fortsetzung
Subtext/argumente: 2.52.06 bis 2.52.11

2.52.06

Max Weber definiert die begriffe: macht und herrschaft, in der perspektive des soziologen(a). Das, was diese definitionen aus der menge der anderen definitionen heraushebt(b), das ist ihre struktur, die in der perspektive des soziologen klassenbegriffe sind(c), in der perspektive des relationalen arguments aber als relationsbegriffe instrumentalisiert werden können. Max Weber hat die definitionen seiner begriffe so konstruiert, dass die begriffe: macht und herrschaft, sich nur in einem merkmal unterscheiden. Das merkmal ist der gehorsam, den in einer sozialen beziehung mit dem genossen nur das individuum als ich leisten kann.

Max Weber's definition der macht lautet:

"Macht bedeutet jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht"(d).
Max Weber's definition der herrschaft lautet:
"Herrschaft soll heißen die Chance, für einen Befehl bestimmten Inhalts bei angebbaren Personen Gehorsam zu finden"(d).
In einer gegenüberstellung wird die gleichheit und die differenz in der struktur dieser definitionen erkennbar:
graphik: 209a

Die formeln der definitionen bedürfen einiger ergänzender erläuterungen.
1.
die termini: jede chance und die chance, verweisen auf die soziale beziehung zwischen dem individuum als ich: A, und seinem genossen: B. Es liegt also eine identität vor, die aber in bezug auf die macht allgemein formuliert ist, in bezug auf die herrschaft immer eine bestimmte beziehung sein muss(e).
2.
der eigene wille und der befehl bestimmten inhalts sind zueinander immer etwas anderes, aber sie können eine gemeinsame schnittmenge haben, dann, wenn der eigene wille, das heisst jedes denkbare interesse, mit einem definierten interesse in einer bestimmten form übereinstimmt, die ihren grund in einem geregelten verfahren hat(f).
3.
das widerstreben ist der ausdruck des dissenses. Der gegenwille kann durch den stärkeren willen gebrochen werden(g).
4.
die formel: angebbaren personen, ist der ausdruck des konsenses; denn der befehl, wenn er ausgeführt werden soll, setzt immer das einverständnis des ausführenden voraus. Der beamte folgt dem befehl, weil er den befehl sich zu eigen gemacht hat, auch dann, wenn der inhalt des befehls ihm "völlig gegen den strich gehen sollte"(h).
5.
die macht als faktum ist, irrelevant sind die gründe, warum die macht ist. Es mag als unbefriedigend bewertet werden, wenn der machthabende sich weigert, seine grund für den machtanspruch zu erklären, dazu ist er im prinzip nicht fähig(i).
6.
den gehorsam leisten(j) kann nur das individuum als ich, das sich der herrschaft des genossen unterstellt hat(k). Das individuum als ich fordert den gehorsam zwar ein und findet diesen bei dem genosse, aber den gehorsam leisten kann nur der genosse, der sich, autonom entscheidend, sich selbst an die unterordnung gebunden hat. Die selbstbindung des genossen ist von dem individuum als ich weder mit macht erzwingbar, noch mit einer herrschaftsanordnung statuierbar(l).
Die erläuterungen in einem schema zusammengefasst:
graphik: 209b

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(a)
die perspektive des soziologen ist eine möglichkeit, die phänomene der macht, respektive der herrschaft in den blick zu nehmen. Davon unterscheiden sich die perspektiven des juristen ebenso wie die des theologen oder philosophen. Die differenzen können erheblich sein, sie betreffen aber nicht die relationsbegriffe in ihrer struktur, wohl aber in ihrer verwendbarkeit als klassenbegriffe für bestimmte interessen. Dieser aspekt kann hier beiseite gelegt werden.      (a)<==//
(b)     argument: //==>2.52.05.     (b)<==//
(c)     argument: //==>2.51.07/(b).     (c)<==//
(d)
Weber,Max: Wirtschaft und Gesellschaft. p.28./bibliographie //==>2.93.82.
Zusatz.
Die formeln stehen am anfang des §16 der soziologischen kategorienlehre und folgen unmittelbar aufeinander. Die nachfolgende definition der disziplin(01) ist eine präzisierung der herrschaftsdefinition(02), desgleichen die erläuterungen zu den begriffen: macht und herrschaft, aus der perspektive des soziologen.
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(01)
die definition lautet: "; Disziplin soll heißen die Chance, kraft eingeübter Einstellung für einen Befehl prompten, automatischen und schematischen Gehorsam bei einer angebbaren Vielheit von Menschen zu finden"(+1).
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(*1) a.a.O., p.28.
(02)
die formen der disziplin in ihrer weitläufigen kasuistik wird nicht weiter verfolgt, zu verweisen ist aber auf eine spezielle form der disziplin, die unter dem terminus: kadavergehorsam, gebräuchlich ist(*1).
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(*1) argument: //==>2.52.07/(d/03/*2).      (d)<==//
(e)
die macht ist als faktum nicht an einen bestimmten ort und/oder an einen bestimmten zeitpunkt fixiert, sie ist einfach da. Herrschaft bedarf dagegen immer einer präzisierung, weil sie nur in den bestimmten formen legitimierter handlungen möglich ist. Wenn von herrschaft gesprochen wird, dann ist es immer die rede von einer bestimmten form der herrschaft, pars pro toto die anweisung des beamten gegenüber dem bürger.      (e)<==//
(f)
ob das interesse des individuums als ich: A, und das interesse des genossen: B, im bestimmten fall ganz oder in teilen übereinstimmen, das ist eine frage der pragmatik. Der befehl des individuums als ich, eine konkrete form seines interesses, muss mit dem interesse des genossen nicht zusammenfallen, es kann diesem auch konträr sein, aber alle, die es betrifft, müssen das interesse des jeweils anderen zum eigenen interesse umformen(01).
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(01) nur anders formuliert in der redeweise: dein wunsch sei mir befehl.      (f)<==//
(g)
entscheidend ist, dass ein dissens in den interessen vorliegt, welches interesse sich aber als das stärkere/schwächere herausstellt, das ist im bestimmen machtverhältniss entschieden, in dem der stärkere den schwächeren dominiert.      (g)<==//
(h)
wenn der befehlsempfänger den befehl des befehlsgeber wissend nicht ausführt, dann liegt eine befehlsverweigerung vor, die in der sache unterschiedlich beurteilt sein kann. Einmal kann die befehlsverweigerung ein fall der machtbeziehung sein, nämlich dann, wenn ausgetestet wird, wem in einer bestimmten sozialen beziehung das sagen zukommen soll. In dieser konstellation kann gemäss der logik der herrschaftsdefinition die weisung des einen an den anderen kein befehl sein, weil es ein fall der macht ist. Dann kann die befehlsverweigerung ihren grund in der rechtsordnung haben, der den befehl als rechtswidrig ausweist, weil die rechtmässigkeit des befehls in der legalität fundiert ist, die durch die herrschaftsordnung ausgewiesen ist.     (h)<==//
(i)
die macht als faktum ist ohne angebbaren grund. Es ist eine andere perspektive, wenn argumente formuliert werden, mit denen begründet werden soll, zutreffend oder nicht, warum der eine über den anderen macht ausübt oder ausüben kann. Das sind nachgeschobene gründe, über die zu diskutieren ist, die aber nicht als rechtfertigung der macht in anspruch genommen werden können. Die antwort auf die frage, warum die phänomene der macht einer plausiblen klassifikation entzogen seien, ist in der grundlosigkeit der faktischen macht verortet, eine ortszuweisung, die die beobachtung als plausibel erscheinen lässt, dass der mächtige mafiaboss für seine mama nur ein pantoffelheld ist.      (i)<==//
(j)      argument: //==>2.52.07.     (j)<==//
(k)
das prinzip der herrschaft ist die über-/unterordnung des individuums als ich: A, und seines genossen: B, in einer sozialen beziehung. In der tradition wird das problem unter dem terminus: herr/knecht-dialektik diskutiert. Andernorts ist dazu weiteres auszuführen(01).
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(01) argument: //==>2.52.09.      (k)<==//
(l)
die macht ist nicht_fähig, das soll heissen: der machthaber, ist unfähig, die selbstbindung des individuums als ich zu erzwingen, weil die macht und die autonomie als begriffe widersprüche sind, als phänomene aber nur gegensätze sein können, die sich ausschliessen(01). Es ist möglich, mit den regeln der herrschaft die formen der selbstbindung aller, die es betrifft, zu statuieren(02), die entscheidung aus autonomie können aber nur das individuum als ich oder sein genosse fällen, jeder für sich in seinem forum internum.
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(01)
die gegensätze erscheinen zwar in den formen eines logischen widerspruchs, aber es sind keine widersprüche im sinn des logischen axioms.
(02)
die formen der selbstbindung werden gewöhnlich unter dem stichwort: vertrag, erörtert. Jeder vertrag ist eine form der selbstbindung aller, die es betrifft.     (l)<==//
(text/1.3.13a)<==//


2.52.07

zum gehorsam kann das individuum als ich nicht gezwungen werden. Weder kann dem individuum als ich seine selbstbindung mit macht abgenötigt werden, noch wird die selbstbindung des individuums als ich mit einer herrschaftsanordnung eingefordert; denn autonom bindet sich selbst das individuum als ich, gehorsam gegen sich(a).

Im gesellschaftlichen verkehr ist es zwar üblich, dass das individuum als ich beim genossen den gehorsam einfordert, aber leisten kann den gehorsam nur der genosse als der_andere(b). Die bedingung des geleisteten gehorsams ist die vereinbarung(c), die der genosse: B, mit dem individuum als ich: A, ausgehandelt hat, mit der beide, wechselseitig sich bindend, festgelegt haben, wer in der sozialen beziehung die funktion der unterordnung, respektive der überordnung(d) für den anliegenden fall(e) in raum und zeit(f) übernehmen soll(g). Mit der wechselseitigen festlegung dieses abhängigkeitsverhältnisses ist bestimmt, wem die befehlsgewalt zukommt und wer die gefolgschaft zu leisten hat. Sowohl der befehlsgeber als auch der ausführende des befehls erbringen, jeder für sich, die handlung: gehorsam, die nur auf den handelnden zurückwirken kann, der sich autonom entschieden hat, die ausgehandelte rollenverteilung der über-/unterordnung im bestimmten fall zu übernehmen(h). Diese entscheidung wiederholt das individuum als ich in jedem moment seiner gelebten gegenwart mit absoluter selbstbindung(i); es ist die entscheidung, mit der es sicherstellt, dass der genosse seinerseits die entscheidung des anderen in sein kalkül einstellen kann. In den formen der herrschaft ist sichergestellt, dass die geltende verteilung der unter-/überordnung rational überprüfbar ist. Ein anderes ist es, ob die formen der herrschaft, real in raum und zeit, die erwartungen befriedigen können, die das individuum als ich und sein genosse, jeder für sich, mit einer bestimmten form der herrschaft verbinden(j).
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(a)

