Subtext

2.3.001-2.3.034
 

2.3.001

das ding der welt: n, als kunstwerk ist kein ästhetisches urteil, das ästhetische urteil ist nicht das ding der welt: n, als kunstwerk; sowohl die begriffe als auch die unterschiedenen phänomene sind zueinander das_andere. Diese differenz muss strikt beachtet werden, wenn das individuum als ich und sein genosse über die ästhetischen fragen miteinander kommunizieren, im konsens oder im streit. Das ding der welt: n, gleich_gültig, ob als kunstwerk oder machwerk, ist dem individuum als ich und seinem genossen auf dem forum publicum, raum und zeit ausfüllend, in gleicher weise verfügbar, es ist das mit sich selbst identische ding der welt: n, unabhängig davon, wie dieses vom individuum als ich und seinem genossen wahrgenommen wird. Als begriff ist das ästhetische urteil(a) dem individuum als ich oder seinem genossen nur im forum internum verfügbar. Es ist das individuum als ich oder sein genosse, die, jeder für sich, die relation: Mona_Lisa<==|==>kunstwerk, setzen. In der form ist die setzung ein logisches urteil, das dem logischen subjekt: da Vinci's Mona Lisa, das prädikat: kunstwerk, zuordnet(b). Für das setzende individuum als ich ist die zuordnung wahr, ob diese zuordnung, wenn sie auf dem forum publicum erörtert wird, auch richtig ist oder falsch, das wird mit gründen entschieden, die für sich in gleicher weise ein ästhetisches urteil sind, allein der genosse hat die relation gesetzt: Mona_Lisa<==|==>nicht_kunstwerk, und für den genossen ist dieses ästhetische urteil wahr, gleichwohl es als falsch bestritten werden kann. In diesem streit ist das ding der welt: n, das als "Mona Lisa" im Louvre ein publikumsmagnet ist, das, was es ist(c). Die unterschiedlichen einschätzungen werden im ästhetischen urteil fixiert, das einmal so ausfallen kann, ein andermal auch anders bis zum wechselseitigen ausschluss, das umstrittene ding der welt: n, als kunstwerk bleibt das, was es ist(d).
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(a) klarstellung: das ästhetische urteil ist als phänomen auch ein ding der welt, folglich auf dem forum publicum für jedermann unbeschränkt verfügbar. Der satz: das bildnis der Mona Lisa ist ein kunstwerk, und der satz: das bildnis der zigeunerin aus dem supermarkt ist ein machwerk, sind in ihrer form ästhetische urteile die, wie jeder andere text, als ein ding der welt gehändelt werden können.

(b) S(=Mona Lisa) a(=affirmiert) P(=kunstwerk).

(c) es ist ein schlichter gegenstand, der, orientiert an den perspektiven, ein bild an der wand ist und dort so lange bleiben wird, solange es nicht irgendwie bewegt wird. Es kann der gegenstand sein, den der versicherungsagent mit einem wert taxiert, oder der kunsthistoriker in der historia der kunst einordnet oder ein betrachter, der von dem lächeln der gemalten frau fasziniert ist. -

(d) siehe auch: Richter,Ulrich: Das kunstwerk als gegenstand und als ästhetisches urteil. Anmerkungen zu einer unterschätzten dialektik. (1999/2011) //==>www.ur-philosoph.de //==>bibliographie //==>verzeichnis //==>021:urteil/ästh.    //    <==//

2.3.002
mit dem ästhetischen urteil qualifiziert das individuum als ich ein bestimmtes ding der welt: n, entweder als ein kunstwerk oder es fügt diesem ding der welt: n, eine bestimmte bewertung bei, zusätze zum ding der welt: n, die gemäss der tradition dem bereich der ästhetik zugeordnet sind(a). Das ästhetische urteil: "das ding der welt: n, ist ein kunstwerk" und das ästhetische urteil: "das ding der welt: n, ist schön", sind bestimmte aussagen über ein bestimmtes ding der welt: n, die richtig sein können oder falsch. En detail muss hier nicht über die logik dieser urteile reflektiert werden, weil der konsens über die geltung der logik vorausgesetzt werden muss, wenn eine kommunikation zwischen dem individuum als ich: A, und seinem genossen: B, über die streitfragen der ästhetik möglich sein soll; folglich kann allein im streit stehen, ob die aussage: "das ding der welt: n, ist ein kunstwerk" und die aussage: "das ding der welt: n, ist ein machwerk"(b), konkret in raum und zeit, richtig sein muss oder falsch. Im streit stehen also die merkmale, deren funktion es ist, darüber eine entscheidung möglich zu machen, was richtig ist und was falsch. Diese festlegung kann nicht mit einem argument der logik entschieden werden, sondern wird in raum und zeit vom individuum als ich und seinem genossen, jeder für sich, entschieden, und jede mögliche festlegung muss als argument des einen und des anderen, jeder für sich, wahr sein.
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(a) das ästhetische urteil gilt auch für die weltdinge, die nach allgemeinem urteil keine kunstwerke sein können, aber mit dem kriterium: schön oder hässlich,(01) unterschieden werden. Diese differenz ist für jede ästhetische theorie von zentraler bedeutung, aber sie wird in diesem essay nicht weiter thematisiert.
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(01) eine blume im garten ist schön, aber kein kunstwerk, und die rede von den kunstwerken der natur ist irreführend. Ein kunstwerk kann die anforderungen an schönheit verfehlen, aber als hässlicher gegenstand bleibt es dennoch ein kunstwerk.
(b) die aussage: "das ding der welt: n, ist schön" oder die aussage: "das ding der welt: n, ist hässlich" sind logisch in der gleichen weise nach richtig und falsch zu beurteilen, aber für dieses urteil ist der aspekt gleich_gültig, ob das ding der welt: n, ein kunstwerk ist oder nicht. Es genügt festzustellen, ob das streitige weltding als schön oder hässlich empfunden, soll heissen: bewertet wird, und die einschätzung dieses weltdings: n, als kunstwerk oder nicht ist irrelevant. Die blüte einer rose kann niemals ein kunstwerk sein, auch wen so dahergeredet wird, aber die blüte einer rose kann als schön empfunden werden oder auch nicht. In der tradition gilt die herrschende meinung, dass die kategorien: kunstwerk und schön, so eng miteinander verknüpft sind, dass die differenz in den begriffen aus dem blick gefallen ist, ein vorgang, der die nichtidentischen dinge der welt über beliebige termini miteinander austauschbar macht. Die klassischen kategorien der ästhetik diskutiere Ich in diesem essay nicht, obgleich diese kategorien auch als horizont meiner reflexionen über das kunstwerk präsent sein werden.    <==//
2.3.003
es gibt kein absolutes kunstwerk. Jedes ding der welt ist in raum und zeit das, was es ist. Das ding der welt: n, eingeschätzt als kunstwerk oder nicht_kunstwerk, wird vom individuum als ich in einer relation fixiert, eine behauptung, die mit dem prinzip des ontologischen arguments nicht vereinbar ist; denn die lehre vom "wesen eines kunstwerks", das einmal als moment der ewigen ideen Platon's erscheint, ein anderes mal als eine emanation des Heidegger'schen seins interpretiert wird, steht unverknüpfbar quer zu dem prinzip des relationalen arguments. Die these von einem sogenannten "wesen" des kunstwerks hat mit der beobachtung wenig gemein, dass das individuum als ich und sein genosse in einem konsens darin übereinstimmen können, dass es bestimmte dinge der welt gibt, die als kunstwerke gelten sollen. In der welt der kultivierten menschen gilt Leonardo da Vinci's Mona Lisa als das kunstwerk schlechthin, aber die allgemeine wertschätzung kann dieses kunstwerk nicht zu dem kunstwerk an sich machen, das es seinem "wesen nach" als kunstwerk sein müsse, so, wie im jargon geschwätzt wird; denn immer ist ein individuum als ich benennbar, das das bestimmte ding der welt: n, im moment seiner gelebten gegenwart entweder in einer relation als kunstwerk fasst oder den grund für diese festlegung als ästhetisches urteil in einer anderen relation fixiert, das jeweils andere moment als das ausgeschlossene dritte moment begreifend, das der begrenzende horizont ist(a).
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(a) den gedanken in einer graphik wiederholt.
Die relationen:
1.relation: individuum_als_ich<==|==>ding_der_welt:_n(=kunstwerk)
2.relation: individuum_als_ich<==|==>aesthetische_urteil
3.relation: ding_der_welt:_n(=kunstwerk)<==|==>aesthetische_urteil
graphik: 01,


