fortsetzung
Subtext/argumente: 2.52.12 bis 2.52.16

2.52.12

das individuum als ich muss die macht des genossen akzeptieren, seinen herrschaftsanspruch aber anerkennen. Die differenz, die in den begriffen: akzeptanz und anerkennung, gesetzt ist, darf nicht ignoriert werden, wenn über die phänomene der herrschaft und der macht räsonniert wird. Dem faktum der macht kann das individuum als ich, wenn es mit der macht konfrontiert ist, nicht ausweichen. Es kann die macht, so wie es die phänomene der macht im moment der gelebten gegenwart erfährt, einerseits akzeptieren und es wird für seine akzeptanz auch gründe geltend machen, es kann andererseits, wenn es über ausreichende gegenmacht verfügt, auch die zugemutete macht nicht akzeptieren(a). Seine entscheidung ist in den gründen fundiert, die ihren quellgrund nicht in der autonomie des ich haben, sondern in der kausalität verortet wird, die das individuum als ich gesetzt hat(b). Was der fall auch sein mag, das individum als ich wird einen grund benennen können, ob richtig oder falsch, das ist etwas anderes, und, sich beugend, den machtanspruch akzeptieren oder aufrecht dem machtzutungen sich widersetzen, erfolgreich oder nicht. Das, was zählt, das ist das faktum der macht in seiner realen verteilung unter allen, die es betrifft(c). Dem steht entgegen, dass die herrschaft nur dann real sein kann, wenn diese anerkannt ist, und die anerkennung leisten allein das individuum als ich und sein genosse, jeder für sich(d). Sie müssen, jeder für sich, in einem akt der anerkennung klären, wer in der bestimmten herrschaftsbeziehung die position des befehlsgebers oder befehlsnehmers einnehmen soll. Die eine oder die andere position in der herrschaftsbeziehung einnehmend, erkennen sie sich wechselseitig als ich an, das heisst, das individuum als ich in der position des befehlsgebers muss den genossen in der position des befehlsnehmers als ich, das es selbst ist, anerkannt haben, nicht anders der genosse. In dieser wechselseitigkeit der anerkenung des anderen als der_andere(e) ist der herrschaftsanspruch des einen über den anderen gegründet, der nur im konsens(f) möglich ist, jede form von macht ausschliessend(g).
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(a)
als faktum bleibt die macht das, was sie ist, akzeptiert oder nicht_akzeptiert. Das maass für den bestand eines machtanspruches ist allein die gegenmacht, real verfügbar. Der denkbare idealzustand des gegensatzes: macht/gegenmacht, ist der reale ausgleich der machtansprüche, der nur als transitorisches moment real sein kann. Der zeiger der waage wird in der regel immer auf der einen oder anderen seite stehen(01).
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(01)
der notwendige ausgleich der machtansprüche wird in der politik unter dem stichwort: balance der mächte, diskutiert. Der labile zustand nicht austarierter machtansprüche ist ein moment der politischen erfahrung und es ist das ziel, ein gleichgewicht der kräfte zu schaffen, ein ziel, das auch in den zeiten des friedens auf dauer nicht real erreicht werden kann, aber als regenbogen immer am horizont steht.        (a)<==//
(b)
das moment der autonomie des ich ist in der gesetzten kausalität zwar gegenwärtig, aber das individuum als ich hat mit seiner entscheidung aus autonomie sich selbst an den grund, die anderen gründe impliziert, gebunden. In dieser gesetzten kausalität findet das individuum als ich die gründe auf, mit denen es zu erklären versucht, warum es eine bestimmte zumutung der macht akzeptieren will, eine andere zumutung aber nicht(01). Das sind gründe, die nicht als anerkennung im sinn des prinzips ausgelegt werden können(02).
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(01)
in einem kalkül, das die kosten und den nutzen der akzeptanz und/oder verweigerung abschätzt, beurteilt das individuum als ich seine entscheidung, der macht sich zu beugen oder zu widerstehen. Entscheidend ist, das jeder erwogene grund ein fremdgesetzter grund sein kann, der mit seiner gesetzten kausalität vereinbar ist, oder auch nicht(*1).
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(*1)
mit diesen gründen kann das individuum als ich auch entscheiden, ob es einen fall der machtbeziehung vorliegen hat oder der herrschaft. Wenn der grund, mit dem eine form der herrschaft begründet ist, vereinbar ist mit der gesetzten kausalität, dann hat es sich an diesen grund gebunden, und die möglichkeiten des kosten/nutzen-kalküls sind begrenzt. Ist der grund mit der gesetzten kausalität nicht vereinbar, dann kann es die herrschaft mit diesem grund nicht begründen(+1), was bleibt, das ist ein machtverhältnis, in dem dieser grund tauglich sein kann, eine akzeptanz der bestimmten macht zu begründen(+2).
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(+1)
das problem des gehorsams ist damit aufgeworfen, es soll aber hier nicht weiter erörtert werden(§1).
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(§1)   argument: //==>2.52.07.
(+2)
das sind die geläufigen fälle, in denen die machtansprüche von diktatoren akzeptiert werden - akzeptanz, weil die mittel der gegenmacht nicht ausreichen.
(02)
die missdeutungen sind im laxen sprachgebrauch verortet, der nicht präzis zwischen akzeptanz und anerkennung differenziert.       (b)<==//
(c)
nun könnte das grosse bild gemalt werden, das zeigt, wie die machtansprüche in der sozialen beziehung real verteilt sind. Alle, die es betrifft und jeder für sich, werden ihr bild malen, dokumentationen möglicher machtverteilungen in der gesellschaft, argumente, tauglich oder auch nicht für eine meinung, beweisstücke, die nur das enthalten können, was ist. Mit dieser bemerkung ist das kapitel: macht, geschlossen.      (c)<==//
(d)
der wiederholende hinweis ist notwendig, weil das argument zu leicht von der flut der machtphänomene weggespült wird. Wenn die erklärung der anerkennung nicht beigebracht werden kann, dann ist jede form behaupteter herrschaft als variante eines bestehenden machtverhältnisses zu deuten.      (d)<==//
(e)
argument: //==>2.22.04. Und: //==>INDEX der argumente, stichwort: anerkennung/anerkennen.        (e)<==//
(f)
die funktion des konsenses(01) ist in der abgrenzung zum kompromiss zu behaupten. Der konsens setzt die anerkennung des anderen als der_andere voraus, der kompromiss ist eine verständigung des individuums als ich und seines genossen über das händeln der weltdinge unter angabe von gründen. Das individuum als ich und sein genosse, jeder für sich, können die macht in guten oder in faulen kompromissen akzeptieren, die anerkennung der herrschaft schliesst jede zweideutigkeit aus.