Ich definiere den begriff: gehorsam, abweichend von den begriffen der tradition(01). Das, was in der tradition unter dem terminus: gehorsam, zusammengetragen worden ist, fixiert in den dokumenten der historia, das ist mit meiner feststellung nicht als erledigt beiseite zu legen, vielmehr ist es in kritischer distanz aufzugreifen, um die differenz deutlich zu machen, dass das problem der herrschaftsordnungen der gehorsam der bürger gegen sich selbst ist. Eine ordnung, definiert durch herrschaft, kann nur dann für alle, die es betrifft, funktionieren, wenn jeder für sich, gehorsam gegen sich, die verabredete ordnung realisiert. Der machthaber rechnet nicht mit dem gehorsam der machtabhängigen, wohl aber muss er deren prospektiven widerstand in sein kalkül einstellen(02).
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(01)
Ich verweise auf das stichwort: gehorsam, im Historischen Wörterbuch der Philosophie(*1) und die definition von Max Weber(*2). Ergänzend ist eine bemerkung Hegel's in seinen Vorlesungen zur Geschichte der Philosophie einzubeziehen(*3), die als eine erweiterung des begriffs: gehorsam, gedeutet werden könnte(*4). Im kontext ist aber erkennbar, dass Hegel mit seinem argument im horizont seiner ontologie verbleibt(*5).
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(*1)
Historisches Wörterbuch der Philosophie. Stichwort: gehorsam. Bd.3, sp.146-154./bibliographie //==>2.93.72.        (*1)<==//
(*2)
im 3.kapitel: die typen der herrschaft,(soziologische kategorienlehre) sagt Max Weber: "4. 'Gehorsam' soll bedeuten: daß das Handeln des Gehorchenden im wesentlichen so abläuft, als ob er den Inhalt des Befehls um dessen selbst willen zur Maxime seines Verhaltens gemacht habe, und zwar lediglich um des formalen Gehorsamsverhältnisses halber, ohne Rücksicht auf die eigene Ansicht über den Wert oder Unwert des Befehls als solchen"(+1). Mit seiner definition verbleibt Max Weber im umkreis der traditionalen definitionen und es ist nicht klar erkennbar, was in seiner perspektive das kriterium sein soll, das die differenz zwischen macht und herrschaft fixiert, weil er den grund, bestimmend für das individuum als ich, gehorsam zu leisten oder zu verweigern, nicht in der autonomie des individuums als ich verortet und die gründe im umfeld der sozialen phänomene belässt, die mit seinen begriffen von macht und herrschaft unterschieden werden. Diese unterscheidungen können in der perspektive des soziologen plausibel sein, dem philosophen aber ist diese perspektive nicht zugänglich.
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(+1)
Weber,Max: Wirtschaft und Gesellschaft. p.123./bibliographie //==>2.93.82.       (*2)<==//
(*3)
der verfasser des stichworts: gehorsam, im Historischen Wörterbuch der Philosophie zitiert in teilen(+1) das argument Hegel's(+2).
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(+1)    //==>anmerkung: (a/01/*4).
(+2)
Historisches Wörterbuch der Philosophie. Stichwort: gehorsam. Bd.3, sp.152./bibliographie //==>2.93.72.        (*3)<==//
(*4)
im kontext zitiert. Hegel sagt: "Denn das Gesetz ist die Objektivität des Geistes und der Wille in seiner Wahrheit; und nur der Wille, der dem Gesetz gehorcht, ist frei, denn er gehorcht sich selbst und ist bei sich selbst und frei"(+1). Hegel spricht vom "willen", der im staat seine vollendung finden soll, der gehorsam aber, der geleistet wird, ist im willen des individuums als ich und seines genossen gegründet - das missverständnis ist zwingend, das im terminus: wille, vermittelt ist, der eine gleichheit suggeriert, die in der sache nicht vorhanden ist.
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(+1)
Hegel,G.W.F.: Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte. Bd.12, p.57./bibliographie //==>2.93.81.       (*4)<==//
(*5)
das problem ist der begriff: freiheit, der in der ontologie Hegel's ein moment des geschichtsprozesses ist. Allein im prozess der geschichte, so Hegel, könne die freiheit, vollendet als absoluter geist, erscheinen, eine vollendung aber, die das individuum als ich nicht auf dem weg des prozesses in raum und zeit erlangen kann, weil es, in der perspektive des wegs, im moment des endes spurenlos im tod verschwunden sein wird(+1).
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(+1)
Richter,Ulrich: Der terminus: freiheit, und die möglichen freiheitsbegriffe im denken Kant's, Hegel's und des rezipierenden individuums als ich. 024:rezeption. /bibliographie //==>2.93.76       (*5)<==//            (a/01)<==//
(02)
im moment der gelebten gegenwart ist nicht immer eindeutig entscheidbar, ob die erfüllung des befehls geschuldet ist dem gehorsam gegen sich selbst oder der furcht vor der macht. In der pragmatischen entscheidung sind beide momente in schwankenden verhältnissen zueinander nachweisbar, weil jede entscheidung in raum und zeit zwischen den polen: >0_/_<1, vollzogen wird. In den phänomenen des gehorsams ist in keinem fall das gespiegelt, von dem fabuliert werden könnte, es sei der reine gehorsam oder die reine macht.       (a/02)<==//             (a)<==//
(b)
der gehorsam wird traditionell vom anderen per befehl eingefordert. Diese redeweise hat die patina der geschichte für sich, sie ist aber falsch. Mit dem verweis auf den terminus: gehorsam, wird entweder die unterwerfung des einen unter den willen eines anderen verlangt(01), oder es wird mit dem terminus: gehorsam, eine konvention sanktioniert, die den stärkeren ermächtigt, auf die statuierte rechtsordnung verweisend, die unterwerfung des schwächeren beizutreiben(02).
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(01)
wer dem willen des anderen faktisch unterworfen ist, der beugt sich dem machtanspruch des anderen. Scheinbar gehorchend folgt der unterworfene prima vista dem befehl, secunda vista aber passt er sich an das unvermeidbare an, mangels kraft zum widerstand. Macht bedarf des gehorsams nicht, weil es genügt, wenn der machthabende mit der angst des ohnmächtigen(*1) kalkulieren kann.
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(*1)
klarstellung. Der widerpart des machthabenden ist nicht der nicht_machthabende, sondern derjenige, der unfähig ist, der faktischen macht eine gleiche faktische macht entgegen zu setzen. Auch der scheinbar ohnmächtige verfügt über macht, allein sie genügt nicht zum ausgleich der machtdifferenz.
(02)
das gesetz kann, in welcher form auch immer, den gehorsam nicht gebieten, gleichwohl statuiert das gesetz die regeln, die das individuum als ich befähigen, sich als gehorsam gegen sich selbst ausweisen zu können. Das gesetz aber, dem es an legitimität gebricht(*1), kann, gesetzt in einem formal statuierten verfahren(*2), diese funktion rational nicht ausfüllen, weil die legitimität des gesetzes die bedingung für die entscheidung ist, den streitigen fall entweder als fall der herrschaft zu subsumieren oder als fall blosser macht(-ausübung) zu bestimmen.
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(*1)   argument: //==>2.52.12.
(*2)   argument: //==>2.52.13.        (b)<==//
(c)
die vereinbarung kann offen erklärt sein oder latent wirksam. Das ist eine differenz, die für das problem des gehorsams in der gesellschaft nicht entscheidend ist, gleichwohl diese unterscheidung für die bewertung der gehorsamsleistungen, fall für fall, von bedeutung sein kann. Als ein problem der pragmatik soll es hier beiseite gestellt bleiben(01).
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(01)
gelegentlich der kasuistik der gehorsamsphänomene wird das problem en passant noch einmal berührt(*1).
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(*1)
argumente: //==>2.53.14  //==>2.53.16  //==>2.53.30  //==>2.53.32  //==>2.53.33  //==>2.53.37.        (c)<==//
(d)
das problem der herrschaft ist die regelung der über-/unterordnung in einer sozialen beziehung(01). Der utopie einer herrschaftsfreien ordnung(02), also die abwesenheit des gehorchens und des befehlens, ist als süsser traum eine illusion(03), weil die fragen der über- /unterordnung im konsens geregelt werden müssen, wenn im interesse aller, die es betrifft, das bestimmte sachproblem, streitig gefallen, rational gelöst werden soll(04); denn in jedem denkbaren herrschaftsverhältnis ist die frage, wer die befugnis haben soll, dem anderen zu befehlen, und wem die pflicht obliegt, den befehl als eignen willen auszuführen, immer wieder neu zu beantworten, auch dann, wenn die auflösung des streitfalls, so oder so, nur eine wiederholung des schon immer geübten ist.
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(01)
das problem der herrschaft wird auch unter dem terminus: herr/knecht-dialektik, erörtert. Dazu mehr andernorts(*1).
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(*1)   argument: //==>2.52.09.       (d/01)<==//
(02)   argument: //==>2.52.14.       (d/02)<==//
(03)
die erfahrung einer bestimmten herrschaft als ungerecht erscheint zwar als ein problem der herrschaft, es ist aber ein problem der macht(*1). Immer dann, wenn die bestimmte herrschaftsanordnung in frage gestellt wird, ist der grund in der legitimität des herrschaftsanspruches verortet. Diese situation ist real, wenn der herrschaftsanspuch des befehlenden nicht von dem befohlenden anerkannt wird, weil zwang die durchsetzung des befehls begleitet, der zwang nämlich, der nicht akzeptiert wird. Dem argument ist eine gewisse plausibilität nicht abzusprechen, im argument sind aber die gründe über kreuz inkorrekt mit den konsequenzen verknüpft. Zwang in einer herrschaftsanordnung kann legitim sein, nämlich dann, wenn die androhung des zwangs ein teil der anerkennung des herrschaftsanspruchs des anderen ist, den zwang im vorgesehenen fall anzudrohen und durchzusetzen. Fehlt es aber an dieser anerkennung, die erklärt sein muss, dann mangelt es dem herrschaftsanspruch an legitimität und das, was als herrschaft erscheinen soll, das ist die durchsetzung eines machtanspruchs, der auch mit gewalt bewirkt werden kann(*2).
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(*1)    argument: //==>2.42.13.
(*2)
für die durchsetzung eines machtanspruchs mit gewalt, eingebunden in die form eines befehls, ist der terminus: kadavergehorsam, geläufig. Der kadavergehorsam als terminus ist eine contradictio in
adiecto, weil mit dem terminus ein machtverhältnis bezeichnet wird, typisch für alle militärischen verhältnisse(+1), das als herrschaftsverhältnis camoufliert ist. Mit gewalt kann kein gehorsam erzwungen werden, weil der widerstrebende in letzter konsequenz vernichtet werden muss, mit der vernichtung des anderen aber ist die gehorsamsleistung des anderen unmöglich geworden.
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(+1)
es ist zwar brauch, unter den militärs von disziplin und gehorsam zu reden, aber mit dem befehl, typisch für den militärischen bereich, kann der gehorsam nicht durchgesetzt werden, wohl aber die disziplin, die formen des kadavergehorsams eingeschlossen. Die kalkulation mit dem tod des gehorsamleistenden widerstreitet dem prinzip: anerkennung des anderen als der_andere; denn der zum gehorsam sich verpflichtende kann zur erfüllung seiner pflicht nicht in seine physische vernichtung als bedingung einwilligen. Für den befehl an den soldaten, den anderen zu töten, unter dem realen risiko selbst getötet zu werden, ist keine rechtfertigung möglich. Etwas anderes scheint es zu sein, wenn der sogenannte freiheitskämpfer(§1) dem kampfbefehl folge leistet, mit dem, wie man redet, die freiheit verwirklicht werden solle. Die tötung des angreifenden anderen ist nur unter der bedingung der selbsterhaltung der existenz rechtfertigbar, in keinem fall aber legitimierbar.
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(§1)
der freiheitskämpfer ist eine fragwürdige figur, weil er sich selbst belügen muss, wenn er die tötung des anderen im namen der freiheit rechtfertigen will. Das gilt auch für den krieger, der im namen seines gottes tötet - das individuum ist das, was mit dem terminus: mörder, bezeichnet werden muss.        (d/03)<==//
(04)
die festlegung der über-/unterordnung in einer bestimmten herrschaftsanordnung gilt als das maass für die rationalität dieser ordnung(*1). Jede herrschaftsordnung, die in einer geeigneten weise kodifiziert ist(*2), kann als die auf dauer angelegte vereinbarung gedeutet werden, mit der das individuum als ich und sein genosse die verteilung der befugnis zum befehl und der pflicht zur ausführung des befohlenen im konsens verabredet haben. Das eine ist die theorie, die nicht zu klein gedacht werden sollte, das andere ist die praxis, die in keinem fall die ultimate antwort sein kann. Das, was als ein defizit erscheint, das ist die bedingung, dass das individuum als ich und sein genosse immer wieder das vereinbarte auf seine zweckmässigkeit überprüfen können.
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(*1)
das gilt, so könnte argumentiert werden, formal auch für die ordnung jedes machtverhältnisses, in dem die stärke und die schwäche der beteiligten ungleich verteilt sind. Dem steht aber entgegen, dass allein das faktum der machtbeziehung das maass ist, das in raum und zeit einem beständigen transformationsprozess unterworfen ist. Das symbol dafür ist das rad der fortuna(+1).
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(+1)   argument: //==>2.53.09.
(*2)
den begriff: kodifizierung, fasse Ich hier sehr weit. Der begriff soll nicht nur das geschriebene recht umfassen, sondern auch das gewohnheitsrecht, das in langer tradition mündlich überliefert worden ist. Einzubeziehen sind auch die konventionen, deren rechtsnatur umstritten ist, die aber zumindest in der intention als herrschaftsanordnung zu beachten sind und in der praxis oft rigide, schwer vom gebrauch der macht zu unterscheiden, durchgesetzt werden.        (d/04)<==//            (d)<==//
(e)
die verteilung der befugnis zum befehl und die pflicht zur ausführung des befohlenen muss in jedem bestimmten fall neu entschieden werden, weil die bedingungen der entscheidung für das eine oder das andere in raum und zeit permanenten verschiebungen unterworfen sind, gleichgültig aus welchem grund. Jeder fall ist zum anderen fall anders, und das, was in dem einen fall eine zweckmässige anordnung gewesen war, das muss in dem anderen fall, der ansteht oder noch anstehen kann, nicht zweckmässig sein. Es ist unbestritten, dass es herrschaftsstrukturen gibt, die in der erfahrung sich als zweckmässig erwiesen haben und die immer wieder von neuem bestätigt werden(01), aber aus diesen erfahrungen ist der schluss zwingend nicht ableitbar, dass im neuen fall dieses wieder der fall sein muss - die erfahrungen sind punkte der orientierung und orientieren muss sich das individuum als ich und sein genosse, jeder für sich, in jedem moment ihrer gelebten gegenwart. D'accord, es gibt muster der entscheidungen, die als bewährt gelten, und diesen folgt das individuum als ich, der genosse eingeschlossen.
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(01)
als beleg zitiere Ich die debatten über die angemessene staatsform, die seit Aristoteles geführt werden. Wenn die sache nüchtern betrachtet wird, dann sind die modernen in der frage, was die richtige ordnung sein solle, nicht weiter als die zeitgenossen Aristoteles' vor 2300 jahren auf der Agora in Athen.        (e)<==//
(f)
in raum und zeit - volativ ist die erfahrung und etwas absolutes gibt es nicht, aber das individuum als ich und sein genosse können strukturen der herrschaft schaffen, die auf dauer angelegt sind, ohne das fundament ihrer dauer zu unterminieren, nämlich dann, wenn durch das gültige verfahren sichergestellt ist, dass die verteilung der befugnis zum befehl und die pflicht zur ausführung des befehls immer wieder neu austariert werden kann. In den phänomenen der herrschaft ist die waltende pragmatik gespiegelt(01), in der einerseits die definiterten regeln der herrschaftsverteilung erkennbar sind, andererseits aber auch die verteilung der macht wirksam ist(02).
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(01)
das aushandeln der verteilung von pflicht und befugnis, befehle zu erteilen und gefolgschaft zu leisten, ist ein pragmatisches problem, in dem die aspekte der herrschaft und das gewicht der macht scheinbar unentwirrbar miteinander verbunden sind, korrespondierend die phänomene des gehorsams. Die skala möglicher gehorsamsphänomene ist breit, und die klassifikation dieser phänomene ist ein teil des problems. Partes pro toto verweise Ich auf die folgenden möglichkeiten(*1). Der gehorsam des schülers gegenüber seinem lehrer scheint dem begriff dieses herrschaftsverhältnisses adäquat zu sein, im erleben des schülers wie des lehrers erscheint aber das verhalten des zum gehorsam verpflichteten schülers keineswegs eindeutig. Prima vista ist der schüler artig(*2), weil er kalkulierend die vor- und nachteile seines "artigseins" abgeschätzt hat, der macht tribut zollend, indem er seine autonomie hintan gestellt hat, secunda vista, wenn der schüler seinem urteil aus autonomie folgt, erscheint er dem lehrer als ungehorsam, weil er die anordnungen des lehrers in frage stellen muss. Ähnlich ist der gehorsam eines beamten oder eines angestellten zu beurteilen, die mit ihrem vorgesetzten in einem herrschaftsverhältnis verbunden sind. Man führt den befehl des vorgesetzten aus, weil man muss und nicht weil man will(*3). Und noch ein fall, verknüpft mit dem spruch: adel verpflichtet. Die konvention ist der befehl, die verletzung der konvention erscheint als ungehorsam(*4). Jede handlung, die als gehorsam interpretiert wird, ist prekär, weil der gehorsame in der position des schwächeren erscheint. Wirklicher gehorsam kann aber erst da erscheinen, wo der stärkere seinen gehorsam unter beweis gestellt hat; denn der stärkere ist frei von dem verdacht, sich aus bürgerlichen gründen für eine unterordnung entschieden zu haben.
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(*1)
andernorts werden en passant weitere möglichkeiten zitiert(+1).
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(+1)
allgemein zum problem des gehorsams im kraftfeld: herrschaft/macht, das argument: //==>2.53.01, im besonderen die übersicht im anmerkung: (c/01/*1).       (*1)<==//
(*2)
weil die erfüllung der erwarteten gehorsamsleistung dem kosten/nutzen-kalkül unterworfen ist, erweisen sich die sogenannten kopfnoten in einem zeugnis als zweideutig. In welcher form die kopfnote formuliert sein mag, wort oder zahl, der zweideutigkeit ist sie nicht entzogen. Beurteilen kann die gehorsamsleistung nur derjenige, dem sie geschuldet ist, aber auch das ist nicht eindeutig. Der gehorsam gegen sich selbst kann im konflikt sein mit den erwartungen, die der gehorsam einfordernde haben kann.        (*2)<==//
(*3)
die rechtlichen regelungen, konkret in den verträgen der arbeitswelt, sind im blick auf den zu leistenden gehorsam doppeldeutig. Zwar verpflichten sich die partner per vertrag wechselseitig, aber die entscheidung für den vertrag müssen die vertragspartner, arbeitgeber und arbeitnehmer, selbst treffen, jeder für sich. Der vertrag verpflichtet sie, aber über die einhaltung des vertrages, das ist die gehorsamsleistung, müssen sie immer wieder neu entscheiden, und es können gründe der bürgerlichen lebenswelt sein, die die autonome entscheiung konterkarieren - der schwächere akzeptiert, was er aus schwäche nicht verhindern kann.        (*3)<==//
(*4)
in der ordnung der gesellschaft markiert der soziale status des individuums als ich ein nicht eindeutig bestimmtes verhältnis von macht und herrschaft. Mit diesem status sind erwartungen verknüpft, deren erfüllung als formen des gehorsams gedeutet werden können, gleichwohl das individuum als ich über seinen status nicht entscheiden kann, weil es dem urteil seiner genossen unterworfen ist. Als herrschaftsordnung erscheinend(+1), akzeptiert oder nicht, ist der soziale status ein phänomen der macht und nicht der herrschaft.