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2.3.004
der kanon der ästhetischen wissenschaften enthält eine fülle von ästhetischen problemen, die im kontext dieses essays nicht diskutiert werden können. Ich fokussiere meinen blick auf zwei aspekte des kanons, die begriffe: kunstwerk und ästhetisches urteil, die in den perspektiven des schaffenden künstlers und des betrachters der werke erörtert werden, die anderen probleme sollen beiseite gelassen bleiben(a). Die ausgeschlosenen aspekte sind für die erörterten begriffe keinesfalls irgendeine nebensache(b), aber im plan der arbeit sind es nachrangige probleme, die als begrenzender horizont jedes argument einschliessen. Der analyse ist es immer erlaubt, sich auf einen kleinen, präzis definierten raum zu beschränken, die synthetisierende reflexion ist gut beraten, sich auch auf weniges, das überschaubar ist, zu konzentrieren.
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(a) diese gegenstände sind den experten überlassen, der philosoph aber, eher generalist als experte, nutzt die resultate der fachleute und stellt sie in einen anderen kontext, nicht immer in der vom experten gewünschten präzision.

(b) ein wichtiger bereich ist das handwerk, über das der schaffende künstler verfügen muss, das dem betrachter eines kunstwerks zumeist verschlossen ist. Für den künstler ist die beherrschung des handwerks die conditio sine qua non, für den betrachter des vollendeten werks kann die kenntnis des handwerks den zugang zum werk öffnen.  <==//

2.3.005
die kriterien der ästhetik haben die funktion, gründe zu sein, mit denen das individuum als ich und sein genosse rechtfertigen, warum sie, jeder für sich, das ding der welt: n, als ein kunstwerk ansehen oder als machwerk abqualifizieren. In jeder theorie der ästhetik werden diese kriterien erörtert, kriterien, die der autor der theorie für relevant hält. Es ist möglich, diese kriterien in einer liste zuammenzuführen, fixiert in termini. Das ist der originäre arbeitsbereich der kunsttheoretiker und kunsthistoriker, die ein interesse haben müssen, ihre arbeitsinstrumente, die kriterien der ästhetik als begriffe, funktionsfähig zu halten. Ist das der fall, dann ist es kein problem, das in der diskussion stehende ding der welt: n, hier Andy Warhol's fiktive Campbelldose auf dem podest, entweder als kunstwerk oder machwerk zu beurteilen. Aus der liste der einschlägigen kriterien habe Ich zwei herausgegriffen, die mir zweckmässig erscheinen, ein strukturproblem der erkenntnis zu reflektieren, nämlich das wissen, was ein kunstwerk ist, so wie mir das ding der welt: n, als ein kunstwerk erscheint. Dieses wissen ist nur in einem ästhetischen urteil fassbar, das auf dem forum publicum als phänomen die funktion hat, ein grund zu sein, mit dem eine bestimmte meinung begründet werden soll. Für diese anstrengungen sind die theorien der ästhetik der begrenzende horizont. Die theorien der ästhetik habe Ich, soweit es mir praktisch möglich ist, zur kenntnis genommen, der gegenstand meines interesses sind aber nicht diese theorien, sondern die struktur des wissens, in der Ich die weltdinge wahrnehmen kann, diese wahrnehmungen reflektierend.  <==//
2.3.006
die qualifikation des weltdinges: n, als kunstwerk oder machwerk wird mit den begriffen: kunstwerk und machwerk, geleistet, dinge der welt, die als merkmale des begriff: ding der welt, extrempunkte auf einer skala von bewertungen fixieren. Zwischen den extrempunkten ist ein breites feld von möglichen abstufungen zugelassen, bis hin zur indifferenz. Die termini: kunstwerk und machwerk, markieren bewertungen, die dem ding der welt: n, zugeordnet werden. Es ist üblich, und jede theorie der ästhetik verfügt auch über die einschlägigen definitionen, die merkmale dieser begriffe in einer definition zusammenzufassen, definitionen, die dann die einschätzung zulassen, ob das ding der welt: n, real in einem phänomen zur hand, die kriterien der definition erfüllen oder nicht. Dabei ist auf der argumentebene der begriffe strikt zu beachten, dass die verneinung des begriffs: kunstwerk, nicht der begriff: machwerk, ist, oder die verneinung des begriffs: machwerk, der begriff: kunstwerk,(a) abgrenzungen, die auf der argumentebene der phänomene, die sprache lax gebrauchend, al gusto gemacht werden.

Viele möglichkeiten sind auf der wertskala zwischen kunstwerk und machwerk objekte der analyse. Die definitionen aber, mit denen die bewertungen unterschieden werden, können hier als randfragen zwar benannt werden, sind im weiteren aber abgelegt. Es ist das geschäft der ästhetiker als theoretiker, als praktiker der kunstkritiker, dass sie ihre definitionen sortieren und im diskurs überprüfbar einbringen. Dann wird sich zeigen, ob die streitigen Campbelldosen des Andy Warhol kunstwerke sind oder machwerke, berühmt bleiben sie in der einen wertung wie in der anderen.
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(a) die logisch korrekte verneinung der begriffe: kunstwerk und machwerk, werden mit den termini: nicht_kunstwerk und nicht_machwerk, bezeichnet. Zugegeben, diese termini sind stilistisch schwerfällig und man beschränkt sich auf die bequeme aber irreführende gegenübersetzung von machwerk und kunstwerk.    <==//
2.3.007
die handlung des individuums als ich, mit der es die relation zum ding der welt: n, als kunstwerk setzt, ist auch als ein akt der wertschätzung interpretierbar, die das individuum als ich gegenüber dem bestimmten objekt hat. Das individuum als ich hat in der funktion des sammlers, des käufers oder des historikers, alles perspektiven eines bestimmten interesses, seinen bestimmten wertmaasstab, mit dem es den wert des bestimmten weltdinges: n, für sich selbst einschätzt. Der wert, den das individuum als ich dem objekt seines interesses zuordnet, ist keine kategorie der ästhetik, gleichwohl wird der wert des objekts im horizont ästhetischer kategorien beurteilt.    <==//
2.3.008
die feststellung, dass das ding der welt: n, ein kunstwerk und/oder machwerk sei, muss in der klasse: werturteil,(a) abgelegt werden. Der blick auf die dokumente der historia ist belehrend. Da ist zum beispiel die produktion der salonmalerei, inbesondere die des ausgehenden 19.jahrhunderts in Europa. Was historisch unter dem stichwort: salonmalerei, geführt wird(b), das war in seiner zeit hochgeschätzt, heute ist es bestenfalls noch dem fachmann bekannt, der zugang zu den depots der museen hat, in denen die hinterlassenschaften der historia magaziniert sind(c). Wenn diese werke heute noch eine funktion haben, dann die eines beweismittels für die behauptung, dass die einordnung eines weltdinges als kunstwerk ein werturteil ist, das in der zeit von beschränkter dauer sein wird. Das pendant dazu ist die wertschätzung der weltdinge als kunstwerk auf dem kunstmarkt - der preisindex schwankt gemäss der nachfrage.
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(a) es ist zweckmässig, zwischen werturteil und sachurteil zu unterscheiden, die restklasse: zweifelsfälle, eingeschlossen(01). Ein werturteil kann nur dann gültig sein, wenn das bewertende individuum als ich benannt, zumindest, wenn das urteil einer bestimmten person zuordbar ist. Für das sachurteil bedarf es dieser zuordnung nicht(02), auch dann nicht, wenn allen, die es betrifft, unbestritten klar ist, das für ein sachurteil auch ein subjekt benennbar ist(03). Die entscheidung, im diskurs die frage nach dem subjekt eines werturteils oder eines sachurteils auszuklammern oder ausdrücklich einzubeziehen, ist ein moment der analyse oder der synthese. In analytischer absicht kann die frage nach dem subjekt immer ausgeklammert werden, in der synthese jedoch ist das ausgeschlossen.
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(01) jede klassifikation markiert eine perspektive. Wenn die einordnung eines weltdinges in der klasse der werturteile oder der klasse der sachurteile vorgenomen wird, dann wird eine perspektive gegen die andere akzentuiert, gemäss der zwecksetzung oder des verfolgten interesses.
(02) üblich ist auch die einteilung: subjektives und objektives urteil. Diese unterscheidung ist aber irreführend; denn jedes argument, formuliert von einem individuum als ich, ist subjektiv, also auch das sogenannte sachurteil, und objektiv kann auch jedes werturteil sein, nämlich dann, wenn das werturteil moment eines arguments ist, richtig oder falsch.
(03) in dieser perspektive ist der streit um die objektivität der naturwissenschaften und die subjektivität der geisteswissenschaften eine scheindebatte. Das problem ist hier aber nicht zu erörtern.   (a)<==//
(b) hier könnte auch die politik des denkmalschutzes verhandelt werden. Was einst als fortschrittlich in den festreden gepriesen worden war, das ist heute, soweit die sachen den lauf der zeit überdauert haben und wieder restauriert worden sind, nur noch als historisches denkmal zu rechtfertigen, in der perspektive des geschmacks aber ist das nicht mehr zeitgemäss.    (b)<==//

