fortsetzung
Subtext/argumente: 2.61.01 bis 2.61.08

2.61.01

Carl Schmitt ist umstritten - als theoretiker der macht ist seine lehre zur kenntnis zu nehmen, als person kann Carl Schmitt hintangestellt bleiben(a). Woran Ich interessiert bin, das ist seine freund/feind-unterscheidung, die der schlüssel für die rationale interpretation seiner schriften ist, sowohl der staatsrechtlichen als auch der philosophischen(b). Als analytiker der politischen situation in Deutschland zwischen 1918 und 1945(c) hatte Carl Schmitt die theoretischen defizite der demokratischen ordnung benannt, einerseits, was ist, andererseits, was die konsequenzen sein werden(d), aber seine kritik der geltenden verfassungsordnung ist weder mit dem fundament seines ordnungspolitischen denkens logisch stringent vereinbar, noch ist seine propagierte auflösung des verfassungsrechtlichen problems in einer politischen ordnung tolerierbar, wenn diese ordnung als eine demokratische ordnung gelebt werden soll(e). In der differenz zwischen der theoretisch wohlbegründeten analyse und der pragmatisch nicht nachvollziehbaren reflexion, sehe Ich ein argument, das in jeder vergleichbaren krisensituation(f) genutzt werden kann, zum guten wie zum bösen(g). Es ist, trotz seiner politischen verstrickungen(h), ein wertzuschätzendes verdienst Carl Schmitt's, mit klarem blick den kern legitimer herrschaft(i) immer wieder in den fokus der reflexionen über macht und herrschaft gestellt zu haben, nämlich das problem der entscheidung realer streitfragen(j); diese arbeiten sind auch dann verdienstvoll, wenn seine prämisse und seine folgerungen nicht akzeptierbar sind; denn der kritische geist muss sich dem stellen, was ist, weil das individuum als ich autonom ist, wenn es in seinen reflexionen die folgerungen ziehen soll - die resultate der analysen kann es nutzen, die maximen der moral, dem humanum verpflichtet, schliessen aber die übernahme der folgerungen aus.
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(a)
es ist methodisch ein heikles problem, die person von der sache zu trennen, weil die sache, das sind die schriften Carl Schmitt's, die als dokumente der historia überliefert sind, ohne die schaffende person: Carl Schmitt(1888-1992), nicht möglich gewesen ist. Dennoch gibt es einen guten grund, einen scharfen schnitt zu machen. Der kompetente mensch kann moralisch böse sein und der moralisch gute sich als versager erweisen, das aber, was bleibt, das ist ein dokument der historia, das als kristallisationskern jedem tauglich sein kann, sowohl für die analyse des objekts, die das, was ist, analytisch trennt, als auch für die reflexion des analytisch getrennten, wenn das, was sein soll, in der reflexion neu zusammengefügt wird. Mit dieser einschränkung rezipiere Ich das werk Carl Schmitt's(01) als dokument der historia, ein faktum, das eine mögliche perspektive auf die welt ist, eine perspektive aber, die die existenz der gattung: mensch, á la longue ausschliessen muss.
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(01)
Ich habe Carl Schmitt nicht persönlich gekannt, obgleich Ich ihn persönlich hätte kennenlernen können. Damals in Köln hatte Ich es nicht überhört, dass Günter Rohrmoser, mein akademischer lehrer, immer wieder, zumeist im doktorandenkreis, auf Carl Schmitt verwiesen hatte. Rohrmoser hatte Carl Schmitt gekannt(*1), eine bekanntschaft, die über Joachim Ritter vermittelt war, Rohrsmoser's akademischer mentor in Münster(*2). Die mitglieder des sogenannten "Ritter-Kreises" in Münster waren häufige gäste im Schmitt'schen haus in Plettenberg. Warum diese verwickelte genealogie? - nun, mit den meinungen von Carl Schmitt habe Ich mich nie gemein gemacht, aber als dokumente der historia sind seine argumente ein teil meiner welt, der welt, der Ich mich nicht entziehen kann, wenn Ich mich als ich verstehe, das Ich selbst bin.
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(*1)
ob Rohrmoser Carl Schmitt gekannt, also persönlich mit ihm gestritten hatte, das kann Ich aus meiner erinnerung weder behaupten noch verneinen. Im prinzip ist diese frage ein nachrangiges problem.
(*2)
ausweislich der akademischen zeugnisse waren Benno von Wiese (dissertation) und Ludwig Landgrebe (habilitation) die akademischen lehrer Rohrmoser's.      (a)<==//
(b)
es ist üblich, Carl Schmitt auf den staatsrechtler, den brillianten juristen zu verkürzen. Mit jedem wechsel der faktischen macht, das ist die situation der krise, werden auch die rechtsverhältnisse verändert. Carl Schmitt, sein denken uneingeschränkt auf die situation der krise in der gesellschaft abstellend(01), hatte sich den wechselnden machtverhältnissen, das juristische handwerk brilliant beherrschend, immer wieder gekonnt angepasst(02). Als weniger wandlungsfähig zeigt sich Carl Schmitt, wenn er als philosoph über die ordnung der gesellschaft reflektiert(03). Das juristische handwerk genügt nicht, die phänomene der macht zu fassen, weil die frage der macht allein im kampf real ist, in dem über leben und tod entschieden wird.
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(01)
Carl Schmitt sagt: "Die Schrift antwortet auf die Herausforderung einer Zwischenlage"(*1). Den terminus: zwischenlage, interpretiere Ich als situation der krise(*2). 1969 hatte Carl Schmitt diese position rückblickend bekräftigt(*3).
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(*1)
Carl Schmitt: Der Begriff des Politischen. p.13. /bibliographie //==>2.93.66.
(*2)   argument: //==>2.61.04.
(*3)   Schmitt,Carl: Politische Theologie II. p.17 und p.23. /bibliographie //==>2.93.66.
(02)
diese bruchstellen der geschichte können mit den jahreszahlen: "1918, 1933 und 1945" markiert werden.
(03)
mit zwei philosophen hatte sich Carl Schmitt immer wieder auseinandergesetzt - der eine ist der spanier Juan Donoso Cortés und der andere der engländer Thomas Hobbes. Seine themen sind einerseits die phänomen der macht(*1), andererseits die theologie(*2).
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(*1)   argument: //==>2.61.03.
(*2)   argument: //==>2.61.02.      (b)<==//
(c)
aktiv, das heisst mit breiter öffentlicher resonanz, hatte Carl Schmitt nur in den jahren: 1918-1945, gewirkt. Prima vista spielte er nach 1945 in der öfentlichkeit keine bedeutende rolle mehr. Er fristete sein dasein als rentner in Plettenberg. Dieser schein ist aber secunda vista ein trugbild. Getragen von einem breiten freundeskreis war Carl Schmitt im hintergrund wirksam geblieben - nicht laut, aber leise und nachhaltig infiltrierten einflussreiche multiplikatoren sein denken in den öffentlichen diskurs(01).
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(01)
zwei blicke genügen, zum ersten der blick in die von Piet Tommissen 1959 besorgte Schmitt-bibliographie, die 1994 unverändert nachgedruckt worden war(*1), zum zweiten der blick auf die liste der schriften, die sein verlag 1970(*2) und 2002(*3) zum verkauf bereitgehalten hatte.
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(*1)   Barion,Hans: Festschrift für Carl Schmitt zum 70.Geburtstag. p.273- 330. /bibliographie //==>2.93.67.
(*2)   Schmitt,Carl: Politische Theologie II. Verlagsanzeige. /bibliographie //==>2.93.66.
