Subtext
arg.: 2.51.001-2.51.013
 
2.51.001
die beschränkung auf die freiheitsbegriffe Kant's und Hegel's ist pragmatisch motiviert(a). Diese begriffe sind das mittel zum zweck und werden, um die struktur der rezeption kenntlich zu machen, in ihrer inhaltlichen dimension nur im erforderlichen umfang erörtert(b). Diese einschränkung mag enttäuschen, aber das ist die konsequenz der
entscheidung, nicht den rezipierten gedanken selbst in all seinen historischen facetten in den fokus der untersuchung zu stellen, sondern die struktur der rezeption eines fremden gedankens. Das sind zwei verschiedene projekte, die einen verknüpfungspunkt haben. Die struktur der rezeption kann ohne den rezipierten gedanken nicht expliziert
werden, die darlegung des rezipierten gedankens ist nur in der struktur seiner rezeption möglich. Das sind zwei perspektiven auf einen prozess, der, mit sich identisch, unterschiedliche facetten aufweist, die präzis bestimmt werden können. Diese differenz ist im verfahren dieses essays gespiegelt. Die struktur der rezeption der gedanken wird im text erörtert, die sachfragen der freiheitsbegriffe werden, so weit erforderlich, im subtext abgehandelt(c).
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(a)
das kongressthema: Hegels Antwort auf Kant,(01) markiert die grenze.
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(01)   XXX.Internationaler Hegelkongress. Wien, im april 2014.
(b)
die analyse und reflektion dieser begriffe ist ein eigenständiges projekt und wird beiseite gestellt, ausgenommen der kleine aspekt, in dem die verknüpfung Hegel's mit Kant (nicht Kant's mit Hegel) an hand von zwei texten expliziert werden kann. Der begriff: geschichte, ist das moment, das die funktion der vermittlung hat. In seiner schrift: mutmaßlicher anfang ... ,(01) hat Kant die idee der freiheit an den beginn der geschichte gestellt. Diesen gedanke greift Hegel auf, der in den "Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte"(02) die freiheit im prozess der geschichte als idee entfaltet. Zumindest im moment der geschichte ist das verknüpfende glied erkennbar, das eine gegenüberstellung der im prinzip grundverschiedenen konzepte der freiheit bei Kant und Hegel sinnfällig macht. Wie Hegel diesen kerngedanken in seiner philosophie des absoluten geistes aufgegriffen hat, das ist Hegel's beitrag zur idee der freiheit, wie dieser beitrag Hegel's aber zu bewerten ist, das ist die leistung des reflektierenden individuums als ich, die im Kant'schen ansatz ihren begrenzenden horizont hat.
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(01)   Kant./bibliographie //==>argument: 2.92.003.
(02)   Hegel/bibliographie //==>argument: 2.92.001.
(c)
die technischen fragen der philologie und die weitläufige rezeptionsgeschichte der freiheitsbegriffe Kant's und Hegel's in der tradition bleiben ausgespart; das sind eigenständige projekte.       (text)<==//
2.51.002
die eingrenzung auf die freiheitsbegriffe Kant's und Hegel's war durch das kongressthema vorentschieden(a). Im prinzip steht aber die ganze palette der gedachten freiheitsbegriffe zur verfügung, so wie sie in der tradition gedacht worden sind. Der gegenstand dieses essays, die freiheitsbegriffe Kant's und Hegel's im kontext der historischen rezeption, wird, pragmatisch begründet, weiter eingeschränkt(b). Das ist die perspektive der geschichte, in der die idee der freiheit wirkt. Kant hatte das problem: geschichte, scheinbar am rande, mit der frage nach dem mutmaasslichen anfang der menschheitsgeschichte thematisiert, eine geschichte(c), die, so Kant's überzeugung, in der idee der freiheit ihren anfang gehabt hatte. Erst in dem moment, in dem der mensch sich als frei begriffen hat, konnte er auch die idee der geschichte seiner gattung denken(d). Hegel hatte, einen anderen ansatz wählend(e), die idee: geschichte, aufgegriffen(f) und interpretiert die geschichte der gattung: mensch, als eine geschichte der freiheit, real im prozess: einer - wenige - alle sind frei,(g). Nur auf diesen aspekt grenze Ich die erörterung der freiheitsbegriffe Kant's und Hegel's ein. Die anderen problemfelder der freiheit, vor allem die bürgerlichen freiheiten, zentral im denken Hegel's und Kant's, bleiben ausser betracht(h).