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(+1)
eine solche herrschaftsordnung ist pars pro toto die ständeordnung, in der bestimmte gruppen der gesellschaft die herrschaft unter sich ausgehandelt haben.       (*4)<==//            (f/01)<==//
(02)
in der genugtuung über die geschaffene rationalität faktischer herrschaftsstrukturen sollte nicht die macht vergessen werden, die jeden befehl als horizont begleitet, der horizont nämlich, in dem jeder befehl ausgeführt wird. Die anordnung des beamten erweist sich nur dann als wirkmächtig, wenn der beamte weiss, dass der staat in seiner machtfülle die anordnung bekräftigt.        (f/02)<==//             (f)<==//
(g)
den gehorsam leisten kann nur das individuum als ich ad personam, eine stellvertretung ist ausgeschlossen(01). Im gehorsam gegen sich selbst übernimmt das individuum als ich für sein handeln die verantwortung(02). Weder mit macht noch mit gewalt(03) kann das individuum als ich gezwungen werden, etwas zu verantworten, das es nicht verantworten kann oder will(04).
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(01)   argument: //==>2.22.43.        (g/01)<==//
(02)
der begriff: gehorsam, schliesst aus, dass das individuum als ich den gehorsam gegen sich verneinen könnte; denn mit der logischen verneinung ist nur festgestellt, das kein gehorsam vorliegt und über das verneinte, der nicht_gehorsam, kann nichts prädiziert werden. Mit seiner entscheidung aus autonomie, für etwas verantwortung zu übernehmen, hat das individuum als ich sich selbst gebunden, manifest in den formen des gehorsams, die formen des ungehorsams eingeschlossen(*1). Nur das individuum als ich kann sich als frei erfahren(*2), das gegen sich selbst gehorsam ist.
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(*1)    argument: //==>2.53.32.
(*2)
real ist seine freiheit in den bürgerlichen freiheiten(+1), die das individuum als ich und sein genosse, jeder für sich, als chance nutzen können, an der herrschaftsordnung gestaltend mitzuwirken, in der sie leben wollen. Die selbst geschaffenen ordnung(+2) ist auf dem forum publicum das herrschaftsverhältnis, in dem alle, die es betrifft, eingebunden sind, sei's in der funktion des befehlsgebers und/oder in der funktion des befehlsempfängers. Dieses handeln aus autonomie, konkret in den bestimmten handlungen des gehorsams, bezeichne Ich als politisches handeln(+3).
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(+1)    argumente: //==>2.22.15 und 2.52.11.
(+2)
die form der herrschaftsordnung kann offen bleiben, weil sie, das ist die konsequenz der autonomie des ich, vom individuum als ich autonom gewollt ist(§1).
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(§1)
klarstellung. Jede ordnung, die logisch mit dem prinzip der autonomie des ich nicht vereinbar ist, scheidet aus, sie ist ein machtverhältnis, gleichviel in welcher form.
(+3)
an diesem maass beurteilt dürften die damen/herren: politiker, in ihrer masse das kriterium des politischen handelns nicht erfüllen. Sie sind sklaven ihres interesses, erlangte macht zu jedem preis auf dauer zu behaupten.       (g/02)<==//
(03)
es ist ein irrtum zu meinen, mit dem ausschluss von macht oder gewalt seien die phänomene der macht und der gewalt im moment der
gelebten gegenwart aufgehoben. Als faktum sind gewalt und macht weiter wirksam, aber es ist falsch, die resultate der faktischen machtausübung oder der gewaltanwendung als das ergebnis einer gehorsamsleistung zu interpretieren. Das, was festgestellt werden kann, das ist die blosse konsequenz einer fremdbestimmten handlung, zu der der eine als mittel eines anderen gebraucht wird. Macht und gewalt vernichten jede handlung, die als gehorsam gedeutet werden soll.        (g/03)<==//
(04)
die feststellung, dass eine stellvertretung im gehorsam nicht möglich sei, schliesst ein, dass die gehorsamsleistung nicht erzwungen werden kann, und das, was als gehorsam erscheinen soll(*1), das kann nur eine leistung sein, die unter vorbehalt erbracht wird, ein vorbehalt, der genau dann wirksam wird, wenn die angst vor der gewalt und dem druck der macht gewichen ist(*2). Das, was das individuum als ich nicht verantworten will oder verantworten kann, die geltend gemachten gründe können nicht entscheidend sein, das kann dem individuum als ich nicht zugerechnet werden, weil die handlung nicht das ergebnis seiner autonomen entscheidung ist(*3). Wenn diese bedingung gestrichen würde, dann wäre dem individuum, das ein ich ist, die bestimmung, ein ich zu sein, abgesprochen - es ist in die natur zurückgestossen, ein objekt für jedes belieben.
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(*1)
die liste der handlungen ist lang, die als gehorsamsleistungen deklariert werden, aber keine dieser handlungen können leistungen aus gehorsam gegen sich selbst sein; denn das individuum als ich, das unter dem zwang des genossen etwas tun muss, das es nicht tun will, ist, gegen den anschein, nicht gehorsam, allein es verfügt nicht über die machtmittel, das verlangte zu verhindern - es ist die situation des gefangenen, der weiss, dass hinter ihm der scherge steht, der in jedem moment losschlagen kann.
(*2)
wer unter einer zwangsandrohung, der er nicht ausweichen kann, etwas tut, der wird, wenn der druck der zwangsandrohung weicht, den spaten sinken lassen. Das ist eine beobachtung, die in jedem gefängnis immer wieder ihre bestätigung findet. Zwangsarbeit ist ineffektiv, aber die ökonomische ineffektivität ist kein grund, dass ein machthaber auf dieses instrument verzichtet, wenn der erhalt einer machtposition zur disposition gestellt ist.
(*3)
es ist unzutreffend, wenn mir unterstellt würde, Ich würde die zuordnung von verantwortung zu bestimmten handlungen kategorisch negieren. Die selbstbindung des individuums als ich in seiner autonomen entscheidung ist die form der verantwortung, die das individuum übernehmen muss, wenn es ein ich sein will. Diese entscheidung kann weder der macht unterliegen noch der gewalt, aber hat sich das individuum als ich entschieden, dann hat es sich gebunden, und das ist das maass, an dem seine weiteren handlungen zu beurteilen sind.       (g/04)<==//         (g)<==//
(h)
wer gehorsam leistet, der ist für seine handlungen verantwortlich, aber immer wieder wird das individuum als ich versuchen, aus welchem grund auch immer, sich seiner verantwortung zu entziehen(01) - ein aussichtsloses unternehmen(02); denn der gehorsam gegen sich, manifest in der verantwortung(03), ist die wirksame kontrolle, über die sowohl der genosse als auch das individuum als ich verfügen, wenn sie die verabredete herrschaft, in jeder form gleich, in den gezogenen grenzen halten wollen. Diese kontrolle scheidet aus, wenn die macht nicht in ihre grenzen gezwungen ist; denn wer der macht sich gebeugt hat, der hat sich zu einem mittel des machthabers gemacht, der, weil die verantwortung beim machthaber verblieben ist, das mittel als gusto ersetzen kann(04). In der theorie ist das verhältnis von macht und herrschaft eindeutig entschieden, in der praxis aber bleiben die zweideutigkeiten(05), die, wenn es gewollt ist, aufgeklärt werden können.
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(01)
die formen des gehorsams sind von den phänomenen ihrer verdrängung nicht immer eindeutig zu unterscheiden, so, wenn der gehorsam eingefaltet ist in die form einer traditionellen herrschaft, die das individuum als ich und sein genosse quasi als natur- und/oder gottgegeben verinnerlicht haben(*1). Der anschein dominiert, dass die frage nach der entscheidung aus autonomie in den hintergrund geschoben ist und wirksam ist allein das faktum der bestimmten form von herrschaft(*2). Es ist falsch, den grund in der bestimmten herrschaftsform zu verorten, weil jede rationale form von herrschaft, bewährt in der tradition, eine zweckmässige antwort auf die legitimitätsfrage ist(*3), nämlich dann, wenn gewährleistet wird, dass diese frage immer wieder neu aufgeworfen werden kann(*4); denn der brennpunkt der legitimität einer bestimmten herrschaft ist die entscheidung des individuums als ich aus autonomie und diese autonomie ist vernichtet, die dialektische kehrseite der herrschaft, versteinert in der tradition, wenn die frage nach der legitimität der herrschaft nicht präsent ist. Mit der faktischen suspension der autonomie des individuums als ich(*5) ist jedes real gelebte herrschaftsverhältnis als ein verhältnis der macht ausgewiesen. Die dokumente der historia weisen es beredt aus, dass alle bekannten traditionalen herrschaftsverhältnisse(*6) de facto nur notdürftig getarnte machtverhältnisse sind, in denen der momentan stärkere den weg vorschreibt, den der momentan schwächere gehen muss. Aber bei allen mehrdeutigkeiten in den phänomenen bleibt das merkmal unberührt, das die begriffe: macht und herrschaft, eindeutig voneinander unterscheidet. Wo der gehorsam behauptet wird, da hat das andere keinen platz - tertium non datur.
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(*1)
mit der redeweise: "das war schon immer so, also soll es so auch bleiben" werden die phänomene der verdrängung bemäntelt. Dafür können das individuum als ich und sein genosse, jeder für sich, plausible gründe geltend machen und auf der argumentebene der praxis, können dafür auch für alle, die es betrifft, lebbare lösungen gefunden werden, aber das grundproblem der verdrängung von verantwortung bleibt. Es sollte im blick bleiben, das jede ultimate lösung des pragmatischen problems eine form der macht ist, die gewalt eingeschlossen(+1).
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(+1)
die moralische bewertung der macht kann das problem nicht lösen, aber die moral wird das problem immer wieder verschärfen.
Zusatz.
Das problem der unterscheidenden bewertung von macht- und herrschaftsphänomenen ist im dunstkreis der unterscheidung: gut/böse, situiert, aber es ist zweckmässig, das problem der unterscheidung in analytischer absicht von den fragen der moral abzutrennen; denn weder ist die macht, noch ist die herrschaft "an sich" gut oder böse(§1), es sind unterscheidbare formen sozialer beziehungen, die vorteile und nachteile haben, austarierbar in ihrer wechselwirkung.
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(§1)  argument: //==>2.82.06.        (*1)<==//
(*2)
jede form von herrschaft, sei diese, wie man redet, von der natur gesetzt oder von einem gott angeordnet, kann als eine camouflage der macht ausgewiesen werden. Die phänomene der macht und herrschaft sind in der realität schwer voneinander unterscheidbar und in jedem unterschiedenen phänomen ist nachweisbar, dass beide momente im schwankenden anteil zueinander gegenwärtig sind, aber diese belege sind kein beweis, dass weder die macht alles sei, noch die herrschaft alles werden könne, in welchen formen auch immer.        (*2)<==//
(*3)
mit den dokumenten der historia ist kein historisch bekanntes herrschaftssystem belegbar, das mit der frage nach der legitimität seines herrschaftsanspruches nicht konfrontiert gewesen war. Entweder wird die antwort mit verweis auf die macht verweigert, oder man beruft sich auf den befehl eines gottes(+1).
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(+1)
die mythen haben die funktion, die konkrete ordnung zu legitimieren, sei diese ordnung gesellschaftlich fundiert und/oder religiös. Alle, die den mythos hören, entscheiden sich autonom, ob sie dem gehörten folgen wollen oder nicht.       (*3)<==//
(*4)
in analytischer absicht kann die frage nach der legitimität bestimmter herrschaft ausgeblendet werden, diese frage bleibt aber präsent, wenn das analytische getrennte in einer reflexion synthetisiert werden soll. Das problem der legitimität bestimmter herrschaft, also die entscheidung des individuums als ich zu dieser herrschaft aus autonomie, wird traditionsgemäss mit bestimmten verfahren der legitimitätsstiftung geregelt. In komplex strukturierten gesellschaften wird die legitimitätsstiftung durch verfahren nicht direkt ausgehandelt, sondern in institutionen vermittelt, deren zweck es ist, diese vermittlungen zu leisten(+1).
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(+1)
dazu andernorts mehr(§1).
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(§1)   argument: //==>2.52.13.        (*4)<==//
(*5)
klarstellung. Die autonomie des ich ist nicht suspendierbar; denn wäre das der fall, dann kann von einem individuum nicht mehr gesprochen werden, das sich als ich begreift und dieses ich auch sein will. Das ist eine feststellende bemerkung, die keinen machthaber daran hindern wird, die selbstbildung des machtunterworfenen als ich dann zu hintertreiben, wenn er dazu die ausreichenden machtmittel zur verfügung hat. Jedes traditionale herrschaftssystem ist darin ausgewiesen, dass seine struktur die möglichkeiten der bildung monolisiert, um denen, die macht haben, diese machtposition in dauer zu erhalten(+1).
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(+1)  argument: //==>2.53.28.       (*5)<==//
(*6)
klarstellung. Die unterscheidung: begriff/phänomen, ist strikt zu beachten. Die begriffe: macht und herrschaft, sind eindeutig bestimmt, die phänomene der herrschaft und/oder der macht entziehen sich dieser eindeutigen bestimmung. Differenzen können also immer wieder behauptet werden, wenn die phänomene auf der argumentebene der analyse oder der argumentebene der synthetisierenden reflexion beurteilt werden.        (*6)<==//            (h/01)<==//
(02)
die phänomene der vermeidung von verantwortung sind weitläufig und eine phänomenologie dieser strategien kann erschöpfend wohl nicht aufgestellt werden. Ein aspekt der flucht vor der verantwortung ist der befehl, auf den der befehlsempfänger sich ebenso berufen kann wie der befehlsgeber. Aber der befehl ist als ding der welt für sich nur eine anweisung, mit der der befehlsgeber beim befehlsempfänger etwas anordnet, das der befehlsnehmer als eigene leistung auszuführen hat. Es ist ein merkwürdiges wechselspiel, wenn der befehlsgeber sich darauf beruft, dass der befehlsnehmer seine anordnung ausgeführt hat, um sich damit quasi zu exkulpieren, der befehlsnehmer aber geltend macht, dass er nur die anweisung eines anderen ausgeführt habe. In dem einen wie in dem anderen fall schiebt der befehlsgeber in gleicher weise die verantwortung von sich ab wie der befehlsnehmer(*1).
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(*1)
das verwickelte problem wird andernorts en detail in seiner struktur erörtert(+1).
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(+1)  argument: //==>2.53.33.       (h/02)<==//
(03)
das problem wird oft mit der unterscheidung: verantwortungs- /gesinnungsethik,(*1) diskutiert. Die begriffe verweisen auf eine dialektik, der sich kein machthaber entziehen kann. Der machthaber will herrschen, aber seine verfügbare macht kann er nur dann behaupten, wenn er sich faktisch der verantwortung entzieht, der er sich als herrscher, also als mandatierter bürger, formal nicht entziehen kann. Das ist eine konfliktsituation, in der der machthaber, das ist ein teil der erfahrung, sich immer dann zugunsten der machterhaltung entscheiden wird, weil er, wenn er der mächtige bleiben will, der logik der realen machtverhältnisse unterworfen ist. Es ist die verquere logik des mächtigen, dass er, der mächtige, weil er gut sein will, nur böse handeln kann(*2).
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(*1)
das problem der ethik wird hier nicht erörtert. Ich beschränke mich darauf, auf die einschlägigen stichworte im Historischen Wörterbuch der Philosophie zu verweisen(+1).
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(+1)
Historisches Wörterbuch der Philosophie. Stichwort: gesinnungsethik. Bd.3, sp.539-540, und das stichwort: verantwortungsethik. Bd.11, sp.575-576./bibliographie //==>2.93.72.
(*2)   argument: //==>2.82.06.       (h/03)<==//
(04)
merkwürdig, es ist für das individuum als ich und seinem genossen schwerer, herrschaft über sich selbst zu realisieren als blosse macht auszuüben, vorausgesetzt, sie verfügen über die erforderlichen machtmittel. Es scheint bequemer zu sein, die verantwortung dem anderen zu überlassen, um die chancen zu gewinnen, an dessen machtmitteln teilhaben zu können. Das mag eine schwäche des homo sapiens sein, eine erklärung vielleicht, aber weder kann es als entschuldigung akzeptiert, noch kann es als rechtfertigung anerkannt werden. Die maxime des individuums als ich muss sein: Habe mut, dich deines eigenen verstandes zu bedienen (Immanuel Kant)(*1).
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(*1)
Kant,Immanuel: Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung. Bd.XI, p.53. /bibliographie //==>2.93.73.       (h/04)<==//
(05)
die kasuistik der gehorsamsphänomene bleibt offen, aber einige hinweise werden noch in den argumenten: 2.53ff, zu finden sein(*1).
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(*1)   //==>anmerkung: (c/01/*1).        (h/05)<==//            (h)<==//
(i)
es widerspricht der erfahrung, dass das individuum als ich in jedem moment seiner gelebten gegenwart "grundsatzentscheidungen" trifft, vieles folgt der routine und den gewohnheiten, mechanismen des verhaltens, die in langer tradition entwickelt wurden und die als entlastung vom permanenten entscheidungszwang ausgewiesen sind. Damit ist aber die bedingung in keiner weise geschliffen, dass das individuum, wenn es ein ich sein will, sich autonom entscheidet; denn, weil das individuum als ich sich autonom entscheiden kann, hat es weiter die möglichkeit, sich wieder neu zu entscheiden, um so eine entscheidung, in raum und zeit mit langer dauer wirksam, zu revidieren, nämlich dann, wenn es seine entscheidung, ein factum der vergangenheit, revidieren will. Entscheidend ist, dass das individuum als ich, wenn es einen zureichenden grund geltend machen kann(01), die chance hat, sich in jedem moment seiner existenz neu zu entscheiden.
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(01)
diese autonomie macht das individuum als ich mit seiner glaubensentscheidung manifest(*1), eine folge von entscheidungen, die post festum stationen seiner existenz markieren: der glaube des kindes, sein glaube in der aduleszenz, später der glaube des erwachsenen und der glaube im alter. Oft sind es brüche in der logik der geglaubten sache, aber immer war es eine autonome entscheidung, die geltung bewirkt.
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(*1)   geschichtlich wirksam ist die legende vom Damaskus-erlebnis des Saulus/Paulus.       (i)<==//
(j)
ob die bestimmte form der herrschaft ihren zweck erfüllt, das ist eine frage, die in der praxis beantwortet wird(01). Es ist ein teil der erfahrung, dass nicht jede gewählte form der herrschaft die erwartungen erfüllen kann, die alle, die es betrifft, in diese form gesetzt haben; denn die verfügbarkeit über die mittel, die vereinbarte herrschaft auch durchzusetzen, ist mit der realität nicht immer kompatibel. Die wirksamkeit der herrschaft wird nicht nach den regeln der herrschaft entschieden, sondern ist im faktum der macht entschieden. Dieser dialektik von macht und herrschaft können sich weder das individuum als ich entziehen, noch sein genosse. Die resultate der praxis werden also in raum und zeit immer streitig sein ... .
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(01) die kasuistik der praxis ist selbst ein problem der praxis, das andernsort gelegentlich wieder aufgegriffen wird(*1).
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(*1) argumente: //==>2.53.01.        (j)<==//
(text/1.3.33)<==//