(*3)   Carl Schmitt: Der Begriff des Politischen. Verlagsanzeige. /bibliographie //==>2.93.66.       (c)<==//
(d)
wie man auch zu den verfassungspolitischen ansichten Carl Schmitt's stehen mag, seine kritik des parlamentarismus bis 1933 muss als zutreffend bewertet werden(01). Es ist ein historisches faktum, dass die Weimarer Verfassung(1919-1933) die fortschreibung der kaiserlichen Verfassung von 1870 unter geänderten gesellschaftlichen bedingungen gewesen war(02). Der gegensatz: Kaiser/Reichstag, ist geschliffen worden, aber im Reichstag, in dem nur die mandatierten der prinzipiell gleichen bürger sitz und stimme hatten, ist ein neuer gegensatz zwischen den parteien etabliert worden. Diesen funktionswechsel hatte Carl Schmitt erkannt und immer wieder geltend gemacht(03). Er hat die konsequenz aufgezeigt, die in einem dilemma besteht. Einerseits kann der Reichstag als gremium keine entscheidung fällen, weil es unablässig diskutieren muss, andererseits kann die verbindliche entscheidung nur dann fallen, wenn einer sich als fähig erweist, diese entscheidung auch durchzusetzen. Das strukturelle dilemma ist nicht aufhebbar, händelbar sind aber die formen, in denen das dilemma pragmatisch, die interessen aller, die es betrifft, berücksichtigend, aufgelöst wird. Die politiker der Weimarer Republik waren an dieser aufgabe kläglich gescheitert, nicht minder gescheitert ist Carl Schmitt mit seiner propagierten lösung, der souverän entscheidet - vulgo klein adolf, der "Führer"(04).
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(01)
es ist falsch, das parlamentarische verfahren mit dem demokratischen prinzip zu identifizieren, weil die begründung des parlamentarischen verfahrens eine andere ist als die begründung des demokratischen prinzips. Das fundament des demokratischen prinzips ist die gleichheit aller bürger, die in ihrer willensbildung sich auf ein adäquates verfahren der beschlussfassung verständigen müssen. Die verfahren eines parlaments kommen dann in betracht, wenn die mitglieder des gremiums mandatierte bürger sind. Das parlament, zumindest in der angelsächsischen traditionslinie, war im beginn seiner historia eine versammlung von adligen, die dem könig als gruppe gegenüberstanden. Die relation zwischen dem könig und seinem parlament war in seiner struktur und begründung eine andere als die struktur der relationen, die die mitglieder des parlaments untereinander pflegten. Untereinander waren sie gleich, in der relation zum könig nicht_gleich.       (d/01)<==//
(02)
das argument sollte als feststellung und nicht als bewertung zur kenntnis genommen werden.      (d/02)<==//
(03)
so in dem aufsatz über die wendung der demokratie zum totalen staat(*1). Sein ansatz ist die "dualistische Grundstruktur" der verfassung(*2), die "als Vertrag zwischen Fürst und Volk"(*3) begriffen wird. Das sei "eine Balancierung von zwei verschiedenen Staatsarten: er ((der "dualistische Staat",ur)) ist ein Regierungsstaat und ein Gesetzgebungsstaat zu gleicher Zeit"(*4). In der realität erweise sich aber "jeder Staat ((als,ur)) eine Verbindung und Mischung dieser Arten, ein status mixtus"(*5). Folglich erscheine das parlament als "Hüter und Garant der Verfassung"(*6), einerseits "als gesetzgebende Versammlung, als Vertreter des Volks oder der Gesellschaft - ((...,ur,(*7)) - ((andererseits sei das parlament,ur)) einem von ihm unabhängigen, starken monarchischen Beamtenstaats als Partner des Verfassungspakts"(*8) gegenübergestellt. Diese differenz, die in der alten verfassung(=Kaiserreich) noch erkennbar gewesen war, ist in der neuen verfassung(=Weimarer Republik) in das parlament selbst verlagert worden und äussert sich als "Parteienstaat", als "Wirtschaftsstaat" usw(*9), teilformen des staates, in der die gesellschaft zum staat geworden ist(*10). Es habe sich ein pluralismus der meinungen herausgebildet, mit der folge, dass das parlament "entweder durch seinen immanenten Pluralismus mehrheits- und handlungsunfähig wird, oder aber, daß die jeweilige Mehrheit alle legalen Möglichkeiten als Werkzeuge und Sicherungsmittel ihres Machtbesitzes gebraucht, die Zeit ihrer staatllichen Macht nach allen Richtungen ausnützt und vor allem dem stärksten und gefährlichsten Gegner nach Möglichkeit die Chance zu beschränken sucht, das gleiche zu tun"(*11). In diese situation der unentschiedenheit hat Carl Schmitt seine forderung nach dem souverän, der entscheidet, eingebettet.
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(*1)
Schmitt,Carl: Die Wendung zum totalen Staat. In: Positionen und Begriffe. p.166-178. /bibliographie //==>2.93.66.
Zusatz_I.
Diesen aufsatz hatte Carl Schmitt 1931 zuerst in der "Europäischen Revue"(12/1931) veröffentlicht und dann als kapitel in seiner schrift: Der Hüter der Verfassung, übernommen (cf. anmerkung p.166).
Zusatz_II.
Es ist zu beachten, dass Carl Schmitt den terminus: totaler staat", verwendet. Dieser terminus sollte nicht mit dem anderen terminus: totalitärer staat, verwechselt werden. Die differenz in den bezeichneten phänomenen ist strikt zu beachten. Das faschistische regimme Hitler's war ebenso totalitär wie das kommunistische regime Stalin's, aber diese regime haben nichts mit dem staat gemein, in dem alle bereiche des gesellschaftlichen lebens nahezu lückenlos, eben total, verrechtlicht sind.       (d/03/*1)<==//
(*2)
in seinen schriften gebraucht Carl Schmitt den terminus: verfassung, doppeldeutig. Er bezeichnet damit sowohl die staatsaufassungen im 19.jahrhundert als auch die Weimarer Reichsverfassung von 1919, die nebeneinandergestellt genau die differenz markieren, die für Carl Schmitt der ausgangspunkt seiner theorie der souveränität ist.       (d/03/*2)<==//
(*3)   a.a.O.p.168.       (d/03/*3)<==//
(*4)   a.a.O.p.168.       (d/03/*4)<==//
(*5)   a.a.O.p.169.       (d/03/*5)<==//
(*6)
a.a.O.p.171.
Zusatz. In diesem kontext, das jahr 1931, ist eine bemerkung von Johann Caspar Bluntschli(1808-1881) bemerkenswert, die Carl Schmitt ausführlich zitiert: "'((...,ur)). Der gesetzgebende Körper aber trägt in seiner Bildung die wichtigsten Garantien, daß er nicht seine Befugnisse in verfassungswidrigem Geiste ausübe'" - Der letzte Satz des zitats ist entscheidend!(+1). Carl Schmitt hatte gewusst, wovon er redet, wenn er sagt, dass der "souverän" es sei, der entscheidet. Die entscheidung des souveräns ist immer in seiner selbstbindung eingeschlossen.
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(+1)
a.a.O.p.170.
Zusatz: Ich habe das zitat Bluntschli's auf den letzten satz verkürzt; der nachweis des zitats a.a.O.      (d/03/*6)<==//
(*7)
a.a.O.p.171.
Zusatz. Die parenthese geht so: "beides, Volk und Gesellschaft, kann so lange identifiziert werden, als beides noch der Regierung und dem Staat entgegengestellt wird". D'accord, die auslassung ist ein eingriff in das zitat, aber dieser eingriff ist, wenn ausgewiesen, dann zulässig, wenn der gedanke dargestellt werden soll, den Ich im anschluss an Carl Schmitt denke. Die von ihm beklagte identität von volk und gesellschaft hatte Carl Schmitt, als es zeit geworden war, um ein moment erweitert, nämlich das moment: der führer, personifiziert in Adolf Hitler. Der souverän, in der demokratie die gemeinschaft der bürger, die gleich sind, erscheint bei Carl Schmitt reduziert auf eine person, das ist im königtum der könig, der, über den ausnahmezustand entscheidend, im totalitären staat auf den verbrecher geschrumpft ist.       (d/03/*7)<==//
(*8)   a.a.O.p.171.       (d/03/*8)<==//
(*9)   a.a.O.p.172.       (d/03/*9)<==//
(*10) a.a.O.p.172.       (d/03/*10)<==//
(*11)
a.a.O. p.177.