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(a)
XXX.Internationaler Hegelkongress. Wien, im april 2014.     (a)<==//
(b)
d'accord, die freiheitsbegriffe Kant's und Hegel's können als ein ganzes ein gegenstand der rezeption sein(01). Diese entscheidung würde aber den akzent im essay verschieben und das problem der historischen rezeption an den rand drängen. Das motiv der beschränkung ist im ziel verortet, das mit diesem essay erreicht werden soll. Die umfassende kritik der freiheitsbegriffe Kant's und Hegel's, ein objekt der historischen rezeption, ist ein eigenes projekt und dieses wird im essay nicht verfolgt(02).
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(01)
der blick auf die historia der Kant/Hegel-rezeption genügt, konkret in den bibliographien der sogenannten sekundärliteratur.
(02)
die historia dieser rezeption, so interessant sie im detail auch sein mag, kann mein interesse an den freiheitsbegriffen, gedacht von Hegel und Kant im horizont der rezeption, nicht beflügeln, das heisst aber nicht, dass die probleme dieser begriffe nicht auch mein nachdenken über den begriff: freiheit, anspannen. Ein indiz dafür ist meine beschränkung auf ein moment des freiheitsproblems, das, so meine these, jeden diskurs über die bürgerlichen freiheiten fundiert, nämlich die möglichkeit der freiheit, die im prozess der geschichte, dokumentiert im verlauf der historia, sich entfalten soll, vorgestellt in den bürgerlichen freiheiten.      (b)<==//
(c)
die unterscheidung: geschichte/historia, muss strikt beachtet werden(01).
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(01) //==>argument: 2.21.010.     (c)<==//
(d)
mit der Kant'schen these können viele spekulationen verknüpft werden, vor allem die idee der religion, die in der historia des abendlandes ein zentrales thema ist. Die implizierte these Kant's ist, dass gott den menschen geschaffen habe, indem er dem menschen die freiheit eingeräumt hat. Das ist ein zwingender gedanke, wenn der anfang der geschichte der gattung: mensch, mit dem mythos vom sündenfall verbunden wird.     (d)<==//
(e)
die ursprünge des Hegel'schen denkens sind in der theologie seiner zeit verortet(01), aber Hegel hat in seinen schriften nie als theologe argumentiert. Sein denken ist in der theologie verwurzelt, die bis Hegel ein dominierendes moment der tradition gewesen war.
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(01)
darin sind sich die feindlichen schulen der Hegelinterpretation einig, allein in den folgerungen sind sie sich nicht einig, aber das kann hier beiseitegelegt bleiben.      (e)<==//
(f)
die frage kann dahingestellt bleiben, ob Hegel seinen begriff der freiheit mit dem Kant'schen text verknüpft hat(01). Es war möglich gewesen, dass Hegel den Kant'schen text kannte, aber die tatsache steht, dass die prämissen Kant's und Hegel's verschieden sind, und, wenn eine verknüpfung behauptet wird, dann ist diese verknüpfung das werk eines dritten, eben des rezipierenden individuums als ich.
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(01) //==>argument: 2.51.008.     (f)<==//
(g)
Hegel,G.W.F.: Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte. Bd.12.p.30-32./bibliographie //==>argument: 2.92.001.     (g)<==//
(h)
diese problemfelder des begriffs: freiheit, sind als eigenständige projekte zu erörtern und werden beiseite gestellt.     (h)<==//          (text)<==//


2.51.003

der gegenstand der analyse sind die begriffe der freiheit, die einerseits Kant und Hegel gedacht hatten, der begriff eingeschlossen, den Ich als individuum, das ein ich ist, denke, andererseits alle anderen begriffe, die je in raum und zeit gedacht worden sind, soweit von diesen noch ein dokument der historia bekannt ist. Diese begriffe, die das individuum als ich in seinem forum internum denkt, sind dem individuum als ich und seinem genossen allein auf dem forum publicum als phänomen präsent(a). Das, was in der historischen rezeption mit grosser geste als "der begriff" gehändelt wird, das ist nicht der begriff, von dem Hegel immer wieder spricht(b), sondern es sind phänomene, fixiert in texten als dokumente der historia, die mit dem terminus: begriff, als eine einheit gefasst werden. Diese phänomene, als phänomene unterschieden von den anderen weltdingen, sind als die phänomene der freiheit geläufig, gehändelt in der geschichte immer wieder mit grossen worten. Es sind die vorstellungen von freiheit, die mit dem terminus: die bürgerlichen freiheiten, kenntlich gemacht werden. Diese werden in diesem essay nicht erörtet(c).