2.52.08

zur klassifikatorischen bestimmung der herrschaftstypen hat Max Weber den terminus: legitime herrschaft, gebraucht(a). Der terminus, redundant formuliert, ist irreführend. Herrschaft ist entweder legitim oder nicht_legitim - tertium non datur. Wenn eine soziale beziehung zwischen dem individuum als ich und seinem genossen als herrschaft bestimmt wird, dann ist diese form der herrschaft immer legitim, auch dann, wenn sie in bestimmten fällen nicht_legal sein kann(b). Wenn der bestimmten sozialen beziehung das merkmal: legitim, nicht zugeordnet wird, dann kann es nur eine form der macht sein(c).
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(a)
der terminus: legitime herrschaft, ist einmal belegt in der soziologischen kategorienlehre, 3.kapitel, § 2. Max Weber sagt: "Es gibt drei reine Typen legitimer Herrschaft. Ihre Legitimitätsgeltung kann nämlich primär sein: 1.rationalen Charakters(=legale herrschaft): (...), - oder 2. traditionalen Charakters: (...), - oder endlich 3. charismatischen Charakters: (...)"(01),(02).
Dann ist der terminus: legitime herrschaft, teil des titels des posthum veröffentlichten aufsatzes: Die drei reinen Typen der legitimen Herrschaft, den J.Winckelmann in seiner abhandlung als anhang abgedruckt hat. Dieser aufsatz geht nicht über das hinaus, was Max Weber in seiner soziologischen kategorienlehre zusammengefasst hatte(03).
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(01)  ergänzuung und auslassung von mir; die sperrungen sind gestrichen.
(02)  Weber,Max: Wirtschaft und Gesellschaft. p.124. /bibliographie //==>2.93.82.
(03)  Winckelmann,Johannes: Legitimität und Legalität in Max Webers Herrschaftssoziologie. p.106./bibliographie //==>2.93.83.
(b)     argument: //==>2.32.16.
(c)
der einwand betrifft nicht die logik der systematik der klassifikation; Max Weber unterteilt die herrschaftstypen in den formen der legalen, der traditionalen und der charismatischen herrschaft.
(2.51.06/(c/01)<==//
2.52.09
in der sozialen beziehung: individuum_als_ich<==>genosse, ausgewiesen als herrschaftsbeziehung(a), haben die begriffe: unterordnung und überordnung(b), die funktion von relationsbegriffen(c). Die rede von der überordnung, respektive unterordnung setzt eine differenz voraus(d) mit der angezeigt ist, dass der eine über dem anderen steht oder der andere unter ihm. Der bezug auf den jeweils anderen, die position des einen gegen die position des anderen festgestellend, ist konstitutiv(e). Aus der position: überordnung, ist nicht ableitbar, warum dieser position ein "mehr" zukommen soll, respektive der position: unterordnung, ein "weniger". Dieses problem erscheint aber dann als rational entscheidbar, wenn die position: unterordnung, im horizont der ausgeschlossenen position: überordnung, beurteilt wird, nicht anders, wenn die betrachtung desselben problems aus der perspektive der überordnung erfolgt. Das kriterium ist im jeweils anderen moment verortet, und es ist das individuum als ich, das, entweder die position der überordnung oder die position der unterordnung innehabend, sich entscheidet, was für es gelten soll. Der genosse muss in der sozialen beziehung dasselbe problem für sich gültig entscheiden(f). In der struktur der sozialen beziehung, beurteilt im blick auf die über-/unterordnung der beteiligten, ist als kriterium der unterscheidung entweder das individuum als ich ausweisbar oder der genosse - tertium non datur. Sie legen, jeweils in der perspektive der konträren positionen, fest, wer die position der überordnung einnehmen soll und wer die position der unterordnung übernehmen muss(g), das heisst, sie entscheiden sich autonom und in dieser entscheidung haben sie sich, sich selbst bindend, festgelegt, welche der möglichen positionen sie übernehmen wollen. In einer wechselseitigen absprache entscheiden sie, wem die befugnis zusteht, den befehl zu erteilen und wem die pflicht zugeordnet ist, den befehl auszuführen(h). Diese zuordnung wird in jedem moment der gelebten gegenwart neu entschieden(i) - der genosse und das individuum als ich können sowohl herr sein als auch knecht, jeweils im bestimmten anderen ort oder zu einem anderen bestimmten zeitpunkt.
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(a)
die machtbeziehung soll in diesem argument ausgeschlossen sein, gleichwohl die formen der unter-/überordnung auch in einer machtbeziehung ausweisbar sind und die begriffe: unterordnung und überordnung, als relationsbegriffe ausgewiesen werden. Das machthabende individuum als ich kann seine macht nur im horizont der ohnmacht des genossen ausleben, nicht anders der genosse, der in seiner ohnmacht die zumutungen der macht erdulden muss(01). Die strikte trennung ist erforderlich, weil die begründungen für die faktische unterordnung des einen, respektive die faktische überordnung des anderen unterschiedlich begründet sind, gründe, die auseinander gehalten werden sollten. Im konflikt stehen die faktizität der sozialen beziehung und die autonomie des individiuums als ich.
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(01)
das faktum der machtbeziehung ist nur beschreibbar und die möglichen erklärungen bewegen sich ausnahmslos im bereich einer approbierten kausalität, in teilbereichen als form der macht selbst erfahren; denn jeder denkbare grund für eine bestimmte machtkonstellation kann als grund für die bestimmte machtkonstellation geltend gemacht werden, ein klassischer zirkelschluss also, der exakt durch die macht aufgelöst wird, deren faktizität begründet werden soll. Der zirkelschluss ist nicht anerkannt, bleibt aber als faktum präsent, der ausweg über die tautologie führt ins leere.     (a)<==//
(b)
für die termini: unterordnung und überordnung, sind im diskurs auch die termini: herr und knecht, im gebrauch(01), salopp heisst's auch: oben/unten(02).
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(01)
die termini können zur bezeichnung der einschlägigen begriffe und phänomene in gleicher weise benutzt werden, ohne dass aus der reihung der termini oder den termini selbst etwas für die bezeichneten begriffe und/oder phänomene abgeleitet werden könnte. Die zuordnung der termini: herr und überordnung, respektive: knecht und unterordnung, gibt nur auskunft darüber, dass die eine oder andere position entweder vom individuum als ich oder von seinem genossen besetzt ist, oder, dasselbe in seiner banalen fassung wiederholt, das individuum als ich und sein genosse können in ihrer sozialen beziehung nicht zugleich der herr sein oder der knecht. Weder für den begriff: herr, noch für den begriff: knecht, ist mit dem gebrauch der termini etwas prädiziert, die unterschiedenen weltdinge als phänomene eingeschlossen.
(02)
die liste der termini kann verlängert werden, so die termini: obrigkeit und untertan, oder die formel: master and slave. Die termini markieren nuancen der bedeutung, aber diese charakteristischen einfärbungen sind aus dem terminus nicht zwingend ableitbar, wohl aber im horizont der tradition situiert, die vom individuum als ich aktiviert wird.     (b)<==//
(c)     argument: //==>2.22.38.     (c)<==//
(d)
das moment der differenz impliziert, dass jedes system ein hierarchisch konstruiertes system sein muss, wenn die elemente: überordnung und unterordnung, als konstitutiv ausgewiesen sind. Der terminus: hierarchie, bezeichnet ein bestimmtes modell der ordnung(01), das von jedem anderen ordnungssystem ebenso bestimmt abzugrenzen ist, dessen elemente nach dem prinzip der gleichheit geordnet sind. Diese feststellung ist solange kein problem, solange die differenz nicht deutend auf die soziale beziehung zwischen dem individuum als ich und seinem genossen angewendet wird(02).
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(01)
Ich verwende den terminus: hierarchie, in seiner erweiterten bedeutung, die begrenzung des terminus auf die ordnung der katholischen kirche ist historia(*1).
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(*1)
im Historischen Wörterbuch der Philosophie steht: die hierarchie ist "heute in fast allen Wissenschaftsbereichen ein Zentralbegriff der Abstufung, Rangordnung und des Verhältnisses der Über- und Unterordnung"(+1).
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(+1)
Historisches Wörterbuch der Philosophie. Stichwort: hierarchie.  Bd.3,sp.1123-1126, sp.1123./bibliographie //==>2.93.72.
(02)
die probleme sind dann virulent, wenn diese differenz auf die vorstellungen von staat und gesellschaft angewendet wird, unzulässig verknüpft mit den maximen der moral. Der verband der sozialen gruppe ist immer hierarchisch strukturiert(*1), der staat ist auf dem prinzip der gleichheit fundiert(*2). Auf der argumentebene der analyse können diese momente auseinandergehalten werden, auf der argumentebene der synthetisierenden reflexion ist die verknüpfung des analytisch getrennten das problem.
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(*1)  argument: //==>2.42.06.
(*2)  argument: //==>2.42.07.     (d)<==//
(e)
in der tradition ist es üblich, das problem unter dem lemma: herr und knecht, zu diskutieren(01). Ich beschränke mich auf wenige aspekte. Den grundgedanken Hegel's übernehme Ich(02), verwende aber eine abweichende terminologie(03). Der kern des Hegel'schen arguments ist, dass der herr ohne den knecht nicht der herr sein kann, der knecht ohne den herrn nicht der knecht. Beide sind aufeinander verwiesen, weil der herr den knecht anweist, die arbeit zu tun, die zu tun ihm als herrn verwehrt ist, der knecht aber kann die arbeit nicht ohne die anweisung des herrn leisten, die zu geben er als knecht nicht fähig ist. Hegel hat mit seiner metapher: knecht und herr, dem problem der über- /unterordnung eine abschliessende fassung gegeben, mit der formel aber ist für das individuum als ich und seinem genossen die realisierung ihrer sozialen beziehung nicht abgeschlossen - in der praxis markiert sie den anfang des wegs.
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(01)
zum stand der aktuellen diskussion des problems verweise Ich auf das Historische Wörterbuch der Philosophie(*1).
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(*1)
Historisches Wörterbuch der Philosophie. Stichwort: herrschaft und knechtschaft. Bd.3, sp.1088-1096./bibliographie //==>2.93.72.    (e/01)<==//
(02)
Hegel hat seinen gedanken über herr und knecht in der Phänomenologie des Geistes, abschnitt: "Selbstständigkeit und Unselbstständigkeit des Selbstbewußtseins; Herrschaft und Knechtschaft", entwickelt(*1). Seine überlegungen zur "Bewährung durch den Tod"(*2) schneide Ich hier aus(*3), weil dieses argument in einem anderen kontext zu erörtern ist, sowohl bei Hegel(*4) als auch bei Carl Schmitt(*5). Das argument Hegel's verlöre an kraft, wenn es in das zwielicht von leben und tod gestellt würde. Herrschaft und knechtschaft, anders formuliert: unter-/überordnung, sind ein strukturelement humaner ordnung(*6) und als diese unterliegt weder die unterordnung einer abwertenden moralischen bewertung noch die überordnung einer moralischen hypostasierung, es sind notwendige momente in der sozialen beziehung, wenn das individuum als ich und sein genosse ihre existenz im horizont des humanum realisieren wollen.
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(*1)
Hegel,G.W.F.: Phänomenologie des Geistes. p.145-155. /bibliographie //==>2.93.81.    (*1)<==//
(*2)   a.a.O. p.149     (*2)<==//
(*3)
andernorts habe Ich mich zum problem der herr/knecht-dialektik geäussert(+1), zum problem des todes im besonderen(+2).
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(+1)
Richter,Ulrich: Hegel/Adorno. 006:Hegel/Adorno. Argument: 2.202. /bibliographie //==>2.93.76.
(+2)
Richter,Ulrich: Der weltgeist Hegel's. 015:weltgeist. Argumente: 2.2.25 und 2.4.21. /bibliographie //==>2.93.76.    (*3)<==//
(*4)
die unterscheidung: herr/knecht, ist im Hegel'schen begriff der dialektik konstitutiv. Hegel begreift diese dialektik als prozess der entfaltung des absoluten geistes. Das problem der Hegel'schen dialektik ist, dass das individuum, ein ich seiend, seine vollendung als ich, nicht vollendbar im lebensprozess der selbstschöpfung, erst im physischen tod, die apotheose des absoluten geistes, erreichen kann. Das argument Hegel's ist im horizont des ontologischen arguments plausibel, im horizont des relationalen arguments kann diese lösung nicht akzeptiert sein.     (*4)<==//
(*5)   argumente: //==>2.62.05, //==> 2.62.06.    (*5)<==//
(*6)
klarstellung. Herrschaft in den formen der über-/unterordnung ist als prinzip der sozialen ordnung per definitionem legitim. Davon ist strikt zu unterscheiden, dass geübte herrschaft legal sein kann oder nicht_legal - tertium non datur. Alle illegalen formen von herrschaft sind phänomene der macht.    (*6)<==//        (e/02)<==//
(03)
die termini: herr und knecht, sind in der tradition mit emotionen aufgeladen, die den blick auf das problem verstellen. Ich verwende dafür die termini: befehlsgeber und befehlsnehmer, gleichwohl wissend, dass mit dem terminus: befehl, die schatten der tradition drohend geworfen sind. Der sache angemessener ist der terminus: anweisung, aber dem steht eine erwägung des stils entgegen.     (e/03)<==//         (e)<==//
(f)      argument: //==>2.24.89.     (f)<==//
(g)
das problem der zuordnung der positionen: überordnung und unterordnung, wird in der tradition pragmatisch gelöst, das heisst, dass das faktum der macht im moment der gelebten gegenwart das entscheidende argument ist, mit dem die reale zuordnung geklärt wird(01). Alle, die es betrifft, kalkulieren mit der konstante, dass oben oben ist und unten unten, der gelegentliche wechsel der position wird als das resultat der oszillierenden machtverteilung gewertet, die zwischen allen, die es betrifft, wirksam ist. So war es in der vergangenheit gewesen(02), so erklären es die ideologen(03), so ist es heute und so wird es auch künftig nicht anders sein.
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(01)
klarstellung. Die differenz ist strikt zu beachten. Das eine ist das argument, mit dem eine bestimmte zuordnung der positionen erklärt und auch gerechtfertigt wird, das andere sind die kräfte, mit denen das individuum als ich und sein genosse, jeder für sich, dem argument die erforderliche wirkung verschaffen. Die verteilung der verfügbaren kraft ist ein aspekt der macht - der rest ist blosses kalkül.     (g/01)<==//
(02)
partes pro toto verweise Ich einmal auf Aristoteles, der das problem der entscheidung unter den termini: herr und sklave, erörtert hatte. Die einteilung der menschen in herren(=bürger der polis) und sklaven(=ökonomicher faktor) war die gewohnte ordnung der antike, die an einem "naturzustand", die realen machtverhältnisse spiegelnd, orientiert war; anders war die gesellschaftliche ordnung für den bürger der antike nicht vorstellbar. Das ist historia und taugt als argument nicht mehr. Dann verweise Ich auf Hegel, der mit den termini: herr und knecht, eine geläufige metaphorik, gängig in seiner zeit, nutzte, um ein theoretisches problem seines philosophischen denkens zu erörtern. Mit seinen abstrakten argumenten hatte Hegel die bestehende ordnung offenbar ernsthaft nicht in frage stellen wollen - das besorgten aber dann seine nachfolger, die entweder seine argumente im wort radikalisierten, um die welt umzustürzen(=linkshegelianer), oder seine thesen im kanon der tradition kalmierend einbanden, um alles so zu belassen, wie's ist(=rechtshegelianer).     (g/02)<==//
(03)
die ideologen gehen fundamental zu werke und bemühen den schöpfergott. Die relation: gott<==|==>geschöpf, wird in die blaupause für die gesellschaftliche odnung umfunktioniert(*1). In der gleichen tendenz sind die vorstellungen zu verorten, die die struktur einer gesellschaft mit dem organismusmodell zu begründen versuchen. Das, was als plausibel erscheint, das kann aber nur eine schiefe verknüpfung der funktionen eines organismus mit der struktur der gesellschaftlichen ordnung sein(*2). Das kenzeichen dieser auffassungen ist, dass vorweg bestimmt ist, was als resultat bestätigt werden soll, nämlich, dass einer oder eine definierte gruppe über alle anderen das sagen haben sollen(*3). Das, was in der perspektive der pragmatik als vernünftig erscheinen kann, das kann nicht genügen, wenn die prinzipielle gleichheit aller, die es betrifft, organisiert werden soll oder organisiert werden muss. In den vorstellungen der ideologen ist im entscheidenden moment die konstitutive funktion der gleichheit zwischen dem individuum als ich und seinem genossen suspendiert, und das, was als herrschaft erscheinen soll, das ist de facto nur die macht, über die der eine verfügt, sich als herrn setzend, oder es ist die ohnmacht, die dem anderen bleibt, ihn zum knecht machend.