Zusatz. Diese analyse ist heute auch noch zutreffend! - geboten sind aber andere schlussfolgerungen.       (d/03/*11)<==//           (d/03)<==//
(04)
um die logik des Schmitt'schen arguments begreifen zu können, ist es notwendig, zwei aufsätze, verfasst in der zeitlichen differenz von 12 jahren, als eine einheit zu lesen. Der erste aufsatz: "Politische Theologie"(1922),(*1) ist eine reflexion über den begriff: souveränität, der zweite aufsatz: "Der Führer schützt das Recht"(1934),(*2) ist ein kommentar zum "Gesetz über Maßnahmen der Staatsnotwehr vom 3. Juli 1934 (RGBl.I,S.529)"(*3). Das, was Carl Schmitt 1922 als eine entscheidung des souveräns als teil der rechtsordnung definiert hatte, das erscheint im kommentar als "Tat Adolf Hitlers"(*4), die "als Staatsnotwehr rechtens"(*5) ist. Den einzigen wirksamen kommentar zum Hitlerregime hatte Carl Schmitt verfasst, die anderen kommentare zwischen 1933-1945 liefern nur das juristische beiwerk in der funktion von nebelkerzen.
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(*1)
Schmitt,Carl: Politische Theologie. /bibliographie //==>2.93.66      (d/04/*1)<==//
(*2)
Schmitt,Carl: Der Führer schützt das Recht. in: Positionen und Begriffe. p.227-232. /bibliographie //==>2.93.66.      (d/04/*2)<==//
(*3)
a.a.O.p.230.
Zusatz. Das gesetz hat den wortlaut: "Die Reichsregierung hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird: Einziger Artikel Die zur Niederschlagung hoch- und landesverrätischer Angriffe am 30. Juni, 1. und 2. Juli 1934 vollzogenen Maßnahmen sind als Staatsnotwehr rechtens"(+1).
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(+1)   zitiert nach Münch,Ingo von: Gesetze des NS-Staates. p.75./bibliographie //==>2.93.68.       (d/04/*3)<==//
(*4)   a.a.O.p.231.       (d/04/*4)<==//
(*5)
//==>anmerkung: (d/04/*3).
Zusatz. Das juristische fundament für die rechtsfigur des Staatnotwehrrechts(+1) ist Art.1 satz 1 des sogenannten Ermächtigungsgesetz vom 24.März 1933, mit dem die Reichsregierung sich das recht eingeräumt hatte, gesetze zu beschliessen und unmittelbar bekannt zu geben, die gemäss artikel 2, satz 1 "von der Reichsverfassung abweichen können"(+2).
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(+1)
es gibt kein sogenanntes "Staatsnotwehrrecht", weil nur einer natürlichen person das recht zur notwehr gegen gewalt unter den gesetzlichen bestimmungen(§32 StGB) zugestanden ist. Das abwehrrecht des staates gegen rechtswidrige gewalt ist das recht, das in der verfassung verbürgt ist.
(+2)
Münch,Ingo von: Gesetze des NS-Staates. p.21./bibliographie //==>2.93.68.      (d/04/*5)<==//           (d/04)<==//           (d)<==//
(e)
die frage ist nicht leicht zu beantworten, welches modell der gesellschaftlichen ordnung Carl Schmitt tatsächlich als ideale ordnung verfolgt hatte, die es wert ist, politisch realisiert zu werden. Seine scharfsinnigen analysen der Weimarer Verfassungsordnung weisen ihn nicht als glühenden vertreter der demokratischen ordnung aus, seine juristischen rechtfertigungen des NS-regimes aber sind, zumindest in den anfangsjahren, als resultat seiner synthesen nicht mit dem vereinbar, was für Carl Schmitt das fundament seiner kritik der demokratischen ordnung bis 1933 gewesen war und, in der form verhaltener, das heisst: angepasst, nach 1945 geblieben ist. Seine wiederholten verweise auf die meinungen des spaniers Juan Donoso Cortés und die traditionen, in denen Donoso Cortés gewirkt hatte(01), geben aber hinreichende indizien, welchem modell der politischen ordnung Carl Schmitt zuneigte. Diese ordnung bezeichne Ich mit dem terminus: korporative gesellschaft(02). Das entscheidende moment, das den politischen prozess bestimmt, ist die differenz, die zwischen dem volk und dem könig etabliert sein muss, weil nur diese differenz die unterscheidung: freund/feind, zulässt, die im kampf auf den tod entschieden werden muss. Das problem ist, dass Carl Schmitt die idee des souveräns auf den könig fokussiert hat(03), der als souverän allein über den ausnahmezustand(04) entscheiden kann - die konsequenz dieses gedanken war immer wieder in der figur des autokratischen führers eine historische realität gewesen, situationen, in denen genau das dementiert ist, was Carl Schmitt mit seinem begriff des politischen erreichen wollte(05).
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(01)
die frühschrift: Politische Romantik, ist der schlüsseltext(*1). Die referenzpersonen sind einerseits die "Staatsphilosophen der Restauration, Bonald und de Maistre,"(*2) und andererseits Donoso Cortés(*3).
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(*1)
Schmitt,Carl: Politische Romantik. /bibliographie //==>2.93.66.
(*2)
a.a.O.p.11 und öfter.
Zusatz: Bonald,L.G.A.(1754-1840) und Maistre,J.M.de(1753-1821) werden auffällig oft genannt.
(*3)
a.a.O.p.12.
Zusatz. Donoso Cortés,Juan(1809-1853) wird in dieser schrift nur einmal zitiert; später hatte Carl Schmitt seine präferenzen geändert(+1).
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(+1)   argument: //==>2.61.02/(b/02/*3).      (e/01)<==//
(02)
die korporative gesellschaft ist weder eine demokratie, noch ein königtum, noch eine aristokratie, sie ist ein "status mixtus"(*1). Als ordnung einer gesellschaft kann sie kein staat sein, obgleich viele institutionen der gesellschaft merkmale einer staatlichen ordnung aufweisen können. Grundlegend für die korporative gesellschaft ist die eindeutige trennung der sozialen gruppen, die in der trennung: könig/volk(=gefolgschaft) ihren kern hat. Das modell dieser ordnung ist geschichtlich rückblickend ausgeformt, wobei die Französische Revolution von 1789-1794 für Carl Schmitt der wendepunkt ist(*2). Polemisch formuliert, es ist der blick auf das verschwundene ancient regime.
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(*1)   //==>anmerkung: (d/03/*5)
(*2)   Schmitt,Carl: Politische Romantik. p.11. /bibliographie //==>2.93.66.      (e/02)<==//
(03)
die fokussierung der idee des souveräns auf den könig hatte Jean Bodin im horizont der religionsstreitigkeiten in Frankreich theoretisch begründet. Carl Schmitt beruft sich zwar auf Jean Bodin(*1), aber die intentionen Bodin's stützen nicht den Schmitt'schen begriff des souveräns. Ich belasse es bei dieser andeutung.
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(*1)   Carl Schmitt: Politische Theologie. p.10f./bibliographie //==>2.93.66.      (e/03)<==//
(04)   //==>anmerkung: (j).   //      (e/04)<==//
(05)
dieser gedanke wird an anderer stelle aufgegriffen und begründet(*1).