(c) im Westfälischen Landesmuseum Münster, das derzeit neu gebaut wird, kann der besucher einen blick in das sonst verschlossene depot tun. Im Innenhof des altbaus wurde ein grosses metallgerüst aufgeschlagen, in dem die schätze des depots gelagert werden. Von der umlaufenden balustrade kann der besucher einige der explare besichtigen, so ein monumentaler Kaiser Wilhelm II in staatsmontur, angefertigt anlässlich des kaiserbesuchs in Münster 1912 - andernorts gibt's von Ihro Majestät weitere exemplare, die schon mal für eine ausstellung als beleg herausgeholt werden.    (c)<==//
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2.3.009
die differenz, festgemacht an der transformation einer dose aus dem supermarkt in die dose im museum, lässt sich illustrativ mit Pablo Picasso demonstrieren. Quasi alles, was Picasso in seine hand genommen hatte, wurde in ein kunstwerk transformiert und diese objekte erzielen auf dem markt ihren preis. Es scheint so zu sein, als ob der mythische könig Midas in der person: Pablo Picasso, ins 20.jahrhundert zurückgekehrt sei. Was im mythos dem Midas zu gold wurde, das wurde dem Picasso zu kunst, die umwandlung der kunst in gold besorgen am markt andere. Gold aber, das sollte nicht übersehen werden, ist keine kategorie der ästhetik.  <==//
2.3.010
das individuum als ich, wenn es als künstler sein werk schafft, lebt den prozess der schöpfung als eine form der entäusserung. Das, was das individuum als ich in seinem forum internum denkt, das versteinert es, im bild gesprochen, in einem werk auf dem forum publicum. Dieser prozess ist formal abgeschlossen, wenn der künstler sein werk, ein kunstwerk, signiert hat. Der genosse als betrachter des geschaffenen kunstwerks leistet vergleichbares, aber der akt der entäusserung, wenn das ding der welt: n, als kunstwerk in seiner wahrnehmung wieder entsteht, ist verschieden. Das denken des betrachters kann als sein ästhetisches urteil im forum internum verbleiben(a), der genosse kann aber sein ästhetisches urteil auch auf dem forum publicum als argument entäussern. Als argument ist sein ästhetisches urteil der gegenstand jener dispute, die auf dem forum publicum im realen kunstwerk ihren fokus haben(b).
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(a) das im forum internum verbliebene ästhetische urteil ist das geheimnis des individuums als ich, das kein geheimnis sein kann; denn von diesem geheimnis kann der genosse auf dem forum publicum nichts wissen. Wenn das ästhetische urteil, formuiert auf dem forum publicum als argument, streitobjekt eines disputes ist, kann das ästhetische urteil ein geheimnis sein, vielleicht.

(b) die verknüpfung zwischen dem realen kunstwerk, das der künstler geschaffen hat, und dem ebenso realen ästhetischen urteil des betrachtenden genossen ist auf dem forum publicum nicht zwingend. In der analyse eines falles kann gezeigt werden, dass die kontroversen über den im streit stehenden gegenstand, weniger den gegenstand selbst zum fokus haben als vielmehr die meinungen über diesen gegenstand, im fall eines kunstwerks das ästhetische urteil in seinen möglichen erscheinungsformen.  <==//

2.3.011
es gilt, dass ein kunstwerk vollendet ist, wenn der künstler sein geschaffenes werk signiert hat(a). Mit der signatur ist das werk vollendet und die problemkiste des experimentierens ist ohne rest geschlossen. Auf der argumentebene der begriffe ist die streitfrage entschieden, nicht aber auf der argumentebene der phänomene, wo es in keinem fall eindeutig ist, wann ein kunstwerk faktisch vollendet oder doch noch in statu nasciendi ist. Allein konventionen, quasi für den hausgebrauch, werden gepflegt. Der roman ist abgeschlossen, also vollendet, wenn der verlag das manuskript in ein buch umgesetzt hat und der leser das exemplar erwirbt. Weniger eindeutig ist die sache, wenn der schauspieler seinen Hamletmonolog auf der bühne gesprochen hat, den er tags zuvor auch schon gesprochen hatte und morgen wieder sprechen wird. Es könnten nun viele phänomene zitiert werden, an denen das problem der faktischen vollendung demonstrierbar ist, ohne aussicht, das problem auf der argumentebene der phänomene zu einem abschluss zu bringen. Es genügt, wenn die begriffe definiert sind, mit denen alle, die es betrifft, im diskurs den fall erörtern.
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(a) die formen des formellen abschlusses sind verschieden und es können auch lange dispute über die frage geführt werden, ob der schöpfer des weltdinges: n, als kunstwerk dieses werk auch tatsächlich abgeschlossen hat oder nicht. In der musik sind die überarbeitungen durch den komponisten ein ständiger stein des anstosses. Diese fragen lasse Ich hier allesamt als offen geblieben liegen.    <==//
2.3.012
ob ein ding der welt: n, als kunstwerk vollendet ist oder nicht, das ist eine frage der perspektive. Die vollendung "an sich", wie im jargon geredet wird, ist in raum und zeit nicht möglich.

Wenn von einem vollendeten kunstwerk die rede ist, dann ist das eine arbiträre entscheidung des schaffenden künstlers, der mit seiner signatur kenntlich gemacht hat, dass das werk geschaffen(a) sei - in der signatur hat der prozess sein dokumentiertes ende - mehr nicht. Die signatur ist eine konvention, die auch ein ritual sein kann(b).
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(a) es ist zweckmässig zu unterscheiden zwischen einem werk, das geschaffen ist und einem werk, das vollendet sein muss. Der sichtbare abschluss eines prozesses, in dem ein ding der welt seine form in raum und zeit bekommen hat, ist als phänomen etwas anderes als die festlegung in einem begriff, der das merkmal: vollendet, als konstitutives moment aufweisen muss.

(b) wenn der meister feierlich verkündet: "das ist ein kunstwerk!", dann steht der ausruf für die signatur(01). Das eine ist das ritual, das andere die konvention.
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(01) es können auch simple umstände sein, unter denen das zeichen: "fecit, es folgt der name" mit einer handlung konkretisiert werden muss. Es wäre ein anderer fall, wenn der meister in meiner erzählung seinen namen auf der berühmten Campbell-dose verewigt hätte.    <==//
2.3.013
die oper als gattung kann als die form interpretiert werden, in der alle denkbaren künste, vollendet in einem werk, miteinander verknüpft sind. Der terminus: gesamtkunstwerk,(a) scheint dafür passend zu sein, aber sowohl der begriff als auch die phänomene sperren sich der bequemen vereinnahmung. Zwar ist die oper, wenn sie auf der bühne im moment der gelebten gegenwart real erfahren wird, eine mischung aus literatur, theater, musik und malerei(b), aber das sind klassifizierungen, die nicht immer mit den kategorien der ästhetik zusammengehen müssen. Für die ästhetischen kategorien: experiment und vollendung, sind diese bereiche ästhetischer erfahrung unbestritten wichtige perspektiven, aber die erfahrung von zeit ist mit einem verweis auf das gesamtkunstwerk nicht auflösbar. Die bestimmte oper, in deren inszenierung der regisseur seine phantasie, alles umfassend, investiert hat, unterliegt, wenn sie das reale ereignis ist, den bedingungen von vollendung und experiment. Die möglichkeit scheint auf, dass die differenz zwischen vollendung und experiment erst im gesamtkunstwerk sinnlich erfahrbar wird, weil, verteilt auf verschiedene wahrnehmungsebenen, die phänomene des experiments und der vollendung zugleich erfahrbar sind(c). Was vollendet erscheint, die brilliante arie der 1.dame, das kann, das bühnenbild ist in teilen auf der tournee verloren gegangen, unvollendet sein, in der einnerung an das ereignis aber ist diese aufführung ein rundes ganzes. Die differenzen sind beschreibbar, als dokument der historia feststellbar, als phänomen in seiner gegensätzlichkeit lebbar, als begriff aber in seinem widerspruch nicht denkbar.
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(a) die ästhetischen probleme, die Richard Wagner mit dem terminus: gesamtkunstwerk, verknüpft hatte, werden von mir nicht erörtert.