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(*1)
so steht's im dekalog: "Nun sprach Gott folgende Worte: Ich bin der Herr, dein Gott ... "(+1).
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(+1) Exodus 20.1-2. /bibliographie //==>2.93.71.    (*1)<==//
(*2)
partiell kann die teilung der funktionen rational sein(+1), nämlich dann, wenn die ungleichen funktionen im organismus eingebunden sind in das system der herrschaft mit seiner differenzierung von überordnung und unterordnung. Das ist der fall, wenn alle, die es betrifft, sich autonom für diese differenzierung, sich selbst bindend, erklärt haben.
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(+1)
das unterliegt dem kosten/nutzen-kalkül und setzt voraus, dass das individuum als ich die gesetzte kausalität als für sich gültig akzeptiert hat.     (*2)<==//
(*3)
diese logik war im zeitalter des absolutismus, mit der aufklärung zusammenfallend, auf die spitze getrieben worden. Die einschlägigen theorien(+1) beschränkten sich darauf zu behaupten, dass es, wenn der staat als ganzes in der form des gesetzes seine schutzfunktion wirksam erfüllen soll, notwendig sei, einen als den absoluten herrscher zu benennen oder alle, die es betrifft, wenn die legitimität des gesetzes begründet sein soll. Die herleitung des anspruches, dass einer(+2) oder alle(+3) die legitimität des gesetzes verbürgen, ist vordergründig zwar plausibel, logisch aber nicht haltbar; denn die plausibilität der begründungen ist allein in den umständen fundiert, in denen diese theorien als doktrin entwickelt wurden(+4), fakten, die ein gewisses verständnis für die auflösungen wecken können, weil systeme der rechtfertigung geschaffen worden waren, die die ordnung von über- /unterordnung vom zweck her, für alle sicherheit zu schaffen, zwar legitimieren, die aber eine ordnung bewirkt haben, die das individuum als ich und/oder sein genosse nur geteilt anerkennen konnten(+5).
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(+1)
das ist die lehre von der souveränität(Jean Bodin) und die staatsutopie des Leviathan(Thomas Hobbes).
(+2)   der könig(Bodin)
(+3)   das volk als souverän(Hobbes)
(+4)
für Hobbes wie für Bodin waren es die erfahrungen des bürgerkriegs gewesen, einmal induziert durch die religion, dann durch die ökonomische machtverteilung. Geurteilt in der perspektive des elementaren sinns von existenz, war die sicherheit der bürger der zweck. Dafür sollten strukturen der herrschaft geschaffen werden, die der macht der beteiligten grenzen setzen.
(+5)
die sicherheit der bürger ist unbestritten ein respektabler zweck, entscheidend aber sind das individuum als ich und sein genosse, jeder für sich, die ihre autonomie behaupten müssen, sich für das eine oder das andere zu entscheiden. In der selbstbindung sichert das individuum als ich die sicherheit, die in jeder fremdbindung gefährdet ist.     (*3)<==//       (g/03)<==//    (g)<==//
(h)
die theoretischen probleme der herrschaft sind in der frage zusammengefasst, warum das individuum als ich und sein genosse in ihrer wechselseitigen relation: A<==>B, überhaupt etwas entscheiden müssen. Das eine sind die sachfragen(01), das andere ist die struktur, in der die sachfragen entschieden werden. Pragmatisch kann das strukturproblem der herrschaft auf die frage fokussiert werden, wie die entscheidungsbefugnis organisiert und die feststellung der entscheidungskompetenz gehändelt werden soll. Es ist zweckmässig, einerseits von der befugnis zu sprechen, etwas zu entscheiden, andererseits von der kompetenz, etwas entscheiden zu können. Die entscheidungskompetenz verantwortet das individuum als ich(02); überantwortet ist dem individuum als ich die befugnis zur entscheidung(03). Diese differenz sollte beachtet werden, wenn die organisation der herrschaft real ins werk gesetzt wird und verfahren entwickelt werden, die den zweck haben, die durchführung der herrschaft auch einer rationalen kontrolle zu unterziehen(04). Auf die formen der herrschaft(05) können das individuum als ich und sein genosse sich pragmatisch verständigen, vorausgesetzt, beide habe sich, jeder für sich, autonom entschieden, diese verabredungen zu treffen. Insofern ist jede form von entscheidungsbefugnis limitiert(06), real festgelegt in vereinbarungen, die die funktion eines gesetzes haben, dessen legitimität nicht infrage gestellt ist.
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(01)
das sind die fragen der politik, die als sachfragen in diesem essay ausgeklammert bleiben sollen. In geeigneten projekten sind diese sachfragen, immer streitig gefallen, zu händeln.     (h/01)<==//
(02)
die kompetenz zur entscheidung kann nur das individuum als ich selbst verantworten, nämlich dann, wenn es, ausgerüstet mit dem erforderlichen wissen, eine sachfrage sachgerecht entscheidet. Das ist das expertenwissen, das das individuum als ich und sein genosse, jeder für sich, in den üblichen verfahren erwerben können. Ob das individuum als ich über dieses wissen auch real verfügt, das ist entweder in der sache entschieden(*1) oder es wird vom genossen beurteilt, der entscheidet, ob nach dem stand des wissens diese fähigkeit vorhanden ist oder nicht. Die fremdbeurteilung ist problematisch(*2), aber das problem ist handhabbar, wenn die beurteilung des erforderlichen wissens in verfahren eingebunden ist, die selbst als formen der herrschaft angesehen werden(*3).
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(*1)
ob der braten gelungen war, darüber ist entschieden, wenn das mahl beendet ist.
(*2)
ob das zeugnis "gut" ist, das ist mit einem papier entschieden, dessen text ausdeutbar ist. Sowohl der autor des textes als auch der interpret des textes sind jeweils ein anderer, in keinem fall ist es aber der beurteilte, der in seiner perspektive das zeugnis als günstig einschätzt oder nicht.
(*3)
das bildungssystem eines staates ist eines seiner institutionen, mit denen die herrschaft der bürger über die bürger organisiert wird. In der theorie ist die funktion des bildungssystems eindeutig fixiert, in der praxis aber werden die einschlägigen institutionen als instrumente der macht erlebt und den bürgern des staates steht, dem geschwätz der damen/herren: politiker, entgegen, in keinem fall die bildung, voraussetzung für den erwerb von kompetenz, "frei" zur verfügung(+1).
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(+1)  argument: //==>2.53.28.    (h/02)<==//
(03)
die befugnis zur entscheidung ist dem individuum als ich überantwortet. In der sozialen beziehung ist die übertragung der entscheidungsbefugnis ein konstitutives moment(*1), aber das individuum als ich und sein genosse, jeder für sich, müssen sich in jedem moment der gelebten gegenwart von neuem entscheiden, wem diese befugnis im bestimmten fall zukommen soll, ohne dass mit der bestimmten entscheidung dem einen oder dem anderen die befugnis der entscheidung, das heisst ihre autonomie, entzogen ist(*2). In der sozialen beziehung gibt es immer zwei entscheidungszentren, und gemäss der regeln der mathematik ist die pragmatische auflösung des entscheidungsproblems nur begrenzt möglich. Drei formen der auflösung sind denkbar. Die erste form ist, dass die entscheidungen des individuums als ich und seines genossen im ergebnis gleich sind, jede entscheidung für sich(*3), die zweite form ist, dass die entscheidungen des individuums als ich und seines genossen gegensätzlich sind, jede entscheidung für sich, bis hin zum wechselseitigen ausschluss(*4), die dritte form ist, dass das individuum als ich und sein genosse sich konsentierend entschieden haben, in der form eines kompromisses(*5), wem von beiden in der anstehenden sache die befugnis zur entscheidung übertragen ist, mit der folge, dass die entscheidung des befugten für beide gelten soll(*6).
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(*1)
in der logik der entscheidung ist impliziert, dass entweder das eine moment oder das andere moment das scheidende kriterium ist - tertium non datur. Entscheidungen, die im widerspruch stehen mit den bedingungen der logik, sind nicht das problem, das problem sind die pragmatischen auflösungen, kompatibel mit der logik, aber gegensätzlich zueinander, und diese müssen strikt getrennt gehalten werden.     (*1)<==//
(*2)
diese feststellung mag dann als abstrus erscheinen, wenn es um die streitfrage geht, ob einem geistesschwachen individuum als ich entscheidungskompetenz als bedingung der entscheidungsbefugnis zugeordnet werden kann oder nicht. In der theorie sind die positionen eindeutig geklärt, in der praxis sind die probleme vielfältig, akzeptabel gelöst und auch nicht(+1). In rechtlicher hinsicht ist das problem entschieden(+2), aber faktisch bleiben die streitpunkte, in welchen fällen dem individuum, das ein ich sein soll, die kompetenz zur entscheidung zu verneinen ist. Es ist denkbar, dass das physische potential zur entscheidung auf null eingeschränkt ist, das aber kann kein grund sein, diesem individuum als ich die kompetenz zur entscheidung abzusprechen. Eine grundkompetenz ist immer voraussetzbar, auch dann, wenn das individuum als ich buchstäblich nur noch vegetiert(+3) und jede entscheidung für das individuum als ich vom pflegenden genossen vorgenommen wird.
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(+1)    die sachfragen en detail sind hier nicht zu erörtern.
(+2)
der verweis auf das BGB mit seinen regeln zur vertretung im recht sollte genügen. Es ist freilich ein anderes problem, ob die geltenden regeln der vielfalt der fälle angemessen sind. Das zu beurteilen ist hier nicht die aufgabe.
(+3)
der streit um die gundkompetenz ist, wenn das problem im horizont der vorschrift: die würde des menschen ist unantastbar(Art.1.I.1.GG), beurteilt wird, vordergründig, aber, und dieser aspekt sollte nicht übersehen werden, dieser streit hat die funktion, die frage der macht hinter einem schleier zu verbergen, um das problem im sinne des einen oder des anderen interesses zu händeln.    (*2)<==//
(*3)
als idealfall gilt der konsens, der in der realität im besten fall asymptotisch erreichbar ist. Praktisch spielt dieser fall keine rolle, er sollte aber als masstab für das gelingen der realen möglichkeiten in raum und zeit nicht als gering eingeschätzt, aber auch nicht überschätzt werden.    (*3)<==//
(*4)
auch der dissens in seiner extremsten form ist nur asymptotisch möglich. In raum und zeit ist immer ein ausweg gegeben, das problem der zuordnung ohne gewalt zu lösen.    (*4)<==//
(*5)
der kompromiss, in dem die einschlägigen interessen austariert sind, hat die funktion, für die vergleichbaren fälle eine verbindliche regel zur verfügung zu stellen, künftige entscheidungsfälle zu händeln. Die befugnis zur entscheidung, die den jeweils anderen bindet, sollte aber nicht mit der kompetenz zur entscheidung verwechselt werden, mit der der befugte auch die sachfrage kompetent entscheidet.    (*5)<==//
(*6)
mit der überantwortung der entscheidungsbefugnis hat sich der jeweils andere sich selbst gebunden und in dieser selbstbindung hat er die pflicht übernommen, den befehl des befehlsgebers als selbstgegebene handlungsanweisung zu akzeptieren und das befohlene, sich selbst gehorsam, auszuführen.     (*6)<==//         (h/03)<==//
(04)
die befugnis zur entscheidung ist das signum, herrschaft real auszuüben. Mit der überantwortung der befugnis zur entscheidung ist die kontrolle durch den jeweils anderen impliziert, im horizont des jeweils vereinbarten die auszuführung der übertragenen befugnis zu beurteilen. Diese kontrolle muss öffentlich sein(*1), weil das individuum als ich und sein genosse, jeder für sich, nur dann, wenn die formulierte kritik öffentlich ist, für sich gültig entscheiden können, ob das, wozu sie von den institutionen des staates gezwungen werden, das resultat einer herrschaftsanordnung ist oder nur die wirkung blosser machtausübung(*2). Der bürger kann sich der macht widersetzen, wenn er über die erforderlichen machtmittel zur abwehr verfügt, der herrschaft aber kann er sich im eigenen interesse nicht widersetzen, wenn er sich selbst gehorchen will.
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(*1)
die überantwortung der entscheidungsbefugnis kann im öffentlichen wie im privaten raum realisiert werden, und alle, die es betrifft, entscheiden sich, was privat und/oder was öffentlich gehändelt werden soll. Davon ist aber abzugrenzen, dass alles, was in einem gesellschaftlichen umfeld geschieht, potentiell öffentlich ist und folglich auch öffentlich diskutiert werden muss. In diesem kontext kann es zweckmässig sein, die öffentliche kontrolle auch unter ausschluss der öffentlichkeit vorzunehmen. Das sind pragmatische gründe, die für sich nicht von der öffentlichen kontrolle ausgeschlossen werden können.
(*2)
dem schatten der macht kann keine form der herrschaft entzogen sein, auch dann nicht, wenn sie wohl gegründet ist; denn alle entscheidungen, mit denen die befugnis und/oder kompetenz zur entscheidung festgelegt sind, müssen ante festum gefällt worden sein, entscheidungen, denen weder das individuum als ich noch der genosse sich entziehen können, wenn sie sich in den konkreten situationen entscheiden, situationen, in denen viele faktoren wirksam sind, die faktoren: macht und machtverteilung, eingeschlossen. Die erfahrung kann nicht aus der welt disputiert werden, dass die entscheidung über die kompetenz und/oder der befugnis zur entscheidung auch eine frage der macht ist und dass es die bedingungen im moment der gelebten gegenwart sein werden, durch die programmiert ist, wie im horizont der machtverteilung zwischen allen, die es betrifft, die antworten auf die herrschaftsfrage ausgestaltet sein werden.     (h/04)<==//
(05)
zu den möglichen verfahren der kontrolle von herrschaft andernorts mehr(*1).
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(*1) argument: //==>2.52.13.    (h/05)<==//
(06)
in der entscheidung des individuums als ich, seinem genossen die befugnis zur entscheidung zu übertragen, ist immer die limitierung der erteilten befugnis impliziert. Weder für das individuum als ich noch für seinen genossen gibt es eine allumfassende befugnis zur entscheidung mit der wirkung, den jeweils anderen allumfassend zu verpflichten. Davon ist strikt die erfahrung abzugrenzen, dass in der sozialen ordnung sich machtverhältnisse herausgebildet haben können, die den anschein erwecken, als sei die erteilung der befugnis, für andere zu entscheiden, quasi gottgegeben. Die konfliktlage ist real, aber das problem ist weder mit sophistischen herrschaftssystemen händelbar noch mit theorien der machtbegrenzung(*1), es ist ein faktum der erfahrung, das ist ein aspekt der macht, dass in der erteilung der befugnis zur entscheidung immer ein risiko involviert ist, nämlich das risiko, dass die erteilte befugnis zur entscheidung missbraucht wird. Dieses risiko ist kalkulierbar, wenn die kontrolle der herrschaft(*2) gewollt wird.
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(*1)
das problem der machtkontrolle wird in der tradition unter dem stichwort: teilung der gewalten, unzutreffend diskutiert, dazu andernorts mehr(+1).
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(+1)  argument: //==>2.52.13/(i/03).
(*2)
macht ist durch keine form von herrschaft kontrollierbar, allein die faktische gegenmacht kann das transitorische gleichgewicht der mächte bewirken.     (h/06)<==//         (h)<==//
(i)
pragmatisch haben das individuum als ich und sein genosse verfahren entwickelt, mit denen sie das akute problem der entscheidung im moment der gelebten gegenwart verstetigen können, um in der verstetigung des entscheidungsprozesses sich auch faktisch entlasten zu können. Die verfahren sind ein teil der tradition(01).
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(01)
das problem, herrschaft durch verfahren zu generieren und zu kontrollieren, ist in der perspektive der pragmatik andernorts zu erörtern(*1).
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(1)  argument: //==>2.52.13.    (i)<==//
(2.52.02/(e/01))<==//