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(01)
argument: //==>2.22.28. Und: //==>INDEX der argumente, stichwort: konsens.      (f)<==//
(g)
es ist ein teil der erfahrung, dass in der praxis von herrschaft und macht die abgrenzung der akzeptanz von der anerkennung offen ist. Ohne rest kann die erforderliche abgrenzung nicht ins werk gesetzt werden, weil jedermann, der, lax formuliert, etwas anerkennen oder akzeptieren will, an dem, was er akzeptiert und anerkennt, auch partizipieren möchte. Das problem der abgrenzung ist die begründung, mit der in jedem fall die differenz ausdrückt ist, die das anerkennen und akzeptieren in einer diffusen gemengelage belässt, in der das individuum als ich und sein genosse miteinander/gegeneinander versuchen, die gefürchtete macht des anderen mit der selbst ausgeübten herrschaft jeweils im horizont des anderen zu realisieren und/oder zu erdulden. Mit einem formelkompromiss(01) wird der anstehende streit aufgelöst, aber die realisierte lösung ist nicht von dauer. Das kann aber kein zureichender grund sein, die unterscheidung: macht oder herrschaft, zu ignorieren, aus den simplen grund, weil anderes unter den bedingungen von raum und zeit nicht möglich ist.
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(01)
leichthin wird gesagt: der kompromiss wird akzeptiert, der konsens aber muss anerkannt werden. Es tun, das ist etwas anderes und darauf kommt es an.          (g)<==//
(text/1.3.33)<==//
2.52.13
die begündung von herrschaft wird in staat und gesellschaft(a) mit definierten verfahren(b) vermittelt. Es ist brauch(c), die einschlägigen verfahren in einer satzung(d) festzulegen, die die funktion hat, die entscheidung des individuums als ich und seines genossen, jeder für sich, im moment der gelebten gegenwart zu verstetigen. In der verstetigung der konstituierenden entscheidung des individuums als ich, sich selbst aus autonomie bindend, erscheinen zwei schemata überlagert, die prima vista den in der satzung definierten verfahren eine dominanz einräumen, die secunda vista als die entmündigung des bürgers interpretiert werden kann(e). De facto sind zwei perspektiven über kreuz, einerseits die perspektive der macht, andererseits die perspektive der herrschaft, und es ist nicht klug, diese differenz zu übersehen; denn es sind gründe der pragmatik(f), die das individuum als ich und seinen genossen nötigen, in ihrer funktion, bürger des staates zu sein, sowohl die befugnis zur entscheidung als auch ihre kompetenz, die sache zu entscheiden, an definierte institututionen des staates und der gesellschaft zu übertragen, damit diese in seinem namen die erforderlichen entscheidungen mit bindungswirkung für alle treffen. Die übertragung der befugnis und der kompetenz an die mandatierten bürger(g), vom individuum als ich und seinem genossen, jeder für sich, aus autonomie gewollt, hat, in der satzung definiert, zwei bedingungen. Zum ersten die vorab definierten verfahren(h), zum zweiten die kontrolle der übertragenen kompetenz und befugnis gemäss des prinzips der gewaltenteilung(i). Diese bedingungen sind als konstitutive elemente eines systems, sowohl des staates als auch der gesellschaft, im zwielicht von herrschaft und macht situiert, eine grauzone von wechselwirkungen, in der die phänomene der macht nur streitig von den phänomenen der herrschaft getrennt werden können(j).
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(a)
das problem der herrschaft ist nicht auf die institutionen des staates begrenzt, auch die institutionen der gesellschaft sind eingeschlossen(01). Die institutionen der gesellschaft sind in der tradition gegründet und es ist das herkommen, das die entscheidung des individuums als ich oder die des genossen ersetzt. Die formen der tradition sind rituale, die aber als verfahren der begründung von herrschaft interpretiert werden können. Entscheidend ist der vollzug des rituals und das richtig vollzogene ritual ist der sichtbare beweis der überantwortung legitimer herrschaft.
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(01)
es ist eine frage der perspektive, ob die phänomene der gemeinschaften in die erörterung mit einbezogen werden sollen, vor allem die des verbandes der sozialen gruppe. Gemeinschaften sind gemeinhin nicht öffentlich organisiert, und das, was im privaten bereich als phänomen der unter-/überordnung angesehen wird, das sind formen der macht und nicht der herrschaft.      (a)<==//
(b)
herrschaft, also die befugnis, einen befehl zu erteilen, den der andere auszuführen verpflichtet ist, kann nur dann legitim überantwortet werden, wenn die übertragung der befugnis ante festum in einem definierten verfahren fixiert ist(01). Das verfahren selbst setzt einen gründungsakt voraus, den allein das individuum als ich und sein genosse, jeder für sich, vollziehen kann. Mit dieser setzung ist gesichert, dass die übertragung der befehlsbefugnis an den jeweils anderen in einer autonomen entscheidung gegründet ist, mit der das individuum als ich oder sein genosse sich selbst gebunden haben. Die buchstäbliche beachtung des verfahrens ist der ausweis korrekt ausgeübter herrschaft.
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(01)
dafür hat Niklas Luhmann den terminus: legitimität durch verfahren, geprägt(*1). Die these ist plausibel, dass seine systemtheorie der gesellschaft darauf abgestellt ist, die sozialen mechanismen einer gesellschaft als verfahren zu interpretieren, mit denen die formen einer stellvertretung in der komplexen struktur der gesellschaft rational erklärt und gedeutet werden können(*2). In diesem sinn hatte Luhmann die soziologie Max Weber's fortgeschrieben.
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(*1)
Ich kann mich erinnern, dass Ich diesen ausdruck irgendwo bei Luhmann einmal gelesen habe, aber die stelle habe Ich bisher nicht wieder auffinden können.
(*2)
die durch das gültige verfahren vermittelte legitimität ist als abgeleitete legitimität der legitimität gleich, die durch den originären setzungsakt einer autonomen entscheidung geschaffen worden ist(+1).
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(+1)   argument: //==>2.32.13/(n/03).    (b)<==//
(c)
der aspekt der tradition sollte nicht übersehen werden, aber die tradition selbst kann nicht der grund sein, dass das bestimmte verfahren, verwurzelt in der tradition, auch legitim ist. Die beobachtung ist geläufig, dass das beharrungspotential der tradition dem bestimmten verfahren eine wirkung über die generationen hinaus verleiht. Darum ist zu recht die frage aufzuwerfen, ob die beharrungskräfte der tradition nicht eher der macht zuzuordnen sind als der herrschaft. In den möglichen antworten sollte aber die beobachtung eingebunden sein, dass die pünktliche beachtung traditionaler verhaltensweisen auch ein moment der entscheidung ist, die nur vom individuum als ich und seinem genossen, jeder für sich, gefällt werden kann; denn die respektierung der traditionalen verhaltensweisen ist eine handlung, die im individuum als ich gegründet ist und nicht in den hergebrachten bräuchen der tradition.      (c)<==//
(d)
die formen der satzung sind variabel. In alter zeit war es ein mythos gewesen(01), eine erzählung, in der das bestimmte verfahren entweder in der tat des staatengründers gesetzt wurde(02) oder der gott das verfahren gesetzt hatte(03). Allein die form der setzung ist in der moderne verändert(04). Eine versammlung mandatierter bürger hat die verfassung des staates beschlossen, in einem beschluss des volkes ist die beschlossene verfassung approbiert worden, die verfassung ist als text in einer urkunde festgelegt. Die verfassung hat die funktion des gesetzes, an dem alle weiteren rechtssetzungen zu beurteilen sind. Damit sind die erforderlichen verfahren ante festum festgelegt und die entscheidungen der befugten sind gültig für alle, die es betrifft(05).