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(a)
die unterscheidung: begriff/phänomen, ist strikt zu beachten(01).
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(01) //==>INDEX der argumente/stichwort: begriff.
(b)
der hinweis auf die funktion des begriffs als begriff im philosophischen system Hegel's ist notwendig, um missverständnisse zu vermeiden. Die systemimmanente logik(01) der Hegel'schen begriffsphilosophie steht hier nicht zur debatte und alle einschlägigen bezüge sollten ausgeklammert werden, weil sie nicht zum gegenstand des essays gehören.
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(01) es wird auch behauptet: die systemimmanente unlogik der Hegel'schen begriffsphilosophie, aber das ist eine frage der perspektive, die hier nicht zu erörtern ist.
(c)
es kann eingewandt werden, dass dieser ausschluss eine verkürzung des problems ist, weil über "die" freiheit nur in den formen bestimmter freiheiten diskutiert werden könne. Der einwand ist geschenkt, weil über die bestimmten freiheiten nur dann rational gestritten werden kann, wenn über die bedingungen des streitens ein konsens hergestellt ist. Der gegenstand dieses essays gilt den bedingungen dieser diskurse, die diskurse über die konkreten bürgerlichen freiheiten sind andernorts zu führen.        (text)<==//
2.51.004
der terminus: freiheit, kann durch das korrespondierende wort in jeder anderen sprache ersetzt werden, ohne dass dem zeichen dadurch
ein mehr an bedeutung zuwachsen kann(a). Davon bleibt die beobachtung
unberührt, dass einzelnen wörtern, einmal mehr, einmal weniger, eine
wertschätzung auf der emotionalen ebene zukommen kann. Oft sind auch
ästhetische erwägungen in betracht zu ziehen(b).
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(a)
//==>argument: 2.41.004.
(b)
das wort: liberdad, hat einen anderen klang als das wort: freedom, oder das wort: freiheit. Die differenz in den wörtern kann keine differenz in der bedeutung des terminus begründen.       (text)<==//


2.51.005

Kant hatte Hegel nicht rezipiert, aber Hegel konnte als nachlebender Kant's an dessen werk anknüpfen(a). In der vergleichende lektüre habe Ich bemerkt, dass Hegel die argumente Kant's parteiisch rezipiert und das problem der freiheit, zentral im politischen denken Kant's, in den vorlesungen über die geschichte der philosophie(b) nur am rande reflektiert. Ich vermute deshalb, dass Hegel Kant's schrift zum mutmaasslichen anfang der menschheitsgeschichte nicht gekannt hatte(c), folglich hat Hegel seine these zur geschichte der freiheit(d) in einem anderen kontext entwickelt(e). Dennoch kann die konstellation der ausgewählten textstellen(f) ein zureichender grund sein, den vergleich: Hegel/Kant, zu machen. Für meinen zweck genügt es, den vergleich der texte zu behaupten, auch dann, wenn die intentionen ihrer autoren grundverschieden sind. Für Kant ist der mutmaassliche anfang in der freiheit ein postulat; für Hegel ist die freiheit ein moment des sich vollendenden geistes.
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(a)
die bemerkung mag als überflüssige binsenwahrheit abgewertet werden, aber im kontext der historischen rezeption ist dieser hinweis keinesfalls überflüssig(01). Die chronologie schliesst als sehr wahrscheinlich aus, dass Kant Hegel zur kenntnis genommen hatte(02), in der anschliessenden rezeption Kant's und Hegel's werden aber bezüge zwischen Hegel und Kant hergestellt(03), wobei nicht immer eindeutig in der richtung der beeinflussung unterschieden wird und thesen als historische wahrheit ausgegeben werden, die nur die meinung des rezipienten sein können.
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(01)
das problem ist klarer gefasst, wenn der zeitraum grösser gewählt wird. Platon hatte von Hegel nichts wissen können, aber Hegel spricht unablässig von Platon, und leicht kann der rezipient schlicht die chronologie übersehen.
(02)
mir ist kein indiz bekannt, das darauf hinwiese, dass Kant eine schrift Hegel's gelesen habe(*1).
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(*1) //==>argument: 2.51.008.
(03)
es genügt, auf die programmatik des Hegelkongresses in Wien, april 2014, zu verweisen. D'accord, der akzent ist: Hegel's antwort auf Kant, aber klar ist dieser bezug nur dann, wenn die chronologie strikt beachtet wird.      (a)<==//
(b)
Hegel,G.W.F.: Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie III. Bd.20.p.329-386./bibliographie //==>argument: 2.92.001.     (b)<==//
(c)
das problem der Kant'schen schrift ist Hegel, vermittelt durch Leibniz(=theodizee), bekannt gewesen(01).
