SUBTEXT
2.0 subtext
2.00
der subtext ist kein kommentar in klassischer manier, er ist die erweiterung des vortrags(*1), der in seinem umfang durch die vorgaben in raum und zeit beschränkt gewesen war. Die anordnung der anmerkungen folgt strikt dem gang der erörterung im text. Das system der fussnoten markiert in jeder anmerkung die hierarchie der argumente im detail. Die literaturverweise erfolgen ortsnah ohne zusammenfassung in einer angehängten liste. Die autoren sind über das personenregister auffindbar. Jeder name, im text und im subtext erscheinend, ist verzeichnet.
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(*1)
der text, mit ausnahme des punkts: 1.11, ist mit dem text des vortrags identisch(+1). Formal erscheint der text als eine kopie des originals, de facto wurde aber der text mit dem subtext als ein ganzes konzipiert, im vortrag aber, der verfügbaren zeit geschuldet, wurde der subtext "gestrichen".
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(+1)
gehalten auf dem IX.Kongress der Deutschen Gesellschaft für Ästhethik 2015. Techne-poiesis-aisthesis. 17.-21.Februar 2015. Universität Hamburg.           (text/anfang)<==//
2.01
im mainstream, der die philosophie eifernd verwaltet, sind die stimmen leise, die auf die blumen weisen, die, abseits des weges zusammengebunden zu einem bunten strauss, dem philosophischen denken die kraft vermitteln, ohne die, in anlehnung an Hegel(*1), das denken der amtsphilosophen nur breitgetretener quark ist.
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(*1)
die formel: breitgetretener quark, ist bei Hegel nicht nachweisbar, wohl aber seine warnung, dass die philosophie erbaulich sein solle(+1). Ich meine, irgendwo im kontext der Hegel'schen philosophie(+2)) einmal die formel: breitgetretener quark, gehört zu haben, die Ich im kopf später mit Hegel assoziiert habe.
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(+1)
das zitat im kontext. Hegel sagt: "Ich erwähnte vorhin die Erbauung, die oft von der Philosophie erwartet wird; meines Erachtens soll sie, auch wenn der Jugend vorgetragen, niemals erbaulich sein". (Über den Vortrag der Philosophie auf Universitäten in: Nürnberger Schriften, Bd.4, p.423. (Suhrkamp-werkausgabe).
(+2)
im doktorandenkolloquium Günter Rohrmoser's, Köln, 1967-1973.          (t/2.01)<==//
2.02
die kopie eines weltdinges: n, kann in allen merkmalen gleich sein, die kopie aber kann in keinem fall mit dem original identisch fallen(*1). Diese differenz muss strikt beachtet werden. Es ist ein irreführender sprachgebrauch, wenn von identischen dingen geredet wird, die in allen beobachtbaren details zwar gleich sind, in dem einen entscheidenden moment aber, der identität, nicht gleich sein können. Der verweis sollte genügen, dass die datei auf der festplatte mit dem dateinamen: mona lisa.bmp, nicht dasselbe sein kann, wie der ausdruck dieser datei mit der bildunterschrift: "Leonardo da Vinci: Mona Lisa, 1503, Louvre". Die möglichkeiten der digitalen technik lassen es zu, die kopie einer vorlage in einer frappierenden gleichheit der merkmale herzustellen, sodass es plausibel ist, von einer identität zu sprechen, die zwischen abbild und vorlage bestehen soll(*2). In der täglichen kommunikation kann das genügen, aber dieses einverständnis kann aus zwei weltdingen, gleich in den definierten merkmalen, nicht ein weltding machen. Original und kopie sind zueinander immer das andere(*3).
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(*1)
das 1.logische axiom: identität, schliesst dies aus.
(*2)
das ist das fundament für die amtliche beglaubigung eines dokuments im rechtsverkehr.
(*3)
//==>INDEX der argumente/stichwort: andere/der,das.         (t/2.02)<==//
2.03
der terminus: aura des kunstwerks,(*1) ist, vermittelt durch Walter Benjamin's theorie des films(*2), zu einem schlagwort in den theorien der ästhetik geworden. Per analogie wird die definition der tradition: die aura,(*3) auf die phänomene sowohl der kunst als auch auf die besonders hervorgehobene weltdinge angewandt, einen religiösen bezug nicht immer ausschliessend. Es soll das gefühl des geheimnisvollen evoziert werden, der dem bestimmten ding, immer ein unikat(*4), zugeschrieben wird. In letzter konsequenz ist es der glaube eines individuums als ich, das von einem bestimmten weltding berührt ist, ein anrührung, die es im fühlen zwar umfassen, aber rational in seinem letzten und entscheidenden moment nicht erklären kann.
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(*1)
im gebrauch ist auch der terminus: die aura des werks. Die terminologie benutze Ich variabel, oft sind es nur stilistische erwägungen. Logisch betrachtet bezeichnet der terminus: werk, mehr als der terminus: kunstwerk. Den begriff: kunstwerk, gebrauche im horizont der tradition. Gemäss dieser definition sind die wunderwerke der technik keine kunstwerke, gleichwohl auch diese werke eine aura haben können, in Paris der Eiffelturm.
(*2)
Benjamin, Walter: Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit. in: Gesammelte Schriften. Band I-2 p.431-508. Frankfurt am Main: 1991.
(*3)
nach dem wörterbuch ist die aura ein lufthauch, der als metapher für die ausstrahlungskraft eines menschen steht, in der religiösen kunst dargestellt als der heiligenschein. Die aura ist der zauber, der von einer person und/oder einem weltding ausgehen kann. Ihr rationales moment ist, das etwas bezeichnet wird, das eigentlich mit worten nicht mehr erklärbar ist. Der terminus: aura, erschöpft sich seiner heuristischen funktion.
(*4)
das ding der welt, dem eine aura zugeordnet ist, kann nur ein unikat(+1) sein. Die aura des originals ist durch das merkmal: unikat, vermittelt.
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(+1)   //==> anmerkung: 2.06.         (t/2.03)<==//
2.04
die these, dass die aura des kunstwerks im 20.jahrhundert verschwunden sei, hatte Walter Benjamin am neuen medium: film, exemplifiziert(*1). Das, was der film als kunstwerk sein soll, das ist dem publikum in zwei (medien-)formen real präsent, einmal als filmstreifen, dann als das bild, das auf die leinwand projiziert wird. Die frage ist nicht beantwortbar, in welcher erscheinungsform der film: Faust,(*2) als das original des kunstwerks: Faust, zu identifizieren ist. Zur auswahl stehen zuerst die bilder auf der leinwand, die in der zeit mit jedem abspulen der filmrolle für den kunstliebhaber neu erscheinen. Dann sind es die filmrollen, die, zusammengefasst unter einem werktitel, im kino abgespielt werden. Dann ist es die vorlage für die kopien als filmrolle, auf der das ganze filmische material, einschliesslich drehbuch und literarische vorlage, zu einer konsistenten geschichte zusammengeschnitten worden ist(*3). In diesen erscheinungsformen ist neben der aura auch das original verloren gegangen; denn das, was der film als original gewesen sein soll, das ist in den erscheinungsformen nicht mehr ausweisbar. Diese situation ist aber mitnichten typisch für die moderne, vergleichbares ist für die photographie(19.jahrh.) und den buchdruck(15.jahrh.) festzustellen. Für die photographie ist es die verknüpfung des negativs mit seinen abzügen, für den buchdruck ist es die druckvorlage und das ausgedruckte exemplar. Der schreiber im kloster hatte sichtbar eine replik der vorlage hergestellt, die kopie vom original trennend, der maler, der vor ort malend eine landschaft auf der leinwand projizierend fixiert, hat in der abbildung eine kopie der landschaft geschaffen, die als bild für sich ein unikat ist. Die verteilung der funktionen: original und kopie, ist für das auge wahrnehmbar und bestimmt. Im zeitalter der technischen reproduzierbarkeit der weltdinge ist diese bestimmung nicht mehr eindeutig zuordbar(*4).
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(*1)    a.a.O. //==> anmerkung: 2.03/*2.
(*2)
der film: Faust(1960) mit Gustav Gründgens und Will Quadflieg in den rollen des Faust und Mephistopheles. Es ist die filmische version der Düsseldorfer inszennierung Gustav Gründgen's(1957).
(*3)
mit den neuen technologien wird eine welt in bildern erschaffen, die es nie gegeben hatte, so im film: Jurassic Park. Die technischen möglichkeiten hier weiter zu erörtern ist nicht erforderlich.
(*4)
in seinen konsequenzen kann dieser gedanke noch weiter fortentwickelt werden. Im ontischen dasein jeder kopie ist die unterscheidung: kopie oder original, als problem manifest. In der duplikation eines unikats(+1) ist die logik der unterscheidung wirksam, mit der in der analyse das original von der kopie getrennt wird, aber in der situation der moderne ist es möglich geworden, dass die kopie nicht mehr vom original unterscheidbar ist. Nathan, der weise, hat es gesagt: der originale ring ging vermutlich verloren(+2).
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(+1)    //==> anmerkung: 2.06.
(+2)
das zitat im kontext. Gotthold Ephraim Lessing sagt: "Betrogene Betrieger! Eure Ringe | Sind alle drei nicht echt. Der echte Ring | Vermutlich ging verloren. Den Verlust | zu bergen, zu ersetzen, ließ der Vater | Die drei für einen machen"(§1).
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(§1)
Lessing,Gotthold Ephraim: Nathan der Weise. III/7 (vers: 508-513). In: Werke. München: 1971. Bd.2, p.279.         (t/2.04)<==//
2.05
unter den bedingungen der digitalen produktion und reproduktion der weltdinge ist die unterscheidung: hier das original - da die kopie, gegenstandslos geworden. Die identität des weltdinges als objekt, es sei ein kunstwerk oder kein kunstwerk, ist nicht existent, weil, vom individuum als ich gedacht in seinem forum internum als ästhetisches urteil, sedimentiert in einem physisch realen objekt auf dem forum publicum(*1), das kunstwerk in seiner physischen präsenz nur noch als eine ansammlung von zeichen: 0 und 1,(*2) wahrgenommen werden kann, die mittels geeigneter techniken(*3) in der traditionalen weise physisch wahrnehmbar gemacht werden. Die frage ist irrelevant geworden, ob das werk, umwabert von der aura, als datei auf der festplatte gespeichert ist und über den pc-bildschirm sichtbar gemacht wird, oder, ob das werk als ausdruck der datei auf dem papier befingert werden kann(*4). Die alten kategorien: original(=unikat) und kopie(=replik), sind im horizont der digitalen techniken nicht mehr tauglich, die realität der werke angemessen abzubilden(*5). Die beobachtbaren veränderungen sind als faktum zur kenntnis zu nehmen, etwas anderes sind die folgerungen, die daraus gezogen werden sollten; es sind neue situationen, regeln folgend, die zur tradition im gegensatz stehen(*6).
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(*1)
//==>INDEX der argumente/stichwort: forum internum/publicum.     (2.05/*1)<==//
(*2)
technisch: ein oder aus, entweder es fliesst strom oder nicht, tertium non datur, aber das tertium datur, bedingung für die traditionalen vorstellungen der dinglichen welt in raum und zeit, hat mit der endlichen reihe der zahlzeichen einer datei wenig gemein.     (2.05/*2)<==//
(*3)
das ist die funktion der hard-/und software, ohne die auf dem forum publicum der gedanke, fixiert in den bytes von: 0 und 1, die das kunstwerk vertreten, nicht fassbar ist. Es ist schon eine sehr verwunderliche sache, dass auf dem bildschirm eines pc's entweder die vertrauten dinge der welt wieder erscheinen, entnommen einer silbrigen scheibe, oder diese in der scheibe wieder verschwinden.      (2.05/*3)<==//
(*4)
die technik der 3D-drucker macht es jetzt auch möglich, die fläche in den raum zu erweitern.     (2.05/*4)<==//
(*5)
ein seitenaspekt der digitalen techniken ist die neue frage nach dem copyright. Wer hat das werk geschaffen? - wer ist der kopist? Zur beliebigen auswahl stehen bereit, zum ersten der produzent der datei, zum zweiten der vermarkter der datei im internet und zum dritten der nutzer, der (inter-)aktiv mit dem material arbeiten kann(+1). Jedem individuum als ich, eingeschlossen der genosse, steht in seiner perspektive das copyright zu, nämlich das recht an einem weltding(+2), das juristisch mit den kategorien des rechts nicht mehr fassbar ist, gültig in der tradition.
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(+1)
im blick auf wikipedia ist das problem hinreichend bekannt.
(+2)
Richter,Ulrich: Die begriffe: eigentum und besitz, im trialektischen modus. //==> www.ur-philosoph.de //==> bibliographie //==> verzeichnis //==> 016:eigentum.        (2.05/*5)<==//
(*6)
im gegensatz, aber nicht im widerspruch. Die argumentebenen: begriff und phänomen, sind strikt zu beachten(+1).