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(01)
der schatten des mythos ist aber lang und es kann vortrefflich darüber disputiert werden, ob die neuzeit nicht auch auf solchen mythen gegründet ist. Pars pro toto verweise Ich auf den Rütli-schwur. Das, was Friedrich Schiller im Wilhelm Tell auf die bühne gebracht hatte, das ist legende, keine legende ist, dass mit dem versprechen der schwörenden das verfahren bewirkt worden ist, das heute das fundament jedes rational organisierten staates ist, auch dann, wenn in den entscheidungen das verfahren en detail vage bleibt.      (d/01)<==//
(02)
pars pro toto die gründung Roms, 753 v.Chr.      (d/02)<==//
(03)
pars pro toto die 5 bücher des Moses, Alte Testament. /bibliographie //==>2.93.71.    (d/03)<==//
(04)
pars pro toto der Parlamentarische Rat, der das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland geschaffen hatte.    (d/04)<==//
(05)
das gemalte bild ist in der theorie ohne fehl und tadel, die praxis ist etwas anderes, aber das, was als ein pragmatischer einwand erscheint, das ist kein einwand im grundsatz; denn es wäre ein fataler fehler, wenn übersehen werden sollte, dass mit dem approbierten verfahren gültige normen geschaffen worden sind, gehändelt von einem gewählten parlament, normen, die, abgeleitet von den entscheidungen des parlaments und petrifiziert in einem gesetz, für andere befugte institutionen die funktion von befehlen haben, die prima vista die autonome entscheidung des individuums als ich aufheben(*1), secunda vista aber nicht aufheben können, wenn die konstruktion des staates bestand haben soll; denn dem individuum als ich kann nicht die autonome entscheidung entzogen werden, auch dann nicht, wenn das individuum als ich eine institution ermächtigt hat, in seinem namen bindende entscheidungen zu fällen. Die delegation der entscheidung ist ein teil des verfahrens, und das individuum als ich hat immer die möglichkeit, im moment der gelebten gegenwart die eingeräumte bindung mit einer neuen autonomen entscheidung zu ersetzen, um das gegebene mandat zu revidieren. Pragmatische gründe sind es, die das individuum als ich bewegen, diese entscheidung aus autonomie nicht immer wieder in jedem moment seiner gelebten gegenwart von neuem zu vollziehen; denn die verfahren der legitimitätssetzung haben die funktion der entlastung, ohne den institutionen, betraut mit der durchführung der verfahren, die position des individuums als ich einzuräumen. Die mit den verfahren betrauten funktionen können zwar diese position des individuums als ich usurpieren, aber das ist etwas anderes. Die befugnis der institution, im namen seiner mandatierenden bürger mit wirkung für diese zu entscheiden, ist auf das mandat begrenzt, das, begrenzt auf zeit und raum, vom individuum als ich, bürger seines staates, der institution und seinen amtswaltern verliehen ist.
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(*1)
d'accord, in der realität können viele fälle zitiert werden, in denen die amtswalter der institutionen genau dieses ziel verfolgen. Das ist aber ein missbrauch ihres mandats und der missbrauch des mandats ist ein phänomen der macht, nicht der herrschaft, und macht kann in keinem fall bindendes recht schaffen.      (d/05)<==//           (d)<==//
(e)
die behauptung, dass der bürger durch delegation der entscheidung sich selbst entmündigt habe, ist gegenstand der kontroverse: direkte demokratie versus repräsentative demokratie. Es kann nicht bestritten werden, dass die repräsentative demokratie in den formen ihrer realisation gravierende mängel aufweist(01). Diese mängel sind aber, auch dann nicht, wenn sie dazu missbraucht werden, kein beweis, dass das individuum als ich mit der delegation seiner entscheidung auf definierte verfahren sich als bürger faktisch entmündigt hat, vielmehr sollte die sachgerechte delegation der entscheidung als autonome entscheidung des individuums als ich ein wirksames instrument sein, das dem individuum, ein ich seiend, hilft, seine existenz in der bürgerlichen gesellschaft zu geniessen. Die bedingung dafür ist, dass es seine bürgerlichen freiheiten auch real nutzen kann(02).
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(01)
pars pro toto ist auf die phänomene des lobbying(*1) zu verweisen. Das sind fehlentwicklungen staatlicher verwaltung, misstände, die korrigierbar sind, wenn die korrektur gewollt ist, aber es fehlt offensichtlich am willen der mandatierten bürger, den damen/herren: politiker, diesem skandal ein ende zu setzen und das lobbying, das eine nützliche funktion im demokratischen staat hat, in den gehörigen grenzen einzuhegen.
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(*1)   in der deutschen sprache ist kein adäquater terminus verfügbar.
(02)   argument: //==>2.52.11.    (e)<==//
(f)
komplexe systeme können vom individuum als ich, für sich allein, nicht gehändelt werden, es ist auf den genossen angewiesen, mit dem zusammen es den zweck erreichen will. Man kann sich über den grad der komplexität streiten, aber es wäre dummheit, die alten zeiten gegen die moderne ausspielen zu wollen; denn die gesellschaften der vorfahren waren in diesem punkt ebenso komplex strukturiert wie die gesellschaft in der moderne, nur sind die formen dieser strukturen andere(01).
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(01)
das spiel mag unterhaltsam sein, in welcher struktur die menschen mit ihren lebensproblemen besser zurechtgekommen sind oder zurechtkommen werden - das ist dem rezipienten überlassen.      (f)<==//
(g)     argument: //==>2.42.23.      (g)<==//
(h)
in der verwaltung eines staates, die gesellschaft eingeschlossen, sind die verfahren zusammengefasst, mit denen die amtswalter der institutionen ihre befugnis zur herrschaft realisieren. In der theorie ist das bild makellos gemalt, die realität der geübten praxis ist desillusionierend(01). Aber die enttäuschende praxis ist kein rationales argument, die verfahren der entscheidung im prinzip in frage zu stellen, gefordert ist, festgestellte misstände zu korrigieren, damit es künftig besser gemacht werde, auch dann, wenn diese versuche immer wieder scheitern werden. Der grund des unvermögens, die phänomene des herrschens und des dienens(02) in befriedigenden formen der koexistenz von individuum als ich und seinem genossen auf dauer zu stellen, ist nicht der wille des individuums als ich und seines genossen, legitime interessen zu verfolgen, der grund ist, dass die phänomene des herrschens immer konfrontiert sind mit den phänomenen der macht. Das individuum als ich und sein genosse, jeder für sich, verfügen in unterschiedlichen formen über macht, die sie, geleitet von interessen, auch gebrauchen, um die verfahren des herrschens gemäss dieser interessen zu instrumentalisieren. Dieser gebrauch der macht kann mit den formen des herrschens kompatibel sein, es ist aber ein faktum der erfahrung, dass dies nur in den sternstunden der geschichte der fall ist(03). Diesem dilemma, es ist die dialektik von macht und herrschaft, können sich weder das individuum als ich entziehen, noch sein genosse(04), aber sie müssen, wenn sie in frieden miteinander leben wollen, den faktischen dissens von herrschaft und macht in lebbare formen transformieren, die immer als gegensatz gelebt werden. Die macht der grossen darf nicht ohne wache sein(05).