(b) mit differenzierender phantasie kann die liste noch erweitert werden.

(c) in einem anderen zusammenhang hatte Ernst Bloch von der gleichzeitigkeit des ungleichzeitigen gesprochen. In meiner perspektive greife Ich diese formel auf.      <==//

2.3.014
das problem der faktischen unterscheidung, ob ein kunstwerk vollendet oder noch in statu nasciendi sei, kann gut mit beispielen aus der historia der oper demonstriert werden. Ich beschränke mich auf zwei beispiele, zum einen Arnold Schönberg's oper: Moses und Aaron, zum anderen Alban Berg's oper: Lulu. In einem äusseren merkmal stimmen beide werke überein, der 3.akt wurde vom komponisten nicht vollendet. Alban Berg verstarb vorzeitig, Schönberg hätte noch zeit gehabt, aber er hatte die vollendung unterlassen(a). Gemäss der definition, dass nur das vollendete werk ein kunstwerk sein könne, sind diese berühmten fragmente kein kunstwerk. Die meinung ist aber, dass es kunstwerke par excellence sind, die im status als fragment, das schibboleth ihrer wahrheit(b), den reiz haben, stachel zur reflexion zu sein. Ich halte diese interpretation für plausibel; denn immer wieder wird ein grund geltend gemacht werden können, diese meinung als kausal richtig zu stützen, allein es sind auch andere gründe denkbar, mit denen genau diese meinung als kausal falsch erweisbar ist. Die frage einerseits, ob die beiden zitierten werke in ihrem fragmentarischen zustand, allein die signatur fehlt noch, vollendet sind, oder die frage andererseits, ob die skizzen zum plan nur ein unabgeschlossenes experiment indizieren(c), zielen ab auf antworten, deren behauptungen kausal nicht abschliessend entscheidbar sind und einen schwebezustand dialektisch perpetuieren.
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(a) hier ist nicht der angemessene ort, über Schönberg's gründe ausschweifend zu räsonieren. Ein anderes problem ist das schicksals mit seinen zufällen, aber das sind ereignisse, über die zu räsonieren der anstand das maass sein sollte.

(b) Theodor W.Adorno hatte in der Ästhetischen Theorie das fragment als moment ästhetischer wahrheit instrumentalisiert. Das ist ein interessanter lösungsansatz, der aber die grenzen nicht übersteigen kann, in die alle versuche eingeschlossen sind, das problem der ästhetischen wahrheit mit der idee des vollkommenen kunstwerks aufzulösen. In der bestimmung dessen, was ein ding der welt: n, als kunstwerk ist, sind die momente: individuum als ich und ästhetisches urteil unabdingbar.

(c) Alban Berg's Lulu ist ein gutes demonstrationsobjekt. Die differenz zwischen vollendung und fragment ist deutlich, wenn das werk entweder in der von Alban Berg zurückgelassenen partitur mit dem accellerierten ende im 3.akt aufgeführt wird oder wenn das werk mit der partitur in szene gesetzt wird, die Friedrich Cerha aus dem Berg'schen particell angefertigt hatte. Welche version zwingender ist, das ist ein ästhetisches urteil, das das individuum als ich in der rolle des betrachters nur für sich gültig entscheiden kann.    <==//

2.3.015
das fragment wird im moment der gelebten gegenwart vom individuum als ich als teil wahrgenommen, aber in der reflexion als ein ganzes begriffen. Insoweit ist das fragment, in welchem grad der fragmentation auch immer, dem kunstwerk, dem nichts fehlt, gleich. Es sollte aber dennoch die differenz: integrales kunstwerk/fragmentarisches kunstwerk,(a) beachtet werden, weil die festgestellte differenz zwischen dem vorliegenden fragment und dem erschlossenen ganzen kunstwerk nicht im begriff: kunstwerk, verortet ist, sondern in den phänomenalen formen des realen zustands. In dieser perspektive kann das fragment das integrale kunstwerk gleich_gültig vertreten. Die gründe für den fragmentarischen zustand(b) können dann als nachrangig beurteilt werden.
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(a) die differenz zwischen dem integralen und fragmentarischen kunstwerk ist in seiner festlegung keinesfalls eindeutig. Einerseits kann dem integralen kunstwerk im lauf der zeit ein nebensächliches detail abhanden gekommen sein, was übrig geblieben ist, das ist im strikten sinn ein fragment. Andererseits liegt eine skizze des vollendeten kunstwerks vor, in der das werk schon in seinen umrissen erkennbar ist. Die skizze ist ein teil des schaffensprozess, mithin kann die skizze als ein fragment des schaffensprozesses interpretiert werden, aber, und das ist nicht selten, die skizze wirkt für sich so eigenständig, dass auch sie als ein "vollendetes" kunstwerk eingeschätzt wird.

(b) ein wichtiger grund ist die zerstörung eines kunstwerks. Vom integralen werk in seinem glanz sind teile noch real vorhanden, unabhängig vom grad der zerstörung des objekts. Ein anderer grund ist die erschöpfte zeit, in der das werk unvollendet zurückgelassen wurde. Ob ein werk in der zeit vollendet ist oder nicht, das ist eine streitfrage, die eindeutig nicht zu entscheiden ist. Es gilt die konvention, dass mit der signatur des künstlers das werk fertig sei. In vielen fällen genügt die konvention, aber nicht immer. Der künstler kann es später überarbeiten, die gründe dafür sind nachrangig, und die frage steht dann im raum, welche version der werke das vollendete kunstwerk sein soll, signiert worden sind beide. Der betrachter eines kunstwerks, ganz oder fragment, ist mit einem anderen problem konfrontiert; denn für ihn kann das ding der welt: n, als kunstwerk nur dann präsent sein, wenn er als betrachter des kunstwerks sich synthetisierend mit dem objekt auseinandersetzt. Im kunsterlebnis ist das kunstwerk, vollendet als ganzes oder fragment, immer in einem status nasciendi.    <==//

2.3.016
eine ausgedehnte phänomenologie, sowohl der formen des experiments als auch des fragments, wäre an dieser stelle nicht nur möglich, sondern auch wünschenswert(a), dennoch werde Ich die gelegenheit nicht nutzen, zum einen, weil es eine frage der ökonomie ist, eine solche arbeit in angriff zu nehmen, zum anderen, weil in meinem plan der arbeit nicht die beschreibung der formen des experiments und der fragmente der zweck ist, sondern die fixierung der denkstruktur, in der diese beschreibungen geleistet werden; Ich kann mich also auf weniges beschränken.