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(*1)   argument: //==>2.62.06.      (e/05)<==//           (e)<==//
(f)
es ist eine geschichtliche und eine historische erfahrung, dass jede gelebte gegenwart als eine zeit der krise erfahren wird. Der moment der gelebten gegenwart ist ein raum von zeit, in dem alle möglichkeiten bereit gehalten sind, die realen konflikte aufzulösen, chancen, die in der zeit verfügbar sind. Insofern kann das Schmitt'sche argument als universal geltend akzeptiert werden, etwas anderes sind aber die schlüsse, die das individuum als ich und sein genosse ziehen, wenn sie in der kritischen situation sich für das eine oder das andere entscheiden müssen. Und sie entscheiden sich auch, entscheidungen aber, jede entscheidung für sich, die in der situation des kampfes auf leben und tod ausgeschlossen sind, weil der entscheidende kampf, der nur auf den tod des anderen ausgehen kann, die gewollte entscheidung vernichten muss(01).
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(01)   argument: //==>2.62.05      (f)<==//
(g)
ob die entscheidung in der situation der krise in guter und/oder böser absicht gesucht wird, das ist in der bestimmten situation zu klären, die der kreuzpunkt vieler perspektiven ist, in denen verfolgte interessen real wirksam sind. Die dialektik der interessen, beurteilt nach gut/böse, ist zwar beschreibbar, in seiner struktur aber durch keine entscheidung auflösbar. D'accord, es wird immer wieder entscheidungen geben, entscheidungen, die aber das schicksal haben, auch immer wieder negiert zu werden, negationen, die im moment der aufhebung des negierten die situation des entscheidens erneut evozieren - ein dialektischer prozess, der erst im tod des anderen enden kann(01). Das ist eine auflösung der krise, die als möglichkeit in einer demokratischen ordnung nicht tolerierbar ist.
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(01)
Carl Schmitt, der gegen die politische romantik gewettert hatte, greift mit seiner auflösung des problems, ob wissend oder nicht, das kann dahingestellt bleiben, auf das romantische motiv(*1) zurück, das das heil des theaterhelden ästhetisch in der kunst vermittelt, im opfertod des helden verortet. Nur im tod, so die krude logik, offenbare sich der held - mann oder frau. Es ist machtlogisch konsequent, wenn totalitäre regime, faschistisch oder kommunistisch, sich der ästhetischen symbole bemächtigen, um die brutalität ihrer heilskonzepte zu verschleiern.
Zusatz.
Mit dieser bemerkung verfolge Ich nicht den zweck, Carl Schmitt durch die hintertür als faschisten abzustempeln. Eine etikettierung in dieser tendenz kann keinen zuwachs an erkenntnis bereitstellen; denn Carl Schmitt nutzt die glorifizierung des kampfes in den patterns, die damals gängig waren - ein typischer vertreter des mainstreams.
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(*1)   //==>INDEX der argumente, stichwort: romantik..       (g)<==//
(h)
dass Carl Schmitt sich mit dem Hitlerregime gemein gemacht hatte, das ist ein hinreichend belegtes faktum(01), aber die frage ist nicht eindeutig beantwortbar, ob Carl Schmitt, wie man sagt, auch ein "nazi" gewesen war(02). Die eindeutige beantwortung der frage ist ausgeschlossen, weil jede antwort die bewertung eines faktums ist, die jeder für sich zu verantworten hat. In jeder bewertung eines behaupteten faktums, die behauptung sei wahr oder falsch, können kriterien wirksam sein, die nicht in der bewerteten sache fundiert sind. Der schein wirkt gegen Carl Schmitt, aber es ist methodisch unzulässig, aus dem schein den logisch zwingenden beweis für die behauptete sache abzuleiten. Mit seinen präzisen juristischen analysen hatte Carl Schmitt den geltenden kommentar für die verfassung Hitler- Deutschlands 1933-1945 geschrieben. Die beurteilung der logik seiner argumente ist der gegenstand der kritik, spekulationen über das, was Carl Schmitt als person gedacht oder gefühlt habe, vor 1945 und danach, das muss jeder für sich verantworten. Mein interesse ist nicht auf die moralische bewertung Carl Schmitt's fokussiert.
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(01)
das zwingende beweisstück ist der aufsatz mit dem titel: Der Führer schützt das Recht(1934)(*1).
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(*1)
in: Positionen und Begriffe. p. 227-232./bibliographie //==>2.93.66.
Zusatz(+1).
Der aufsatz ist ein kommentar zur reichstagsrede Hitler's vom 13.7.1934. In dieser rede hatte Hitler die morde, die während des sogenannten Röhm-putsches von den staatsorganen ausgeführt worden waren, als "staatsnotwehr" verteidigt. Carl Schmitt kommentiert: als führer habe Adolf Hitler "die Kraft und den Willen gehabt, Freund und Feind zu unterscheiden"(+2), das heisst in der logik der Schmitt'schen theorie, dass klein adolf mit seiner "Tat"(+3) die fähigkeit gezeigt habe, mit der der souverän sich als souverän ausweise, nämlich über den ausnahmezustand zu entscheiden(+4).
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(+1)   //==>anmerkung: (d/04).
(+2)
das zitat im kontext: "Gegenüber der Tat Adolf Hitlers werden manche Feinde Deutschlands mit ähnlichen Forderungen kommen. Sie werden es unerhört finden, daß der heutige deutsche Staat die Kraft und den Willen hat, Freund und Feind zu unterscheiden"(§1).
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(§1)   a.a.O, p.231.
(+3)   a.a.O, p.231.
(+4)   //==>anmerkung: (j)    //   (h/01)<==//
(02)
obgleich von der primitivität der braunen horden eher angewidert, glich Carl Schmitt vielen anderen intellektuellen seiner generation, die, vom "Führer" in den bann geschlagen, dem "Führer" folgten(*1). Die daten seiner biographie lassen das urteil plausibel erscheinen, dass Carl Schmitt ein opportunist gewesen war, der kaum skrupel gekannt hatte, sein narzistisches fühlen zu befriedigen, wenn dafür eine chance geöffnet war.
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(*1)   es ist auf Ernst Jünger zu verweisen.       (h/02)<==//           (h)<==//
(i)
Carl Schmitt hat klar gesehen, dass das problem legitimer herrschaft in der frage verortet ist, wer entscheiden soll. Als resultat seiner überlegungen hatte er festgestellt, dass "es für die Wirklichkeit des Rechtslebens darauf ankomme, wer entscheidet"(01); denn "der Rechtssatz als Entscheidungsnorm besagt nur, wie entschieden werden soll, aber nicht, wer entscheiden soll. Auf die inhaltliche Richtigkeit könnte sich jeder berufen, wenn es keine letzte Instanz gäbe. Die letzte Instanz ergibt sich aber nicht aus der Entscheidungsnorm"(02). Der entscheidung selbst, also dem prozess des entscheidens, ist die antwort auch nicht zu entnehmen, denn "die Entscheidung ist, normativ betrachtet, aus einem Nichts geboren"(03). Auch können weder die Hobbes'sche regel: "Autoritas, non veritas facit legem (Leviathan,Kap.19)"(04), noch die regel: "Autorität, nicht Majorität",(05) als abschliessende antworten taugen. Carl Schmitt löst das problem, die entscheidung in einer person zu verorten, indem er, quasi als konklusion seiner überlegungen, Thomas Hobbes zitiert, der, umtrieben von den erfahrungen der gewalt im bürgerkrieg, im Leviathan festgestellt hatte: "'For Subjection, Command, Right and Power are accidents, not of Powers but of Persons'(cap.42)"(06). Das praktische problem aber bleibt: wer sollen die personen sein, die entscheiden? - in der formel des Aristoteles: einer? einige? alle? Eine antwort hat Carl Schmitt gegeben, die als inakzeptabel ausscheiden muss(07), eine andere antwort hatte er angedeutet, aber diese ist mit dem demokratischen prinzip nicht vereinbar(08). Die frage ist also weiter offen, wer es sein soll, der entscheidet.