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(01)
es wäre nun an der zeit, eine phänomenologie der versuche anzufertigen, die als projekt die formen realer herrschaft zum gegenstand hat. Es ist eine lange liste, die nur das scheitern dokumentieren wird. Diese notiz muss genügen(*1).
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(*1)
im kontext dieses essays kann die durchführung dieser aufgabe nicht der gegenstand der anstrengungen sein.      (h/01)<==//
(02)
der terminus: dienen, hat einen etwas versöhnlicheren klang.(*1).
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(*1)
diener oder knecht - in der funktion, den befehl des herren auszuführen, können diese termini keine differenz in der sache markieren. Der aspekt der bewertung ist ausgeklammert.      (h/02)<==//
(03)
ob in den dokumenten der historia einschlägige fälle ausgewiesen werden können, das ist eine frage der auslegung und interpretation des verfügbaren materials, das, zwischen den extrempunkten: 0 und 1, changierend, viele varianten der vereinbarkeit und der unvereinbarkeit ausweist.     (h/03)<==//
(04)   argument: //==>2.52.10.    (h/04)<==//
(05)
Shakespeare schrieb: "Wahnsinn bei Großen darf nicht ohne Wache gehn"(Hamlet,III,1)(*1).
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(*1)
Ich verwende die übersetzung von August Wilhelm Schlegel(+1). Wahnsinn und macht sind weder identisch, noch sind sie das gleiche, aber auf der argumentebene der metapher ist ein vergleich möglich - weder der wahnsinn hat eine grenze, noch die macht, wenn das individuum als ich, wahnerfüllt, in seiner machtfülle sich selbst überlassen ist. Wer über macht verfügt, der will immer mehr macht haben. Das ist eine beobachtung, nicht mehr.
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(+1)   Shakespeare,William: Hamlet./bibliographie //==>2.94.35.    (h/05)<==//            (h)<==//
(i)
der anspruch des befugten, den befehl zu erteilen, bedarf der kontrolle durch den anderen, der den befehl ausführt. In staat und gesellschaft ist diese kontrolle selbst ein moment des verfahrens, das als problem im politischen diskurs unter dem schlagwort: gewaltteilung, erörtert wird. Die herrschaftsausübung in der sache aufzuteilen und das händeln der sache verschiedenen personen zu übertragen, ist als idee alt(01), um den anforderungen der moderne angemessen zu sein, sind aber raffinierte formen der herrschaftsausübung entwickelt worden, die einerseits die teilung der kompetenzen in sachbereiche organisieren(02), andererseits die befugnis, anweisungen zu geben, auf mehrere personen aufteilen, denen die erforderlichen machtmittel zugeordnet sind, den jeweils anderen in seine gesetzlichen schranken verweisend. Die einschlägigen verfahren der zuweisung von befugnis und kompetenz sind in komplexen theorien fixiert, die zwar eine überschaubare struktur ausweisen(03), strukturen aber, die in ihrer praktischen ausführung ein verwirrendes bild zeigen(04). Nicht das schema der teilung der befugnisse ist das problem, das problem ist die verteilung der verfügbaren machtmittel auf die drei gewalten, ohne in der trennung der machtmittel die stabilität des systems als ganzes zu gefährden. Einerseits ist die erzwingung der ausführung des befehls mit einem monopolisierten machtanspruch verknüpft, andererseits bedarf die realisierung des durchsetzungsanspruchs immer der kontrollierenden zustimmung der jeweils dritten gewalt, die ausgeschlossen ist(05). Im schema der geteilten gewalten ist die kontrolle der zugewiesenen befugnisse dann gesichert, wenn in der verteilung der befugnisse auf verschiedene personen die jeweils verfügbare macht durch die faktische gegenmacht der anderen person einer wechselseitigen kontrolle unterworfen ist. Eingespannt in das kräfteparallelogramm der aufgeteilten machtmittel, sind alle beteiligten personen, die es betrifft, durch den jeweils anderen gehemmt, die zugewiesenen machtmittel zum nachteil der anderen zu gebrauchen. Ein blendend gemaltes bild, in der erfahrung aber ist die realität des gemalten trist, weil die real verfügbare macht als faktum weder wegdisputiert werden kann, noch die real verfügbare macht auf dauer beschränkbar ist. Der machthabende, der sich jede befugnis greifen kann, die zu ergreifen er vermag, fürchtet nur dies, die volativität seiner verfügbaren machtmittel, eine markierte grenzlinie, die der machthaber mit seinen verfügbaren mitteln nicht überschreiten kann(06).
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(01)
das prinzip der geteilten gewalt ist in allen gesellschaften wirksam, belegbar mit den verfügbaren dokumenten der historia(*1). Das glänzende bild des absoluten herrschers ist eine projektion in die zukunft, das als factum der vergangenheit oft ein jämmerliches bild gewesen war(*2). Der häuptling eines stammes verfügt zwar über die macht, die stammesgenossen auch in seiner willür zu malträtieren, aber seines mandats, die sorge für seine stammesgenossen, konnte er sich nicht entledigen, und die verletzung seines mandats entzieht seinen befugnissen als häuptling die legitimität - was bleibt, das ist eine form der macht, die der stärkeren macht weichen muss. Bereits Aristoteles hatte in seinem traktat über die politik auf die formen der gewaltenteilung verwiesen und die kernpunkte erörtert, die auch gegenstand der modernen theorien sind(*3). In der tradition ist das problem der kontrolle von herrschaft zumeist unter dem aspekt der macht diskutiert worden(*4).
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(*1)
der fokus ist auf die neuzeit gerichtet(+1), aber das ist kein zwingendes argument, dass in der alten zeit das problem der begrenzung zugewiesener befugnisse nicht diskutiert worden ist. Jede soziale ordnung kann als ein reales modell der begrenzung von herrschaft, damit implizit als modell der einhegung von macht interpretiert werden(+2).
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(+1)
Historisches Wörterbuch der Philosophie. Stichwort: gewaltenteilung. Bd.3, sp.570-574./bibliographie //==>2.93.72.
