sektionsreferat für den
Hegelkongress in Stuttgart, 07.-10.06.2023.
Das Anerkannt_sein oder das Anerkennen des Anderen als der_Andere.
Das Problem Hegel's in seiner Herr/Knecht-Dialektik.
Ob die Philosophie zu den anderen Wissenschaften ein "Verhältnis" habe,
das kann dann zu einer heiklen Frage werden, wenn das Subjekt des
Philosphierens in den Fokus gesetzt ist, das in der Auseinandersetzung
mit den Dingen der Welt versucht zu bestimmen, was die kausalen
Verknüpfungen sind, die das Individuum, das Subjekt seiend, und sein
Genosse, auch das Subjekt seiend, gemeinsam und different in ihrer
sozialen Beziehung beurteilen, gegeneinander/miteinander. Das Problem
hat Hegel in der Dialektik von Herr und Knecht verortet. Der Knecht,
ebenso der Herr, wollen vom je Anderen anerkannt sein. Dieses Begehren
hat Hegel in seinem Bild: der Kampf um das Anerkannt_sein,
gebündelt(1). Der Knecht will sein wie der Herr, einen Befehl gebend,
der Herr will sein wie der Knecht, die Arbeit leistend, aber in diesem
Kampf um das je andere verfehlen sie notwendig das, was sie als Herr
und Knecht auszeichnet, einerseits in der Arbeit der Knecht zu sein,
andererseits im Befehl der Herr. Das Problem in der Begegnung des
Knechts mit dem Herrn oder des Herrn mit dem Knecht ist,
miteinander/gegeneinander, dass das Anerkannt_sein wollen(passiv) ein
Anerkennen des je Anderen als der_Andere sein muss(aktiv).
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Die Differenz: Anerkannt_sein(=das Wollen) oder Anerkennen(=das
Müssen), reflektiert Hegel dialektisch, aber er kann die Differenz
methodisch nicht auflösen. Das Problem ist Hegel's Reduktion des
aktiven Handelns seines Subjekts auf das passive Moment des Handeln,
das Anerkannt_sein wollen, einerseits als der Herr, andererseits als
der Knecht. Im Spiel kann das Anerkennen des Anderen als der_Andere
aktiv gelingen, begrenzt in Zeit und Raum, im Kampf aber, notwendig auf
Leben und Tod gehend, ist das Anerkennen des Anderen als der_Andere
zerstört, weil das Anerkennen in seinem Resultat, das Anerkannt_sein
wollen, keinen Gegenstand haben kann; denn das Subjekt, das anerkannt
sein will, bleibt passiv in der Funktion des Objekts eingeschlossen, so
die Situation perpetuierend, die im Wollen des Subjekts aufgehoben sein
soll.
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Ich werde im Vortrag den Gedanken entwickeln, dass die
Herr/Knecht-Dialektik als Kernproblem jeder sozialen Beziehung dann
rational begreifbar ist, wenn das Subjekt sein Anerkennen des je
Anderen als der_Andere aktiv mobilisiert, sowohl den Knecht als auch
den Herrn motivierend, den je Anderen als der_Andere anzuerkennen,
nämlich als das Subjekt, das dem die Anerkennung leistenden Subjekt als
Subjekt gleich ist, in dieser Gleichheit aber als Subjekt mit dem
anderen Subjekt nicht identisch fallen kann. Dieser Gedanke ist in der
Hegel'schen Dialektik real im Moment der Vermittlung verortet als das
Prinzip: Anerkennung des Anderen als der_Andere, das als Theorie der
sozialen Beziehungen zwischen allen, die es betrifft, jede Form von
Gewalt auf der Argumentebene der Begriffe(=Logik) ausschliesst,
einerseits, andererseits ist die Gewalt in jeder Form auf der
Argumentebene der Phänomene(=Ontik) ein Faktum, der Gewalt nämlich,
durch die derjenigen, der Gewalt übt, in der Gewaltausübung sich selbst
als Subjekt entmächtigt hat, sich selbst zu einer Sache degradierend,
die als das_Andere nur ein Objekt sein kann. In der sozialen Praxis
schliesst das Anerkennen des Anderen als der_Andere Gewalt aus, ohne
die Gewalt als Moment der Natur ausschliessen zu
können.
Die Gliederung des Vortrags:
Teil 1:
in der Perspektive der Analyse erörtere ich Hegel's Argument im
Kapitel: Herrschaft und Knechtschaft,(2).
Teil 2:
in der Perspektive der Analyse expliziere ich das strukturelle
Defizit der Dialektik Hegel's, entfaltet von Hegel im Kapitel: Sein,(3).
Teil 3:
in der Perspektive der Synthese werde ich demonstrieren, dass
das strukturelle Defizit der Hegel'schen Dialektik einerseits nicht
auflösbar ist, andererseits aber als Problem der sozialen Praxis
dargestellt werden kann. Im Argument sind je zwei Momente des
dialektischen Schema so miteinander verknüpft, dass das je dritte
Moment als das ausgeschlosene Moment die Funktion des bestimmenden
Moments hat(4).
Den Vortrag schliesse ich ab mit einem Statement zur praktischen
Relevanz des dargestellten Arguments.
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Anmerkungen
(1)
Hegel schreibt: "sich ... durch den Kampf auf Leben und Tod
bewähren". (Hegel,G.W.F.: Werke in zwanzig Bänden, 1970, Phänomenologie
des Geistes, Bd.3, p.149).
(2) Phänomenologie des Geistes, a.a.O., p.145-155.
(3) Logik der Wissenschaften, a.a.O., Bd.5, p.82-115.
(4) der Gedanke wiederholt, visualisiert mit einer Skizze. Die Momente
der Hegel'schen Dialektik sind als Eckpunkte eines gleichseitigen
Dreiecks markiert(Subjekt, Anerkannt_sein und Anerkennen), die
Seitenlinien des Dreiecks markieren die Verknüpfung von je zwei
Eckpunkten unter Ausschluss des je dritten Eckpunkts.
skizze: 01
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(*1) in der vorgelegten fassung für das anonymisierte auswahlverfahren
der eingereichten CfP.
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