinem rezipienten zu leisten ist. Nicht eingebunden in
ein dickicht von loyalitäten kann der rezipient abwägen, einerseits die
dialektik Hegel's, andererseits deren deutung durch Lenin. In dieser
perspektive ist das denken des rezipienten weder das denken Hegel's,
noch das denken Lenin's(c).
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(a) W.I.Lenin: Werke. Berlin: 1973. Bd.38.(Philosophische Hefte)
(b) a.a.O. Bd.14.
(c)
dazu mehr in meinem essay: Der
terminus: freiheit, und die möglichen freiheitsbegriffe im denken
Kant's, Hegel's und des rezipierenden individuums als ich.
Erkenntnistheoretische überlegungen zu einem methodenproblem
historischer rezeption.(2014/2014). //==> 024:rezeption.