(+2)   argument: //==>2.53.03.    (i/01/*1)<==//
(*2)
Ich verweise auf den sonnenkönig Ludwig XIV, der auf dem bild die majestät in seiner machtfülle ist, eine jämmerliche kreatur aber, die den künsten seines hofarztes ausgeliefert gewesen war, der ihm alle zähne ausgerissen hatte(+1).
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(+1)
das erzählte ein biograph in diesen tagen(gehört).      (i/01/*2)<==//
(*3)
Aristoteles: (P). 1297b37-1298a3, (IV,14), p.157. /bibliographie //==>2.93.86.    (i/01/*3)<==//
(*4)
Machiavelli's analysen des politischen prozesses unterscheiden nicht eindeutig zwischen macht und herrschaft, weil in seiner zeit die meinung noch dominant gewesen war, dass derjenige, der über die macht faktisch verfügt, auch legitim herrscht. Machiavelli beobachtete das politische geschehen in einer umbruchszeit, dessen mächtigste triebfeder die ökonomie gewesen war, die den lokalen raum überschritten hatte und global ihre wirkung entfaltete. Die formen des neuen wirtschaftens erforderten strukturen, die mit den traditionalen formen der amalgamierung von herrschaft und macht in der person des fürsten nicht mehr kompatibel waren. Auf diesen prozess hatte Max Weber mit seiner these reagiert, dass der moderne kapitalismus die rationale form des wirtschaftens sei(+1), die momente: macht und herrschaft, in einem kalkül zusammenzwingend(+2).
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(+1)
Max Weber sagt: "Was letzten Endes den Kapitalismus geschaffen hat, ist die rationale Dauerunternehmung, rationale Buchführung, rationale Technik, das rationale Recht, aber auch nicht sie allein; es mußte ergänzend hinzutreten: die rationale Gesinnung, die Rationalisierung der Lebensführung, das rationale Wirtschaftsethos"(§1).
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(§1)
Weber,Max: Die protestantische Ethik. p.360. /bibliographie //==>2.93.82.
(+2)
für die neue form des rationalen wirtschaftens(§1) hat Max Weber die formel: "Entzauberung der Welt",(§2) geprägt.
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(§1)
für die transformation des wirtschaftens verwendet Max Weber auch den terminus: rationalisierung (des wirtschaftslebens),($1).
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($1)   a.a.O. p.366 (und passim in varianten).
(§2)
a.a.O. p.123($1), 159, 161, 319, 367.
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($1)   beachte auch die anmerkung: 20, p.197.       (i/01/*4)<==//         (i/01)<==//
(02)
die zuordnung der kompetenzen ist ein problem, das in der zu entscheidenden sache zu verorten ist, nicht aber in der person. Das individuum als ich verfügt über ein bestimmtes sachwissen, durch das es als experte ausgewiesen ist. Dieses wissen ist in bestimmten grenzen objektiv darstellbar und überprüfbar. Die erforderlichen feststellungen werden in den einschlägigen verfahren, den prüfungen, vorgenommen(*1). Gemäss der theorie sollen diese verfahren "objektiv" sein, in der praxis aber ist geläufig, dass "verfahrensfremde faktoren", vulgo: phänomene der macht, das ergebnis beeinflussen, nicht selten sogar sind diese phänomene der bestimmende faktor(*2). Das, was diese verfahren auszeichnet, das ist zumindest der versuch, kriterien zu formulieren, die eine rationale kritik der ergebnisse zulassen - das kann schon sehr viel sein(*3).
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(*1)
die details dieser verfahren müssen hier nicht weiter verfolgt werden.
(*2)
die details sind gegenstand einer phänomenologie, die scheinbar uferlos ist. Es mag unterhaltsam sein, skandalfälle zu zitieren, aber an dem faktum der macht wird diese kritik, orientiert an der zukunft, nicht viel ändern - andere, die es interessiert, werden es beim nächsten mal raffinierter anstellen.
(*3)
die möglichkeit, das verfahren der zuordnung von kompetenz einer rationalen überprüfung zu unterwerfen, sollte nicht geringgeschätzt werden; denn auch das beste prüfungsverfahren ist von den phänomenen der macht umstellt, die nur durch die praxis in ihren schranken gehalten werden.     (i/02)<==//
(03)
das prinzip der gewaltenteilung ist eng mit dem namen: Montesquieu,(*1) verknüpft. Das, was Charles de Montesquieu 1648 beschrieben hatte, das ist in seiner struktur in den theorien über den politischen prozess immer präsent gewesen(*2), aber das, was Montesquieu in seinen reflexionen als die idee der gewaltenteilung heraushebt(*3), das ist die beobachtung, dass das abstrakte schema der gewaltenteilung in der trias: "legislative, exekutive und judisdiktion", mit dem gedanken erweitert werden muss, dass die personen, die diese institutionen verkörpern, gemäss der drei aspekte des politischen prozesses jeweils andere sein müssen; denn die befugnis zu entscheiden, kann nur dem individuum als ich und/oder seinem genossen zustehen und diese befugnis zur entscheidung in der sache, gültig in einem bereich des politichen prozesses, muss in der person des anderen von den befugnissen getrennt sein, die dem individuum als ich: A, erlauben würden, auch in den jeweils ausgeschlossenen bereichen mitzuentscheiden. Es muss gewährleistet sein, auch in der praxis, dass das individuum als ich: A, wenn es die befugnis hat, in der funktion der legislative zu entscheiden, ohne ausnahme von der befugnis ausgeschlossen sein muss, in den funktionen: exekutive und jurisdiktion, zu entscheiden. In der trennung der personen(*4), die über die befugnis zur entscheidung in einem bereich des politischen prozesses verfügen, eingeschlossen ihre verfügbare macht mit den erforderlichen mitteln, ist einerseits eine klare zuordnung der herrschaftsfunktion möglich, andererseits ist aber zugleich die begrenzung der macht auch real; denn macht wird durch gegenmacht begrenzt, oder wie es in den einschlägigen theorien heisst: gehemmt(*5). Das schema der gewaltenteilung ist nicht das problem, das problem ist seine umsetzung in der praxis, weil das individuum als ich: A, in der funktion des amtswalters zugleich auch bürger seines staates ist, ausgerüstet mit einem bestimmten quantum an macht, das es immer dann einsetzen wird, wenn es als "experte" auch in den anderen bereichen des politischen prozesses urteilen kann und urteilen will, gleichwohl es keine befugnis zu diesen entscheidungen hat, aber einfluss nehmen kann auf den, der in der sache befugt ist, das heisst seine verfügbaren machtmittel auch einsetzt(*6). Die lehren von der gewaltenteilung zeichnen zwar eine rational bestimmte blaupause der kontrolle von herrschaft(*7), nicht aber das schema der einhegung realer macht(*8).