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(+1)   //==>INDEX der argumente/stichwort: argumentebene.     (2.05/*6)<==//           (t/2.05)<==//
2.06
das original eines kunstwerks ist ein unikat. Der begriff: unikat, schliesst aus, dass die kopie(*1) das original werden kann(*2). Auf der argumentebene der begriffe ist die relation: original<==|==>kopie(=replik), eindeutig, nicht eindeutig ist diese relation auf der argumentebene der phänomene. Um die im streit stehenden phänomene ordnen zu können, kommt dem merkmal: unikat, das das bestimmte weltding: n, auszeichnet, eine besondere funktion zu(*3). Am physisch präsenten ding der welt: n, kann demonstriert werden, ob es von diesem ding der welt: n, noch ein vergleichbar anderes weltding gibt, das diesem in einer definierten anzahl von merkmalen gleich ist(*4), dem aber das entscheidende merkmal: unikat, nicht zugeordnet werden kann. Das problem der unterscheidung auf der argumentebene der phänomene ist, dass die erforderliche trennung nicht im begriff: unikat, verortet sein kann, sondern im individuum als ich und seinem genossen verortet ist, die in ihrer situation entscheiden, was als unikat gelten soll oder nicht. Entscheidend ist das, was das individuum als ich einerseits glaubt, und das, was der genosse andererseits zu konzedieren bereit ist. Das ding der welt: n, kunstwerk oder nicht, ist nur das vermittelnde dritte moment, das sowohl der genosse als auch das individuum als ich in ihren relationen fassen, das jeweils dritte moment als horizont ausschliessend(*5). Die logik der begriffe: original und kopie, in der tradition unter dem terminus: das ontologische argument, unbestritten, ist in der moderne unter den einfluss der neuen techniken bestreitbar geworden, weil in den phänomenen die trennung von original und kopie nicht mehr eindeutig sein kann(*6).
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(*1)
die terminologie ist uneinheitlich. Dasselbe kann mit den termini: "duplikat, faksimile, replik, photokopie, kopie und nachahmung(=plagiat)" bezeichnet werden. In der tradition haben diese termini einen weiten hof an bedeutungen, der nicht weiter thematisiert wird.     st_(2.06/*1)/<==//
(*2)
es ist ein anderer fall, wenn eine ausgewiesene kopie in der funktion eines originals gebraucht wird. Viele originale sind durch die umstände in der zeit physisch vernichtet worden und überdauern in den kopien den wechselhaften lauf der zeiten. Es sind faktisch kopien, aber sie werden in der funktion des originals gehändelt.     st_(2.06/*2)/<==//
(*3)
schon immer, ausgewiesen in den dokumenten der historia, ist vom unikat ein besonderer zauber ausgegangen, der ästhetisch zur aura verdichtet wurde. Soweit die historische erinnerung in der zeit zurückreicht, haben die menschen immer wieder versucht, begehrte objekte ihrer lebenswelt zu reproduzieren, kopiert oder sonstwie vervielfältigt. Die reproduzierbarkeit eines objekts ist insofern kein neues phänomen. Die verfügbaren techniken der reproduktion, erbe der geschichte, sind im verlauf der historia immer wieder verbessert worden, zunehmend raffinierter werdend. Der endpunkt der historischen entwicklung wird gegenwärtig von den digitalen techniken markiert, die von den traditionalen techniken dadurch unterschieden sind, dass in den objekten das faktum der veränderung in der substanz des objekts nicht mehr ausweisbar ist(+1). Die ausgangsdatei(=original), abgelegt auf einem speichermedium, ist von der kopie faktisch nicht unterscheidbar, die als datei auf demselben speichermedium in einem anderen ordner abgelegt ist, abgesehen vom etikett: geändert am ..., das den dateien beigegeben ist(+2).
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(+1)
als erbe der tradition war bis dato am material des objekts jede manipulation, sowohl in raum als auch in der zeit, nachweisbar. Dieser nachweis ist bei einer digitalen datei nicht mehr führbar, wenn in einer der verglichenen dateien einschlägige daten gelöscht und/oder eingefügt worden sind. Insofern ist jede datei, einen bestimmten platz auf dem datenträger einnehmend, ein unikat. Implizit ist mit dieser feststellung behauptet, dass die unterscheidung: original/kopie, gegenstandslos geworden ist, weil jede datei als unikat sowohl als original gehändelt werden kann als auch als kopie. Wenn aber die idee des originals als gedanke nur noch in der form des unikats wahrgenommen werden kann, dann ist die idee des originals als gedanke entwertet, eingeschlossen die gedanken, die als idee der kopie denkbar sind.
(+2)
der marker: geändert am ..., kann digital, ohne eine spur zurücklassend, auch entfernt werden. Es könnte nun spitzfindig argumentiert werden, dass ausgangsdatei und kopie zumindest zwei dateien seien, deren verknüpfung und differenz auf dem speichermedium in den dateinamen angezeigt ist, die die konstruktion der folge: original ==> kopie, noch plausibel erscheinen lässt. D'accord, das argument ist gültig, allein es ist mit den gewohnheiten der tradition nicht kompatibel. Die berufung auf die tradition ist unverändert möglich, aber die maximen der tradition sind in der moderne gegen den technischn fortschritt nicht mehr durchsetzbar.        st_(2.06/*3)/<==//
(*4)
es ist eine frage der pragmatik, wieviele merkmale es sein müssen, wenn das bestimmte ding der welt: n, als die kopie des originals, das kunstwerk: m, akzeptiert werden soll. Die grenze für die vergleichung der merkmale ist das wissen, dass die kopie, technologisch in allen merkmalen gleich, in keinem fall das original werden kann. Dieses wissen genügt, wenn alles darauf abgestellt wird, eine kopie als das original erscheinen zu lassen(+1).
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(+1)
die logik des betrugs, die umkehrung der funktionen, zugeordnet dem original und der kopie, hat ihr fundament in dem wissen, dass eine grenze gesetzt ist zwischen der kopie und dem original, eine grenze, die nicht überschreitbar ist. Die konsequenzen für den möglichen grenzübertritt, fixiert auf das kunstwerk, ist andernorts noch zu erörtern(§1).
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(§1)    //==> anmerkung: 2.34.     st_(2.06/*4)/<==//
(*5)
der gedanke wiederholt in einer graphik. Die momente sind das individuum als ich und sein genosse(+1), die ihr interesse auf das ding der welt: n,(=unikat) gerichtet haben.
Die relationen:
1.rel.: individuum_als_ich<==>genosse
2.rel.: individuum_als_ich<==|==>ding_der_welt:_n(=unikat)
3.rel.: genosse<==|==>ding_der_welt:_n(=unikat)
graphik: 2.06/01,

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(+1)

der aspekt der wechselseitigen relation: individuum_als_ich<==>genosse(§1), wird hier in analytischer absicht ausgeblendet. Die relationen: individuum_als_ich<==>genosse, und die relationen: individuum_als_ich<==|==>(ding_der_welt:_n(=unikat))<==|==>genosse, sind äquivalent(§2).
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(§1)
lies: das individuum als ich relationiert wechselseitig den genossen.
(§2)
lies: das individuum als ich relationiert abhängig das ding der welt: n, in klammer gleich unikat, das ding der welt: n, in klammer gleich unikat relationiert abhängig den genossen.     st_(2.06/*5)/<==//


(*6)

die fragwürdig gewordene unterscheidung: original/kopie, ist in den sogenannten happenings sinnfällig gemacht(+1). Dem begriff nach ist das happening ein unikat, das in keinem denkbaren fall die kopie seines selbst werden kann. In der medienwelt ist es aber üblich, das unikat als serie zu präsentieren(+2). Die wiederholung eines happenings, in welcher form auch immer, ist etwas anderes(+3). Diese differenz sollte in den diskursen des kunstbetriebs nicht geschliffen werden.
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(+1)
einschliesslich aller derivate, die im kunstbetrieb zur zeit en vogue sind. Das einmalige wird als das kunstwerk par excellance goutiert. Das ist als ereignis zur kenntnis zu nehmen, in der analyse der phänomene und in der reflexion des analytisch getrennten ist die situation komplex. Das, was als das ausserordentliche ereignis inszeniert und zelebriert wird, das ist, jedes ereignis für sich, im strom der ereignisse nur ein unikat, von dem keine kopie in raum und zeit angefertigt werden kann(§1). D'accord, das ist die intention der macher dieser events - ihre interpretationen können beim publikum beifall finden oder auch nicht. Faktisch sind aber diese interpretationen ohne gegenstand, weil vom ereignis selbst, wenn es stattgefunden hat, nichts mehr überbleiben darf, das wieder zum gegenstand der erinnerung werden könnte. Die praxis sieht anders aus und eifrigst wird, interessengeleitet, jedes ereignis dokumentiert und so zum gegenstand weiterer reflexionen genutzt. Die praxis ist nicht zu kritisieren, aber sie hat in den propagierten theorien keine basis.
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(§1)
von Joseph Beuys sind mehrere "kunstaktionen" bekannt, von denen nur noch photographien kunde geben($1). Die frage ist streitig zu erörtern, was denn nun das original ist und was die kopien sein könnten. Der gegenstand der photographie ist mit dem ende des ereignisses aus der welt, in der welt sind aber noch die photos vom ereignis und diese werden als kunstwerk gehändelt($2).
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($1)
die liste der einschlägigen beispiele ist lang, partes pro toto zwei ereignisse aus Berlin. Zum ersten die verhüllung des Reichstags durch Christo(1995), zum zweiten die lichtinstallation: grenze, am 09.11.2015, zum 25.jahrestag des mauerfalls.
($2)
das gericht hat rechtsfragen zu entscheiden, für den streit um die passenden kategorien ästhetischer reflexion sind die künstler und das interessierte publikum zuständig. Einschlägig ist der streit, den Eva Beuys als erbin mit dem photographen: Manfred Tischer, geführt hat, der eine Beuys'sche aktion 1964 photographiert hatte und aus der serie 19 photos in einer ausstellung in Moyland 2009 präsentieren wollte(&1).
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(&1)
Paust,Bettina: Das Foto als Zeuge - Zur Fotografie künstlerischer Aktionen. Mitteilungen / ICOM Deutschland 21 (2013), S. 6-7.     st_(2.06/*6/+1)/<==//
(+2)
das einschlägige muster dieser praxis ist in der pop-kultur zu besichtigen. Der brilliante gedanke mutiert zur serie. Andy Warhol hatte aus dieser erfahrung sein geschäftsmodell gemacht, bekannte objekte im zwölferpack, so eine photographie von Marilyn Monroe.     st_(2.06/*6/+2)/<==//
(+3)
die einzigartigkeit eines kunstereignisses ist kein alleinstellungsmerkmal der moderne. Es ist seit jeher in den künsten der zeit bekannt. In welcher form ist, pars pro toto, Beethoven's 9.sinfonie als kunstwerk das original, respektive die kopie? - Als manuskript Beethoven's?, als partitur für die musiker?, im moment der aufführung oder im hörerlebnis der zuhörer, jeder für sich? Die moderne ist allein dadurch ausgezeichnet, dass es mittels der neuen techniken greifbar geworden ist, das tonereignis auf geeigneten datenträgern in ein dokument der historia zu transformieren, das als schallplatte, tonband, CD und cloud jederzeit verfügbar ist und als ereignis in der zeit wieder (neu) hörbar gemacht werden kann. Die produkte der technik sind hilfmittel, die das gedächtnis unterstützen, aber sie sind nicht tauglich die erinnerte situation als das ursprüngliche ereignis zu wiederholen. In diesen kontext ist der gesamte komplex der installationen einzufügen, die entweder auf den nicht wiederholbaren moment abzielen oder das gezeigte ereignis, nicht wiederholbar in raum und zeit, als bild auf den monitoren zeigen, aufgerufen in einer endlosschleife.     st_(2.06/*6/+3)/<==//     st_(2.06/*6)/<==//          (t/2.06)<==//
2.07
das komplementäre gegenstück zum unikat sind die objekte in serie. Der adäquate ort für diese erfahrung ist der supermarkt, der mit seinen regalreihen dem kunden die gewünschte ware bereitstellt, die der kunde in seinen einkaufswagen wieder ablegt, alles objekte in der reihenfolge der exemplare, immer gleich erscheinend, auch die legendäre gurke gemäss EU-norm.         (t/2.07)<==//
2.08
der begriff: original, ist eindeutig definiert(*1), weniger eindeutig werden die originale als phänomene wahrgenommen. Im strikten sinn dürfte es das kunstwerk als original nur in dem moment geben, in dem der schöpfer sein werk signiert hatte, alles, was in der zeit(*2) folgt, das unterliegt schon den prozessen der materialveränderung, auf die der schöpfer keinen einfluss mehr hat(*3). In diesem strikten sinn dürften nur wenige dinge der welt als originale ausweisbar sein. Die feststellung der theorie ist das eine, etwas anderes ist die praxis in raum und zeit und folglich kann der pragmatische umgang mit den objekten genügen, der jedes unikat als ein original händelt. Dieser minimalkonsens aber ist problematisch, wenn die erfahrungen einbezogen werden, die mit der pflege der heissgeliebten objekte verknüpft sind. Das problem ist den archivaren hinlänglich bekannt und die pflege der kunstwerke(*4), einschliesslich ihrer restaurierung(*5) oder wiederherstellung(*6), wirft zwingend die frage auf, ob das objekt nach seiner bearbeitung noch das geschätzte original sein kann, es kann auch etwas neues sein, das mit dem alten nicht identisch fällt. Das alte objekt ist untergegangen, aber als erinnerung ist es dem individuum als ich präsent, dokumentiert in anderen medien als dokument der historia. Ich denke, es genügt mit common sense dieses problem pragmatisch aufzulösen(*7), ein problem, das, theoretisch nicht auflösbar, die variable grenze zwischen kopie und original im zwielicht hält. Alle wissen im moment der gelebten gegenwart, dass die schöne oberfläche des alten bildes das werk des nachschöpfenden restaurators ist, glaubend, es sei noch das werk seines schöpfers(*8).