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(01)
Carl Schmitt: Politische Theologie. p.33. /bibliographie //==>2.93.66.      (i/01)<==//
(02)   a.a.O.p.32.       (i/02)<==//
(03)   a.a.O.p.31.       (i/03)<==//
(04)
a.a.O.p.32.
Zusatz_I.
Carl Schmitt scheibt: autoritas, es muss aber: auctoritas, heissen. Ein flüchtigkeitsfehler? - das kann Ich hier dahingestellt sein lassen. Autoritas und auctoritas sind nicht dasselbe. Den terminus: autoritas, gibt es im lateinischen nicht, wohl aber das wort: auctoritas, abgeleitet von dem wort: auctor, der urheber, der etwas schafft. Mit dem terminus: autorität, wird gemeinhin etwas anderes bezeichnet, nämlich das ansehen, das eine person geniesst und das ist ein aspekt der machtphänomene.
Zusatz_II.
Im angegebenen kapitel: 19, des Leviathan's(+1) ist die von Carl Schmitt zitierte formel nicht nachweisbar. In seiner schrift über den Hobbes'schen Leviathan notiert Carl Schmitt einmal: "Auctoritas (im Sinne von summa potestas), non Veritas"(p.68), und dann: "Autoritas, non Veritas"(p.82), - nur ein druckfehler? Am resultat kann dies nichts ändern.
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(+1)   Hobbes,Thomas: Leviathan. p.145-154. /bibliographie //==>2.93.69.      (i/04)<==//
(05)
a.a.O.p.32.
Zusatz. Carl Schmitt verweist ohne näheren nachweis auf Friedrich Julius Stahl(1802-1861)(*1). Die verknüpfung der beiden zitate, von Carl Schmitt vorgenommen, ist bemerkenswert. Das prinzip der mehrheit(=majorität) ist die grundregel einer demokratisch verfassten ordnung und den konservativen war schon immer die mehrheit verdächtig gewesen. Die Stahl'sche formel ist falsch, die Hobbes'sche regel ist richtig, und was die beiden formeln verknüpft, das ist der mensch, der entscheidet, eingebunden in zwei gegeneinander gesetzten perpektiven, die in der entscheidung nicht verknüpft werden können. Die autorität einer person ist etwas anderes als die mehrheit, in der die person eine unter vielen ist.
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(*1)
die formel:"Autorität, nicht Majorität" hatte Friedrich Julius Stahl, der konservative staatstheoretiker, als antwort auf die demokraten der 1848er revolution am 15.04.1850 geprägt(+1). Carl Schmitt's polemik gegen Friedrich Julius Stahl, "ein jüdischer Philosoph", kann beiseite gestellt bleiben(+2).
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(+1)
diese notiz hatte Ich irgendwo einmal aufgelesen, aber den beleg
bisher nicht wieder aufgefunden.
(+2)   Schmitt,Carl: Leviathan. p.106-109.//bibliographie //==>2.94.66.      (i/05)<==//
(06)
a.a.O.p.32
Zusatz.
Das zitat in der fassung der deutschen übersetzung: "Denn Unterwerfung, Befehl, Recht und Gewalt sind nicht Akzidenzien von Gewalten, sondern von Personen"(*1).
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(*1)
Hobbes,Thomas: Leviathan. p.439. /bibliographie //==>2.93.69.
Zusatz.
Das 42.kapitel(p.376-445) handelt von der kirchlichen Gewalt. Zunächst weist Thomas Hobbes an hand vieler belegstellen aus der Bibel nach, dass die alten immer personen gemeint hatten, die mit ihrer autorität das gesetz ausgelegt haben. In einer ausführlichen kritik der schrift des Kardinals Bellarmin: De Summo Pontifice,(p.419-445) entwickelt Hobbes seinen gedanken, dass es nur die menschen sein können, die herrschaft ausüben, auch dann, wenn sie durch den glauben an gott sich legitimiert fühlen. Den geglaubten gott identifiziert Thomas Hobbes nicht mit der person, die im namen gottes ein amt verwaltet.       (i/06)<==//
(07)   //==>anmerkung: (h/01).      (i/07)<==//
(08)   //==>anmerkung: (e).      (i/08)<==//           (i)<==//
(j)
die logik des Schmitt'schen argument ist in diesem satz gefasst: "Souverän ist, wer über den Ausnahmezustand entscheidet"(01). Wer aber legitim der souverän ist, das ist mit dieser formel nicht entscheidbar, und das, was an fällen zitiert werden kann, das sind phänomene, die den streit perpetuieren(02).
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(01)
Carl Schmitt: Politische Theologie. p.9. /bibliographie //==>2.93.66.
(02)   argument: //==>2.62.05/(d/13-17).      (j)<==//
(text/1.1.22b)<==//
2.61.02
das denken Carl Schmitt's ist theologisch geerdet(a). Ohne den rückgriff auf die denkfiguren der theologen ist sein denken, dokumentiert in den staatsrechtlichen und in den philosophischen schriften, angemessen weder nachvollziehbar noch verstehbar(b). In seiner schrift: Politische Theologie, sagt Carl Schmitt: "Alle prägnanten Begriffe der modernen Staatslehre sind säkularisierte theologische Begriffe"(c). Das ist eine feststellung, aus der die behauptung nicht unmittelbar abgeleitet werden kann, dass der jurist: Carl Schmitt, als theologe argumentiere. Die feststellung Carl Schmitt's ist aber als indiz interpretierbar, dass der zusammenhang von theologie und politik Carl Schmitt bewusst gewesen war und er diesen zusammenhang, so vage er auch erscheinen mag, für seine zwecke ausgebeutet hatte(d). Die anstrengungen sind also plausibel, wenn die texte Carl Schmitt's auf sätze abgegrast werden, die als zitate tauglich sind, den zusammenhang von politik und theologie im denken Carl Schmitt's zu belegen. Für dieses methodische vorgehen scheint der terminus: gott, vorzüglich zu taugen, aber das probate verfahren ist doppeldeutig, weil mit dem terminus: gott, sowohl die vielen gottheiten als phänomene bezeichnet werden können, als auch der eine begriff: gott, den das individuum als ich denken muss, wenn es die dinge der welt als phänomene voneinander unterscheiden will(e). Es ist also ein fragwürdiges verfahren, mit passend erscheinenden zitaten belegen zu wollen, dass der quellgrund und zielpunkt des denkens Carl Schmitt's die theologie sei. Vieles deutet darauf hin, dass die behauptungen zutreffend sind, aber beweise können diese zitate nicht sein, weil der verwender des zitats für sich entscheidet, ob er das argument, fixiert mit dem zitat, als begründung seiner unterscheidung der politischen weltdinge von den nicht_politischen dingen der welt geltend machen soll. Das argument kann der spruch des geglaubten gottes sein, ein spruch, der, wenn der gott nicht geglaubt ist, als beliebiger syllogismus abweisbar ist. Den argumenten Carl Schmitt's kann Ich folgen, soweit sein denken einen weg zeigt, der eine rationale bestimmung der phänomene zulässt, die als die weltdinge des politischen ausgewiesen sein sollen; denn die wege der theologen sind räsonable möglichkeiten, aber es sind möglichkeiten, die dann ausgeschlossen sein müssen, wenn der weg nur in einer apotheose des letzten kampfes enden kann, in der das dementiert ist, was auf dem weg als das politische erreicht werden soll.