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(*1)
Montesquieu,Charles_Louis de Secondat: De l'Esprit des Lois, 1648. /bibliographie //==>2.94.28.        (i/03/*1)<==//
(*2)
das problem der teilung der gewalten, macht und/oder herrschaft, wurde in den diskursen über den politischen prozess immer kontrovers geführt und zwar entlang der trennlinie: hier die herrschaft - da die macht. Das problem ist nicht auf die staatsform der demokratie beschränkt, virulent ist das problem auch in den staatsformen: königtum(+1) und aristokratie(+2),(+3). Die differenz zwischen herrschaft und macht sollte nicht geschliffen werden. Die befugnisse, sachfragen zu enscheiden, können auf verschiedene personen aufgeteilt werden, die macht aber nicht. Das individuum als ich und sein genosse, jeder für sich, verfügen über macht, die in ihrem gewicht auf alle, die es betrifft, verschieden verteilt sein kann, eine verteilung von macht zwar, die als faktum, so oder so, konstatiert werde muss, eine verteilung aber, die das immanente gegengewicht zu jeder faktischen macht ist, im maass ihrer verteilung. Herrschaft benötigt dagegen immer das gegengewicht in der person des anderen, der den herrschaftsanspruch des anderen anerkennt, die anerkennung also, die der jeweils andere als der_andere autonom leisten muss, ohne dass ihm diese leistung abgezwungen werden kann.
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(+1)
der könig vereint in seiner person die funktionen: gesetzgeber, verwalter und richter. Die vereinigung der befugnisse in einer person macht plausibel, dass die güte des herrschenden königs das problem der herrschaftskontrolle sein muss, aber immer wieder wurde schmerzhaft erfahren, dass es um die güte des herrschers nur in den sternstunden der geschichte gut bestellt gewesen war(§1).
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(§1)
klarstellung. In der theorie des absolutismus (Jean Bodin u.a.) ist das problem ein anderes. Hier geht es um die legitimität des anspruchs des königs auf herrschaft, die eine person als könig geltend macht, ein anspruch aber, der von seinen untertanen anerkannt sein muss, denen die autonomie als ich nicht abgesprochen werden kann. Von der macht ist prima vista nicht die rede, gleichwohl die verfügbare macht aller, die es betrifft, secunda vista der begrenzende horizont ist.       (i/03/*2/+1)<==//
(+2)
die vertreter der eliten(§1) wissen als mitglieder der gruppe, dass ihre funktionen im staat strikt definiert sind. Aber das, was gruppenintern als form der herrschaftsteilung erscheinen mag, das ist nur das resultat der faktischen verteilung der macht unter den mitgliedern der jeweiligen gruppe. Mithin entfällt im binnenblick das problem der gewaltenteilung, weil die gruppe als ein ganzes die funktionen: "legislative, exekutive und jurisdiktion" verkörpert, und im aussenblick spielt die gewaltenteilung keine rolle, weil die machtfrage in der ständischen ordnung der gesellschaft entschieden ist und mit den verfügbaren machtmitteln behauptet wird.
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(§1)
in der moderne spricht man von den eliten, in alter zeit war es der adel gewesen - die probleme sind die gleichen, nur die formen sind andere.     (i/03/*2/+2)<==//
(+3)   //==>anmerkung: (i/01/*3))   //        (i/03/*2/+3)<==//        (i/03/*2)<==//
(*3)   //==>anmerkung: (i/05)     (i/03/*3)<==//
(*4)
in der sprache der juristen: die inkompatibilität bestimmter ämter.     (i/03/*4)<==//
(*5)
der entscheidende terminus in der Montesquieu'schen lehre von der teilung der gewalten ist das wort: arrêter(=hemmen). Montesquieu sagt: "le pouvoir arrête le pouvoir"(+1), die macht hemmt die macht. Es geht also nur um die reale macht, das soll heissen, die faktisch verfügbaren machtmittel, mit denen gegenstehende machtmittel faktisch neutralisiert werden können. Alles andere ist graue theorie ... .
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(+1)
Montesquieu,Charles_Louis de Secondat: De l'Esprit des Lois, XI/4. p.586. /bibliographie //==>2.94.28.
Zusatz. Das zitat im kontext: "Pour qu'on ne puisse abuser du pouvoir, il faut que, par la disposition des choses, le pouvoir arrête le pouvoir. Une constitution peut être telle que personne ne sera contraint de faire les choses auxquelles la loi ne l'oblige pas, et à ne poit faire celles que la loi lui permet".
Der passus in der übersetzung von v.d.Heydte: "Damit die Macht nicht mißbraucht werden kann, muß durch entsprechende Ordnung der Dinge Macht durch Macht zurückgehalten werden. Eine Verfassung kann so beschaffen sein, daß niemand gezwungen wird, etwas zu tun, wozu das Gesetz ihn nicht verpflichtet, und etwas nicht zu tun, was das Gesetz ihm erlaubt"(§1).
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(§1)   ders. Vom Geist der Gesetze. p.129./bibliographie //==>2.94.28.     (i/03/*5)<==//
(*6)   //==>anmerkung: (i/04)       (i/03/*6)<==//
(*7)
in dieser perspektive sind Luhmann's reflexionen zur systemtheorie hilfreich, der das problem der kontrolle von herrschaft als eine form der legitimität durch verfahren ansieht(+1).
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(+1)   argument: //==>2.32.13/(k).     (i/03/*7)<==//
(*8)
meine einschätzung des problems: macht, mindert in keinem punkt den wert der idee der teilung der gewalten(+1); denn nicht die glasklare konstruktion der theorie ist das problem, das problem in der sozialen wirklichkeit ist die prakische umsetzung der theorie. Aber die klare unterscheidung in der theorie kann dann schon hilfreich sein, wenn die möglichen probleme sortiert werden und das sortierte, zureichend oder nicht, beurteilt wird.
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(+1)
ein grund für die skeptische bewertung der doktrin von der teilung der gewalten ist, dass die doktrin mit einem unklaren terminus gekennzeichnet ist. Der terminus: gewalten, ist in den möglichen bedeutungen des terminus vage fixiert. Im kontext der einschlägigen theorien verweist der terminus sowohl auf die phänomene der herrschaft als auch auf die phänomene der macht, die phänomene der gewalt sollten ausgeschlossen sein, sie aber sind der drohende horizont.       (i/03/*8)<==//        (i/03)<==//
(04)
partes pro toto verweise Ich auf die regierungssysteme der Vereinigten Staaten von Amerika und der Bundesrepublik Deutschland. Das prinzip der gewaltenteilung ist, nicht revidierbar, in den verfassungen verankert. Das, was in den verfassungen klar beschrieben ist, das ist in der praxis nur unzureichend realisiert. Ich beschränke mich auf zwei punkte(*1). In den USA ist im handeln der befugten personen die trennung der gewalten eindeutiger festgelegt als in der BRD. Wer mitglied des Repräsentantenhauses ist, der kann weder eine funktion in der exekutive (Präsident und minister) wahrnehmen, noch im Senat oder im Obersten Gericht. Das prinzip der trennung wird in den befugnissen der person auch so gehandhabt. Der amerikanische Präsident muss für seine entscheidungen den Senat und das Repräsentenhaus um zustimmung bitten und sich dem urteil der obersten richter beugen, allein mit der kunst der überredung(*2) kann er die anderen befugnisträger beeinflussen. Das, was auf der bühne des spektakels als strikte trennung der gewalten inszeniert wird, das ist in den kulissen, wo die akteure sich wieder begegnen, eine grauzone der wirtschaftsprozesse, in der alle akteure sich den zumutungen der macht beugen müssen. In der BRD kann der bürger: A, gewählter abgeordneter sein und zugleich auch ein regierungsamt innehaben - eindeutiger kann der verstooss gegen die regel: trennung der befugnisse in der person, nicht formuliert sein(*3). Dennoch gibt es keinen streit darüber, dass in der BRD die idee der gewaltenteilung ad absurdum geführt sein könnte; denn der mechanismus der kontrolle funktioniert in anderer weise, nämlich über die organisation der politischen willensbildung in den parteien, der dafür sorgt(*4), dass das gleichgewicht der interessen, das sind aspekte der macht, gewahrt bleibt. In der gegenüberstellung der beiden systeme ist das pro und kontra kontrovers diskutierbar, solange diese diskurse in der öffentlichkeit geführt werden, weil das verfahrensprinzip: checks and balance, in diesen diskursen realisiert werden kann, in der sache aber, das wäre eine böse illusion, gibt es kein patentrezept(*5).