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(*1)    //==> anmerkung: 2.06.        st_(2.08/*1)<==//
(*2)
die verlagerung eines objekts im raum hat auf seien status als original einen geringeren einfluss als sein erscheinen in der zeit, gleichwohl es situationen gibt, in denen auch der raum eine rolle spielen kann. Dieser aspekt wird nicht weiter verfolgt.        st_(2.08/*2)<==//
(*3)
es ist eine andere situation, wenn der schöpfer des werks sein werk selbst einer revision unterzieht. Von vielen kunstwerken sind mehrere fassungen des schöpfers bekannt und jede fassung für sich wird auch als original gehändelt. Hier ist die perspektive auf das werk das entscheidende argument und das, was das urbild gewesen war, und das, was als das werk "aus letzter hand" angesehen wird(+1), das ist eine philologische frage, die nicht weiter verfolgt werden soll.
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(+1)
pars pro toto der Urfaust/Faust von Goethe.        st_(2.08/*3)<==//
(*4)
das problem ist gravierend bei den werken, die der schöpfer mit materialien geschaffen hat, die in ihrer ursprünglichen form nicht konserviert werden können. Die kuratoren der museen können diese probleme mit den verfügbaren theorien der ästhetiker zwar erklären, aber nicht abschliessend klären. Die frisch abgeschnittene rose, zum kunstwerk erklärt und auf's podest gestellt, verblüht - sie mit einer neuen rose zu ersetzen, verändert das werk substanziell.        st_(2.08/*4)<==//
(*5)
der glanz eines original, im lauf der zeit verblichen, eingeschlossen die materiellen schäden am werk, können von den restauratoren wieder beseitigt und aufgefrischt werden. Diese arbeiten sind notwendig, wenn das objekt physisch erhalten werden soll, aber die grundsätzliche frage bleibt, ob das restaurierte original noch das alte sein kann. Bekannt sind die fälle, dass in der zeit bei den auffrischungen die restauratoren auch die struktur des werks verändert haben, die von nachfolgenden restauratoren wieder beseitigt worden sind. Die arbeit der restauroren wird nicht in zweifel gezogen, wohl aber ist das phänomenale erscheinen des originals in zweifel zu stellen.        st_(2.08/*5)<==//
(*6)
es ist eine besondere situation, wenn das original, kunstwerk oder nicht, durch ein gewalttätiges ereignis physich zerstört wurde und die überbliebenen fragmente vom glanz des objekts kunde geben. Partes pro toto verweise Ich auf die fassaden restaurierter stadtviertel(+1), auf den nachbau eines zerstörten objekts(+2) oder die rekonstruktion eines objekts, von dem skizzen und andere dokumente der historia bekannt sind, die eine vorstellung von dem objekt vermitteln(+3). Diese nachbauten sind im strikten sinn repliken oder nachahmungen, für die der begriff: kopie, einschlägig ist.
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(+1)
so der Prinzipalmarkt in Münster.
(+2)
so das neue Berliner Schloss(=Humboldt-forum), das neu gebaut wird und mit der fassade des alten schlosses verziert werden soll. Fragmente des alten schlosses, 1951 geschliffen, sind noch vorhanden.
(+3)
so die versuche, archäologische funde nachzubauen, eingeschlossen die projekte, mit denen die idee seines schöpfers zum ersten mal realisiert werden soll. Die einschlägigen fragen sind zureichend nur perpektivisch beantwortbar. Die resultate sind nachahmungen eines nicht_existenten oder nicht mehr existierenden objekts, dessen status als original unklar ist.        st_(2.08/*6)<==//
(*7)
die traditionalen fragen der philologie, vor allem die methoden, mit denen die echtheit eines originals nachgewiesen wird, bleiben hier, in analytischer absicht getrennt, als praktische methodenfragen ausser betracht.           st_(2.08/*7)<==//
(*8)
die physikalischen prozesse des stoffwechsels der natur sind in das kalkül der definition des begriffs: original, einzubeziehen. Jedes materielle weltding ist als phänomen in diesen prozess eingebunden und die festlegung, das ein bestimmtes weltding: n, das original ist, impliziert die festlegung, dass alle anderen weltdinge, dem original gleich, nicht das original sein können, seien diese nun kopien des originals oder sonstige weltdinge. Diese zuordnung funktioniert nur im moment der gelebten gegenwart, sie funktioniert nicht mehr, wenn die zuordnung ein factum der vergangenheit geworden ist(+1). Es besteht eine nicht_aufhebbare differenz zwischen dem ontischen dasein des objekts und der festlegung als original, die das individuum als ich nur als factum der vergangenheit verfügbar hat. In dieser differenz ist der grund verortet, dass ein objekt sowohl als original als auch als kopie erscheinen kann, nämlich dann, wenn das individuum als ich in seinem lebensvollzug die zeitreihen immer wieder neu justiert(+2).
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(+1)
//==>INDEX der argumente/stichwort: zeiterfahrung.
(+2)
dieser zusammenhang ist dann greifbar, wenn in der überlieferung lücken bestehen, die nur durch interpretation überbrückt werden können. Es können archäologische funde gezeigt werden, die, gefeiert als sensation, in ihrer ursprungszeit nur ein massenprodukt gewesen waren. Der archäologische fund erscheint als original, weil die einschlägigen stücke zum vergleich nicht verfügbar sind.        st_(2.08/*8)<==//            (t/2.08)<==//
2.09
der kunstmarkt ist ein faktum(*1), und als faktum sind die kunstmärkte der welt ein globales problem. Die entrüstungen über ihre erscheinungsformen sind en vogue, damals wie heute. Man echauffiert sich, weil man genau die interessen verdecken will, die im markt realisiert werden sollen. Das problem kann nicht die funktion des marktes sein, auf dem die unterscheidbaren interessen aller, die es betrifft, so miteinander verknüpft werden, dass jeder teilnehmer am markt sein legitimes interessen auch realisieren kann(*2). In dieser funktion ist der markt, einschränkend und präzisierend bezeichnet mit dem terminus: kunstmarkt, der ort, an dem der künstler wie der kunstliebhaber, der sammler von kunst eingeschlossen, sich treffen, um die objekte ihres interesses miteinander zu tauschen. Der markt als ort des tauschens ist für alle, die es betrifft, notwendig, aber wie diese notwendigen tauschgeschäfte im markt abgewickelt werden, das ist ein anderes problem. Markt und kunst sollten strikt voneinander abgegrenzt gehalten werden, weil die logik des markes keine kategorie der ästhetik sein kann und die kategorien der ästhetik am markt irrelevant sind(*3). In der gleichen weise sind strikt die maximen der moral, mit denen die geschäfte im markt gehändelt werden, von der struktur des marktes zu trennen, gleichwohl die moralmaximen der marktteilnehmer(*4) das bild der märkte bestimmen.
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(*1)
über das faktum kann der kunstliebhaber sich entrüsten, aber seine entrüstung wird am faktum nichts ändern, weil das phänomen des markts genauso alt ist, wie das phänomen der gesellschaft, in der das individuum als ich und sein genosse sich in unterscheidbaren formen der gemeinschaft zusammengefunden haben. Der austausch der lebensnotwendigen weltdinge erfordert einen gemeinsamen ort, den markt, auf dem die dinge der welt, durch arbeit geschaffene güter, ausgetauscht werden können. Im prinzip ist der markt neutral, aber der markt ist in der historia seiner bekannten geschichte mit werten aufgeladen worden, die das individuum als ich und sein genosse den phänomenen der märkte beigefügt haben, werte, die im lauf der zeit die erscheinungsbilder des marktes geprägt haben..          st_(2.09/*1)/<==//
(*2)
die mechanismen des marktes sind ein implizites problem des marktes; sie werden nicht weiter erörtert..        st_(2.09/*2)/<==//
(*3)
es mag reizvoll sein, das geschehen am markt auch in den perspektiven ästhetischer reflexionen zu beurteilen. Die kurven der kurse, aufgezeichnet in diagrammen, mögen eine ästhetische wirkung entfalten, aber die schönheit/brutalität der aktienkurse, ästhetisch zureichend begründet, hat mit dem geschehen im markt nichts zu tun, es sei, das bestimmte bild der reflexion wird als tauschobjekt gehandelt..        st_(2.09/*3)/<==//
(*4)
die maximen der moral, in den diskursen über den markt gegensätzlich diskutiert, sind der ansatzpunkt für die reflexion der probleme, die unter den termini: betrug auf dem kunstmarkt und fälschung, erörtert werden(+1).
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(+1)
die kunstfälschung ist ein problem des marktes, es ist kein problem der ästhetik(§1), gleichwohl ist das problem der kunstfälschung in der perspektive ästhetischer theorien differenziert zu analysieren und zu reflektieren(§2). In der perpektive der ökonomie ist die fälschung als betrug ein zentrales thema, in der perspektive der ästhetik ist der betrug mittels fälschung nachrangig. Das individuum als ich, das sein ästhetisches urteil über ein bestimmtes weltding: n, formuliert, kann sich selbst nicht betrügen und folglich ist sein ästhetische urteil in gleicher weise gültig, entweder fixiert in dem objekt, das das original, den status der fälschung ausschliessend, sein kann, oder ein objekt, das eine kopie ist, die fälschlich das original vertreten soll(§3).
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(§1)
der betrug ist keine kategorie der ästhetik, gleichwohl die fälle des betruges ein beliebtes sujet künstlerischer phantasie sein können. Das sind aber zwei sachverhalte, die im diskurs getrennt gehalten werden sollten.       st_(2.09/*4/+1/§1)/<==//
(§2)
die möglichkeiten des kopierens und die wertschätzung der originale sind ein eldorado für alle individuen, die, ein ich sein wollend, dem interessierten anderen eine kopie als das original unterschieben wollen. Die faszination des unikats bringt den schöpfer des unikats, der produzent von kunst, mit dem betrachter des unikats, der liebhaber der kunst(=sammler) zusammen, geeint durch die idee des kunstwerks(=ästhetisches urteil). In dieser konstellation der akteure hat die unterscheidung: original/kopie, eine vermittelnde funktion, in keinem fall eine konstitutive. Das begehrte objekt ist als kunstwerk nicht das original, gleichwohl in der kopie, ausgegeben als das orginal, das moment aufblitzen kann, das als idee des kunstwerks die "seele" des werks ist. Dieses verknüpfende moment nutzt der fälscher aus($1).
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($1)
pars pro toto sei auf den fälscher: Beltracchi, verwiesen, auf den andernorts noch einmal bezug genommen wird(&1).
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(&1)     //==> anmerkung: 2.34/*1.      st_(2.09/*4/+1/§2)/<==//
(§3)
es gibt fälschungen, die für sich kunstwerke sind, deren schöpfer aber nicht (mehr) bekannt ist. In diesen fällen ist die zuschreibung der autorenschaft ein grenzfall der kopie($1), deren status zwischen original und nachahmung changiert, die betrugsabsicht einschliessend.
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($1)
pars pro toto das bild: Mann mit Goldhelm, das lange zeit Rembrandt zugeschrieben worden war.        st_(2.09/*4/+1/§3)/<==//       st_(2.09/*4)/<==//           (t/2.09)<==//
2.10
jedes objekt, auch die objekte, die als kunstwerke ausgewiesen sind, werden am markt als kapitalanlage instrumentalisiert. Das sind ökonomische prozesse, die mit den kategorien der ästhetik nicht gefasst werden können(*1). Damit diese objekte am markt tauschobjekte sein können, ist der status des unikats, kopie oder original, das entscheidende moment, weil nur im status des unikats die identität des objekts gesichert sein kann. Prima vista ist das original der träger des werts, der dem kunstwerk zugeordnet ist, das im markt nur ein objekt des tauschens sein kann. Secunda vista aber ist der wille des potentiellen sammlers, das objekt: kunstwerk, besitzen zu wollen, seinen besitzwillen an den status des originals(=unikat) bindend, der grund der wertschätzung. Nicht der ästhetische wert des kunstwerks, vermittelt in den kategrien der ästhetik, begründet die wertschätzung des sammlers, sondern der sammler als käufer oder als verkäufer des objekts, geleitet vom besitzwillen, ist das maass des wertes, den jedes kunstobjekt am markt hat.