2.52.10

die redeweise: dialektik von macht und herrschaft, ist geläufig(a). Dem individuum als ich: A, und seinem genossen: B, ist bewusst, dass sie, wenn sie von der herrschaft oder von der macht sprechen, immer das jeweils ausgeschlossene andere mit im blick haben müssen, um zureichend über das sprechen zu können, das sie mit den termini: macht und herrschaft, bezeichnen. Die begriffe: macht und herrschaft, differenzieren eindeutig, aber im streit bleibt die einordnung der entscheidung, ob das bestimmte phänomen, pars pro toto das dekret des staatslenkers: N,(b), eine handlung ist, die mit dem begriff: herrschaft, oder mit dem begriff: macht, von den anderen dingen der welt unterschieden werden soll. Der grund für die kontroversen beurteilungen sind die verfolgten interessen, die als das entscheidende kriterium jeden streit entscheiden, begrenzt auf einen bestimmten zeitraum. Das interesse aber, legal oder illegal verfolgt vom individuum als ich und seinem genossen, jeder für sich, ist kein konstitutives merkmal der begriffe: macht und herrschaft,(c). Es ist eine grosse illusion, wenn das individuum als ich und sein genosse meinen, sie könnten ihr handeln und das handeln des genossen, der_andere, eindeutig, unbestreitbar und abschliessend als ein phänomen der macht oder als ein phänomen der herrschaft ausweisen. Ihre beurteilungen markieren ein zwielicht, das als chance räume ausleuchtet, in denen sie ihre bürgerlichen freiheiten nutzen können, ohne den jeweils anderen zu schaden, den eigenen vorteil mehrend(d).
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(a)
der terminus: dialektik von macht und herrschaft, bezeichnet die ambivalenz der begriffe: macht und herrschaft, die in den phänomenen der herrschaft und der macht unmittelbar greifbar ist(01). In der erfahrung ist in jedem moment der gelebten gegenwart präsent, dass das reden von den phänomenen der macht nur im horizont der phänomene der herrschaft möglich ist, das ist nicht anders, wenn über die phänomene der herrschaft im horizont der machtphänomene räsoniert wird - immer ist das bestimmende moment genau in dem verortet, das im bestimmten ding der welt gerade nicht verortet sein kann. Mit der methode: im trialektischen modus, ist dieser zusammenhang darstellbar(02), ohne das problem der dialektik von herrschaft und macht zu eskamotieren.
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(01)   argument: //==>2.53.01.
(02)
diese dialektik der begriffe: macht und herrschaft, ist der gegenstand der erörterung in zwei argumenten, erweitert mit den einschlägigen graphiken(*1). Der gedanke ist zu wiederholen, wenn das
argument hier für sich bestehen soll(*2).
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(*1)  argumente: //==>2.52.01/(d/01) und 2.52.04/(c/01).
(*2)  argument: //==>2.23.13.     (a)<==//
(b)
es ist nicht notwendig, den "bösen" diktator zu bemühen, es genügt auf eine respektable person zu verweisen, die sich, wie man sagt, um den staat verdient gemacht hat. Seine meinung zählt und man folgt seinen anweisungen, die förmlich als herrschaftshandeln ausgewiesen sind, de facto aber als handeln aus macht wahrgenommen werden. Der staatslenker: N, kann der meinung sein, dass sein dekret das sichtbare zeichen seines herrschaftshandelns ist, der bürger wird es als resultat blossen machthandelns erleben. Die unterschiedliche beurteilung ein und derselben handlung ist in raum und zeit ein faktum.      (b)<==//
(c)
die klassifizierung der macht- und der herrschaftsphänomene wäre ein unmögliches unternehmen, wenn die jeweils verfolgten interessen auch ein merkmal der begriffe: macht und herrschaft, wären; denn zu jedem interesse kann potentiell auch ein gegeninteresss geltend gemacht werden.     (c)<==//
(d)
es mag eingewendet werden, dass die verknüpfung von dialektik(01) und zwielicht(02) eine billige ausflucht ist, sich in einer streitigen sache festzulegen. D'accord, die klare zuordnungen der weltdinge gemäss der unterscheidenden begriffe: macht und herrschaft, ist wünschenswert, weil zweckmässig, allein die dinge der welt entziehen sich diesen einordnungen. Mit sich identisch ist jedes ding der welt das, was es ist, allein die möglichen perspektiven auf das weltding können so verschieden sein, dass in den einschätzungen des individuums als ich und seines genossen, jeder für sich, das mit sich identische ding der welt, partes pro toto die gewalttat eines diktators oder die entscheidung des pflichtbewussten beamten, gegensätzlich bis zum wechselseitigen ausschluss, sowohl als pflichtgemässe herrschaftshandlung als auch als ruchlose machthandlung erscheinen können, jeweils über kreuz verknüpft. Beispiele dafür können zu hauf zitiert werden(03).
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(01)  //==>INDEX der argumente, stichwort: dialektik.
(02)  argument: //==>2.22.58.
(03)  klassisch, wie man sagt, sind die fälle des "tyrannenmords".     (d)<==//
(2.52.01/(d/01))<==//


2.52.11

die bürgerlichen freiheiten(a), jede der freiheiten für sich, die das individuum als ich: A, und sein genosse: B, ausüben können, sind phänomene der herrschaft, die von den phänomenen der macht umstellt sind. Jedes phänomen einer bürgerlichen freiheit kann als ein phänomen der macht wahrgeommen und so auch gedeutet werden, nicht anders die phänomene der macht, die sich als eine bürgerliche freiheit drapieren können(b). Weder sind die bestimmten bürgerlichen freiheiten den phänomenen der herrschaft eindeutig zuordbar, noch sind diese als momente der macht eindeutig ausweisbar. Die bürgerlichen freiheiten stehen in einem zwielicht(c); denn der gebrauch einer bestimmten bürgerlichen freiheit durch das individuum als ich: A, kann ein moment der herrschaft sein, das andererseits als ein moment der macht die funktion einer gegenmacht hat, die die macht des genossen: B, begrenzt. In der doppeldeutigkeit jeder bestimmten bürgerlichen freiheit ist das potential des individuums als ich real, überantwortete herrschaft mit der faktischen macht in der balance zu halten, mit dem ziel, die soziale beziehung zwischen dem genossen: B, und dem individuum als ich: A, im sinn der utopie: das_humanum, zu gestalten. Die sicherheit, ihre existenz als individuum zu leben, das ein ich ist, diese sicherheit können das individuum als ich und sein genosse, jeder für sich, nur dann haben, wenn sie wissen, dass sie auch ihre bürgerlichen freiheiten ungestört, das soll heissen: eigenverantwortlich, gebrauchen können(d). In ihrer doppelfunktion sind die bürgerlichen freiheiten formen institutionalisierter gegenmacht, mit der das individum als ich und sein genosse die zumutungen der macht einerseits in grenzen halten können, eine gegenmacht, die andererseits als eine form der macht erscheint, der eine grenze gesetzt sein muss(e). Die bürgerlichen freiheiten sind real limitierte freiheiten, deren grenzen einerseits im gebrauch der autonomie des individuums als ich und seiner selbstbindng gesetzt sind, grenzen, die andererseits als resultate ausgeübter herrschaft erfahren werden. Die faktische ausübung der bürgerlichen freiheiten, jede dieser freiheiten für sich, wirkt als einhegung der faktischen ausübung von macht(f).
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(a)
die idee der freiheit ist in diesem essay der gegenstand mehrerer argumente(01). Sie bilden zusammen eine einheit, in denen Ich das problem der freiheit in verschiedenen perspektiven diskutiere. Gelegentliche überschneidungen und wiederholungen sind nicht vermeidbar, weil jedes argument für sich steht.
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(01)  die argumente: //==>2.22.07  //==>2.22.15  //==>2.32.03.      (a)<==//
(b)
nun sollten die dinge der welt durchmustert werden, die, als phänomene der bürgerlichen freiheiten(01) bestimmt, von den phänomenen der macht ohne ausnahme, umstellt sind, zum verwechseln gleich erscheinend. Ich beschränke mich auf weniges(02).