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(01)
Hegel,G.W.F.: Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie III. Bd.20.p.233-259./bibliographie //==>argument: 2.92.001.     (c)<==//
(d)
Hegel,G.W.F.: Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte. Bd.12.p.11-105(=einleitung)/bibliographie //==>argument: 2.92.001.     (d)<==//
(e)
der verweis auf den theologischen horizont im denken Hegel's kann eine plausible antwort sein, aber diese antwort ist als teil der historischen rezeption in diese eingebunden. Es sind überlegungen, die, wenn sie verfolgt würden, dem rezipienten Hegel's zuzuordnen sind, nicht aber Hegel selbst.      (e)<==//
(f)
Kant,Immanuel: Mutmasslicher Anfang der Menschengeschichte.Bd.XI. p.85-102(A1-27)/bibliographie //==>argument: 2.92.001.
Hegel,G.W.F.: Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte. Bd.12.p.30-33./bibliographie //==>argument: 2.92.001.     (f)<==//          (text)<==//
2.51.006
das individuum als ich nimmt die texte seiner rezeption auswählend zur kenntnis, einmal, dass es im korpus der tradition seinen blick auf bestimmte texte konzentriert(a), dann, dass es die texte als zitat entweder wörtlich oder als paraphrase aufgreift(b). Zitat und text sind der gegenstand der analyse und der synthetisierenden reflexion. Die beschränkung auf bestimmte texte markiert den technischen aspekt der rezeption(c).
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(a)
Kant hat den begriff: freiheit, vor allem in den kritiken der reinen und der praktischen vernunft entfaltet. Hegel hat den begriff: freiheit, in der Phänomenologie des Geistes und in der Rechtsphilosophie dargelegt. Diese schriften bleiben in meiner untersuchung der struktur der historischen rezeption ausser betracht(01). In der perspektive Hegel's, und nur diese kommt in frage(02), ist allein der begriff: geschichte, das vermittelnde moment zwischen Hegel und Kant, das eine verknüpfung der freiheitsbegriffe Kant's und Hegel's zulässt(03). Diese auskunft sollte als begründung meiner auswahl genügen.
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(01)
der grund ist simpel in der pragmatik verortet. Das argument würde für eine kritische auseinandersetzung mit dem begriff: freiheit, analysiert und reflektiert im horizont der Hegel'schen und der Kant'sche begriffe, nicht genügen, aber das ziel dieses essays ist nicht der begriff: freiheit, sondern die struktur seiner rezeption, festgemacht am terminus: freiheit, den sowohl Kant als auch Hegel verwendet haben.
(02)
das kriterium der auswahl: die perspektive Hegel's, ist einerseits durch das kongressthema, Wien im april 2014, vorgegeben, andererseits ist es in der chrononologie verortet. In der perspektive Hegel's auf den begriff: freiheit, hat das moment: geschichte, eine konstitutive bedeutung, ein moment, das im denken Kant's zwar nachrangig ist, das aber nicht vernachlässigt werden sollte.
(03)
die einordnung der geschichte als moment der vermittlung ist, für sich betrachtet, eine form der interpretation der Kant'schen und Hegel'schen begriffe, die ein teil der rezeption sind, die das individuum als ich zu verantworten hat..      (a)<==//
(b)
das zitat markiert in der  historischen rezeption den bezug auf das dokument der historia als moment der vermittlung. Das zitat ist entweder wörtlich oder es wird paraphrasiert(01). Beide formen sind in ihren immanenten grenzen gültig(02). Der nachweis eines zitats ist teil der konventionen, die in der gemeinschaft der wissenden gepflegt werden(03).
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(01)
das wörtliche zitat(*1) und die paraphrase(*2) sind in ihrer funktion gleich, eine gleichheit, die differenziert betrachtet werden sollte. Das wörtliche zitat unterstützt die illusion, dass die bedeutung des textes eins zu eins transportiert werde, das kann real nicht der fall sein(*3). Die paraphrase unterliegt dem verdacht, mit der variablität im zitierten text den text in seiner bedeutung passend gemacht zu haben(*4). In der struktur der historischen rezeption ist die struktur des zitats gebrochen gespiegelt.
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(*1)
die zeichenfolge im zitat ist identisch.
(*2)
die zeichenfolge ist variabel, aber die bedeutung der zeichen soll gleichlautend sein.