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(*1)
Ich schliesse aus, dass ein kunstwerk im sinn der marktökonomen irgendeine form von kapital sein kann. Einschränkend ziehe Ich aber eine beobachtung in das kalkül mit ein, die beobachtung nämlich, dass jedes kunstwerk, dem geld gleich, als tauschobjekt gehändelt werden kann. Ein reales kunstwerk, original oder kopie, wird gegen ein anderes weltding des interesses getauscht. In der funktion des tauschens von weltdingen, kunst gegen ware, ware gegen kunst, repräsentiert jedes dem tauschprozess unterworfene objekt einen wert, der nicht im objekt selbst verortet ist, sondern im individuum als ich, das die zum tausch stehenden objekte nach seinem maass abschätzt. So kann der auf dem boden vergessene "van Gogh" wieder in den kunstbetrieb und/oder kunstmarkt zurückgeholt werden, weil die bilder van Gogh's im markt als millionenschwere objekte begehrt sind, viel kapital bindend.          (t/2.10)<==//
2.11
der kulturbetrieb(*1) ist das komplementäre gegenstück zum markt. Der markt und der kulturbetrieb sind, auf den argumentebenen des begriffs und der phänomene strikt getrennt, in ihrem gegensatz aufeinander bezogen, gleichwohl die unterscheidung der einschlägigen phänomene schwierig zu handhaben ist. Im kunstbetrieb werden einzelne kunstwerke als hype inszeniert und im depot abgestellt, wenn die show vorbei ist. Die regeln des betriebs gleichen den gepflogenheiten am markt, mit der differenz, dass die theoreme ästhetischer reflexion die prinzipien des marktes ersetzen sollen. Dennoch sollte die differenz beachtet werden, weil die erscheinungsformen des kulturbetriebs in allen seinen facetten(*2) nicht immer mit dem markt und seinen praktiken gleichgesetzt werden können. Jedes kunstwerk hat, präsent als original und/oder als kopie, seine geschichte, sedimentiert in den dokumenten der historia. Diese dokumente der historia(*3) sind es, die alle, beteiligt am betrieb um die kunst(*4), in unterschiedlichen weisen bearbeiten und interpretieren. Die interpretation eines objekts, angesehen als ein kunstwerk, sollte am original verifiziert werden, aber diese forderung ist nicht zwingend, weil wichtige aspekte des kunstwerks auch an den kopien des werkes aufgezeigt werden können. Das, was früher die kopien gewesen waren, die der kopist mit der hand angefertigt hatte, als repliken der begehrten objekte den besitz anzeigend, das sind heute die photographischen dokumente, vertrieben als kopien. Im horizont des arguments historischer erfahrung ist die funktion des originals relativiert; denn das objekt jeder ästhetischen arbeit, real in analyse und reflexion als dem kerngeschäft des kulturbetriebs, ist die idee des kunstwerks, fixiert in einem ästhetischen urteil.
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(*1)
der kulturbetrieb wird in seinen erscheinungsformen en passant erörtert, eingeschränkt auf den teilbereich: betrieb rund um die kunst(=kunstbetrieb). Hier ist die vorstellung: das kunstwerk als original, zwar ein gewichtiger aspekt, aber das reale geschehen im betrieb ist auf die kopien der werke zentriert, die in der praxis quantitativ den vorrang haben; es genügt, einen blick in den shop des museums zu werfen, das internet nicht vergessend.
(*2)
eine knappe bemerkung zur phänomenologie des kulturbetriebs ist notwendig. Der kernbereich des kulturbetriebs ist die ästhetische auseinandersetzung mit den kunstwerken, die die philosophische reflexion einschliesst. Dieser arbeit an den originalen und ihren kopien stehen die tätigkeiten gleichrangig zur seite, die im dienst des marktes stehen, so die begutachtung des status eines kunstwerks als original, so der beweis der echtheit/nicht_echtheit des objekts und die ermittlung seines schätzwerts auf dem markt, festgestellt im fixpreis der auktion. Das sind anstrengungen, die auf die bewertung der aura des kunstwerks abstellen, bewertungen also, die, wenn die idee des kunstwerks die aura des werks sein soll, den bewertungen entzogen sind, die in der unterscheidung: mehr/weniger, gegründet werden, ausgedrückt mit zahlen, denen das $-zeichen angehängt ist(+1).
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(+1)
in der perspektive des ästhetischen urteils ist es unsinn zu sagen, der Pollock sei 140.000.00,00$ wert. Die perspektive des marktes ist etwas anderes und sollte nicht mit dem ästhetischen urteil vermengt werden.
(*3)
//==>INDEX der argumente/stichwort: historia.
(*4)
der kreis der akteure im kulturbetrieb ist grooss. Die philosophen und die historiker sind selbstredend eingeschlossen, aber die kunstfälscher können nicht ausgeschlossen werden, die zwischen dem kulturbetrieb und dem markt hin und her wechseln.          (t/2.11)<==//
2.12
im zeitalter der digitalen produktion und reproduktion ist das kunstwerk nur noch als datei vorhanden, deren inhalt mittels geeigneter geräte verfügbar, das soll heissen: sichtbar, gemacht wird(*1). Auf der argumentebene der begriffe ist die differenz: original/kopie, nicht aufgehoben, auf der argumentebene der phänomene aber ist die unterscheidbarkeit: datei(=original) oder kopie(=datei), nicht mehr ausweisbar und die angemessene zuordnung der dateien ist unmöglich. Die kopie erscheint als das original, das original wird als kopie gehändelt. In der digitalen technik ist eine form der nicht_unterscheidbarkeit erreicht, die in der tradition schon früher angezeigt gewesen war. In der flut der technisch ausgefeilten duplikate(*2) war das original, so schien es, untergegangen. Der status des kunstwerks, sei's als original, sei's als kopie, ist durch die neuen methoden der materialbearbeitung und veränderten präsentationsformen weiter relativiert worden(*3). Soweit die kunstwerke der tradition als original erhalten geblieben sind(*4), fristen diese stücke als zeugnisse der vergangenheit ihr dasein im wohlklimatisierten depot(*5).
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(*1)
das traditionale kunstwerk, immer noch im museum als original sinnlich fassbar, ist mit den digitalen techniken nicht erledigt, aber die möglichkeiten der digitalen techniken haben neue räume der auseinandersetzung mit den kunstwerken geschaffen, die, weil die originale mittels dokumentarischer kopie als bild(+1) global verfügbar, eine eigene ontische qualität haben, sichtbar gemacht am bildschirm des computers und/oder als ausdruck einer datei.
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(+1)
für jeden bereich der darstellenden kunst gibt es die spezifischen darstellungsformen.         st_(2.12/*1)/<==//
(*2)
die technik, ein faksimile des objekts herzustellen, und die photographische kopie gewährleisten eine genauigkeit in den details, die mit dem traditionalen handwerk der kopisten nicht erreichbar ist. Die differenz: original/kopie, bleibt in der materiellen substanz der objekte zwar erhalten, aber im augenschein ist diese differenz oft nicht mehr benennbar; es sind chemische und/oder physikalische analyseverfahren erforderlich, wenn der beweis des originals geführt werden soll, die kopien ausscheidend.       st_(2.12/*2)/<==//
(*3)
die kuratoren der museen sind mit einem gedoppelten phänomen konfrontiert. Einerseits bestehen die kunstwerke als unikat aus materialien, die einem beschleunigten verfallsprozess unterliegen, und die arbeit der restauratoren ist, wenn diese unikate in dauer gehalten werden sollen, ein moment des originals(+1). Andererseits haben die originale als unikat einen so hohen stellenwert in der wertschätzung, dass ihre öffentliche präsentation den natürlichen verfallsprozess beschleunigen würde. Der ersatz des originals durch eine replik ist ein ausweg aus dem dilemma, einerseits die neugier des publikums zu befriedigen(+2), um andererseits mittels der ersetzung das objekt in seiner physischen substanz zu erhalten.
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(+1)    //==> anmerkung: 2.08/*5.
(+2)
unbehagen gegen die praxis der ausstellungskuratoren, originale durch repliken zu ersetzen, entsteht erst dann, wenn die ersetzung des originals durch die kopie nicht angezeigt worden ist. Eine variante des problems sind nachbauten der geschätzten objekte in originaler grösse, seien diese nachbauten nun höhlen, schiffe, gebäude oder sonst ein ding.         st_(2.12/*3)/<==//
(*4)
in der tradition des fluxus sind bestimmte formen des happenings umstritten. Das kunstwerk ist als physisches objekt zumeist nachrangig(+1), in bestimmten formen des happenings ist das kunstwerk, einmal von künstler produziert, selbst das objekt der zerstörung, oft durch den künstler selbst(+2). Diese ereignisse in der kunstszene sind nur noch in den photographischen dokumenten präsent(+3).
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(+1)
das spezifikum der interaktiven kunstformen ist, dass der betrachter des kunstwerks die pflicht hat, in seiner auseinandersetzung mit dem objekt das objekt, physisch nachvollziehbar, selbst zu verändern. Die streitfrage ist, ob das kunstwerk, als objekt ein unikat, noch das original sein kann, das sein schöpfer intendiert hatte. Die möglichen antworten können nur gegensätze sein, die einander sich ausschliessen können, aber niemals ein widerspruch sind.
(+2)
die physische vernichtung des objekts ist in diesen aktionen ein teil der inszenierung, die zerstörung gehändelt als ein kunstwerk. Pars pro toto die objekte des verhüllungskünstlers: Christo.
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(+3)
zum gegenstand juristischer streitigkeiten ist die streitfrage geworden, was das original sei und was die kopien sein müssen. Die konfliktlinie dieser streitigkeiten ist vorrangig die besitzfrage, die die ökonomische nutzbarkeit des objekts(=copyright) betreffen. Die streitfrage: kopie und/oder original, gehändelt als ein problem ästhetischer theorie, ist nachrangig(§1).
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(§1)    //==> anmerkung: 2.06/*6.       st_(2.12/*4)/<==//
(*5)
ein besonderer fall sind die kunstwerke, die von den archäologen ausgegraben worden sind. Das aufgefundene stück, ein zeugnis der vergangenheit, ist aus konservatorischen gründen als unikat nur den experten und wenigen auserwählten der gesellschaft verfügbar. Der gemeine liebhaber, am objekt interessiert, ist auf die verfügbaren kopien verwiesen, die im internet global zu jedem moment der zeit verfügbar sind.         st_(2.12/*5)/<==//          (t/2.12)<==//
2.13
das original und die kopie stehen zueinander in einem reziproken verhältnis. Jedes original ist kopierbar, jede kopie setzt ein original als unikat voraus. Diese dialektik, vermittelt im individuum als ich, ist nicht aufhebbar, aber sie wird in raum und zeit immer wieder in der einen weise oder in einer anderen weise aufgelöst(*1). Die zuordnenden unterscheidungen aber sind nur dann möglich, wenn die trennung: kopie oder original, in den begriffen gewährleistet ist. Unter den bedingungen der technischen möglichkeiten, kopien anzufertigen, ist die entscheidung, ob das bestimmte objekt eine kopie ist, oder das original sei, nicht mehr eindeutig(*2). Es ist eine situation der zweideutigkeit entstanden, in der ad libitum das eine oder das andere behauptet werden kann. Das objekt, das in raum und zeit präsent ist, kann die kopie des originals sein, aber das, was das original sein soll, das ist, weil nur bestimmte weltdinge als objekte verfügbar sind, die eins von beiden sein müssen, nicht mehr ausweisbar(*3). In dieser situation ist jede behauptete aura, einem objekt zugeordnet, in zweifel gestellt, der zweifel aber schliesst die bestimmung eines weltdinges als das bestimmte kunstwerk: m, aus.
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(*1)    //==> anmerkung: 2.22.
(*2)
die logik der replik(=faksimile) ist, dass das faksimile vom original nicht mehr unterscheidbar sein soll. Die funktion jeder replik, eine kopie des originals, ist die vertretung des originals. Der besitzer des faksimile kann glauben, das begehrte objekt sei das original, und es kann sein, dass er aus seinem glauben, selbstgewiss, seinen profit zu ziehen versucht. Das entscheidende moment in dieser situation ist der glaube des glaubenden, dass das verfügbare weltding: n, auch das kunstwerk: m, ist, nicht_entscheidend ist das wissen, das, wenn das wissen real werden soll, die replik nicht das original sein kann.
(*3)
das wort des Nathan markiert die situation hinreichend. Der echte ring ging vermutlich verloren, und die nachgefertigten ringe erfüllen ihre funktion, solange an diese funktion geglaubt wird(+1). Das kann genügen(+2).
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(+1)    //==> anmerkung: 2.04/*4.
(+2)
in dieser möglichkeit ist die chance verortet, die das geschäft der fälscher fundiert. Der fälscher: Beltracchi,(§1) hatte den glauben seiner opfer, ein original zu besitzen, für sein geschäft genutzt, das in den alten zeiten der tradition einfacher gewesen war, weil die methoden der klassischen stilanalyse dann unterlaufen werden konnten, wenn der kopist sein handwerk beherrschte und der fälscher clever genug war, dem gläubigen sammler die angefertigte kopie als das original zu unterschieben.