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(*1)
die darstellung der details bleiben den staatsrechtlern, den politologen und/oder den juristen überlassen.     (i/04/*1)<==//
(*2)
die fähigkeit, andere zu einem bestimmten verhalten zu überreden, ist ein teil der macht, über die der politiker verfügen kann, aber diese fähigkeit hat exakt da seine grenze, an der der zu überredende seine fähigkeit aktiviert, den sirenenklängen zu widerstehen - gewalt scheidet aus.     (i/04/*2)<==//
(*3)
im blick auf die judikative ist die trennung (noch) eindeutig gewahrt, aber die idee der trennung kann faktisch unterlaufen werden, wenn gewählte mandatsträger unmittelbar aus der legislative und/oder exekutive in die judikative und zurück wechseln(+1).
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(+1)
als beispiel zitiere Ich die biographie des Bundespräsidenten a.D. Dr.Roman Herzog, der mehrmals "die fronten" gewechselt hatte(§1).
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(§1)
klarstellung. Ich verweise auf die fakten, davon ist die wertung strikt abzugrenzen und das politische handeln von Roman Herzog gibt keinen anlass, daran zu zweifeln, dass er die übernommenen ämter nicht korrekt im sinn der zugewiesenen befugnisse verwaltet und gestaltet hatte.     (i/04/*3)<==//
(*4)
so steht's in der theorie, die praxis kann aber mit guten gründen in frage gestellt werden; denn die grossen in den parteien handeln als machthabende nicht anders als die mächtigen in den anderen bereichen der gesellschaft auch ... .       (i/04/*4)<==//
(*5)   argument: //==>2.52.10      (i/04/*5)<==//           (i/04)<==//    .
(05)   argument: //==>2.24.90.     (i/05)<==//
(06)   argument: //==>2.53.09.     (i/06)<==//            (i)<==//
(j)
es ist ein aussichtsloses unterfangen, eindeutig die phänomene der macht von den phänomenen der herrschaft zu unterscheiden. Die begriffe: macht und herrschaft, sind als instrumente der unterscheidung zwar eindeutig definiert, aber ihre wirkungsweise im objekt wird immer streitig fallen. Es mag eine hilfe sein, en detail die schwierigkeiten der unterscheidungen zu beschreiben, aber es ist eine vergebliche hoffnung, dass die durchsetzung dieser unterscheidungen auf dauer gelingt - möglich und wirklich sind nur momentaufnahmen einer konkreten entscheidung, die schon mit der folgenden entscheidung obsolet geworden sein kann(01).
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(01)
es kann im bestimmten interesse sinnvoll sein, klassifikationen der einschlägigen phänomene zu konstruieren, aber ihre wirkung wird nicht über den verfolgten zweck hinauskommen(*1).
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(*1)   argument: //==>2.53.01.         (j)<==//
(st/2.52.07/(h/01/*4))<==//
2.52.14
der herrschaft ledig sein - der seufzer des grossen sehnens, aber merkwürdig, von der macht wird nicht gesprochen. Das ist eine differenz, deren grund in der relation verortet wird, die die existenz des individuum als ich und seines genossen fixiert. Als soziale beziehung hat die relation: individuum_als_ich:_A<==>genosse:_B, entweder die form einer macht- oder einer herrschaftsbeziehung - tertium non datur(a). Beide wollen, jeder für sich, dass das, was sie als form der macht schmerzhaft miteinander verbindet, in eine form der herrschaft transformiert werde, der existenzform, in der beide, zum vorteil beider, sich als ich realisieren können. Sie wissen, dass sie, jeder für sich, der macht des jeweils anderen ausgeliefert sind, gleichgültig in welcher form, und sie wissen, dass nur das eigene potential der macht schutz vor den zumutungen des jeweils anderen bieten kann, die formen der herrschaft aber sind gestaltbar, weil das individuum als ich und sein genosse, jeder für sich, seinen legitimen anspruch auf herrschaft ohne die anerkennung des jeweils anderen nicht begründen kann. Die utopie einer gesellschaft, frei von herrschaft, ist zumindest in der weise denkbar, dass dem prinzip der anerkennung des anderen als der_andere lückenlose geltung zukommt - der wunsch, der in raum und zeit nicht realisierbar ist(b), eine utopie also, die scheitern muss, weil die erfüllung der utopie in dauer notwendig ausständig gedacht ist. Ohne die ausständigkeit des vorgestellten in raum und zeit ist die utopie als projektion in die zukunft und factum der vergangenheit nicht denkbar, aber dieser ausschluss, die utopie in jedem moment der gelebten gegenwart als real zu fixieren, ist als argument nicht gegen die utopie instrumentalisierbar, weil in jeder projektion in die zukunft genau das gefasst ist, was sein soll, wenn die krude gegenwart und die gelebten schrecken der vergangenheit ertragbar sein sollen. In der utopie der herrschaftsfreien gesellschaft wird präzis das vorgedacht, was im moment der gelebten gegenwart real sein soll, das gedachte ist aber, im moment der gelebten gegenwart real geworden, nicht mehr die projektion in die zukunft, die allein als factum der vergangenheit erinnert werden kann. D'accord, in ihren projektionen in die zukunft können das individuum als ich und sein genosse die bedingungen realer herrschaft imaginieren, die ihnen das optimum an freiheit gewähren sollen, der bürgerlichen freiheiten nämlich, die im blick auf den jeweils anderen begrenzt sein müssen(c).