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(a)
das, was Carl Schmitt geglaubt und als seine religion praktiziert hatte, das bleibt hier ausser betracht.  (a)<==//
(b)
Carl Schmitt war als jurist anerkannt, als philosoph ist er umstritten, ein theologe war er nicht, aber er hatte die theologischen debatten seiner zeit gekannt, soweit diese debatten für seine arbeitsfelder relevant gewesen waren. Folglich ist es ein philologisches problem, wenn die einflüsse benannt werden sollen, die Carl Schmitt bewegt hatten und die, interpretatorisch ausgewiesen, nachweisbar sind. Ein aspekt sind die redeweisen, die als juristisch, philosophisch oder theologisch klassifizierbar sind(01), ein anderer aspekt sind seine "gewährsleute", auf die er zustimmend verwiesen hatte(02). Das sind indizien, mit denen vieles erklärt werden kann, fragmente, die als beweise nur eingeschränkt tauglich sind. In ihrer beschränkung sind die fragmente aber informationen, die gebraucht werden können, um die perspektiven zu fixieren, in denen das denken Carl Schmitt's beurteilt wird. Die verschiedenen perspektiven markieren differenzen, die nicht ignoriert werden sollten; denn es ist nicht das gleiche, wenn das, was in der terminologie Carl Schmitt's das politische sein soll, in der perspektive der theologie, der philosophie oder der jurisprudenz betrachtet wird, nicht anders, wenn ein politiker die thesen Carl Schmitt's in sein denken implementiert, er sei als demokrat ausgewiesen und/oder als monarchist.
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(01)
die klassifikation: "jurisprudenz, philosophie und theologie" ist nicht immer eindeutig, aber schon die grobe abschätzung kann genügen, einem argument den angemessenen ort zuzuweisen. In seinen beweisführungen macht Carl Schmitt davon legitimen gebrauch. Mit den worten: "Der methodische Zusammenhang theologischer und politischer Denkvoraussetzungen ist also klar"(*1), schliesst Carl Schmitt einen passus ab(*2), dem Ich, ein leicht abgewandeltes zitat Carl Schmitt's verwendend, diese überschrift geben will: "Modifikationen und Variationen der Unterscheidung von Gut und Böse",(*3). Zwar ist unter dem titel: naturrecht, die unterscheidung von gut und böse auch ein beachtenswertes moment jeder staatstheorie, seine wurzeln aber hat die unterscheidung in der theologie(*4). Carl Schmitt verkürzt die doppeldeutigkeit der unterscheidung: gut/böse,(*5), die verknüpfung auflösend, einerseits auf das merkmal: böse, als konstitutives moment jeder "echten politischen Theorie"(*6), andererseits das merkmal: gut, das er mit dem "staatsfeindlichen Radikalismus"(*7) korreliert, der unfähig sei, eine politische theorie zu formulieren. Diese trennung und einseitige zuweisung von gut und böse weist Carl Schmitt prima vista als nicht_theologen aus(*8), er kann aber secunda vista den begrenzenden horizont nicht zerreissen, vor dem er seine freund/feind- unterscheidung inszeniert. Den terminus: manichäismus, verwendet Carl Schmitt in diesem kontext nicht(*9), der begriff aber ist das fundament seiner theorie, weil nur im gusto des manichäischen denkens, d'accord mit den thesen des Mani(*10), die unterscheidung von gut/böse behauptet werden kann, aufgelöst in einer apotheose am ende der welt.
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(*1)
Schmitt,Carl: Der Begriff des Politischen. p.64. /bibliographie //==>2.93.66(b/01/*1)<==//
(*2)   a.a.O. p.59-64,   (b/01/*2)<==//
(*3)
a.a.O. p.59.
Zusatz. Das zitat im kontext: "Die zahllosen Modifikationen und Variationen dieser anthropologischen Unterscheidung von Gut und Böse sind hier nicht im einzelnen zu erörtern. Die 'bosheit' kann als Korruption, Schwäche, Feigheit, Dummheit oder auch als 'Roheit', Triebhaftigkeit, Vitalität, Irrationalität usw. erscheinen, die 'Güte' in entsprechenden Variationen als Vernünftigkeit, Perfektibilität, Lenkbarkeit, Erziehbarkeit, sympathische Friedlichkeit usw."   (b/01/*3)<==//
(*4)
es ist auf die stelle im Alten Testament zu verweisen: Gott der Herr gebot dem Menschen: "Von allen Bäumen des Gartens darfst du essen, nur vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse darfst du nicht essen; denn am tage, da du davon issest, mußt du sterben".(Genesis 2.16-17)(+1).
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(+1)   Die Bibel. /bibliographie //==>2.93.71.  //    (b/01/*4)<==//
(*5)   //==>2.82.06.  //   (b/01/*5)<==//
(*6)
a.a.O. p.61.
Zusatz: Das zitat im kontext: "Demnach bleibt die merkwürdige und für viele sicher beunruhigende Feststellung, daß alle echten politischen Theorien den Menschen als 'böse' voraussetzen, d.h. als keineswegs unproblematisches, sondern als 'gefährliches' und dynamisches Wesen betrachten. Für jeden spezifisch politischen Denker ist das leicht nachzuweisen. So verschieden diese Denker nach Art, Rang und geschichtlicher Bedeutung sein mögen, in der problematischen Auffassung der menschlichen Natur stimmen sie in demselben Maße überein, in dem sie sich als spezifisch politische Denker zeigen. Es genügt, hier die Namen Macchiavelli, Hobbes, Bossuet, Fichte (sobald er seinen humanitären Idealismus vergißt), de Maístre, Donoso Cortés, H.Taine zu nennen; auch Hegel, der freilich auch hier gelegentlich sein Doppelantlitz zeigt"(+1).
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(+1)
es folgt eine längere passage, in der Carl Schmitt parteiisch die funktion Hegel's in der tradition der Marx'schen staatstheorie erläutert.   (b/01/*6)<==//
(*7)
a.a.O. p.61.
Zusatz: Das zitat im kontext: "Der staatsfeindliche Radikalismus wächst in dem gleichen Grade wie der Glaube an das radikal Gute der menschlichen Natur. Der bürgerliche Liberalismus war niemals in einem politischen Sinne radikal. Doch versteht es sich von selbst, daß seine Negationen des Staates und des Politischen, seine Neutralisierungen, Entpolitisierungen und Freiheitserklärungen ebenfalls einen bestimmten politischen Sinn haben und sich in einer bestimmten Situation polemisch gegen einen bestimmten Staat und seine politische Macht richten. Nur sind sie eigentlich keine Staatstheorie und keine politische Idee".   (b/01/*7)<==//
(*8)
Carl Schmitt sagt: "Ein Theologe hört auf, Theologe zu sein, wenn er die Menschen nicht mehr für sündhaft oder erlösungsbedüftig hält und Erlöste von Nicht-Erlösten, Auserwählte von Nicht-Auserwählten unterscheidet, während der Moralist eine Wahlfreiheit zwischen Gut und Böse voraussetzt"(+1).
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(+1)   a.a.O. p.63.  (b/01/*8)<==//
(*9)
mir ist nicht bekannt, ob Carl Schmitt andernorts den terminus: manichäismus, gebraucht hat.  (b/01/*9)<==//
(*10)
Mani hat im 3.jahrhundert eine dualistische religion gestiftet, die im umkreis der gnosis steht. Zum Manichäismus verweise Ich auf das Historische Wörterbuch der Philosophie(+1).