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(§1)    //==> anmerkung: 2.34/*1.          (t/2.13)<==//
2.14
das argument, formuliert als arbeitshypothese des textes, ist für sich plausibel, aber die plausibilität eines argument kann nicht zureichend sein, wenn die funktion der differenz: original/kopie, als ein rationales argument geltend gemacht wird. Die beobachtungen im markt können ein hinreichender grund sein, den schluss zu formulieren, dass es keine kunstwerke mehr geben könne. Die bedingung der wahrheit des schlusses ist, dass im syllogismus die wahrheit der prämissen ausgewiesen ist(*1). Das, was im markt geschieht, das könnte ein beweis für die wahrheit der prämissen sein(*2), aber das, was im markt eine richtige beobachtung ist, das kann nicht zwingend auch der beweis für die fraglichen prämissen sein; denn im prozess des entstehens eines weltdinges, den momenten der gelebten gegenwart, gibt es immer die situation, dass ein unikat entsteht, das die funktion des originals haben kann, aber dann, wenn der prozess der entstehung des weltdinges: n, historia geworden ist, kann dieses unikat, wieder in den prozess des entstehens zurückgeholt, in eine vielzahl von kopien transformiert werden. Der vorliegende text ist ein unikat, in seiner funktion, noch in statu nasciendi seiend, ein original, das aber, einmal fertig, die vorlage für eine vielzahl von kopien sein wird, objekt von interpretationen, die den text einem transformationsprozess unterwerfen werden, der auch dann nicht abgeschnitten wird, wenn alle interpretatoren sich auf den autor berufen(*3).
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(*1)
das, was hier als ein problem der ästhetischen theorien erscheint, das ist mit dem problem vergleichbar, vor dem jeder theologe steht, wenn er seinen gott zu beweisen versucht. Das problem wird andernorts en detail erörtert(+1).
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(+1)
Richter,Ulrich: Gibt es gott? - nein und ja! Die logik des ontologischen gottesbeweises im horizont des relationalen arguments. //==> www.ur-philosoph.de //==> bibliographie//==> verzeichnis//==> 022:gottesbeweis.     st_(2.14/*1)/<==//
(*2)
die rede war schon immer plausibel, dass es früher besser gewesen sei. Die kunst, so wird geredet, wurde noch geachtet und die geschätzten kunstwerke waren kein objekt schnöden handels. Das argument ist falsch und wird auch in der wiederholung nicht richtig(+1)
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(+1)
durch den an-/verkauf von kunstwerken sind die grossen sammlungen der fürsten entstanden, wohlhabende bürger haben an dieser tradition angeknüpft und diese fortgeführt. Allein die formen des handelns sperren sich gegen einen vergleich - früher rechnete man noch im 3stelligen zahlenbereich, heute reichen 7 stellen nicht mehr aus. Diese zahlen sind aber trügerisch.       st_(2.14/*2)/<==//
(*3)
es genügt, den blick auf die praxis zu werfen, die auf den kongressen geübt wird, beschirmt von den namen der grossen - Kant, Hegel u.a. Auf diesen symposien werden die gedanken der teilnehmer diskutiert, die in ihrem denken das original kopiert haben und die ihre interpretationen der meister, alles kopien, als das original ausgeben: Kant sagte und Hegel sagt(+1).
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(+1)
dieser aspekt wird andernorts diskutiert(§1).
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(§1)
Richter,Ulrich: Der terminus: freiheit, und die möglichen freiheitsbegriffe im denken Kant's, Hegel's und des rezipierenden individuums als ich. Erkenntnistheoretische überlegungen zu einem methodenproblem historischer rezeption. //==> www.ur-philosoph.de //==> bibliographie//==> verzeichnis//==> 024:rezeption.     st_(2.14/*3)/<==//            (t/2.14)<==//
2.15
klarstellung. Es ist strikt zu unterscheiden zwischen wahr und (logisch) richtig(*1). Das problem der prämissen eines logischen schlusses ist, dass die prämissen des schlusses wahr sein müssen, wenn der schluss gültig sein soll, die wahrheit der prämissen aber ist im system: logik, nur als richtig ausweisbar(*2). Und das, was in der praxis als logisch richtig ausgewiesen wird, das sind, wenn die argumente auf ihren grund zurückgeführt werden, de facto nur wertungen, die mit der logischen dichtomie: richtig/falsch, nicht entschieden werden können. Insofern ist jeder logische schluss, der im gesellschaftlichen verkehr als argument instrumentalisiert wird, das resultat einer wertung, die immer nur das wertende individuum als ich vertreten kann.
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(*1)
arg.: 2.4.020. In: Richter,Ulrich: Die vollendung des kunstwerks und die versuchungen des experiments. //==>  www.ur-philosoph.de //==> bibliographie //==> verzeichnis //==> 020:kunstwerk.
Und //==>INDEX der argumente/stichwort: logik.
(*2)
Das problem wird andernorts en detail erörtert(+1).
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(+1)    //==> anmerkung: 2.14/*1.          (t/2.15)<==//
2.16
die excesse auf den märkten der kunst sind wahr, aber logisch zureichend erklärbar sind diese excesse nur dann, wenn die unterscheidung: original - ja oder nein, gilt. Wenn in einem der skandale wieder einmal die kopie als original durchgegangen ist(*1), dann markiert der skandal nur die praxis, dass die unterscheidung: original oder kopie, in geltung ist. Auf den kapitalmärkten ist es egal, ob das objekt des tauschens ein original ist oder nicht(*2),  weil die bewertung der objekte nicht den regeln der ästhetik unterliegt, sondern dem willen des sammlers folgt, der das objekt seiner begierde besitzen will. Sein besitzwille kann mit einer zahl, ergänzt mit dem $-zeichen, quantifiziert werden(*3). Insofen sagt die bewertung eines kunstwerkes, fixiert in einer zahl und ergänzt mit dem $-zeichen, nichts aus über die wahrheit/falschheit der prämissen, die das ästhetische urteil, verkörpert im werk, begründen.
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(*1)
pars pro toto die affäre: Beltracchi,(+1).
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(+1)    //==> anmerkung: 2.34/*1.
(*2)
solange es den markt als phänomen geben wird, ist der betrug ein ständiges moment im markt.
(*3)
der ästhetische wert eines objekts ist mit einer zahl nicht quantifizierbar, unabhängig davon, ob das ästhetische urteil am original entwickelt worden ist, oder an einer seiner guten/schlechten kopien.           (t/2.16)<==//
2.17
von anfang an, es ist das jahr 1503, ist die Mona Lisa des Leonardo da Vinci das objekt für kopisten und nachschaffende künstler(*1). Die differenz: original/kopie, ist an den objekten, nicht_streitig,nachvollziehbar(*2). Diese differenz ist im blick auf den markt einerseits eindeutig, anderseits aber vieldeutig, nämlich dann, wenn der begriff: kopie, im horizont des ausgeschlossenen dritten moments: die idee des kunstwerks, analysiert und reflektiert wird(*3). Die unterscheidung: kopie als nachahmung(=replik) und als nachschöpfung(=anderes kunstwerk), ist strikt zu beachten. Der geschickte kopist kann prima vista ein in den details gleiches abbild anfertigen(*4) und so dem betrachter der kopie die illusion verschaffen, das original vor den augen zu haben. Diese situation ist von den anstrengungen einzelner künstler zu unterscheiden, die, das berühmte werk im blick habend, die idee des kunstwerks neu analysieren und reflektieren. Die rede von original und kopie ist irreführend, weil das neu geschaffene werk ein kunstwerk sui generis ist, das als original zu gelten hat(*5).
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(*1)
die historia des berühmten bildes ist in den einschlägigen bibliographien nachgezeichnet.         st_(2.17/*1)/<== //
(*2)
das bild der Mona Lisa, im Prado(Madrid) zu besichtigen, ist ein anderer fall(+1). Welches bild der beiden bilder nun das original ist und welches die kopie sein soll, das ist eine frage, die nicht weiter zu erörtern ist. Unter dem terminus: kopie, ist eine vielzahl von möglichkeiten denkbar. Das objekt könnte der entwurf oder die skizze zum bild sein, vielleicht vom meister selbst angefertigt, es kann eine replik sein, vom meister selbst gefertigt, es kann eine überarbeitung der vorlage sein, oder es ist das originäre werk aus letzter hand(+2).
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(+1)
Hoffmann,Thomas R.: Mona Lisa for ever. Ikone, Vorbild, Inspiration. Stuttgart 2014.
(+2)
es wird vermutet, dass der Schüler Leonardo da Vinci's: Francesco Melzi, in der werkstatt des meisters das bild zeitgleich mit dem bild im Louvre angefertigt hat.         st_(2.17/*2)/<== //
(*3)
Thomas R.Hoffmann gibt, angepasst an die erwartungen des publikums, einen knappen überblick über die nachschöpfungen des berühmten bildes in der tradition. Von vielen bildern kann im gemeinen sinn nicht mehr von kopie oder replik gesprochen werden. Das war auch nicht die intention der künstler gewesen, die in der auseinandersetzung mit einer idee, die im bild des Leonardo da Vinci die nicht wiederholbare form gefunden hatte, etwas eigenes schaffen wollten, das ein kontrast zur idee des werks sein sollte.          st_(2.17/*3)/<== //
(*4)
die modernen techniken: photographie und digital gescanntes bild, haben das traditionale handwerk des kopisten nicht entwertet, aber verändert. Der photographie und der ausgedruckten datei ist unmittelbar die eigenschaft: kopie, zu eigen, das war und ist bei der traditionalen kopie prima vista nicht immer erkennbar. Der kopist, wenn er ein bild dupliziert, ist mit seiner technik immer zugleich auch der nachschöpfer des vorliegenden objekts, das die idee des kunstwerks verkörpert. Er muss, wenn er detail um detail dupliziert, sich auch mit der idee des kopierten werks auseinandersetzen. Diese spuren sind in jeder kopie ausweisbar. Weil die gleichsetzung: original und kopie, im detail nicht gelingen kann, wächst jeder von hand geschaffenen kopie etwas eigentümliches zu, das zumindest diese form der kopie in ein zwielicht setzten kann(+1). Die modernen techniken lassen diese möglichkeiten nicht zu, es sind reproduktionen von etwas vorhandenem in einem erkennbar anderen medium.
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(+1)
das ist der anknüpfungspunkt des betruges, der nur im markt relevant sein kann, in der perspektive der ästhetischen theorie aber ein eigenes feld des ästhetischen urteils aufschliesst. Dieser aspekt ist wert, weiter reflektiert zu werden, aber das wäre ein anderes projekt.           st_(2.17/*4)/<== //
(*5)
die nachschöpfung eines kunstwerks, also die reflexion der idee, dem objekt durch das ästhetische urteil zugewachsen, kann mit dem terminus: kopie, nicht zureichend erfasst werden. Die gegenüberstellung: original und kopie, wird besser mit dem begriffspaar: thema und variation, erfasst, aber das ist etwas anderes und wird hier nicht weiter erörtert.         st_(2.17/*5)/<== //          (t/2.17)<==//
2.18
die erkenntnistheoretischen positionen: das ontologische argument oder das relationale argument, werden als bekannt vorausgesetzt(*1).
Ich bezeichne mit dem terminus: das ontologische argument, die seinsontologie der tradition; mit dem terminus: das relationale argument, ist die gegenposition als das logisch andere bezeichnet. Im relationalen argument ist die funktionstelle: das sein als das ganze, durch die setzung des individuums als ich als teil im ganzen ersetzt. Diese setzung ist die autonome entscheidung des individuums als ich, das sich in seiner autonomen entscheidung absolut an die setzung gebunden hat. Diese grundpositionen möglicher erkenntnis stehen zueinander im logischen widerspruch und bestimmen sich in raum und zeit als die sich wechselseitig beschränkenden gegensätze, die den horizont meiner reflexionen zum problem: original und/oder kopie, markieren.
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(*1)
//==>INDEX der argumente/stichwort: argument/ontologische,relationale.          (t/2.18)<==//
2.19
im text ist hier die schnittstelle, an der auf die historia der kunstproduktion zu verweisen ist. Diese arbeit wird von den fachleuten en detail geleistet und muss nicht weiter ausgeführt werden. Jedoch sollte ein aspekt, eigentlich eine binsenweisheit, nicht aus dem blick fallen. Den alten waren die produktionsweisen bis zur technischen revolution, beginnend mit dem buchdruck Gutenbergs, 1555, vertraut gewesen und die techniken wurden von generation zu generation überliefert. Original und kopie, produkt und vorlage waren bekannt und verfügbar. Man hatte sie in raum und zeit physisch zur hand, dauerhaft in einem bild, einer skulptur, einem pergament oder, im moment der zeit verrauschend, als musikstück und theaterspiel(*1). Diese voraussetzung wurde im 19.jahrhundert dramatisch verändert und Walter Benjamin konnte am film die veränderte lage demonstrieren. Heute macht man's digital und das in einer technischen perfektion, die das original als einen wiedergänger erscheinen lässt(*2). Durch die verfügbaren technischen möglichkeiten ist der begriff: original, modifiziert worden. Der kunstbetrieb heute muss in seinen analysen und reflexionen diese veränderungen aufgreifen und neue kategorien formulieren, die sich von den kategorien, vertraut in der tradition, erheblich unterscheiden(*3).