Soweit der physische zustand eines kunstwerks in den formen des klassischen fragments der gegenstand ist, kann Ich die erörterungen beiseite stellen. Das ist bei den fragen nach dem  grad der vollendung anders. Was im status nasciendi ist, das kann nicht vollendet sein, und was als vollendet gilt, das soll nicht mehr veränderbar sein. Diese feststellungen sind zulässig, wenn auf einen bestimmten zeitpunkt oder raumort abgestellt wird. Die behauptungen fallen aber streitig, wenn kein raumort oder zeitpunkt verbindlich behauptet wird. In der perspektive des experiments, in statu nasciendi, erscheint das vollendete ebenso fragmentarisch wie das fragment als vollendung gedeutet werden kann. Noch verwickelter sind die verhältnisse dann, wenn die erforderliche entscheidung vom handwerk abhängig gemacht werden soll, das der künstler beherrschen muss, wenn er ein kunstwerk schaffen will. Es mag sein, dass in der historia die fälle eindeutiger gewesen waren, weil das, was als kunstwerk galt, ein sinnlich wahrnehmbarer physischer gegenstand sein musste, der mühsam, zeit und raum unterworfen, kenntnisreich geformt wurde. Heute gilt oder soll die meinung gelten, medial kommuniziert, dass schon das zusammenstellen von gerümpel(b), platziert an einem ausgewählten ort, museum oder nicht_museum, ein kunstwerk sein muss, für das der terminus: installation, im gebrauch ist - d'accord, die meinung kann zur kenntnis genommen werden, aber der schluss aus dem faktum ist keinesfalls zwingend, dass das event auch das kunstwerk sein muss, oder, das ist oft der fall, weil der zahn der zeit an den objekten genagt hatte und die medien ihr interesse anders orientiert haben, ein kunstwerk gewesen war.
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(a) das ist die aufgabe der experten, die aber zur kenntnis nehmen sollten, dass sie ihre arbeit in strukturen leisten, die sie kennen müssen, wenn die resultate ihrer arbeit verbindlich sein sollen.

(b) aber was ist ein gerümpel? - damit fangen schon die streitigen probleme an.    <==//

2.3.017
das fragment ist ein teil, aber nicht jedes teil ist ein fragment. Der satz ist schön, aber der satz ist leer, so scheint es, wie jedes gerede, wenn die perspektive nicht in das kalkül einbezogen wird, in der die wahrheit aufscheint. In der perspektive des ganzen ist das fragment ein teil des ganzen, für sich ist aber jedes teil ein ganzes und kann folglich kein fragment sein. In dieser perspektive ist das bestimmte ding der welt: n, ein teil des ganzen(a). In der perspektive der teile ist das teil für sich zwar ein ganzes, im ganzen selbst aber nur ein teil. Fragment ist das teil, wenn im ganzen teile verloren gegangen sind und aus den verbliebenen teilen ein ganzes rekonstruiert werden soll. Die differenz zwischen dem integralen ding der welt: n, als einem ganzen und dem teil, das ding der welt: n, als fragment, ist nicht in dem ding der welt: n, verortet, sei's als fragment oder als ganzes, sondern es ist das individuum als ich, das in seiner perspektive das ding der welt: n, differenzierend wahrnimmt, sei's als teil eines puzzlespiels, das mit den anderen teilen ein bestimmtes ganzes ergibt, sei's als fragment eines zerstörten ganzen, von dem die verfügbaren teile zu einem rekonstruierten ganzen wieder zusammengefügt werden sollen.
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(a) dafür kann das puzzlespiel stehen, das im karton sowohl als ein ganzes präsent sein kann, wie es in den teilen real ist. Von den teilen im ganzen darf nicht eines fehlen.    <==//
2.3.018
unentschieden ist der status einer skizze oder einer kopie im prozess der entstehung eines kunstwerks. In der breiten phänomenologie der fälle beschränke Ich mich auf zwei illustrative beispiele. Der eine fall ist die folge von 16 graphiken, die Picasso unter dem titel: der stier, angefertigt hatte, der andere fall sind die statuen antiker bildhauer aus Athen, die die läufte der zeiten nur in römischen kopien überdauert haben(a). Für sich sind die realen objekte zwischenstufen in einem produktions- und/oder rezeptionsprozess. Einerseits repräsentieren diese objekte als teile des prozesses einen bestimmten zustand des prozesses, der als experiment interpretiert werden kann, andererseits ist jedes real bestimmbare objekt für sich ein ganzes, das den zustand der vollendung repräsentiert. Ganzes oder teil, der betrachter des objekts kann sein ästhetisches urteil im horizont dieser objekte fällen, richtig oder falsch. Mit ihren ästhetischen urteil entscheiden das individum als ich und sein genosse, jeder für sich, gültig, ob die verfügbaren skizzen und kopien als zwischenstufen zerstörter meisterwerke kunstwerke sind oder nicht. Die römische kopie hat die aura des alters für sich, bei den graphiken Picasso's ist es die differenz zwischen dem stier nr.: 1, in seiner fülle und dem stier nr.: 16, in seiner abstraktion.
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(a) die ausgewählten fälle dürften so geläufig sein, das ein besonderer nachweis entbehrlich ist.    <==//


2.3.019

ein besonderes ding der welt ist die inszenierung des selbst als kunstwerk. Diesem phänomenen ist ein gewisser unterhaltungswert eigentümlich(a). Das, was als phänomen real ist, erfahren in seinen gegensätzlichkeiten, das ist als begriff ein widerspruch. Die eigene existenz kann, inszeniert als kunstwerk, niemals den status der vollendung erlangen. Als gelebtes leben ist die inszenierung des selbst in den prozess des lebens eingebunden; es ist immer auf dem weg. Was von der inszenierung bleibt, dass sind die facta der vergangenheit, die erinnert werden können. Als dokumente der historia, real in dem ding der welt: n, können sie, jedes für sich, als kunstwerk vollendet sein(b), aber das, was sie als inszenierung des selbst sein müssen, der transitorische moment als das konstitutive merkmal des begriffs: inszenierung des selbst, das kann das dokument der historia in raum und zeit nicht sein.
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(a) Ich beschränke mich auf zwei beispiele, weil diese in den medien auch über den tod der protagonisten hinaus noch eine beachtliche resonanz haben. Salvatore Dalí ist das eine beispiel, Michael Jackson das andere. In meinem ästhetischen urteil sind die beispiele nicht gleichwertig, in ihrer struktur aber vergleichbar. Die eigne biologische existenz ist das material für ihre präsenz in der szene, inszeniert als intendiertes kunstwerk. Die protagonisten haben es im moment der gelebten gegenwart gelebt und, am glanz des ruhms ein stückerl partizipierend, hatte die menge beifall geklatscht, auf sich selbst zielend.

(b) als material der anschauung taugen die photographien von Dalí und Jackson: Dalí's porträt mit aufgezwirbelten schnurbart und schminke über den augen, Jackson posierend in seiner glamour-kluft, die später versteigert worden war.    <==//

2.3.020
ein phänomen, das als experiment klassifiziert wird, ist seinem begriff nach immer in einem status der nicht_vollendung. Das, was ein experiment sein soll, das ist immer in statu nasciendi. Nun gibt es aber unbestritten phänomene, die mit dem terminus: experiment, bezeichnet werden, die, dem anspruch nach, aber kunstwerke sein sollen(a), phänomene also, die in ihrem zustand, dem begriff: kunstwerk, zufolge, vollendet sein müssen. Im gängigen jargon wird dann von fluxus, installation oder happening gesprochen, termini, die etwas bezeichnen sollen, das als begriff das merkmal: vollendung, enthalten muss, als phänomen aber den zustand der permanenten entwicklung aufweisen soll. Das eine sind die phänomene, die als ereignisse registriert werden, real im moment der gelebten gegenwart, das andere sind aber die facta der vergangenheit, die erinnert werden - zwei erfahrungen, die mit einem terminus bezeichnet werden, der auf einen begriff verweist, der nur in der form eines widerspruchs gefasst werden kann. Das happening soll zeitlos sein im statu nasciendi; es ist aber in raum und zeit, wenn's denn ein kunstwerk sein soll, immer ein vollendetes ereignis(b). Die vielfältigen ereignisse sind als phänomene in ihrer gegensätzlichkeit zwar fassbar, insofern ist das experiment nicht abschliessbar, aber aus dem faktum des phänomens ableiten zu wollen, dass das ereignis auch ein kunstwerk sein müsse, ist mit den verfügbaren begriffen nicht entscheidbar. Als experiment ist die aktion, bezeichnet mit dem terminus: happening, fassbar, beurteilt mit dem begriff: kunstwerk, kann die aktion kein kunstwerk sein; als kunstwerk aber, erinnert als factum der vergangenheit, ist die aktion ein phänomen, das mit dem begriff: experiment, nicht von anderen unterschieden werden kann.
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(a) es fällt auf, dass diese phänomene in einem milieu situiert sind, das, allgemein gesprochen, als ort der kultur angesehen wird, und, kurzgeschlossen, wird behauptet, dass es sich dann auch um kunst handeln müsse. Das kann schon der fall sein, aber die behauptung, dass in jeder vernissage auch kunst präsentiert werde, ist nicht zwingend.