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(+1)
Historisches Wörterbuch der Philosophie. Stichwort: Manichäismus. Bd.5. Sp.714-716. /bibliographie //==>2.93.72.   (b/01/*10)<==//        (b/01)<==//
(02)
der brauch ist geläufig, die rezeption der tradition mit den namen ihrer vertreter zu markieren. Aus der liste der zitierten wird dann, wie's im modernen jargon heisst, ein "profil" erstellt, das mit der zählung der zitationen unterfüttert wird(*1). Die zitation ist aber nur ein indiz, kein beweis, dennoch sind diese zitationen hinweise auf die gedanken, die den begrenzenden horizont des denkens Carl Schmitt's formen(*2). Es fällt auf, dass Carl Schmitt den namen: Donoso Cortés,(*3) immer wieder erwähnt, ein spanischer politiker und philosoph im 19.jahrhundert, dem Carl Schmitt auch mehrere eigenständige essays gewidmet hat(*4). Donoso Cortés wirkte in einer periode der spanischen geschichte, die ähnlichkeiten mit der deutschen geschichte zwischen 1918 und 1933 aufweist.
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(*1)
die erreichte quantifizierung der zitation kann ein maass sein, aber es ist ein irrtum, aus der häufigkeit der zitation zwingend auf die substanzielle bedeutung des zitierten für den zitierende schliessen zu können. Die häufigkeit ist von moden abhängig und bestenfalls ein indiz dafür, dass der zitierte einmal für wichtig gehalten wurde.    (b/02/*1)<==//
(*2)
Carl Schmitt hatte niemals den erhobenen vorwurf dementiert, dass seine stichwortgeber konservative denker der vergangenheit seien. Prima vista sollte das nicht als malus gewertet werden, weil die perspektive der konservativen ebenso legitim ist wie die perspektive der progressiven, der vermeintlichen. Etwas anderes ist es, wenn secunda vista dem nachgegangen wird, was die gegenstände des denkens sind, die den konservativen vertreter alter zeit für Carl Schmitt so attraktiv erscheinen lassen. Dies ist eine arbeit auf der grenzlinie: philologie/philosophie, die in der perspektive der historia wichtig ist, sowohl in bezug auf die gegenstände wie die subjekte, die sich mit ihren objekten abmühen, eine arbeit, die aber, wenn das problem auf seine immanente logik hin untersucht werden soll, nachrangig sein kann. Mir ist aufgefallen, dass Carl Schmitt immer wieder seine gewährsleute mit namen zitiert, die gedanken der zitierten aber im vagen belässt(+1). In umrissen ist erkennbar, was für Carl Schmitt das bild einer idealen gesellschaft sein könnte, die das realisiert, was seinem begriff des politischen entspricht, aber das entworfene bild ist eher das bild des interpretators als das reale bild des interpretierten(+2).
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(+1)   pars pro toto //==>anmerkung: (b/01/*6).
(+2)
diesen aspekt des Schmitt'schen denkens stelle Ich beiseite. Ich untersuche allein die funktion des denkens Carl Schmitt's für die bestimmung des begriffs: das_politische, der mit dem relationalen argument kompatibel ist. Dafür genügt es, die immanente logik des begriffs des politischen zu analysieren und zu reflektieren, den Carl Schmitt im diskurs als argument geltend gemacht hatte. Den rückgriff auf die tradition will Ich weder ausschliessen, noch will Ich mein argument darauf gründen, zumal Ich dafür nur meinen blick auf die tradition ins kalkül einstellen kann, der von dem blick Carl Schmitt's zu unterscheiden ist.    (b/02/*2)<==//
(*3)
Juan Donoso Cortés(1809-1853), "filósofo, parlamentario, político y diplomático español, functionario de la monarquía española bajo régimen liberal. De ideología conservadora, pertineció al entorno político del moderantismo y los neocatólicos(+1).
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(+1)
Wikipedia: Juan Donoso Cortés, stand: 08.06.2013. /bibliographie //==>2.93.70.
Zusatz.
Übersetzung: philosoph, abgeordneter, politiker und diplomat Spaniens, beamter der spanischen monarchie unter liberaler regierung. Als anhänger der konservativen ideologie gehörte er zum politischen umfeld des moderantismus(§1) und der neukatholiken.
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(§1)
eine reformbewegung in Spanien, 1.hälfte des 19.jahrhunderts, die unter wahrung der autorität der staatlichen institutionen mässige reformen anstrebte.   (b/02/*3)<==//
(*4)
so Carl Schmitt in dem vortrag: Der unbekannte Donoso Cortés(1929). In: Positionen und Begriff im Kampf mit Weimar - Genf - Versailles 1923-1939. /bibliographie //==>2.93.66.
Zusatz. Carl Schmitt hatte seine vorträge über Donoso Cortés 1950 in einem sammelband herausgegeben. /bibliographie //==>2.94.67.    (b/02/*4)<==//          (b/02)<==//          (b)<==//
(c)
Schmitt,Carl: Politische Theologie. p.37. /bibliographie //==>2.93.66.    (c)<==//
(d)
den terminus: politische theologie, hatte Carl Schmitt immer wieder verteidigt, auffällig deutlich in einer zweiten schrift mit nahezu gleichlautendem titel(01). In dieser schrift, publiziert 1970, polemisiert Carl Schmitt vehement gegen den essay des theologen: Erik Peterson, der im jahr: 1935, die möglichkeit einer politischen theologie abgestritten hatte(02). Carl Schmitt folgt dem theologen und räsoniert auf der argumentebene der theologie. Die frage also, inwieweit die Schmitt'schen argumente stichhaltig sind, mögen die theologen beantworten, als resultat dieser debatte bleibt in der perspektive des philosophen nur der terminus: politisch, relevant, der ein teil des terminus: politische theologie, ist.
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(01)
Schmitt,Carl: Politische Theologie II. /bibliographie //==>2.93.66.   (d/01)<==//
(02)
die kontroverse mit dem theologen: Erik Peterson, ist mir nur in der perspektive Carl Schmitt's bekannt(*1). In seiner argumentation geht Carl Schmitt nicht über das hinaus, was er 1922 auch schon behauptet hatte(*2). Carl Schmitt präsentiert sich als kenner der theologie und zitiert theologen, die die formen des politischen lebens auch beeinflusst hatten, die politiker eingeschlossen, die sich der legitimität ihres handelns durch die theologie versichert haben. In den glanzzeiten Schmitt'scher staatlichkeit, das sind die staaten des absolutismus im 17. und 18.jahrhundert, war die formel: einheit von thron und altar, eine geläufige floskel im politischen diskurs gewesen. Die staatsrechtliche konstruktion einer absoluten monarchie, fundiert in der idee des königtums gottes, war als allgemeiner konsens gültig, weil dieses prinzip als logisch stimmig akzeptiert worden war. Dieser konsens zerbrach aber im zeitalter der aufklärung.
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(*1)
die theologischen argumente Erik Peterson's müssen, weil Ich seinen text nicht gelesen habe(+1), ausser betracht bleiben.
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(+1) Peterson,Erik: Der Monotheismus als politisches Problem; ein Beitrag zur Geschichte der politischen Theologie im Imperium Romanum. Leipzig: 1935,(§1).
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(§1) der text ist nicht in der bibliographie verzeichnet, nach den angaben von Carl Schmitt zitiert, a.a.O. p.13.
(*2)
neues material zur diskussion fügt Carl Schmitt nur dann ein, wenn er die debatten zwischen 1935 und 1970 in seine überlegungen mit einbezieht.    (d/02)<==//          (d)<==//
(e)
das problem der vergleichung ist, dass Carl Schmitt mit einem wort hantiert, das in seinen schillernden bedeutungen nicht zu fassen ist; denn der terminus: gott, kann im bestimmten kontext bedeutungen umfassen, die mit anderen bedeutungen logisch nicht vereinbar sind, bedeutungen, die aber dialektische gegensätze evozieren, die al gusto instrumentalisiert werden können(01). Der staat ist kein gott und gott ist nicht der staat, aber per analogiam sind bezüge konstruierbar, die das rechtfertigen, was gerechtfertigt werden soll, die das bestätigen, was gerade ansteht. Es spricht vieles dafür, dass Carl Schmitt in der instrumentalisierung des terminus: gott, nur den konventionen gefolgt ist und das ausbeutet, was gerade gängig war. Das ist eine gewohnte praxis, mit der aber fakten geschaffen werden, die das gerede als plausibel erscheinen lassen, das in die welt geworfen wird, wenn irgendein "böhmischer gefreiter" als der "Führer" von der vorsehung (gottes) spricht.