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(*1)
die künste, die nur in der zeit sich entfalten können, haben eine besondere stellung, wenn die frage: orginal oder kopie? beantwortet werden soll. Das spiel des berühmten Paganini war verklungen, und nur der meister selbst war fähig, es in gleicher weise wieder zu reproduzieren, die reproduktion desselben aber war immer ein anderes stück. Das ist durch die technik der tonaufzeichnungen grundlegend verändert worden. Nun kann der Menuhin in schallplattenschrank zum wiederholenden spiel, den Paganini auf dem programm habend, herausgezogen werden - in jedem moment der zeit verfügbar und als stream aus der cloud abrufbar.
(*2)
vielfach sind die werke der grossen musiker nur als tonkonserve bekannt. Wer in den tagen vor der tonaufzeichnung einen Beethoven hören wollte, der musste life ins konzert gehen oder selbst hand anlegen. Adorno's dictum ist drastisch: es sei allemal besser, die "Appassionata" mit zwei fingern zu spielen als die platte von Arrau aufzulegen(+1).
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(+1)
diese bemerkung soll Adorno einmal gemacht haben, die belegstelle habe Ich bisher nicht wieder aufgefunden.
(*3)
es könnte spekuliert werden, dass die modernen formen der kunstproduktion, auf den moment der aktion abzielend, eine konsequenz der veränderten technischen möglichkeiten sind. Das argument ist post festum plausibel, aber zur klärung des problems: original oder kopie, trägt es wenig bei. Das, was verändert ist, das ist die perspektive auf das problem. Die einmalige aktion ist zu einem factum der vergangenheit geworden, das entweder in den übergebliebenen fragmenten von seiner bedeutung noch zeugnis ablegt oder von den dokumenten der photographie und den akustischen aufzeichnungen vertreten wird, die als quasi-originale gehändelt werden. Das original ist verschwunden, und vom ereignis gibt es nur noch weltdinge, die als kopie, die funktionsstelle des originals vertretend, wie originale gehändelt werden.          (t/2.19)<==//
2.20
die kopie wird als nachahmung gewertet(*1) und als nachahmung hängt ihr der makel der zweitrangigkeit an, oft zum kitsch abgewertet(*2). D'accord, der kopie, das werk eines lehrlings, fehlt die weihe des meisters, aber das kann nicht der entscheidende grund sein, warum das nach einer vorlage mit traditionaler technik angefertigte bild im wert geringer geschätzt wird als die kopie, die das bild des originals in allen details gleich wiedergibt, gesichert durch eine raffinierte technik. Es gibt kopien, die als unikate meisterhaft reproduziert sind, und es gibt die technisch erzeugte dutzendware, die bereits im alten Rom gängig gewesen war(*3). Oft ist es nur die kopie, die vom glanz des alten originals kunde gibt und jetzt anstelle des verlorenen originals geschätzt wird(*4).
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(*1) in der tradition der weitergabe bestimmter techniken ist die nachahmung das moment, das den zusammenhang der geschichte sichert. Insofern ist die nachahmung eine bedingung für gutes handwerk. Es ist kein zufall, dass alle grossen künstler ihre vorbilder kopiert haben, und die kopisten in den werkstätten bemühten sich, die nachfragen der kundschaft zu bedienen. Das ideal des autonomen künstlers ist erst im 19.jahrhundert formuliert worden. Kunst galt als handwerk und so wurde es auch geübt und die originalität eines kunstwerks war nachrangig, wenn's gefiel. Das plagiat, eine sonderform der kopie, war allgemeine praxis, und je besser das plagiat war, desto weniger spielte das copyright eine rolle. Die logik des betrugs(=fälschung) ist aufzeigbar, aber das spielte noch keine entscheidende rolle(+1).
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(+1)
erst im 19.jahrhundert ist die nachahmung als plagiat zu einem gesellschaftlichen problem geworden.
(*2)
auf den markt der devotionalien ist zu verweisen. Die heiligenbilder der wallfahrer sind dutzendware, als andachtsbilder in den gesangbüchern abgelegt.
(*3)
die öllampen der römer, in den depots der museen aufbewahrt, waren gebrauchsgegenstände des täglichen lebens und wurden systematisch in spezialisierten werkstätten als serie hergestellt. Diese stücke sind als archäologischer fund ein unikat, denen schwerlich der status des original zugeordnet werden kann.
(*4)
einige glanzstücke der antike sind nur als kopie überliefert. Im strikten sinn können diese objekte nicht das original sein, aber sie werden traktiert, als seien sie originale. Für die anschauung genügt es, und als anregung für die reflexion der idee des kunstwerks taugen sie immer.          (t/2.20)<==//
2.21
geschrumpft zu einer digitalen datei ist in der cd die metamorphose des physisch_realen kunstwerks als original real. Ausser dem aufgeklebten label ist der cd keine weitere information zu entnehmen sind, aber ihren glanz entfaltet die digitale datei dann, wenn sie, vermittelt durch die adäquate hard-/software, als bild am bildschirm sichtbar oder im kopfhörer, ein knopf im ohr, hörbar gemacht wird. Das reale original ist verschwunden, weil in raum und zeit die differenz: datei/ausdruck als bild, nicht überbrückbar ist. Der cd ist prima vista das kunstwerk nicht zu entnehmen, secunda vista kann das real ausgedruckte bild nicht die originale datei sein(*1).
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(*1)
als mittel zum zweck hat die cd ihre sinnvolle funktion(+1). In dieser funktion ist die unterscheidung: original/kopie, aber gegenstandslos, weil die digitale datei genügt, um die informationen zu transferieren, die das analysierende und reflektierende individuum als ich mit dem kunstwerk verbindet.
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(+1)
die cd ist nur das medium der botschaft, so wie es im vordigitalen zeitalter die stele aus stein gewesen war. Die frage, was in der historia sich als dauerhafter erweisen wird, ist zwar reizvoll, hier aber nicht weiter zu erörtern.
(+2)
das komplette archiv des weltwissens, verstreut in den traditionalen speichermedien, kann mittels der cd und anderer technischer mittel bequem zusammengefasst werden, im internet zu jedem zeitpunkt und an jedem ort abrufbar. Die bequemlichkeit ist ein geschätzter vorteil, zwar scheint die mühsame recherche vor ort abgelöst zu sein, aber geändert hat sich dennoch wenig. Das interessierte individuum als ich wird, wenn es die digitale datei nutzt, als text am bildschirm sichtbar oder im lautsprecher hörbar gemacht, in gewohnter weise die erforderlichen informationen rezipieren, um sein ästhetisches urteil formulieren zu können.          (t/2.21)<==//
2.22
der gedanke in einer graphik wiederholt. Es sind drei(vier) schemata im trialektischen modus(*1), die das individuum als ich miteinander verknüpft.

Das 1. schema hat die momente: das individuum als ich, das weltding: n, (als original oder als kopie) und das ästhetische urteil(*2).
Die relationen sind:
1.rel.: individuum_als_ich<==|==>weltding:_n(=original_oder_kopie)
2.rel.: individuum_als_ich<==|==>ästhetische_urteil
3.rel.: weltding:_n(=original_oder_kopie)<==|==>ästhetische_urteil.
graphik: 2.22/01

Das 2. schema hat die momente: das individuum als ich, das original(=das ding der welt: n, oder das kunstwerk: m,) und die kopie(=das ding der welt: n, oder das kunstwerk: m,).
Die relationen sind:
1.rel.: individuum_als_ich<==|==>original(=...)(*3)
2.rel.: individuum_als_ich<==|==>kopie(=...)
3.rel.: original(=...)<==|==>kopie(=...).
graphik: 2.22/02.
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Das 3. schema hat die momente: das individuum als ich, idee des kunstwerks: m, und das ästhetische urteil.(*4)
Die relationen sind:
1.rel.: individuum_als_ich<==|==>idee_des_kunswerks:_m
2.rel.: individuum_als_ich<==|==>ästhetische_urteil
3.rel.: idee_des_kunswerks:_m<==|==>ästhetische_urteil.
graphik: 2.22/03

  

Die drei(vier) schemata sind strikt zu trennen, sie können nicht identisch fallen, aber sie werden vom individuum als ich miteinander verknüpft, wenn das individuum als ich die fragen entscheiden will, was das kunstwerk im seinem ästhetischen urteil ist, entweder als original oder als kopie. Die graphik zeigt in der schichtung, durch das individuum als ich vermittelt, die komplexen bezüge auf, die das individuum als ich, wenn es mit dem genossen kommuniziert, auf dem forum publicum geltend machen kann. Im focus steht das individuum als ich, das die denkbaren perspektiven miteinander verknüpft(*5). Die relationen sind:
1. die drei möglichen relationen des individuums als ich zum weltding: n, entweder als original oder als kopie und zur idee des kunstwerks.
2. die relationen des individuums als ich zum original oder zur kopie.
3. die relation: individuum_als_ich<==|==>ästhetische_urteil.
graphik: 2.22/04
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nota: das zeichen: NATUR||welt, hinzugesetzt.
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(*1)    //==> anmerkung: (*2).            st_(2.22/*1)/<==//
(*2)

zwei schemata sind gegeben, abhängig von der perspektive. Entweder ist das ding der welt: n, das 2.moment oder es ist die idee des kunstwerks. Von dieser festlegung hängt als eigenständiges schema die frage: kopie oder original? ab.            st_(2.22/*2)/<==//
(*3)
der klammerausdruck: (=das ding der welt: n, oder das kunstwerk: m,) ist aus technischen gründen verkürzt.            st_(2.22/*3)/<==//
(*4)
//==> argument: 2.3.003. In: Richter,Ulrich: Die vollendung des kunstwerks und die versuchungen des experiments. Das ästhetische urteil im widerstreit von analyse und synthese. //==>  www.ur-philosoph.de //==> bibliographie //==> verzeichnis //==> 020:kunstwerk.            st_(2.22/*4)/<==//
(*5)
in der graphik sind die drei(vier) schemata, die nicht identisch fallen können, in einem bild zusammengefasst. Der kern sind die drei möglichen formen der relationen, mit denen das individuum als ich das weltding: n, fasst, erscheinend als das kunstwerk: m, in der form seiner idee.            st_(2.22/*5)/<==//          (t/2.22)<==//
2.23
am traditionalen kunstwerk: m, ist im material die unterscheidung: original oder kopie, nachweisbar(*1). Diese unterscheidung ist an einer digitalen datei nicht ausweisbar. Jede datei ist für sich ein unikat und bestenfalls gibt der vermerk in der datei: geändert am(datum/zeit), einen hinweis auf eine faktische veränderung der datei. Es ist unmöglich, aus dieser information zwingend die unterscheidung abzuleiten, welche der beiden dateien das original ist und/oder die kopie(*2).
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(*1)
mittels chemischer und/oder physikalischer analyse der verwendeten materialien wird der beweis geführt.
(*2)
spitzfindig könnte argumentiert werden, dass einer datei, gespeichert auf der cd, der status des originals zukommen könnte. Die auf der cd sedimentierte datei ist nicht mehr veränderbar. Insofern könnte der cd als ein materiales ding der welt die funktion eines originals zugeordnet sein. Das argument ist plausibel, aber es ist dann relativiert, wenn von der cd wiederum eine kopie gezogen wird. Jedes kunstwerk, verfügbar in der form einer digitalen datei, kann als original und als kopie erscheinen - ad libitum.          (t/2.23)<==//
2.24
die techniken des kopierens, damals in der tradition und heute in der moderne, unterscheiden sich signifikant und diese differenz relativiert jeden vergleich. Das, was der traditionale kopist mit pinsel und malgrund ausführt, das ist, dupliziert in raum und zeit, etwas anderes als die vorlage. Diese differenz ist bei den digitalen dateien geschliffen. Als ausdruck ist die digitale datei, offenkundig für alle, etwas anderes, jeden vergleich ausschliessend. Die digitale datei wird mittels eines algorithmus dupliziert und die neue datei, in jedem zeichen gleich, ist nur durch den neuen platz im speicher als ein aliud ausgewiesen.          (t/2.24)<==//
2.25
als heuristisches instrument ist die problematische gleichsetzung: idee des werks und das lächeln der Mona Lisa, akzeptabel. Die meinung gilt, dass die idee eines (kunst-)werks als vorstellung von einem indviduum als ich immer mit einem bestimmten phänomenen seiner vertrauten welt verknüpft ist(*1). Die frage, ob das ding der welt: n, das kunstwerk: m, ist oder nicht, wird nur vom individuum als ich beantwortet, das mit seinem ästhetischen urteil den grund für die antwort: ja oder nein, setzt(*2), die unterscheidung: kopie oder original, als nachrangig ausweisend.