(*3)
obgleich der zitator die originale gestalt des zitierten textes bewahrt, modifiziert er dennoch die bedeutung des textes, indem er als zitat aus dem ganzen text ein fragment herausschneidet. Jedes zitat ist ein fragment, und seine bedeutung ist auf das verfügbare fragment begrenzt.
(*4)
jede änderung im bestand der zeichen wirkt auf die bedeutung der verfügbaren zeichen ein. Das faktum der veränderungen ist zur kenntnis zu nehmen. Diese veränderungen sind dann akzeptabel, wenn dem adressaten des zitats die möglichkeit verfügbar gemacht ist, den vergleich: original/paraphrase, zu realisieren(+1).
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(+1)
Ich verfahre so, dass Ich im text die paraphrase vorziehe und im subtext das zitat im kontext mitteile(§1). Dem rezipienten meines textes obliegt es dann, für sich sein urteil zu bilden.
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(§1) dafür mache Ich allein gründe des stils geltend.    (b/01)<==//
(02)
wenn dem wörtlichen zitat der vorzug vor der paraphrase eingeräumt ist, dann ist das eine konvention. Einen plausiblen grund für die unterschiedliche einschätzung von paraphrase und zitat gibt es nicht.     (b/02)<==//
(03)
das zitat sollte als zitat in angemessener weise kenntlich gemacht werden. Das ist eine konvention, die in der gemeinschaft der wissenden zwar plakativ eingefordert, aber ebenso klammheimlich ignoriert wird(*1). "Plagiiert" wurde immer(*2). Das ärgernis heute ist, dass mit dem plagiat ein geschäft zu lasten dritter abgewickelt wird.
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(*1)
im zeitalter der digitalen techniken ist allein das verbergen des plagiats schwieriger geworden. Heute erledigt die maschine die grobe arbeit des vergleichens, eine mühe, die in der vordigitalen zeit noch mit dem wissen des jägers per hand und auge vorgenommen werden musste.
(*2)
das nachahmen ist ein grundzug menschlicher existenz und früher war das "abschreiben" der texte die voraussetzung, dass das wissen der zeit überhaupt tradiert werden konnte. Auch hatte der aspekt: individualität des autors, keine vorrangige bedeutung, sodass in der gemeinschaft der wissenden das wissen der genossen als gemeingut angesehen werden konnte. Die paraphrase war in der tradition üblich gewesen und das wörtliche zitat setzte sich als standard erst später durch.    (b/03)<==//       (b)<==//
(c)
das interesse des rezipierenden individuums als ich bestimmt die auswahl der texte. Die auswahl der texte ist einerseits ein technischer
vorgang, andererseits erfordert die auswahl immer ein motiv, das im interesse des auswählenden verortet ist. Dieses motiv muss für den öffentlichen diskurs kenntlich gemacht sein, weil das motiv des genossen der orientierungspunkt ist, an dem alle, die es betrifft, erkennen können, was der grund für die auswahl gewesen war, um beurteilen zu können, was nicht vermeidbar ist.     (c)<==//           (text)<==//
2.51.007
das, was die freiheitsbegriffe Kant's und Hegel's voneinander trennt, das ist die frage, wie der begriff: freiheit, zu denken sei, entweder als postulat(Kant), oder als substanz(Hegel)(a). Kant meint, dass das fundament der sittlichkeit im postulat der freiheit fundiert sein müsse(b). Hegel geht einen anderen weg. Freiheit sei das wesen des geistes(c), der im prozess der weltgeschichte als die  offenbarung gottes(d) und theodizee gottes(e) sich vollende. Diese grunddifferenz macht prima vista den vergleich der freiheitsbegriffe unmöglich, secunda vista aber, wenn in der rezeption dieser begriffe dennoch eine verknüpfung unternommen wird, ist die chance gegeben, in der differenz das verbindende aufzusuchen. Offen bleibt, ob diese absicht gelingenkann(f).
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(a)
das ist eine grundsatzfrage, die, wenn der philosoph vor sich selbst ehrlich sein will, nicht entscheidbar ist. Der philosoph aber, das individuum, das ein ich ist, muss diese frage für sich bindend beantworten. Er antwortet in der perspektive des glaubenden, der etwas für wahr hält.     (a)<==//
(b)
Kant sagt: "Postulat ist ein a priori gegebener, keiner Erklärung seiner Möglichkeit (mithin auch keines Beweises) fähiger, praktischer Imperativ"(01). Kant präzisiert: "((...)) Freiheit, als Vermögen des Menschen, die Befolgung seiner Pflichten (gleich als göttlicher Gebote) gegen alle Macht der Natur zu behaupten"(02).