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(a)
die unterscheidung: begriff/phänomen ist strikt zu beachten. Die begriffe: macht und herrschaft, sind zueinander ein widerspruch, aber als phänomene können sie nur gegensätze sein, eingeschlossen die phänomene der macht und herrschaft, die dem prinzip: tertium e multum datur, unterliegen. Folglich ist die soziale beziehung zwischen A und B als phänomen in raum und zeit nicht eindeutig und abschliessend darstellbar, entschieden nach der einen oder der anderen seite; es bleibt ein rest an zweideutigkeiten, in dem die utopie, das schöne gemälde, verschwunden ist, ein factum der vergangenheit nämlich, das, als spur zurückgelassen, erinnert wird und die verletzungen der zeit desillusionierend offenlegt.     (a)<==//
(b)
den zustand der restlosen erfüllung kann das individuum als ich in seinem forum internum imaginieren, aber es wird den zustand der erfüllung auf dem forum publicum nicht in dauer halten, weil es in jedem moment seiner gelebten gegenwart diesen zustand, erinnert als factum der vergangenheit und präsent in einer projektion in die zukunft, neu bestätigen muss. Der einwand, dass das factum der vergangenheit in einem dokument der historia auf dauer gestellt worden sei, ist untauglich, das ist offenkundig, wenn der blick auf die historia aller utopischen weltentwürfe gerichtet wird, deren realisation immer noch ausständig ist.   (b)<==//
(c)
es kann erwogen werden, das system der bürgerlichen freiheiten als die form der herrschaft zu interpretieren, das dem ideal der herrschaftsfreien gesellschaft asymptotisch angenähert werden kann(01). Die politischen und die ökonomischen freiheiten, die das bürgertum in der geschichte eingefordert hatte, waren früher, als bürgerliche freiheiten ausständig, eine utopie gewesen - damals, diese zeiten liegen noch nicht weit zurück, und heute sind diese träume von freiheit, so scheint es, zumindest partiell realisiert. In raum und zeit aber, darauf hatte Hegel mahnend bestanden(02), erscheint die absolute freiheit als der totale schrecken. Dieser schrecken ist ausständig, wenn das individuum als ich und sein genosse in einem utopischen entwurf sich wechselseitig in ihren freiheiten zum vorteil beider begrenzen.
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(01)
argument: //==>2.52.11.
(02)
Hegel,G.W.F.: Die Phänomenologie des Geistes. Abschnitt: Die absolute Freiheit und der Schrecken. Bd.3, p.431-441. /bibliographie //==>2.93.81.
(c)<==//
(st/2.52.01/(j))<==//
2.52.15
es ist tradition, die herrschaft mit der kultur(a) und dienatur(b) mit der macht gleichzusetzen, aber das, was prima vista plausibel ist, das ist secunda vista falsch. Zu unterscheiden sind einerseits die relationsbegriffe: natur/kultur, andererseits die relationsbegriffe: herrschaft/macht, begriffe, die nicht al gusto miteinander kombiniert werden können, weil die relationsbegriffe: herrschaft und macht, im begriff: natur, keine konstitutiven merkmale sein können, und die einschlägigen ereignisse in der natur sind als phänomene immer durch die kultur vermittelte dinge der welt. Die relationsbegriffe: macht und herrschaft, können nur in der perspektive des begriffs: kultur, reflektiert werden und in dieser perspektive haben die begriffe unterscheidbare funktionen, die zu phänomenen führen, die in ihrer gegensätzlichkeit sich ausschliessen. Der begriff: herrschaft, ist, vermittelt durch den begriff: kultur, positiv mit dem begriff: das_humanum, konnotiert, der begriff: macht, wird, wenn er durch den begriff: natur, vermittelt werden soll, negativ mit dem begriff: gewalt, verknüpft(c). Das resultat können plausible argumentationsketten sein(d), die partiell gültig sind, niemals aber das ganze umfassen können(e).
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(a)      argument: //==>2.62.10.       (a)<==//
(b)      argument: //==>2.22.32.         (b)<==//
(c)
die konstruktion der argumentation ist asymmetrisch, weil auf zwei argumentebenen operiert werden muss. Die begriffe entziehen sich dem vergleich, weil sie zueinander nur als widerspruch denkbar sind, die phänomene aber können ad libitum miteinander kombiniert werden. Das ergebnis sind verknüpfungen, die logisch nicht immer konsistent sind.        (c)<==//
(d)
die argumentketten schematisch dagestellt:
graphik: 215

(d)<==//

(e)
das, was das individuum als ich mit dem begriff: das_humanum, träumt(01), das kann es nur in den formen der herrschaft realisieren; herrschaft aber schliesst jede form von feindschaft als subtile verkappung von gewalt aus. Es bleibt also die macht, die nicht durch formen der herrschaft begrenzt wird, die macht also, die, weil die vermittlung durch die natur nicht aufgebrochen werden kann, als phänomen der gewalt präsent ist und als phänomen des humanum ausgeschlossen sein muss.
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(01)   argument: //==>2.22.23.         (e)<==//
(st/2.62.01/(b))<==//
2.52.16
als phänomen erscheint der begriff: macht, immer in seiner totalen geltung(a), der machthabende kann diese totale geltung aber dann nicht realisieren, wenn er von einem mächtigeren machthaber in die schranken gewiesen wird. Es ist eine merkwürdige situation, dass der machthabende nur dann seine macht zeigen kann, wenn er seine macht an dem schwächeren, über diesen als den anderen verfügend, öffentlich wahrnehmbar präsent macht. Der mächtigere machthaber muss also, wenn er als der machthabende gelten will, mit einem schwächeren machthaber kalkulieren, weil nur der schwächere, der sich unterwirft, dem stärkeren zeigen kann, dass dieser auch der stärkere ist. Es ist der schwächere, der als der_andere autonom entscheidet, ob er den stärkeren als der_andere anerkennt. Ein anderes problem ist mit der frage gesetzt, ob der stärkere von dem schwächeren akzeptiert wird; denn der stärkere wird von dem schwächeren nicht akzeptiert, weil der schwächere sich autonom für die unterwerfung entschieden hat, sondern weil ihn als den schwächeren bürgerliche gründe bestimmen, das jeweils kleinere übel zu wählen(b).
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(a)
für den begriff: herrschaft, kann es als phänomen keine totale geltung geben, weil die phänomene der herrschaft nur dann möglich sind, wenn in der relation das gesetzt ist, was der eine vom jeweils anderen erwarten kann und wenn das, was von allen, die es betrifft, auch geleistet wird. Die geforderten leistungen können zwar verfehlt werden, vor allem dann, wenn in den vorstellungen bestimmter protagonisten allmachtsphantasien geträumt werden, die eine totale geltung faktischer herrschaft suggerieren, aber die faktische herrschaft ist immer in den grenzen des bestehenden konsenses limitiert.
(b)
die phänomenologie der gründe ist weitläufig und kann unter dem terminus: interesse, zusammengefasst werden.
-------
fortsetzung:
subtext: 2.53.01 bis 2.53.10

<==// (anfang/bibliograpische angaben)

stand: 16.04.01.

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