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(*1)
die unterscheidung: materie/geist, ist als schatten der tradition wirksam. Theoretisch ist diese unterscheidung plausibel nicht
begründbar, gleichwohl wird die unterscheidung: geist/materie, in der praxis immer wieder geltend gemacht, bewährt als erbschaft der tradition. Der augenschein, allein in raum und zeit möglich, macht die differenz sinnfällig. Das bild kann man anfassen, das lächeln der Mona Lisa, interpretiert als die idee des werks(+1); ist mit händen nicht greifbar(+2). Den alten war diese dialektik noch bekannt gewesen und sie hatten die differenz in ihrer unauflösbarkeit stehen gelassen. Diese differenz ist, so scheint es, in der gegenwart verloren gegangen. Durch die möglichkeiten der digitalen techniken ist die sinnliche anschauung zurückgedrängt worden und in der unanschaulichkeit der digitalen daten(+3) ist die idee des werks nicht fassbar, aber das individuum als ich vergleicht die verfügbaren realen bilder weiter miteinander, so wie es in der tradition brauch gewesen war, unabhängig davon, ob die objekte des vergleichs das berühmte original sind oder eine seiner kopien. Die kopien mögen sich im grad der präzision unterscheiden(+4), aber jede kopie, die gleiche idee repräsentierend, ist durch ein merkmal bestimmt, das per definitionem nur dem original zukommen kann. Das ist die aura des werks, oder, anders, aber gleich formuliert, es ist der zauber des originals, der weder der idee des werks etwas hinzufügen kann, noch dieser etwas wegnimmt.
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(+1)
im spiel mit dem terminus: idee des werks, können geist und materie austauschbar miteinander vermengt werden. Der terminus: idee des werks, kann einerseits den gegenstand des werks bezeichnen, das ist das lächeln der Mona Lisa, das, traditional formuliert, das thema des bildes ist, andererseits ist auch der geist des werks markiert, der, in anlehnung an Platon's ideelehre, als idee des werks gedeutet werden kann. Aber, und diese einschränkung ist zu beachten, es sind zwei aspekte auf das berühmte bild, identisch mit sich, die, strikt voneinander getrennt, im ästhetischen urteil zusammen wirken.
(+2)
prima vista ist das argument banal, aber in seiner banalität ist ein argument versteckt, das, weil es so selbstverständlich ist, al gusto instrumentalisiert werden kann, das eine mit dem anderen austauschend. Ob die Mona Lisa auf dem bild lächelt oder nicht, das ist eine wertung, die der betrachter des kunstwerks diesem zufügt. Das geheimnis dieses bildes, von dem immer wieder geredet wird, kann auch anders begründet werden.
(+3)
jeder ausdruck einer digitalen datei kann seinen eigenen reiz haben, aber in den zahlenreihen der nullen und einser wird wohl nur der informatiker einen besonderen charm entdecken.
(+4)
ausgedruckt in einem bild und/oder text kann jede digitale datei in der praxis punkten. Differenzlos ist jeder gezogene ausdruck mit dem anderen gleich, vorausgesetzt, die technik funktioniert fehlerfrei. Von jeder vorlage, mit sich identisch, können in unbegrenzter zahl kopien gezogen werden, die einerseits voneinander nicht unterscheidbar sind, die aber niemals identisch sein können.         st_(2.25/*1)/<==//
(*2)
Richter,Ulrich: Das kunstwerk als gegenstand und als ästhetisches urteil. Anmerkungen zu einer unterschätzten dialektik.
// www.ur-philosoph.de //==>bibliographie //==>verzeichnis //==>021:urteil/ästh.         st_(2.25/*2)/<==//            (t/2.25)<==//
2.26
das problem der qualität einer kopie wird als nachrangig beiseitegelegt(*1).
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(*1)
aus einer guten und/oder schlechten kopie sind allein kenntnisse über die verwendete technik der vervielfältigung zu gewinnen. Ein schlecht gemachtes original gibt es nicht, aber, wenn das stück, das in frage steht, miserabel gemacht ist, dann ist die frage, ob das weltding: n, ein kunstwerk sei oder nicht, eine andere frage(+1).
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(+1)
diese frage zielt ab auf die unterscheidung: kunst oder kitsch. Das, was als kitsch klassifiziert ist, aber im bestimmten objekt geschätzt wird, das ist als unikat verfügbar. Den objekten des kitsches kann die auszeichnung, original zu sein, nicht verneint werden und die kopien in einer nicht festgestellten zahl sind ein weiteres indiz(§1). In diesen formen kann das original als unikat ein objekt des sammlers sein. Das, was an diesen objekten streitig fällt, das ist die idee des werks, die, gleichgültig, ob die kopie gut oder schlecht gemacht ist, sowohl am original als auch an der kopie analysiert wird und reflektiert werden kann(§2).
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(§1)
hinreichendes anschauungsmnaterial bietet der devotionalienhandel.
(§2)
es sollte aber eine differenz nicht ignoriert werden. Das original als moment einer rituellen handlung hat als element einer religion eine andere funktion. Die ästhetische qualität des objekts kann ein gegenstand der reflexion sein, aber sie steht hinter den erfordernissen des ritus einer religion zurück. Dieses problem ist hier nicht zu erörtern.          (t/2.26)<==//
2.27
die qualität einer kopie spielt dann keine rolle, wenn die idee des kunstwerks in seiner struktur analysiert werden soll. Jede kopie ist dafür tauglich, soweit unbestritten eine erkennbare ähnlichkeit zwischen dem original und der kopie gesichert ist. In spezifischen fallkonstellationen kann die qualität der kopie durchaus relevant sein, nämlich dann, wenn die kopie quasi die funktion eines originals hat und vom urteilenden individuum als ich mit dem original gleichgesetzt wird(*1).
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(*1)
jeder kunstliebhaber hat seinen "Picasso" an der wand hängen, und dieses objekt kann durchaus einer der vielen abzüge einer radierung oder einer lithographie sein, die, hergestellt vom original oder einer seiner repliken, im handel für wenig geld noch greifbar sind(+1).
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(+1)
im Rembrandthaus in Amsterdam wurden vor jahren von ausgewählten radierungen Rembrandt's abzüge zu demonstrationszwecken angefertigt. Die interessierten konnten am ausdruck selbst hand anlegen. Die druckplatten waren repliken der originalplatten, aber in jedem abzug konnte der besitzer die illusion haben, einen "echten" Rembrandt in der hand zu haben. Diesen fall hatte auch Walter Benjamin im blick gehabt, wenn er die frage stellt, ob das bild auf der leinwand, verursacht durch den film, auch eine aura haben könne. Diese aura ist dann zu bejahen, wenn Pablo Picasso, der jede neue technik aufgegriffen hatte, den abzug selbst hergestellt und individuell signiert hat, aber den kopien, die später in gleicher weise als massendruck hergestellt worden sind, ist die auszeichnung: aura, abzusprechen, es sind objekte, die im museumsshop gehandelt werden.          (t/2.27)<==//
2.28
die blosse erinnerung an das original genügt, real im museum gesehen, und als erinnernde vorstellung im forum internum präsent. In der analyse ist diese situation nur eine variante des problems: original oder kopie. Als vorstellung des realen originals ist dem individuum als ich dieses als original in seinem forum internum präsent, die vorstellung in der funktion der kopie. Das gedächtnis ist aber unzuverlässig, und das, was die erinnerung an das factum der vergangenheit ist, das muss das individuum als ich, wenn es das factum der vergangenheit erinnert, in jedem moment seiner gelebten gegenwart als ein ereignis neu schaffen(*1). Die reale kopie des originals ist eine hilfe, nicht mehr.
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(*1)
//==>INDEX der argumente/stichwort: zeiterfahrung.          (t/2.28)<==//
2.29
die debatten über die idee des kunstwerks werden im kulturbetrieb sowohl am original als auch an der kopie geführt, letztere sind die hauptmasse der fälle.          (t/2.29)<==//
2.30
die gute kopie(*1) ist im ästhetischen diskurs der standard und nur in speziellen fällen kann dem original eine entscheidende funktion zukommen, nämlich dann, wenn die echtheit des originals der gegenstand des streits ist(*2).
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(*1)
die frage, was eine gute kopie sei, wird von den techniken entschieden, mit denen das original kopiert wird. Bemerkenswert ist der vergleich der aktuellen ausstellungskataloge mit den katalogen vergangener zeit, erschienen zwischen 1945 bis 1975. Analog dazu der vergleich der photographischen dokumente aus früher zeit mit den digitalen dateien von heute, die per powerpointpräsentation und beamer an die wand geworfen werden. In dieser perspektive sind die digitalen techniken eindeutig im vorteil, aber die unbestrittenen qualitäten der gegenwärtigen kopien ist neutral für die funktion, die einer kopie im ästhetischen diskurs zugeordnet ist.
(*2)
die frage, was das original ist und was die kopie sein soll, das kann nur am streitigen objekt beantwortet werden. Die einschlägigen verfahren sind für diese entscheidung maassgebend(+1). Die details sind ein problem der technik und des handwerks, das die philologen ausüben. Das sind für das individuum als ich, das sein ästhetisches urteil fällt, wichtige aspekte, aber mit diesen argumenten kann das individuum als ich sein ästhetisches urteil nicht begründen. Sein urteil über die Mona Lisa ist auch dann für ihn gültig, wenn das individuum als ich das berühmte gemälde nicht im original(Louvre) gesehen, dieses bild aber in einer der vielen kopien unmittelbar präsent hat. Für den sammler aber, fixiert auf das begehrte objekt(+2), kann im prozess des kulturbetriebs nur das objekt als original das entscheidende moment im seinem kalkül sein.
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(+1)
dieses problemfeld wird nicht weiter erörtert.
(+2)
diesen aspekt hatte Luis Buñuel in seinem film: "Dieses obscure Objekt der Begierde" thematisiert.          (t/2.30)<==//
2.31
im öffentlichen diskurs über die kunstwerke der tradition, die der gegenwart eingeschlossen, wird die meinung vertreten, dass im preis für ein kunstwerk auch der ästhetische wert des objekts repräsentiert sei(*1). Diese meinung ist falsch. Als kategorie der ästhetischen theorie kann die idee des kunstwerks nicht den kategorien der wertschätzung unterliegen, die im markt gültig sind. Der wert eines "Picasso" ist mit einer zahl nicht abschätzbar, die idee des kunstwerks als bezugspunkt; die verwertbarkeit desselben "Picasso" im markt, gehändelt als objekt des tauschens, wird aktuell mit den zahlen fixiert, die gerade auf den kurszetteln stehen. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun(*2).
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(*1)
es genügt in den börsenteil einer zeitung zu blicken, wenn in den auktionshäusern die jüngsten kurse diskutiert werden. Die rangliste führt derzeit Jackson Pollock (140mio$) an(+1). Andere namen folgen im ständigen up and down der zahlen.
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(+1)
die letzten nachrichten, februar 2015, melden, dass ein bild von Paul Gauguin für 300mio$ den besitzer gewechselt hat ... .
(*2)
das beweisende indiz für diese feststellung ist der tatsächliche betrug im markt.          (t/2.31)<==//
2.32
im markt ist es in gleicher weise gültig, ob das objekt des tauschens ein ding der welt: n, ist oder das kunstwerk: m, jeweils ausgewiesen am status des originals. Der hype der explodierenden preise ist an den glauben der marktakteure gebunden, ein original im besitz zu haben, ein glaube, der verfliegt, wenn das objekt als fake identifiziert wird(*1). Die differenz ist im glauben verortet.
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(*1)
    die liste der fälschungen, dokumente der historia, ist lang.           (t/2.32)<==//
2.33
Ich sage: nachrangig, nicht: irrelevant. Die unterscheidung: original/kopie, bleibt im ästhetischen diskurs fundamental, begrenzt auf eine bestimmte bedeutung. Das original ist der "fingerabdruck" des meisters, der nicht wiederholbar ist(*1), alles andere als kopie ausweisend. In dieser perspektive ist an der unterscheidung: original/kopie, strikt festzuhalten(*2).
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(*1)
wenn der meister sein werk abgeschlossen hat, das zeichen ist seine signatur, dann ist sein werk ein dokument der historia, das nicht mehr verändert werden kann, und wenn's verändert wird, verursacht im prozess seiner konservierenden restauration, dann ist es etwas anderes, das die historia des dokuments zwar aufbewahrt, aber nicht fortschreiben kann.
(*2)
als begriff ist die unterscheidung eindeutig, in den phänomenen aber ist die abgrenzende trennlinie unscharf. Einerseits ist es das problem, das entsteht, wenn der schöpfer des werks sein werk später abändert oder mit der abänderung einverstanden ist(+1); andererseits ist es das problem der verwendeten materialien, das in der textur anerkannter kunstwerke verortet ist. Der zerfall des materials in der zeit verändert das werk, neues entstehen lassend(+2).
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(+1)
pars pro toto das gitter-relief am neuen Landesmuseum in Münster. Die installation: Silberne Frequenz, von Otto Piene ist durch das logo: LWL, des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe 2014 erweitert worden. Otto Piene hatte der veränderung noch zugestimmt(§1).
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(§1)    Westfälische Nachrichten. Bericht vom 14.11.2014.