Pars pro toto zum ersten. Es wird davon geredet, dass das geld zugleich ein segen und fluch sei. In welcher form das geld auch präsent sein mag(03), es kann als mittel instrumentalisiert werden zu jedem zweck, den sein besitzer zu imaginieren fähig ist, ein zweck, den er, wenn er's will und dies auch kann, durchsetzt(04). Im terminus: können, ist die möglichkeit der freiheit eine form der unfreiheit, einerseits verdeckt für den einen, für den anderen offen andererseits. Das ist die amphibolie des geldes, die es ausschliesst, die phänomene des geldes entweder der herrschaft zuzuordnen oder der macht - geld ist immer beides und es ist das individuum als ich und sein genosse, jeder für sich, die sich entscheiden müssen, und, entscheiden können sie sich in der gesellschaft nur dann, wenn sie, jeder für sich, auch real über die bürgerlichen freiheiten verfügen können.

Pars pro toto zum zweiten. Es wird davon geredet, dass es eine dialektik der freiheit von etwas und der freiheit zu etwas gebe(05). Die einschlägigen phänomene sind nicht in frage zu stellen, aber als horizont für die realen bürgerlichen freiheiten wird jede bürgerliche freiheit für sich in der ambivalenz von macht und herrschaft wahrgenommen werden. Das individuum als ich, das die befugnis zur herrschaft hat, weiss, dass es diese befugnis nur dann "frei" betätigen kann, wenn es über die machtmittel verfügt, seine entscheidung als form der herrschaft auch gegen widerstreben durchzusetzen. Der genosse, der real über die machtmittel verfügt, seinen willen gegen widerstreben durchzusetzen, weiss, dass seine fähigkeit, als form einer freiheit zu etwas erscheinend, real durch die gegenmacht begrenzt ist, die ihn in seiner freiheit einschränkt, begrenzt durch herrschaft. Diese dialektik von gewährung und einschränkung, sowohl der macht als auch der herrschaft, muss das individuum als ich mit dem genossen austarieren, wenn beide, jeder für sich, die erträumten bürgerlichen freiheiten real geniessen wollen.
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(01)