(b) Yves Klein hatte dieses problem sinnlich erfahrbar gemacht, als er unbekleidete damen(01) mit blauer farbe bestrich und dann die damen anwies, sich auf weissem papier zu wälzen. Am ende der aktion gab es ein groossformatiges blatt papier mit blauen farbflächen und die damen hatten sich die blaue farbe wieder abgewaschen. Das ereignis damals und die erinnerung an das ereignis heute sind zweierlei, zueinander das_andere, das nicht identisch fallen kann. Das, was real in der zeit dauert, das ist zum einen das blatt papier mit den blauen farbflächen, am kunstmarkt mit einem preis fixiert, zum anderen die erinerungen an die aktion, verfügbar für die beteiligten auf ihre weise, jeder für sich.
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(01) warum mussten die damen unbekleidet sein? - die situation war erregend, aber war die erregung der teilnehmer und beobachter auch notwendig für das entstehen eines kunstwerks? - eine schöne streitfrage, unbestreitbar.    <==//
2.3.021
das experiment, eingebunden in das schema des semiotischen dreiecks(a), ist dem individuum als ich in drei momenten präsent.

als terminus ist das wort: experiment, beliebig gebrauchbar. Zwischen dem zeichen und dem bezeichneten gibt es keine andere verknüpfung als die, die das individuum als ich in einer relation gesetzt hat, relationen, die das individuum als ich und sein genosse, jeder für sich, setzen.

Als begriff bezeichnet der terminus: experiment, eine vorstellung des individuums als ich. Die konstitutive bestimmung des begriffs ist, dass das ding der welt in einem statu nasciendi erfahren wird(b). Das denkbare merkmal: vollendet, ist ausgeschlossen. Allgemein gilt, dass jeder versuch auch ein experiment ist. Es ist denkbar, diesen begriff mit weiteren merkmalen einzugrenzen(c).

Als phänomen ist das experiment in seinen erscheinungsformen so vielgestaltig, dass nicht einmal der ansatz einer grobschlächtigen klassifikation erfolgversprechend sein kann(d). Alles, was in der form nicht als vollendet präsent ist, das kann, soweit es moment eines prozesses ist, als experiment angesehen und mit dem begriff: experiment von anderen phänomenen abgegrenzt werden.
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(a) //==>argument: 2.9.001. //  INDEX der argumente, stichwort: semiotisches dreieck.    (a)<==//

(b) das ding der welt: n, in statu nasciendi seiend, ist nur im transitorischen zustand erfahrbar - alles ist im fluss.  (b)<==//

(c) eine weitere präzisierung des begriffs: experiment, ist für die entfaltung meines arguments nicht erforderlich. Ich verweise allgemein auf die stichworte: experiment und experimentalphilosophie, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie. Basel: 1972. Bd.2. Sp.868-870/870-875.     (c)<==//

(d) eine gelegte spur, aber es gibt bessere gelegenheiten, diese spur weiter zu verfolgen, auch dann, wenn der erfolg ausbleiben wird.    (d)<==//
    <==//

2.3.022
das handwerk in der kunst ist unbestritten eines der merkmale, die den begriff: kunstwerk, konstituieren. Aber das handwerk des künstlers und die formen seiner meisterschaft sind nur ein merkmal unter anderen. Es gibt für die definition des begriffs: kunstwerk, keinen verbindlichen kanon der denkbaren merkmale(a). Die definitionen differieren in den präferenzen, mit denen das individuum als ich und sein genosse, jeder für sich, ihre definition formulieren(b).
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(a) im kanon der ästhetischen kategorien sind die denkbaren merkmale gelistet. Eine rangfolge der kriterien ist möglich und in der historia unterlag diese rangfolge beständigen veränderungen, aber aus den historischen rangfolgen ist kein kanon in seiner ordnung verbindlich ableitbar.

(b) dem merkmal: handwerk und seine bemeisterung, räume Ich einen hohen stellenwert ein. Aber, was ein objektives kriterium zu sein scheint, das erweist sich in der beurteilung der phänomene oft als eine fragwürdige sache. Das handwerk ist ein indiz, nicht mehr.    <==//

2.3.023
die herstellung eines weltdings: n, als kunstwerk ist unbestreitbar ein komplexer vorgang(a), der in zwei perspektiven beurteilt werden kann. Die eine perspektive ist das experiment, in dem oft nach der maxime: versuch und irrtum, ausprobiert wird, was zum intendierten ziel führen kann. Die andere perspektive ist das handwerk, über das der experimentierer verfügen können muss, wenn er das, was er sich vorgestellt hat, auch in raum und zeit realisieren will. Die formen des experiments sind vielfältig(b) und auch die verfügbarkeit des handwerks unterliegt breitgefächerten möglichkeiten. Ich sehe es nicht als meine aufgabe an, diese möglichkeiten hier breit und im detail zu erörtern, es genügt, wenn Ich auf die funktion des handwerks verweise, dessen beherrschung auch ein kriterium ist für die beurteilung eines weltdinges: n, als kunstwerk oder machwerk. Es dürfte unbestritten sein, dass die schaffenden künstler ihr handwerk beherrschen, aber der grad der beherrschung schwankt stark(c).
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(a) die unterscheidung eines dinges der welt: n, entweder als kunstwerk oder als nicht_kunstwerk, eingeschlossen die qualifikation als machwerk, wird immer von den vorstellungen eines experiments begleitet sein, dass glücken kann oder auch nicht, und das glücken oder scheitern hängt davon ab, ob die ressourcen für die erstellung des objekts ausreichend waren oder nicht, das verfügbare handwerk eingeschlossen.
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(b) die phänomenologie der experimente ist sicherlich eine kurzweilige angelegenheit, aber daran haben und werden kohorten von experten arbeiten müssen - mir fehlt dafür die zeit, auch das erforderliche kapital interessierter sponsoren, und was Ich an wissen für mich zusammengetrage habe, das muss Ich hier nicht in extenso ausbreiten.
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(c) wenn nach der lektüre eines kompendiums der kunstgeschichte der eindruck herrschend ist, dass es früher nur meister gegeben habe, dann ist dieser eindruck ein vorurteil, das der tatsache zuzuschreiben ist, dass die stümper, zeitgenossen der meister, heute vergessen sind. Aus dem anspruch, ein künstler zu sein, kann die beherrschung des erforderlichen handwerks nicht geschlossen werden.    <==//
2.3.024
die neuen formen künstlerischer aktion, so die installationen, happenings und sonstigen events des kunstbetriebs, werden in der perspektive der dialektik treffend mit dem terminus: work in progress, bezeichnet. Alles, was präsentiert wird, das ist work in progress, ein merkwürdiger schwebezustand zwischen vollendung und prozess des schaffens, in dem das werkstück sowohl vollendet sein soll als auch noch im zustand der arbeit erfahren wird. Der terminus: work in progress, beschreibt exakt die situation des experiments(a), in denen die möglichkeiten ausprobiert werden, die zu einem gültigen resultat führen sollen. Dem steht das ritual des abschliessens entgegen, wenn der künstler sein werk signiert. Mit dem akt des signierens hat der schöpfer des werks seine herrschaft über das weltding: n, als kunstwerk abgetreten, und sein genosse, wenn er gewillt ist, kann dieses ding der welt: n, als kunstwerk zum objekt seiner tätigkeit machen, eine tätigkeit, mit der der genosse auch beurteilen kann, ob das infrage stehende objekt ein kunstwerk sein soll oder nicht. Es ist der betrachter des als vollendet erklärten kunstwerks, der das vollendete kunstwerk in den status: work in progress, wieder zurücksetzt, und neue formen des experimentierens öffnet.
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(a) für den begriff: experiment, ist das merkmal: nicht abgeschlossen, konstitutiv. Das führt bei einigen phänomenen des kunstbetriebs zu merkwürdigen konstellationen. Eine installation thematisiert zum beispiel den unendlichen prozess, in der regel eine endlosschleife im programm, aber die ganze anordnung, arrangiert im museum, soll als vollendet gelten. Diese situation ist mit begriffen nicht darstellbar, die kausal entscheiden, was gelten soll. Es kann zutreffend sein, wenn die situation mit dem terminus: experiment, bezeichnet wird, es kann aber auch zutreffend sein, dass das ganze, so wie es sich präsentiert, abgeschlossen ist, das jede veränderung ausschliesst. Ich stelle allein das faktum der differenz fest, das viele erklärungen als richtig zulässt.  <==//
2.3.025
der prozess, in dem das individuum als ich, entweder als schöpfer des kunstwerks das werk schafft oder als betrachter des werks das kunstwerk wieder entstehen lässt, ist in raum und zeit immer in teile zerlegbar, die für sich die unterschiedlichen stufen des entstehungsprozesses repräsentieren können(a). Diese stufen stück für stück nachzuzeichnen, das eine oder andere bestimmt akzentuierend, ist die aufgabe der fachgenossen, die im kontext ihrer theorien die fakten beurteilen. Diese arbeit ist nicht der gegenstand meines essays, obgleich es meine intention ist, für diese arbeiten einen belastbaren horizont bereitzustellen.
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(a) in dieser perspektive können auch die fragmente eines kunstwerks interpretiert werden, mit der differenz, dass die fragmente nur noch das repräsentieren können, was vom ganzen in raum und zeit in teilen überdauert hat.    <==//
(2.3.026 wurde übersehen)