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(01)
Kant,Immanuel: Verkündigung des nahen Abschlusses eines Traktats zum Ewigen Frieden in der Philosophie. Bd.VI.p.411./bibliographie //==>argument: 2.92.003.
(02)   a.a.O.p.411.     (b)<==//
(c)
Hegel sagt: "es ist dies eine Erkenntnis der spekulativen Philosophie, daß die Freiheit das einzige Wahrhafte des Geistes sei"(01). In einem vergleich(02) identifiziert Hegel die freiheit mit der substanz: "Wie die Substanz der Materie die Schwere ist, so, müssen wir sagen, ist die Substanz, das Wesen des Geistes die Freiheit"(03).
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(01)
Hegel,G.W.F.: Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte. Bd.12.p.30/bibliographie //==>argument: 2.92.001.
(02)
der vergleich ist problematisch, er ist anfechtbar; die grammatikalische konstruktion des satzes erleichtert nicht seine verteidigung.
(03)    a.a.O.p.30.     (c)<==//
(d)
Hegel sagt: "Denn die Weltgeschichte ist die Darstellung des göttlichen, absoluten Prozesses des Geistes in seinen höchsten Gestalten, dieses Stufenganges, wodurch er seine Wahrheit, das Selbstbewusstsein über sich erlangt"(01). Diesen satz hat Hegel im horizont der religion formuliert, in dem auch dieses satzfragment steht: "Gott als Einheit des Allgemeinen und Einzelnen"(02),(03).
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(01)
Hegel,G.W.F.: Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte. Bd.12.p.73./bibliographie //==>argument: 2.92.001.
(02)   a.a.O.p.70.
(03)   heranzuziehen ist der ganze absatz p.69-70.    (d)<==//
(e)
Hegel sagt: "Unsere Betrachtung ist insofern eine Theodizee, eine Rechtfertigung Gottes, welche Leibniz metaphysisch auf seine Weise in noch unbestimmten, abstrakten Kategorien versucht hat, ((...))"(01).
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(01)
Hegel,G.W.F.: Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte. Bd.12.p.28./bibliographie //==>argument: 2.92.001.    (e)<==//
(f)
diese frage kann nur in einem eigenständigen diskurs beantwortet werden, dieser ist nicht der gegenstand des essays über die struktur der historischen rezeption.     (f)<==//            (text)<==//
2.51.008
die chronologie ist eindeutig. Kant: 1724-1804, Hegel: 1770- 1832. Kant hätte theoretisch von Hegel notiz nehmen können, praktisch aber hatte er keine notiz von Hegel genommen(a), also ist es historisch falsch von einer Hegel-rezeption Kant's zu sprechen. Hegel hatte dagegen Kant rezipiert(b), sodass davon ausgegangen werden muss, dass Kant's überlegungen auch Hegel soweit beeinflusst hatten, wie er Kant rezipiert hatte. Die details sind gegenstand der historischen forschungen, die der korpus der historia: rezeptionsgeschichte, sind(c).
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(a)
ein einschlägiger hinweis ist mir nicht bekannt.
(b)
der umfang dieser rezeption ist im Hegel-register ablesbar(01). Hegel hat in seinen texten oft bezüge zu Kant hergestellt, zentral sind seine ausführungen in den vorlesungen zur geschichte der philosophie(02). Die frage, ob Hegel Kant's schrift über den mutmaasslichen anfang gekannt hatte, kann Ich nicht beantworten, einen hinweis darauf habe Ich (bisher) nicht gefunden.
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(01)
register der Theorie Werkausgabe Suhrkamp. Stichwort: Kant. p.331-
343. /bibliographie //==>argument: 2.92.001.
-(02)
Hegel,G.W.F.: Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie III. Bd.20.p.329-386/bibliographie //==>argument: 2.92.001.