(+2)
pars pro toto die Beuys-instalation: fettecke, die um eine interessante variante erweitert worden ist. Die witwe von Joseph Beuys: Eva Beuys, streitet sich vor gericht mit drei künstlern, die einen rest aus der alten Beuys-installation zu schnaps verarbeitet haben und das produkt der brennerei in fläschchen als "kunstgeist" auf's podest gesetzt haben(§1). Was kann hier als original gelten? - Was soll die kopie sein?
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(§1)    Westfälische Nachrichten. Bericht vom 24.07.2014.          (t/2.33)<==//
2.34
das original des werks - im markt ist das der tanz ums goldene kalb. Erst die hypostasierung des originals schafft das, was im markt die kunstfälschung so attraktiv macht. Die fälschung, immer eine kopie, vielleicht auch nicht(*1), wird als "original" unterschoben. Der strafrechtliche aspekt des falles mag interessant sein, aber ästhetisch ist dieser aspekt allemal nachrangig, auch dann, wenn das werk, einmal geschaffen, seine eigene historia generiert hat(*2).
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(*1)
ein beachtenswerter aspekt des betrugfalles: Beltracchi,(+1) ist die tatsache, dass der maler: Wolfgang Beltracchi, technisch versiert, mit seinen bildern neues geschaffen hat, das er, weil's im markt gängig, als tradition deklarierte. Einerseits ist das phänomen: stilkopie, bekannt(+2), andererseits ist aber die veräusserung dieser werke als das werk eines bekannten künstlers ein juristisches problem. Im blick auf die unterscheidung: original oder kopie, ist die zuordnung einer stilkopie nicht immer eindeutig. Für sich ist das werk ein original, seine idee als kunstwerk aber ist nur die kopie einer vorlage(+3).
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(+1)
der fall: Beltracchi, hatte 2010-2012 eine breite resonanz gefunden. Die grenzlinie zwischen kunst und kommerz ist variabel und die einschätzung hängt davon ab, in welcher perspektive der konflikt bewertet werden soll(§1).
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(§1)
siehe das SPIEGEL-gespräch mit Wolfgang Beltracchi: Geständnis eines ewigen Hippies. In: DER SPIEGEL,10/2012, p.126-136, ergänzend die leserbriefe, die an den SPIEGEL geschickt worden waren: 11/2012, p.12.
(+2)
die stilkopie ist ein vertrautes phänomen. Oft wird sie mit der bemerkung: im stil von N.N., angezeigt. Eine variante der stilkopie ist das arbeiten in der manier von N.N.
(+3)
es ist etwas anderes, wenn der schöpfer eines kunstwerks die existierende idee als thema aufgegreift und diese in variationen neu gestaltet.          st_(2.34/*1)/<==//
(*2)
das problem der unterscheidung: kopie/fälschung, ist seit der antike bekannt und viele werke der antike haben nur als kopie überdauert, weil diese kopien, die möglichkeit der fälschung kann nicht ausgeschlossen werden, die rolle eines "originals" übernommen hatten(+1).
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(+1)
es kann von einer metamorphose gesprochen werden.          st_(2.34/*2)/<==//            (t/2.34)<==//
2.35
die figur des kunsthändlers ist eine markante schnittstelle zwischen kunst und kommerz(=markt). Die funktion des (kunst-)händlers ist, zwischen dem produzenten(=künstler) und dem konsumenten(=sammler) des kunstwerks(*1) zu vermitteln. Der kunsthändler makelt im markt das ding der welt: n, als das kunstwerk: m. Als experte ist der kunsthändler auf zwei feldern ausgewiesen, die einerseits präzis getrennt gehalten werden müssen, die andererseits aber im gesellschaftlichen leben aller, die es betrifft, miteinander verknüpft werden. Der makler muss das ästhetische urteil ebenso formulieren wie die chancen kalkulieren, die das kunstwerks als tauschobjekt im markt hat. In seiner doppelstellung ist der kunsthändler quasi ein diener zweier herren, eine doppelrolle, die zwingend konflikte impliziert(*2)
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(*1)
der schöpfer des kunstwerks: m, bedarf des sammlers, der sein werk schätzt; der sammler bedarf des künstlers, weil ohne den schöpfer des kunstwerks der sammler kein objekt seiner sammellust(-wut) zur verfügung hätte. Die arbeit des kunsthändlers ist in der ordnung der gesellschaft unabdingbar. Waren es früher die sammler selbst gewesen, die, als elite der gesellschaft, geschickte individuen, ein ich seiend, als handwerker engagiert hatten, so ist es heute der autonome künstler, der auch im markt agieren muss, wenn er als individuum, das ein ich ist, existieren will.
(*2)
aktuell 2014/2015 ist der fall des kunsthändlers: Helge Achenbach, der des betrugs angeklagt ist. Die anschuldigung gegen ihn ist, die käufer und verkäufer von kunstwerken mit manipulierten rechnungen getäuscht zu haben, um den überschuss seiner geschäfte in die eigene tasche zu stecken.         (t/2.35)<==//
2.36
die situation ist exemplarisch demonstrierbar mit dem bild: sonnenblume, gemalt von Vincent van Gogh(*1). Der marktwert des objekts(=resultat der versteigerung) steht in einem krassen missverhältnis zu seinem materialwert(*2). Im fokus des arguments sind zwei perspektiven auf das mit sich identische kunstwerk, die nicht miteinander verknüpfbar sind, einerseits der ästhetische wert des kunstwerks, der mit der gezahlten summe des sammlers(ca.80mio$) nicht ausgedrückt werden kann, andererseits das motive des sammlers, genau dieses objekt besitzen zu müssen, den preis, gefordert im markt, zahlend. Das, was den gegensatz: ästhetischer wert und wert im markt, entscheidet, das ist der wille des sammlers, etwas besitzen zu wollen, und für diesen besitzwillen ist jedes ding der welt tauglich(*3). Der grund für den wert des begehrten objekts ist das begehren des individuums als ich, etwas besitzen zu wollen. Die muschelschale ist für sich das, was sie ist, erst in der hand des jeweils anderen wird sie begehrenswert und markiert einen wert, der in einer zahl, die etwas anderes ist, ausgedrückt werden kann.
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(*1)
Vincent van Gogh hat das motiv: sonnenblume, mehrmals gestaltet. Welches gemälde den damals exorbitanten preis auf einer auktion erzielt hatte, das habe Ich derzeit nicht präsent, im argument aber spielt dieses wissen keine rolle, weil an jedem objekt, das als kunstwerk im markt gehandelt wird, das argument verifiziert werden kann.
(*2)
das verhältnis zwischen dem materialwert des bildes, die arbeitszeit des malers als preis für die regeneration seiner arbeitskraft(Karl Marx) einkalkuliert, und dem kaufpreis in der auktion, den besitzwillen des käufers spiegelnd, ist in zwei zahlen ausdrückbar: 80 und 80.000.000. Das sind im markt zahlen, die in den bilanzen der händler als zeichen figurieren; im hauptbuch des kaufmanns aber ist von der ästhetik keine rede.


(*3)

es genügt, auf den markt der trophäen zu blicken - der spiegel der Monroe ist ebenso begehrt wie die tabakdose, die dem alten Fritz das leben gerettet haben soll. Wenn diese objekte im markt verkäuflich sind, dann wird jeder preis gezahlt.          (t/2.36)<==//
2.37
//==> anmerkung: 2.13.          (t/2.37)<==//
2.38
die analyse des kunstwerks als objekt und die reflexion seiner ästhetik sollten strikt unterschieden werden(*1). In der analyse wird nur festgestellt, welches der analysierten objekte das original ist und welche objekte die kopien sein müssen. Diese trennung ist erforderlich, weil bestimmte momente im ästhetischen urteil nur am realen objekt zureichend erörtert werden können. Die kriterien des stils können an jeder zureichenden kopie geklärt werden, die zugeschriebene aura aber nur am original. In seiner synthetisierenden reflexion verknüpft das individuum als ich das analytisch getrennte wissen wieder zu einem ganzen zusammen. Im prinzip ist die synthetisierende reflexion neutral und kann sowohl am original als auch an der kopie entwickelt werden, als handlung des individuums als ich aber ist die synthetisierende reflexion an das reflektierende individuum als ich gebunden.
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(*1)
//==>INDEX der argumente/stichworte: analyse und analyse/synthese.          (t/2.38)<==//
2.39
wenn das individuum als ich und sein genosse über die idee des kunstwerks reflektieren, dann kann auch die kopie genügen(*1). Der gang ins museum ist eine konstante der bürgerlichen kultur, aber das, was der bürger in der ausstellung gesehen hatte, das will er im katalog der ausstellung noch einmal revue passieren lassen. Für den liebhaber der kunstobjekte kann die kopie eine ökonomisch tragbare alternative sein, weil die begegnung mit dem original zumeist auf die ausnehmesituation eines ausstellungsbesuchs begrenzt ist. Die doppelgleisige praxis ist bewährt(*2)
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(*1)
einzufügen wäre hier noch die klassifikation der kopien. Sie wird auf eine kurze beschreibung beschränkt. Die kopie oder das duplikat kann in vielen formen erscheinen, als replik(=faksimele), als nachbildung einer vorlage in allen formen des freien nachschaffens(+1), als klassische kopie des nachmachens, des abmalens und immitierens, mehr oder weniger präzis(+2), als photographie, das objekt in gleicher grösse, verkleinert oder vergrössert, als illustration eines textes, schwarz/weiss oder farbig, die skulptur als bild, oder das bild in eine räumliche form gebracht, das theaterstück, die erzählte geschichte, die gehörte musik, transkribiert als text, der text und die bilder, transformiert in die sprache der bits and bytes, das auch revers. Die aufzählung ist unsystematisch und nicht abgeschlossen.
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(+1)
pars pro toto Picasso's auseinandersetzungen mit der tradition.
(+2)
pars pro toto die gegenüberstellung von rätselbildern: suche die 5 fehler im bild.
(*2)
die konfrontation von kopie und original ist im gedankenexperiment am anfang dieses textes nachgezeichnet. Sie wird immer wieder repetiert, wenn über die idee des kunstwerks reflektiert wird, im diskurs die analyse von der synthese trennend. Die orte der diskurse sind verschieden, so das gespräch mit dem genossen, so die inszenierte vernissage, so die vorträge auf den einschlägigen kongressen.          (t/2.39)<==//
2.40
im markt zählt nur das objekt, das getauscht wird, real in raum und zeit. Das, was der wert dieser objekte sein soll, das ist nicht im objekt gegründet, sondern in den bedingungen, die den austausch der objekte begleitend ermöglichen. Diese bedingungen(*1) sind im handeln des individuums als ich real, das im markt als einer akteure wirkt, eine differenz, die nicht ignoriert werden sollte.
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(*1)
die möglichkeit des betrugs ist der struktur des markts immanent. Im prozess des austauschens der tauschobjekte ist es möglich, die getauschten objekte des einen zu lasten des anderen marktteilnehmers auszuwechseln - statt brot sind's nur die steine. Das ist der kern des arguments, dass im markt die kopie nicht die stelle eines originals vertreten oder einnehmen kann. Folglich muss der sammler sorgfältig darauf bedacht sein, das original des kunstwerks in der hand zu haben und nicht irgendeine kopie, die das original täuschend echt reproduziert. In der theorie sind die bedingungen des korrekten tauschens im markt eindeutig definiert, in der praxis ist das anders, weil nicht immer sichergestellt werden kann, dass das original auch das original ist und die kopie nur die kopie.          (t/2.40)<==//
2.41
hier wäre der ganze komplex der fälschungen zu erörtern. Die fälschung aber ist kein gegenstand der ästhetischen theorie, sondern der originäre gegenstand der jurisprudenz. Den juristen soll ihr objekt nicht streitig gemacht werden.          (t/2.41)<==//
2.42
die Benjamin'sche aura wird in der ästhetischen theorie überschätzt. Es ist unbestritten, dass Walter Benjamin seine theorie des auratischen kunstwerks im horizont der ästhetik entwickelt hat, die realität des films als objekt seiner reflexionen gebrauchend, aber sein argument ist, ohne das verdienst Benjamin's zu schmälern, nicht zureichend, die wirklichkeit voll zu erfassen, mit der seine erben heute konfrontiert sind. Die neuen techniken der digitalen produktion und reproduktion von kunstwerken sind ein teil der ästhetik, die, nicht vergleichbar mit den techniken der tradition, gleichwohl die standards von heute setzen. Das problem sind nicht die unterscheidbaren techniken, sondern das problem sind die vorstellungen, die mit den jeweiligen techniken verknüpft werden können. Das photo, intendiert als kopie(=abbild) der realität, ist präziser als das bild, das der maler vor ort angefertigt hat, das gesehene als objekt auf die leinwand projizierend und fixierend. Das gemalte bild ist aber eine andere realität als das photo, das nur einen moment in dauer gebannt hat. Das sind zwei verschiedene sachverhalte, die viel miteinander zu tun haben, die aber doch strikt geschieden werden müssen, wenn man den techniken ihren angemessenen ort zuweisen will.           (t/2.42)<==//
(finis)
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stand: 16.04.01.
eingestellt: 15.02.15.

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