2.3.027

die beobachtung ist geläufig, dass das individuum als ich, schöpfer seines werks als kunstwerk, zugleich auch der betrachter seines werks sein kann(a). Die begriffe: schöpfer des kunstwerks und betrachter des kunstwerks, sind zueinander ein widerspruch, in der person des individuums als ich kann aber die funktion des betrachters mit der des schöpfers zusammenfallen. Die scheidelinie, die zwischen den begriffen eindeutig ist, erscheint zwischen den phänomenen als zweideutig und letztlich ist es auf der argumentebene der phänomene ein arbiträrer akt, wenn der schöpfer des kunstwerks in die rolle des betrachters schlüpft und als betrachter, sein werk geniessend, dieses im forum internum als kunstwerk lebt, korrekt muss es heissen: wieder erschafft. Dennoch lässt sich, gemäss der konventionen, eindeutig entscheiden, welches individuum als ich die funktion des schöpfers behaupten kann und wer sich auf die funktion des betrachters beschränken muss, aber auch diese unterscheidung ist nicht immer eindeutig, weil das bestimmte ding der welt: n, nicht durch die signatur des schöpfers zu einem kunstwerk wird, mit der das individuum als ich sich als autor ausweist. Der ausweis der autorenschaft und die vollendung des weltdinges: n, als kunstwerk sind differente phänomene, die zwar immer als merkmale des begriffs: kunstwerk, erscheinen, aber diese merkmale sind, jedes für sich, nicht das konstitutive merkmal im begriff: kunstwerk. Der schöpfer eines kunstwerks kann als person unbekannt sein, der name ist in der geschichte verlorengegangen, weil die nachlebenden ihn vergessen haben, dennoch kann hypothetisch immer unterstellt werden, dass das kunstwerk einen schöpfer gehabt haben muss. Das kunstwerk kann als vollendet erscheinen, gleichwohl das vorhandene ist nur als skizze bekannt oder als fragment verfügbar.
---
(a) //==>argument: 2.3.028.
   <==//


2.3.028

der gedanke in graphischer darstellung wiederholt. Es ist strikt zu unterscheiden, ob die rollen: schöpfer und betrachter,(a) auf das individuum als ich: A, und sein genosse: B, getrennt verteilt sind (=fall: 1), oder in einer person verknüpft (=fall: 2). Das vermittelnde moment der relationen ist immer das ding der welt: n, als kunstwerk(b).
-
fall: 1.
Die relationen:
1.rel.: d_d_w:_n,(=kunstwerk)<==|==>A(=schöpfer/künstler),
2.rel.: d_d_w:_n,(=kunstwerk)<==|==>B(=betrachter),
3.rel.: A(=schöpfer/künstler)<==>B(=betrachter).
graphik: 04a

fall: 2.(c)
Die relationen:
1.rel.: d_d_w:_n,(=kunstwerk)<==|==>ind.a.i.(=künstler),
2.rel.: d_d_w:_n,(=kunstwerk)<==|==>ind.a.i.(=betrachter),
3.rel.: ind.a.i.(=künstler)<==|==>ind.a.i.(=betrachter).
graphik: 04b

---

(a) die terminologie der rollen ist variabel. Für den terminus: schöpfer des werks, stehen äquivalent die termini: künstler und dilettant.    (a)<==//

(b) technische notiz. Aus gründen des layouts werden in den relationen die folgenden abkürzungen gebraucht:

    (b)<==//

(c) //==>argument: 2.3.027.       (c)<==//
  <==//

2.3.029
der schöpfer des kunstwerks war immer ein handwerker gewesen - eben ein meister, dessen produkte wertgeschätzt wurden. Die unterscheidung: genie und/oder dilettant, ist ein produkt der romantik und vom hehren bild sind heute die pop-stars übergeblieben, die den habitus des genies imitieren und den rest von der maschine erledigen lassen, die andere gebaut haben(a). In der perspektive, in der ein ding der welt zu einem kunstwerk wird, ist die bequeme unterscheidung: hier das genie - da der dilettant, eher irreführend; denn beide, das genie und der dilettant, müssen über ihr handwerk verfügen können, nicht in der gleichen weise, aber vergleichbar. Ohne das solide handwerk wird der künstler das intendierte kunstwerk nicht schaffen können(b), aber auch der betrachter eines kunstwerks muss über seine technik verfügen, das, was er wahrnimmt, sachangemessen zu interpretieren. Dieser zusammenhang ist an den phänomenen der musik demonstrierbar. Der musikliebhaber, gleich_gültig, ob aktiv das stück spielend oder passiv das stück hörend, muss nicht über das können des komponisten und seiner berufenen interpreten verfügen, aber er muss soviel können, dass er im gehörten klangereignis mehr hört als ein geräusch, das er als schön empfindet. In den anderen künsten sind vergleichbare phänomene zu beobachten.
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(a) das triste bild ist zu sehen, wenn eine in den medien hochgejazzte band das publikum mit einem sound von 120dz zumüllt oder die fans, den knopf im ohr, sich den lärm der MP3-player reinziehen.

(b) auch das sogenannte naturtalent verfügt über eine solide technik, vielleicht nicht akademisch in langen schulstunden ersessen, aber immer in harter arbeit erworben.    <==//

2.3.030
die phänomenologie der rollen ist vielfältig, rollen, in denen das individuum als ich und sein genosse das ding der welt: n, als kunstwerk oder machwerk wahrnehmen und ihre wahrnehmungen reflektieren(a). Im spektrum dieser rollen ist die funktion des sammlers von weltdingen eine der möglichkeiten. Der sammler von kunstwerken oder dingen der welt, die für kunstwerke gehalten werden, agiert in der rolle des betrachters; per definitionem ist ausgeschlossen, dass der sammler, die rolle des künstlers immitierend, ein kunstwerk schaffen könne(b). Als sammler des weltdinges: n, ist das individuum als ich von seinen interessen geleitet, die ein bunter strauss von farben sind, die im bestimmten fall komplementär gegensätzlich sein können bis zur wechselseitigen aufhebung(c). Ein interesse kann sein sein, dass der sammler mit seinem vermögen das ding der welt: n, als kunstwerk in seinen besitz nimmt, um im besitz der sache seine befriedigung zu finden; es ist auch möglich, die besessene sache: kunstwerk, einem museum zur öffentlichen nutzung zu übergeben; es ist auch denkbar, dass der sammler die dokumente der historia einsammelt, einerseits um im versammelten überblick den gang der historia besser zu verstehen, andererseits um den aufbewahrten schatz an die nachlebenden weiterzugeben. Im fokus des tätigen sammlers sind aspekte, die als phänomene, auf dinge der welt als kunstwerke verweisend, kein konstitutives merkmal des begriffs: kunstwerk, sein können, aspekte, die aber in der erfahrung des sammlers momente sind, die als begrenzender horizont wirken, wenn der sammler als betrachter des kunstwerks sein ästhetisches urteil formt.
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(a) jeder versuch, eine einschlägige liste der rollen aufzumachen, wird stückwerk bleiben. Es sollte genügen, auf die rollen zu verweisen, die in der entfaltung der argumente in text und subtext bezeichnet worden sind.    (a)<==//