(c)
mein interesse zielt ab auf die struktur dieser rezeptionen. Die methode der historischen rezeption ist auf jeden vertreter einer zeit anwendbar, dann, wenn dieser mit den gedanken des anderen beschäftigt ist, um den gedanken des anderen sich zu eigen zu machen.        (text)<==//
2.51.009
im strikten sinn des begriffs dürfte es diese streitereien gar nicht geben(a); denn Hegel und Kant, so die meinungen der ontologen, haben nur ihren begriff denken können, und diese begriffe müssen, jeder für sich, mit sich identisch sein. Die zwingende folgerung wäre, dass voneinander abweichende auslegungen, wenn die regeln der logik beachtet werden, nicht möglich sein können, die erfahrung zeigt aber, dass es anders ist. Wenn der grund für die offenkundigen differenzen in den auslegungen nicht bei Hegel und Kant verortet werden können, dann liegt der schluss auf der hand, bei dem rezipierenden individuum als ich nachzufragen, ob es den grund für die abweichende auslegung gesetzt hat. Wenn das der fall ist, dann ist als unmöglich auszuschliessen, dass Kant und Hegel, die begründer ihrer freiheitsbegriffe, als das bestimmende maass für den begriff: freiheit, in anspruch genommen werden können, den das individuum als ich denkt(b). Die situation ist ein dilemma, das alle, die es betrifft, nur pragmatisch von fall zu fall auflösen.
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(a)
es genügt, auf die historia der Kant- und der Hegel-rezeptionen zu blicken. Die verfechter bestimmter auslegungen hatten sich in sogenannten schulen zusammengefunden, gegeneinander sich erbittert bekämpfend - das tun sie noch heute, jeder für sich, sich auf "seinen" Hegel oder "seinen" Kant berufend.
(b)
davon ist strikt zu unterscheiden, dass das individuum als ich, wenn es seinen begriff: freiheit, denkt, sich auf den Kant'schen und/oder Hegel'schen freiheitsbegriff berufen kann. Das ist aber seine autonome entscheidung, sich an diese absolut bindend.       (text)<==//
2.51.010
Kant hat das problem des bösen(a) mit dem postulat der freiheit einer möglichen auflösung nähergebracht. Real ist das postulat in der freiheitstat des individuums als ich, durch die dem individuum als ich erst die möglichkeit der wahl zwischen gut und böse eröffnet ist. Zwischen der wahl, sich für gut oder böse zu entscheiden, und dem postulat, dass das individuum als ich über diese freiheit verfügt(b), besteht eine nicht_auflösbare dialektik, die das individuum als ich nur im horizont des jeweils ausgeschlossenen anderen moments fassen kann. Diese dialektik ist die bedingung seiner autonomen entscheidung, in der es sich, das geschöpf der natur, dem gotte gleich, absolut binden kann. Die verneinung dieser dialektik als alternative ist eindeutig. Entweder wird die autonomie des ich verneint, dann entfällt jede differenzierung und der mensch ist als individuum in die natur zurückgefallen, oder die autonomie des ich wird behauptet, dann kann das individuum als ich sich nicht der dialektik von böse und gut entziehen.
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(a)
Leibniz geht mit seiner these einer theodizee einen anderen weg. Für Leibniz ist das faktum des bösen die bedingung, dass das gute möglich sei. Die möglichkeit der freien entscheidung des individuums als ich ist in der dialektik von gut und böse impliziert. Leibniz löst das problem vom ende her, Kant setzt beim anfang an.
(b)
im relationalen argument wird dieser begriff: freiheit, mit dem terminus: autonomie des ich, bezeichnet(01).
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(01)   //==>argument: 2.21.013.       (text)<==//
2.51.011
Hegel unterscheidet zwischen den begriffen: geschichte und historia, auch dann, wenn diese unterscheidung in seiner terminologie nicht in der notwendigen weise eindeutig ist. Hegel formuliert einmal: philosophie der geschichte, dann: vorlesungen zur geschichte der philosophie,(a). Diese texte unterscheiden sind in den erörterten gegenständen eindeutig. Das, was Hegel zur historia der philosophie sagt, das wird unbestritten in der klasse: historia, abgelegt, und seine reflexionen über das wesen der philosophie der geschichte, sind als erzählungen der geschichte in der klasse: system seines philosophierens, abzulegen(b).
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(a)
die titel der tradierten texte(01) stammen vermutlich nicht selbst von Hegel, sondern sind von seinen ersten herausgebern formuliert worden. Das ist im kontext dieses essays ein nachrangiges problem.
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(01)
in der theorie-werkausgabe die bände: 12,18-20,(*1)
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(*1)  bibliographie //==>argument: 2.92.001.