es ist nicht falsch, die bürgerlichen freiheiten mit dem kanon der allgemeinen menschenrechte(*1) gleichzusetzen. Es sollte aber die differenz beachtet werden, dass die erklärungen der allgemeinen menschenrechte(*2) die funktion haben, in der zukunft ein politisches ziel zu projektieren, das in den formen gelebter bürgerlicher freiheiten real werden soll. Das, was das individuum als ich und sein genosse real in anspruch nehmen, das sind, abstrakt formuliert, asymptotische annäherungen an ein ideal, das nicht in raum und zeit realisiert werden kann. An der bestimmten bürgerlichen freiheit wird immer etwas fehlen, als beispiel zitiere Ich die chance, seine meinung ungehindert von den institutionen der gesellschaft äussern zu können(*3). Von der entgrenzten freiheit kann geträumt werden(*4), im hier und jetzt werden die weltdinge nur in ihrer kausalen notwendigkeit wahrgenommen.
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(*1)
partes pro toto ist zu verweisen auf die UN-Konvention vom 10.12.1948(+1) und den grundrechtskatalog des Grundgesetzes der BRD, 1949,(+2).
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(+1) zitiert in: Heidelmeyer,Wolfgang: Die Menschenrechte. p.225-231. /bibliographie //==>2.93.87.
(+2) zitiert in: a.a.O. p.99-104(fassung 1976).
(*2)
die geschichte der menschenrechte ist reich an dokumenten der historia und es sollte nicht übersehen werden, dass unter wechselnden termini die idee eines allgemeinen menschenrechts immer diskutiert worden ist, freilich im horizont der gelebten zeit. Ich verweise auf
Aristoteles und seine utopie des glückseligen lebens, die bürgerrechte der römer in der alten republik: Rom, die vorrechte des adels im Mittelalter, d'accord immer beschränkt auf bestimmte gruppen der gesellschaft. Erst seit der Französischen Revolution, 1789-1793, ist der gedanke eines allgemeinen menschenrechts, das alle geniessen können sollen, ein fester merkposten auf der politischen agenda.
(*3)
und wenn's nur das banale ereignis ist, dass der termin, in der nachmittäglichen talkshow gesendet ohne zeitverzögerung, durch einen stau auf der autobahn oder die verspätung der bahn versäumt worden ist.
(*4)
darauf zielt der text eines schlagers ab, der in den achtzigern des letzten jahrhunderts populär gewesen war: über den wolken muss die freiheit grenzenlos sein ... .       (01)<==//
(02)
mit vielen beispielen kann die doppeldeutigkeit der bürgerlichen freiheiten, jede freiheit für sich, und die dialektik der freiheit von etwas und zu etwas demonstriert und illustriert werden. Das ist aber nicht der zweck des essays, mit dem der versuch unternommen ist, die vielfältigen phänomene des politischen, wie man sagt, auf den begriff zu bringen.      (02)<==//
(03)
die form des geldes, sei's als münze, sei's als edelmetall oder mineral, sei's als ein sammlerstück oder kunstwerk, sei's in der form als immobilie oder acker, sei's als ziffer auf dem kontoauszug der bank oder der kurszettel einer börse, alle diese formen sind in dem einen moment gleich, dass sie untereinander bequem austauschbar sein können, aber das, was entscheidet, das ist die verfügbarkeit über eine sache und wer darüber verfügt, dem ist der raum seiner freiheit geöffnet, in dem er gegen den anderen seine macht ausübt, die auch als eine form der herrschaft erscheinen kann.      (03)<==//
(04)
im prinzip der zahl: 1,(+1) ist impliziert, dass die zahl: 100, in der zahl: 1000, ohne spur verschwunden ist. Kluge leute mögen einwenden, dass die summe mit der zahl: 1100, ausgedrückt wird - geschenkt!
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(+1) Richter,Ulrich: Das prinzip der zahl: 1. adm/(20). /bibliographie //==>2.93.76.      (04)<==//
(05)   argument: //==>2.32.03/(g).      (05)<==//         (b)<==//
(c)     argument: //==>2.22.58.. (c)<==//
(d)
das individuum als ich und sein genosse akzeptieren es, dass der gebrauch ihrer bürgerlichen freiheiten, jede der freiheiten für sich, limitiert ist, wenn das versprechen der sicherheit vor nicht beherrschbarer macht das äquivalent für die begrenzung ihrer bürgerlichen freiheiten ist, sei's durch herrschaft, sei's durch macht(01). Dieses versprechen geben sich das individuum als ich und sein genosse nur dann wechselseitig, wenn sie, sicherheit eintauschend, im gebrauch der bürgerlichen freiheiten sich selbst beschränken. Es ist nicht der staat, der Leviathan, der, so das vorurteil, die bürgerlichen freiheiten einschränkt, es müssen die bürger selbst sein, die im interesse aller, die es betrifft, sich beschränken, damit alle, die es betrifft, am wechselseitig versprochenen schutz partizipieren können. Die alte regel: do ut des,(02) ist auf der wechselseitigkeit der interessen gegründet, einerseits die macht jedes einzelnen durch das gesetz als form der herrschaft in schranken zu setzen, andererseits dem einschränkenden gesetz als form der herrschaft auch den erforderlichen nachdruck beizugeben, dass das gesetz gegen widerständige macht auch durchgesetzt wird. Erst in dieser balance von macht und herrschaft kann das individuum als ich und sein genosse in den formen der herrschaft das gefühl der sicherheit vor den zumutungen der macht haben.
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(01)
das ist der kern der Hobbes'schen staatstheorie: sicherheit der existenz gegen die kalkulierbare einschränkung individueller willkür. Diesen zweck können die bürger nur gemeinsam im verband eines staates erreichen. Dem verzicht der bürger auf uneingeschränkte nutzung ihrer bürgerlichen freiheiten steht die pflicht des staates gegenüber, dem bürger durch formen der herrschaft sicherheit vor den zumutungen der macht zu gewährleisten. Diesen zweck können aber die bürger, vermittelt durch die instititutionen des staates, nur dann erreichen, wenn die institutionen in den formen der herrschaft sicherstellen, dass dem bürger die nutzung seiner bürgerlichen freiheiten in den grenzen der beschränkenden gesetze faktisch möglich ist(*1), das heisst, dass der bürger in seinen bürgerlichen freiheiten die gegenmacht entfalten kann, die für die einhegung der allgegenwärtigen macht erforderlich ist(*2). In der theorie ist der gedanke Hobbes' genial, allein in der praxis handeln die bürger nach anderen regeln. Immer dann werden die vertragspartner ihre pflichten vergessen, wenn sie meinen, einen vorteil für sich auf kosten des anderen erkennen zu können(*3). Der desillussionierenden praxis entgegen sollte der rationale kern dieser staatstheorie nicht ignoriert werden, nämlich die idee, dass das individuum als ich und sein genosse ihre soziale beziehung nur in einem system von checks and balance für beide vorteilhaft gestalten können(*4).
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(*1)
wenn diese prämisse gilt, dann scheidet jede staatsform, in der das wechselspiel von macht und herrschaft nicht austariert ist als organisationsprinzip des bürgerstaates aus. Mit einer diktatur, in welcher form auch immer, ist buchstäblich kein staat zu machen.       (*1)<==//
(*2)
klarstellung. Die gewalt, in welchen formen auch immer, scheidet aus. Gewalt kann nur durch gegengewalt neutralisiert werden. Das gesetz als form der herrschaft, kann nicht genügen, und macht wird, wenn die gegenmacht nur in einer form der gewalt manifest ist, durch gewalt vernichtet(+1).
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(+1)
alle gewalttätigen auseinandersetzungen, zumeist in den formen des krieges, sei's zwischen staaten, sei's zwischen den bürgern, liefern genügend anschauungsmaterial. Das ist der fehler im denksystem des Carl Schmitt(§1).
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(§1)  argument: //==>2.62.05.      (*2)<==//
(*3)
Thomas Hobbes war nicht naiv gewesen - dem standen seine erfahrungen im englischen bürgerkrieg seit 1642 entgegen. Seine beobachtungen, gebündelt in der maxime: homo homini lupus(+1), sind aber nicht als beweis instrumentalisierbar, dass das nicht möglich sein könne, was Hobbes als seine utopie entwickelt hatte.
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(+1)
die bekannte formel hatte Carl Schmitt interpretierend mit zwei varianten der formel in seiner theorie des politischen aufgegriffen(§1).
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(§1)  argument: //==>2.61.03./(b).      (*3)<==//
(*4)
die praxis der damen/herren: politiker, agenten der moderne(+1), meinen, quer zur idee des Thomas Hobbes, nach der maxime: homo homini lupus, politik gestalten zu können. Im denkhorizont neoliberaler schwätzer, die institutionen des staates fest im griff, tun sie als lakeien alles, was den mächtigen in ihrer langeweile gerade so beliebt, faktisch die pflicht des staates hintertreibend, allen bürgern schutz zu gewähren. Als kreaturen der macht, üben sie keine herrschaft aus, sie besorgen das geschäft der macht.
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(+1) die agenten der historia waren nicht besser gewesen ... . Es genügt, bei Machiavelli nachzuschlagen.       (*4)<==//          (d/01)<==//
(02)
die regel: "ich gebe, damit du gibst" markiert einen bedeutenden aspekt der herrschaft, nämlich die gestaltung des vertragsrechts, das als staatliches recht die voraussetzungen schafft, die als notwendig angesehen werden, um die bürger des staates zu ermächtigen, ihre tauschgeschäfte in sicherheit abzuwickeln. Die details können hier beiseitegestellt bleiben.      (02)<==//         (d)<==//
(e)
es ist, wie hinreichend bekannt ist, chic, vom "freien markt", dem sogenannten, zu reden. Die ideologen des neoliberalismus werden nicht müde, ihr mantra runterzubeten, dass nur der von allen fesseln gelöste markt funktionell fähig sei, aus dem kosten/nutzen-kalkül ein optimum in die welt zu setzen. Der grund sei, so sagt man, die konkurrenz im markt, der, weil alles seinen lauf nehme, eben die besten belohne und die schlechten ausmerze. Der benannte grund ist falsch, sowohl in der theorie(01) als auch in der praxis(02). Der markt ohne regeln ist nur die spielwiese des jeweils stärkeren, der vernichtet wird, wenn ein noch stärkerer den markt betreten hat, bis dieser auch seinen meister finden wird.
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(01)
jedes sich selbst organisierende system folgt der schwerkraft seiner elemente. Es bildet sich, wenn das system nicht gestört wird, ein gleichgewicht der kräfte heraus, das fragil ist, weil mit dem zugang oder der wegnahme nur eines elements das gleichgewicht gestört wird und im system kraftzentren sich bilden können, die alles in sich aufsaugen, bis diese selbst wieder im ungleichgewicht der kräfte zerfallen werden. Das gleichgewicht der kräfte, diesen im system die existenz auf dauer sichernd, ist nur dann möglich, wenn ein korrigierendes element von aussen dem system hinzugefügt wird, das die prozesse des ansammelns und des zerfalls regelt.
(02)
es genügt, einen blick auf die letzte finanzmarktkrise 2008ff zu werfen. Mitnichten haben sich im markt, der alles richten soll, die "besten" durchgesetzt, die sogenannt besten, die alle das grosse wort geführt hatten, früher, und jetzt in den löchern des vergessens verschwunden sind, die sie mit ihren spekulationen ohne maass geschaffen hatten. Im markt sind andere, auch kein maass kennend, gefolgt, die, weil der markt unreguliert geblieben ist, im verschwinden aus dem markt folgen werden, usw, usw.       (e)<==//
(f)
jede norm hat eine gedoppelte funktion, einerseits wirkt sie als erlaubnis, ein verbot ist sie andererseits. Das verbot verschliesst den freiheitsraum, der mit der erlaubnis geöffnet ist. Der raum der machtausübung wird verengt oder erweitert. Die wirkung einer grenzlinie, gesetzt mit der norm, ist das konstante moment jeder rechtsnorm, die als schibboleth der herrschaft ausgewiesen ist(01). Das, was die macht des mächtigen genossen: B, rechtsförmig erweitert, das ist eine einschränkung der bürgerlichen freiheiten des individuums als ich: A, und das, was faktisch die machtausübung des mächtigen individuums als ich: A, einschränkt, das ist eine ausweitung der bürgerlichen freiheiten des genossen: B,(02). In der gedoppelten funktion ist die ausübung der rechtlich zugestandenen bürgerlichen freiheiten des individuums als ich: A, das faktum einer gegenmacht, die wirksam die machtausübung des genossen: B, einschränken kann, ohne die balance zwischen macht und herrschaft in frage zu stellen. Mit der erweiterung und/oder verengung bestimmter bürgerlicher freiheiten wird zwar die grenzlinie zwischen herrschaft und macht immer wieder verschoben, aber als markierte grenze nicht aufgehoben. Über den grenzverlauf kann und muss gestritten werden, ohne die grenze in frage zu stellen(03).
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(01)
nicht jede rechtsnorm, formal scheinbar korrekt zustandegekommen, hat diese wirkung, weil das wechselspiel von erweiterung und verengung des freiheitsraums der bürger gestört ist. Eine rechtsnorm, die als illegitim ausgewiesen ist, suspendiert das wechselspiel und ist als norm der herrschaft nicht denkbar(*1). Partes pro toto sind zum ersten die typischen generalklauseln zu zitieren, mit denen in einem diktatorischen regime das bürgerliche verhalten aller, die es betrifft, unter dem anschein des rechts kriminalisiert wird(*2). Zum zweiten sind es die einschlägigen urteile der gerichte, die als blosse demonstrationen der macht eingeschätzt werden und als gewalt präsent sind(*3).
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(*1)
klarstellung. Die illegitime rechtsnorm ist eine norm der macht und es ist gleichgültig, auf welchem weg diese norm in einem rechtssystem implementiert ist und durchgesetzt wird. Es gilt die macht, die herrschaft ist negiert - tertium non datur.
(*2)
berüchtigt sind die paragraphen, mit denen, geschrumpft auf den denkhorizont der mächtigen, im staat die sogenannt staatsfeindlichen äusserungen und/oder handlungen der bürger, was immer diese auch sein mögen, verfolgt werden sollen. Schon der beiläufige witz über einen potentaten, vermeintlich mächtig, kann den kopf kosten ... - es ist blosse macht, die in gewalt mutiert ist.
(*3)
klarstellung. Es sollte differenziert werden zwischen einem urteil, das das gericht eines rechtsstaates gesprochen hat, und dem urteil, das ein gericht exekutiert, diktiert von dem machthabenden. Im schauprozess gibt es keine revision, weil als konsequenz eines machtspruches unter vorspiegelung einer öffentlichkeit der öffentliche diskurs ausgeschlossen ist. Im rechtsstaat, wenn die jurisdiktion gemäss ihres zwecks funktioniert, ist gegen jedes urteil eines gerichtes die revision möglich und auch das urteil am ende des rechtsweges ist der öffentlichen kritik nicht entzogen, auch dann nicht, wenn es, wie es heisst, nach recht und gesetz vollzogen wird. Etwas anderes ist das urteil aller, die an dem konkreten verfahren beteiligt gewesen waren. Sie können das urteil begründet für falsch halten, aber sie haben es anerkannt, wenn sie sich auf das verfahren als form der herrschaft eingelassen haben. Verneinen sie aber diese anerkennung, dann muss einerseits das urteil als machtdemonstration erscheinen, andererseits ist aber die abweisung des urteils selbst eine machtdemonstration, offen, welcher machtanspruch sich durchsetzt. Eine vermittlung ist ausgeschlossen und was bleibt, das ist das gefühl der macht oder der ohnmacht.       (f/01)<==//
(02)
das geheimnis guter herrschaft ist die balance zwischen gewährung und rücknahme bestimmter bürgerlicher freiheiten. Es muss das richtige maass bestimmt werden, mit dem die notwendige gewährung und die notwendige beschränkung der bürgerlichen freiheiten ins werk gesetzt wird(*1). Das wissen um das richtige maass, das ist den ideologen der macht nicht verfügbar, die willigen helfer der mächtigen eingeschlossen, sei's, dass sie es nie hatten entwickeln können(*2), sei's, dass sie es vergessen hatten(*3), als sie meinten, einen zipfel des mantels der geschichte in der hand zu haben(*4).
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(*1)
das problem des richtigen maasses war Aristoteles bewusst gewesen und er hatte es gelehrt(+), den mächtigen aber in ihrem wahn ist dieses wissen entweder nie zugänglich gewesen oder sie hatten es im rausch der macht vergessen.
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(+1)  argument: //==>2.42.04.      (f/02/*1)<==//
(*2)
der terminus: ideologe der macht, bezeichnet eher ein cliché als ein reale person. Es dürfte schwierig sein, eine person der historia zu benennen, für die der terminus exakt zutreffend wäre. Prima vista wird der name: Machiavelli, in den ring geworfen, aber das ist secunda vista falsch; denn die beschreibung der machtphänomene ist etwas anderes als die rechtfertigung eines bestimmten machtphänomens und die zyniker der macht, die damen/herren: politiker, der moderne, eingeschlossen die potentaten der historia, gebrauchen ihre verfügbaren machtmittel ohne gewissen, aber das ist etwas anderes.       (f/02/*2)<==//
(*3)
die "willigen helfer der mächtigen", in alter zeit sagte man: die lakaien, hatten es einmal gewusst, dass es ein maass gibt, aber sie haben das maass, wie man es heute sagt, in ihrem job vergessen(+1), präziser formuliert, sie haben ihr wissen verdrängt, das als wiedergänger in dem präsent ist, das gerade ansteht. Ich zitiere pars pro toto die "Agenda2010"(+2), das politische programm der pauperisierung eines drittels der gesellschaft(+3). Der kern dieses programms ist die ausplünderung eines drittels der gesellschaft zugunsten einer kleinen, sich aber als mächtig fühlenden oberschicht. Das verhältnis der gesellschaftlichen kräfte im staat, dem wechselspiel von macht und herrschaft unterworfen, wurde mit den gesetzen der Agenda2010 zueinander verändert, so, dass die mächtigen in der gesellschaft ihren spielraum zu lasten derjenigen vergrössern konnten, deren bürgerliche freiheiten eingeschränkt wurden(+4). Das verhältnis von macht und gegenmacht wurde verschoben, einerseits zu lasten der gegenmacht, zu gunsten der macht andererseits(+5). Aber, und dieser aspekt sollte in der bewertung des problems nicht unterschlagen werden, weder der mächtige ist zu diesen verschiebungen im parallelogramm der kräfte: macht und gegenmacht, allein fähig, noch vermag die gruppe der mächtigen gegen die gruppe der weniger mächtigen diese verschiebungen zu bewirken. Die mächtigen, agierend als gruppe, benötigen geeignete helfer, rekrutiert aus der gruppe der ohnmächtigen, die, ihrem interessenbestimmten kalkül folgend, die arbeit leisten und denen entweder für diese dienste exorbitante geldsummen gezahlt werden(+6), oder die teilhabe am glanz der macht versprochen wird, gewährt in kleinen häppchen(+7).
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(+1)
der typische lakai ist ein emporkömmling(§1)
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(§1)  Richter,Ulrich: Nur ein emporkömmling ... . mdb/(07). /bibliographie //==>2.93.76.      (+1)<==//
(+2)
die protagonisten der agenda2010 sind Gerhard Schröder, bundeskanzler a.D.(1998-2005), und seine entourage, die das umgesetzt hatten, was seit den neunziger jahren des vergangenen jahrhunderts unter dem schlagwort: zweidrittelgesellschaft, diskutiert wird. Der staat wird mit dem oberen zwei dritteln der gesellschaft gemanaged, das verbleibende dritte drittel ist unvermeidlicher balast, der noch mitgeschleppt werden muss, weil man die "überflüssigen" nicht mehr "durch arbeit", vulgo sklavenarbeit, einfach totschlagen kann(§1). Die logik dieses gesellschaftsmodells, abzielend auf die pauperisierung eines drittels der gesellschaft, ist das treibende moment der Schröder'schen agenda2010(§2).
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(§1)
klarstellung. Die formulierung kann assoziationen zum Hitler- Deutschland und dem programm: vernichtung durch arbeit, provozieren. Es ist schlichter unsinn, die agenda2010, vor allem das, was unter dem etikett: Hartz_IV, bekannt ist, mit der NS-zeit in verbindung zu bringen, aber das, was zwischen 1933-1945 als nazi-ideologie bekannt gewesen war, das ist unbestritten ein moment jener ideologischen strömungen, die unter dem terminus: faschismus, ein historisches faktum sind, ein sammelsurium von versatzstücken der geschichte, deren historia weit in das 19.jahrhundert zurückreicht, und die bis in das 21.jahrhundert wirksam sind. Der geist des faschismus mag schlafen, eine schlimme illusion, aber in den köpfen vieler zeitgenossen spukt er weiterhin.
(§2)
es ist falsch, die agenda2010 auf Hartz_IV zu verkürzen. Zwar ist es zutreffend, dass vorallem die Hartz_IV-gesetze im bewusstsein der menschen ihre spuren hinterlassen haben, aber es gibt auch teile in diesem programm, mit denen einerseits die in der zeit verkrusteten gesellschaftlichen strukturen aufgebrochen wurden, diese strukturen den anforderungen an die gegenwart funktional anpassend, die andererseits die arbeitenden menschen in einen markt zwangen, in dem sie den zumutungen der ökonomisch stärkeren chancenlos ausgeliefert sind. Es sollte nicht übersehen werden, dass die erben des herrn: Schröder, Frau Merkel und Co. ihre wirtschaftlichen erfolge 2013 auch der verarmung eines drittels der gesellschaft verdanken.      (+2)<==//
(+3)
Richter,Ulrich: Reformen ja! - aber nicht diesen murks. adm/(01)/anm.: 3. /bibliographie //==>2.93.76.       (+3)<==//
(+4)   //==>anmerkung: (f/03)       (+4)<==//
(+5)
als reform der gesellschaft ist die Schröder'sche agenda2010 vorsintflutlich, nämlich dann, wenn die agenda2010 im horizont der alten kamellen beurteilt wird, die Aristoteles, 2400 jahre früher, schon eingefordert hatte(§1). Es dürfte wohl das geheimnis des herrn Schröder bleiben, sorgsam gehütet, wie es möglich sein soll, das gemeinwesen zu reformieren, wenn dem bürger einerseits die subsistenzmittel entzogen werden, die notwendig sind, ein erfülltes leben zu führen, um das geraubte den reichen zuzuschlagen, die, gelangenweilt von den zahlen auf dem konto der bank, den reichtum der bürger auf den globalen finanzmärkten der welt verzocken. Es ist kein zufall, dass das entstehen der nicht mehr kontrollierbaren finanzmärkte und die regierungszeit des Gerhard Schröder synchron verlaufen sind(§2).
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(§1)    //==>anmerkung: (f/03)
(§2)
klarstellung. Der grundtein für die verwerfungen auf den internationalen finanzmärkten ist vor der regierungszeit Schröder's gelegt worden. Dafür waren und sind andere verantwortlich, aber die gunst der zeitläufte hatte herr Schröder genutzt, um sich in szene zu setzen - der zuschauer muss auch für schlechtes theater zahlen.      (+5)<==//
(+6)
das ist die funktion der boni, die die banker einstreichen, wenn sie an den finanzmärkten ihr grosses rad drehen - der preis für krumme geschäfte, den andere zahlen müssen.       (+6)<==//
(+7)
es gibt ein photo, das Gerhard Schröder zeigt, wie er beim Wiener Opernball in einer der logen posiert, als gast eines mächtigen.       (f/02/*3)<==//       (+7)<==//
(*4)
die formel: der mantel der geschichte, soll der bundeskanzler a.D. Dr.Helmut Kohl verwendet haben, zumindest wird ihm diese formel zugeschrieben(+1). Es ist nicht meine absicht, in diesem argument das politische wirken Helmut Kohl's zu bewerten, das gehört in einen anderen kontext. Ich gebrauche die formel nur als metapher, die in vielen perspektiven ausdeutbar ist(+1).
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(+1)
in der publizistik taucht die formel: der mantel der geschichte, immer wieder auf, sie ist, so scheint es, allgemeingut geworden. Ein autor ist vermutlich nicht mehr benennbar.         (f/02)<==//        (*4)<==//
(03)
im horizont der frage nach der guten ordnung im staat(*1) wird der diskurs geführt, in dem die trennlinie festgelegt wird, die zwischen der ermächtigenden und der einschränkenden norm gezogen ist. Die grenzlinie verläuft nicht zwischen der herrschaft und der freiheit, sondern zwischen der verfügbaren macht und der behaupteten freiheit. Es ist ein teil der erfahrung, dass das machthabende individuum als ich: A, seinen freiheitsbereich ebenso hartnäckig behauptet, wie es nicht bereit und auch nicht fähig ist, den freiheitsraum des ohnmächtigen genossen: B, zu akzeptieren. Ein grund(*2) ist, dass der ökonomische status des machthabenden für die faktische verfügbarkeit über die mittel der macht entscheidend ist. Wer über macht verfügen will, der muss ökonomisch unabhängig sein; denn in seiner ökonomischen unabhängigkeit ist das individuum als ich befähigt, seine vom gesetz verbürgten bürgerlichen freiheiten auch zu nutzen(*3). Aristoteles lehrt, dass das glückselige leben(*4) in der autarkie(*5) fundiert sei, die das individuum als ich und sein genosse, jeder für sich, nur im verband der sozialen gruppe und im staat erreichen können. Die realisierung ihrer existenz, sowohl als mitglied des verbandes der sozialen gruppe als auch als bürger des staates, ist davon abhängig, ob sie auch real über die erforderllichen subsistenzmittel verfügen können, die sie entweder im verband der sozialen gruppen oder im staat im maass der verteilung von macht verfügbar haben. Das maass ist der gebrauch der bürgerlichen freiheiten als form der herrschaft und der gebrauch ihrer subsistenzmittel als form der macht(*6).
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(*1)    argument: //==>2.42.05.
(*2)
andere gründe sind erwägenswert, so das charisma oder die autorität einer person(+1), aber diese aspekte sollen hier ausgeklammert bleiben.
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(+1) argument: //==>2.53.14.
(*3)
es gibt viele sprüche, die auf diesen zusammenhang verweisen. Partes pro toto die sprüche: "Ohne moos nix los" und "Erst kommt das fressen, dann die moral"(Bertold Brecht).
(*4)   argument: //==>2.42.04.
(*5)   argument: //==>2.42.11.
(*6)
von der gerechtigkeit ist nicht die rede(+1). Der staat muss nicht gerecht sein, wenn herrschaft und macht zwischen allen, die es betrifft, austariert ist, er muss funktionieren, wenn das individuum als ich und sein genosse, jeder für sich, gerecht handeln wollen und dies auch können.
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(+1)  argument: //==>2.42.13.   //      (f/03)<==//     (f)<==//
(text/1.3.22)<==//


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fortsetzung:
subtext: 2.52.12 bis 2.52.16

<==// (anfang/bibliograpische angaben)

stand: 16.04.01.

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