(b) meine behauptung ist offensichtlich nicht mit der beobachtung kompatibel, dass das individuum als ich in der rolle des künstler auch die rolle des sammlers ausfüllen kann; nicht anders die beobachtung, dass der sammler, wie man sagt, sich auch als dilettant versucht. Es sollte aber beachtet werden, dass die widerstreitenden beobachtungen allein auf der argumentebene der phänomene zu verhandeln sind, es sind gegensätze, keine widersprüche.   (b)<==//

(c) Ich verweise auf den fall des japanischen bankmanagers, der ein berühmtes bild von Vincent van Gogh, die Sonnenblumen, für rund 80.000.000,00§ gekauft hatte, um es im tresor der bank als schatz wegzuschliessen(01). Was könnte das interesse dieses sammlers gewesen sein? Ein aspekt des falles ist das faktum, dass das objekt einen hohem kapitalwert darstellt. Ein anderer aspekt ist das faktum, dass aus erwägungen des kapitalerhalts das kunstwerk der öffentlichkeit entzogen worden ist(02). Wieder ein anderer aspekt ist, dass der besitzer des kunstwerks, den rechtlichen besitz vorausgesetzt, mit dem objekt machen könne, was ihm beliebt(03).
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(01) vor 20 jahren war das ein vieldiskutiertes ereignis gewesen, inzwischen ist die bank pleite und das bild wieder als objekt auf dem kunstmarkt verfügbar.
(02) eine der entscheidenden funktionen eines kunstwerks ist, moment der vermittlung zu sein zwischen dem individuum als ich und seinem genossen. Allein auf dem forum publicum kann das ding der welt: n, sei's als als kunstwerk, sei's als machwerk, die funktion der vermittlung ausfüllen. Sammler, die, aus welchem rechtlich zugestandenen grund auch immer, der öffentlichkeit ein kunstwerk vorenthalten, zerstören das begehrte ding der welt: n, in seiner funktion als kunstwerk de facto.
(03) das interesse eines sammlers, das begehrte ding der welt n, als kunstwerk, nur für sich geniessen zu können, ist dann legal, wenn das objekt nach §903 BGB sein eigentum ist(*1). Es ist ein anderer fall, wenn die frage darauf abgestellt ist, ob der sammler des einschägigen objekts auch fähig ist, mit seinem handeln die funktion der vermittlung zu erfüllen.
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(*1) zur juristisch problematischen unterscheidung: eigentum/besitz, verweise Ich auf meinen essay: Die begriffe: eigentum und besitz, im trialektischen modus. //==> in: www.ur-philosoph.de/  //==>bibliographie //==>verzeichnis //==>016:eigentum.   (c)<==//
  <==//
2.3.031
d'accord, der meister sagt: "das ist ein kunstwerk", also muss das weltding: n, ein kunstwerk sein, der kritiker aber ist notwendig der dumme junge, eben ein banause. D'accord, der beobachter der vernissage sagt: "dieses ding da ist ein machwerk", also ist der, der das verbrochen hat notwendig ein scharlatan, eben ein stümper. Das sind divergierende meinungen, die nur in einem moment einen schnittpunkt haben, das ding der welt: n, das in den verschiedenen perspektiven mal als machwerk klassifiziert, mal als das unvergleichliche kunstwerk eingeschätzt wird. Was sich selbst gleich bleibt, das ist das ding der welt: n.

Für jede meinung ist ein grund angebbar, nichts kann ausgeschlossen werden, es sei, ein weiterer grund für den ausschluss wird geltend gemacht. Das problem ist nicht die divergenz der gründe, das problem ist, wie das individuum als ich und sein genosse mit ihren gründen im widerstreit umgehen. Dafür genügt es nicht, allein auf die kausalität der gründe zu setzen oder mit der dialektik die divergenzen schönredend zu vernebeln, das individuum als ich und sein genosse müssen der differenz sich stellen, die in der relation: kunstwerk<==|==>ästhetische_urteil, fixiert ist.    <==//

2.3.032
die grossen konflikte in der geschichte der kunst(a), geführt von den künstlern und ihren interpreten, sind damit knapp angemerkt(b). Auf einen aspekt will Ich aber verweisen. Die grossen kontroversen sind immer an den wendepunkten der epochen geführt worden, wenn der neue stil den vertrauten alten zu verdrängen begann. Berühmt ist der streit der Piccinisten und Gluckisten in Paris um die alte und die neue oper, das war das 18.jahrhundert; im 19.jahrhundert waren es die diversen sessessionen in Paris, Wien, München und Berlin. Was oberflächlich als ein streit einzelner protagonisten erscheint, quasi als privatfehde, das ist ein streit um gründe, richtig oder falsch, mit denen bestimmte vorstellungen als das absolute maass der kunst durchgesetzt werden sollten, vorstellungen, die das individuum als ich und sein genosse, jeder für sich, für wahr halten, die aber als phänomene gegensätzlich bis zum wechselseitigen ausschluss sind. Zentriert im streitigen ding der welt: n, als kunstwerk, sind es die unterschiedlichen ästhetischen urteile, die jeder für sich für wahr halten muss, auch dann, wenn alle dokumente der historia sie als falsch ausweisen. Diese konflikte werden pragmatisch entschieden - so oder so.
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(a) Ich spreche hier ausdrücklich von geschichte(01) und beziehe die historia mit ein.
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(01) zur differenz: geschichte/historia, //==>argument: 2.9.001.  //   INDEX der argumente, stichworte: historia und geschichte.
(b) damit ist das weite feld der historiker bezeichnet, für das der philosoph die grenzlinie markieren kann.    <==//
2.3.033
belehrend ist ein rückblick auf die kunstsalons im 19.jahrhundert und, systemimmanent, die sezessionskämpfe. Was in den salons damals gefeiert wurde, das ist heute stehware in den depots der museen, unterstellt, dass diese objekte überhaupt dem zahn der zeit entgangen sind. Was geschmäht wurde, das war zunächst stehware bei cleveren kunsthändlern. Für die einschätzungen der laufenden kunstproduktion sind die preisbewegungen auf dem kunstmarkt ein guter seismograph. Was einstmals hoch im kurs gestanden hatte, das ist heute keinen sous mehr wert, und einzelne stücke, die damals als unkunst diffamiert worden waren, erzielen bei Sotheby heute, das 21.jahrhundert, preise im millionenbereich. Die sachen sind immer noch dieselben, nur das etikett: ladenhüter, ist ausgetauscht worden und der ort der aufbewahrung wurde verändert.  <==//
2.3.034
kunst - was für ein wort! - Schon immer war das besondere werk gegenstand des interesses. Die behauptung dürfte nicht fehlgehen, dass der homo sapiens, solange er über sich selbst reflektiert hat, die reflexionen in objekten fixierend, formen eines kunstbetriebs entwickelt hatte, die mit den formen von heute nicht mehr adäquat vergleichbar sind, formen, deren struktur auf das gleiche hinauslaufen. Die herstellung eines dinges der welt: n, als kunstwerk, war und ist in soziale beziehungen eingebunden, die, fixiert in den dokumenten der historia, als historia und geschichte nachgezeichnet werden können. Auf die details dieser erzählungen muss Ich hier nicht eingehen(a). Es genügt, wenn Ich darauf verweise, dass der salon des 19.jahrhunderts keine vernissage des 20.jahrhundert gewesen war, gleichwohl die strukturen des geschehens als gleich angesehen werden können. Die kunstwerke waren das objekt der begierde, heute sagt man: des interesses, und getauscht wurden werte, zum vorteil des einen und nachteil des anderen. Diesen strukturen unterlagen und unterliegen auch die produktionsbedingungen eines dinges der welt: n, das als kunstwerk angesehen wird. Die werkstatt eines malers im hohen mittelalter war nicht das atelier des avantgardekünstlers der Pariser boheme, aber hier wie da wurden gegenstände geschaffen, die heute als kunstwerke geschätzt werden.
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(a) das besorgen die experten vom fach.    <==//
=========================
fortsetzung: subtext/2.4.001-2.4.030

bibliographische daten<==//

stand: 13.05.07.
eingestellt: 11.10.03.

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