(b)
dieser aspekt, obgleich einschlägig im horizont des begriffs: historische rezeption, wird nicht weiter verfolgt.       (text)<==//
2.51.012
das geheimnis des postulats ist, dass das, was postuliert wird, durch gründe nicht ausweisbar ist(a), aber das vorhandensein des postulats wirkt wie ein grund, der eine kausalkette setzt. Man kann von einem trick(b) reden, aber die wirkung ist in jedem fall hilfreich, weil auf diese weise eine kausalität gestiftet werden kann, die tragfähig ist, das soziale leben des individuums als ich und seines genossen zu begründen. Es ist nicht notwendig, dass man weiss, was "die freiheit"(c) ist, aber auf dem fundament der logik kann nachgewiesen werden, was als bürgerliche freiheiten rational angesehen werden soll. Damit sind argumente möglich, die eine vorstellung fassen können von dem, was die freiheit für das individuum als ich und seinem genossen real ist - für den einen dies, für den anderen das, und beide können sich darauf berufen, dass es das ist, was sie mit dem terminus: freiheit, bezeichnen.

In diesem sinn ist das postulat ein werkzeug der begreifenden vernunft.
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(a)

das postulat ist wie der geglaubte gott nicht_beweisbar, aber das postulat kann in der funktion der stellvertretung, säkular gebürstet, den geglaubten gott real in der welt(intramundum) ersetzen und genutzt werden als orientierungspunkt in einer maasslos erscheinenden welt. In dieser funktion ist das postulat eine präzis ausgewiesene position im prozess der erkenntnis, an dem die rationalität jedes arguments überprüfbar ist(01).
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(01)
pars pro toto das reden von der freiheit, das dann als rational ausgewiesen ist, wenn es auf eine solche ordnungsfunktion zurückgeführt werden kann.
(b)
die assoziation: taschenspielertrick, liegt nahe. Der pejorative kontext ist nicht zu ignorieren, aber die abwertung der methode wird der sache nicht gerecht. Der begriff: postulat, ist an der grenze situiert, die die welt intramundum als rational ausweist und extramundum keine prädikation verstattet(01).
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(01)
Richter,Ulrich: Intramundum/extramundum.018:grenzeII /bibliographie //==>argument: 2.92.004.
(c)
die rede von "der freiheit" instrumentalisiert den terminus: freiheit, der einerseits einen begriff bezeichnet, von dem gesagt werden muss, dass dieser begriff im forum internum des individuums als ich zwar ein ding der welt ist, aber kein seiendes im sein sein kann. Andererseits unterscheidet aber der begriff, bezeichnet mit dem terminus: freiheit, bestimmte dinge der welt als phänomene der freiheit, in denen das aufleuchten kann und soll, was die bürgerlichen freiheiten, jede für sich, sein könnten. Dieser zusammenhang ist ohne den terminus: freiheit, nicht darlegbar.        (text)<==//
2.51.013
im relationalen argument wird strikt zwischen dem begriff: freiheit, und dem begriff: die bürgerlichen freiheiten, unterschieden(a). Das, was gemeinhin in der tradition und im täglichen geschäft der politik mit dem terminus: freiheit, bezeichnet wird, das wird im relationalen argument mit dem terminus: die bürgerlichen freiheiten,(b) kenntlich gemacht. Für den traditionalen freiheitsbegriff sollte der terminus: die bürgerlichen freiheiten, verwendet werden.
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(a)
//==>INDEX der argumente/stichwort: freiheit/freiheiten.
(b)
der blick auf die bürgerlichen freiheiten(01) ist deprimierend und
von der autonomie des ich ist schon gar nicht mehr die rede. Aber auch dann, wenn die empirischen daten als frustierend erfahren werden, keines dieser fakten hebelt das prinzip der autonomie aus, das die wahlfreiheit des individuums als ich statuiert. Das ist anders, wenn die autonomie des ich als bedingung der bürgerlichen freiheiten verneint wird. Die versuche, das prinzip der autonomie des ich zu zerstören, können nicht abschliessend unterbunden werden, aber jeder einschlägige versuch transformiert die rede von der freiheit in eine lüge, weil in dieser lüge der mensch in den blossen naturzustand zurückgefallen ist, degradiert zu einem element im endlosen kreislauf der natur(02).
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(01)
von den bürgerlichen freiheiten, die, jede für sich, in der autonomen entscheidung des individuums als ich eine gebundene freiheit ist, kann nur im plural gesprochen werden. "Die Freiheit", so wird geredet, gibt es nicht, aber es gibt die vielen kleinen freiheiten, die zumeist entbehrt werden.
(02)
die kultur ist ein dünner firnis, der die gewalt nicht übertünchen kann.        (text)<==//


fortsetzung: subtext/2.81.001

zurück/bibliogr.daten<==//

eingestellt: 14.04.21.

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