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(01)
Ich stelle eine blütenlese von zitaten(z1-6) zusammen und kommentiere diese(*1).

==>z1:

Carl Schmitt sagt: "Daß der Staat als 'Gott' bezeichnet wird, hat im Gedankengang dieser Staatskonstruktion ((d.i.der Leviathan Hobbes',ur)) keine eigene selbstständige Bedeutung. Die Bezeichnung ist, soweit sie nicht einfach Wendungen des Mittelalters oder der Zeit Ludwig XIV. aufnimmt, stark polemisch bestimmt"(*2).
Kommentar.
D'accord, das ist eine konventionelle verwendung des terminus: gott, aber mit der häufung des terminus in einem relativ kurzen abschnitt(*3) eines kapitels über die konstruktion des Hobbes'schen staates(*4) ist die tendenz markiert, in der Carl Schmitt den terminus mit inhalt anreichert.
==>z2:
Carl Schmitt sagt: "Der Schrecken des Naturzustandes treibt die angsterfüllten Individuen zusammen; ihre Angst steigert sich aufs äußerste; ein Lichtfunke der Ratio((kursiv,ur)) blitzt auf - und plötzlich steht vor uns der neue Gott"(*5).
Kommentar.
Die formel: der neue gott, ist als terminus beliebig, als begriff aber ist der mit diesem terminus bezeichnete gedanke des individuums als ich und seines genossen, jeder für sich, ein begriff, der gedacht, ein factum der vergangenheit ist, der in den dokumenten der historia als phänomen vielfältig erscheint. Carl Schmitt operiert mit einer beanspruchten präzision, die in der realität keine entsprechung hat.

Unmittelbar an das zitat: z2, anschliessend

==>z3:
Carl Schmitt sagt: "Wer ist dieser Gott, der den angstgequälten Menschen Frieden und Sicherheit bringt, die Wölfe in Staatsbürger verwandelt und sich durch dieses Wunder als Gott erweist, freilich nur als 'sterblicher Gott', als deus mortalis((kursiv,ur)), wie Hobbes ihn nennt? ((absatz,ur)) Das Wort vom 'sterblichen Gott' hat zu vielen Mißverständnissen und Mißdeutungen geführt. Die Verwirrung ist deshalb so groß, weil Hobbes in Wirklichkeit drei verschiedene, miteinander nicht in Einklang zu bringende Vorstellungen seine 'Gottes' vewendet. Im Vordergrund steht auffällig das vieldeutige, Gott, Mensch, Tier und Maschine. Daneben dient eine juristische Vertragskonstruktion dazu, eine durch Repräsentation zustande kommende souveräne Person zu erklären. Außerdem aber überträgt Hobbes - und das scheint mir der Kern seiner Staatskonstruktion zu sein - die cartesianische Vorstellung vom Menschen als einem | Mechanismus mit einer Seele auf den 'großen Menschen', den Staat, den er zu einer von der souverän-repräsentativen Person beseelten Maschine macht"(*6).
Kommentar.
Im text folgt nun das zitat: z1. Carl Schmitt verweist im weiteren pauschal zum einen auf den päpstlichen anspruch, im namen gottes zu handeln, ein anspruch, der von den machthabenden adaptiert worden war, zum anderen auf den gottesbegriff Calvin's, der wiederum von zwei interpreten Calvin's interpretiert wird - ein potpourri der meinungen, mit denen der terminus: gott, gefüllt wird oder gefüllt werden kann.
==>z4:
Carl Schmitt sagt: "John Neville Figgis, sagt sogar, der Gott des Calvinismus sei der Leviathan des Hobbes, mit einer weder durch Recht, noch Gerechtigkeit, noch Gewissen eingeschränkten Allmacht(*7). Für Hobbes ist Gott vor allem Macht (potestas). Er verwendet die aus dem christlichen Mittelalter überkommene Formel 'Statthalter Gottes auf Erden' für den staatlichen Souverän, weil dieser sonst zum 'Staathalter des Papstes auf Erden' würde. Der 'göttliche' Charakter der 'souveränen' und 'allmächtigen' Staatsgewalt liefert hier also nicht etwa eine Begründung im Sinne der gedanklichen Beweisführung. Der Souverän ist nicht Defensor Pacis((kursiv,ur)) eines auf Gott zurückgehenden Friedens; er ist Schöpfer eines nichts als irdischen Friedens, Creator Pacis((kursiv,ur)). Die Begründung verläuft also umgekehrt wie in den Gedankengängen 'göttlichen' Rechts: weil die Staatsgewalt all-|mächtig ist, hat sie göttlichen Charakter. Ihre Allmacht aber ist ganz anderer als göttlicher Herkunft: sie ist Menschenwerk und kommt durch einen von Menschen eingegangenen 'vertrag' zustande"(*8).
Kommentar.
Präzis beschreibt Carl Schmitt den prozess, in dem der inhalt des terminus: gott, geformt werden kann, wenn er mit den versatzstücken aus theologie und jurisprudenz verknüpft wird.
==>z5:
Carl Schmitt sagt: "Ob nur Gott souverän ist, das heißt derjenige, der in der irdischen Wirklichkeit widerspruchslos als Vertreter handelt, oder der Kaiser oder der Landesherr oder das ganze Volk, das heißt diejenigen, die sich widerspruchslos mit dem Volk identifizieren dürfen, immer ist die Frage auf das Subjekt der Souveränität gerichtet, das heißt die Anwendung des Begriffes auf einen konkreten Tatbestand"(*9).
Kommentar.
Das zitat steht im kontext seiner juristischen analyse des Bodin'schen begriffs: souveränität,(10). Carl Schmitt versucht, die juristischen argumentebene mit der theologischen zu verknüpfen, indem er den terminus: gott, als das vermittelnde moment instrumentalisiert, ein räsonables verfahren, das seine grenze darin hat, das der begriff: gott, gedacht von den theologen, etwas anderes ist als der begriff: souveränität, gedacht von den juristen, die als begriffe aber mit dem taschenspielertrick, gott als terminus, gleichgestellt werden.
==>z6:
Carl Schmitt sagt: "Die Menschenverachtung, die sich in seinen Schriften äußert, ist zu groß und tief, als daß sie, wie bei manchen Pessimisten des 19.Jahrhunderts, romantisch interessant und anziehend wirken könnte. Sie ist ernst und furchtbar und scheint namentlich in den letzten Jahren seines Lebens oft dem Wahnsinn nahe. Der alte Goya hat kaum schlimmere und gräßlichere Szenen gemalt, als sie bei Donoso erscheinen. Für ihn ist der Mensch ein widerliches, lächerliches, von der Sünde völlig zerstörtes, dem Irrtum anheimgefallenes Wesen, das, wenn nicht Gott selbst es erlöst hätte, verächtlicher wäre als das Reptil, das mein Fuß zertritt. Für ihn ist die Weltgeschichte nur das taumelnde Dahintreiben eines Schiffes, mit einer Mannschaft betrunkener Matrosen, die gröhlen und tanzen, bis Gott das Schiff ins Meer stößt, damit wieder Schweigen herrscht. Das alles ist zu schrecklich, als daß es einen Autor im 19.Jahrhundert angenehm und populär machen könnte; es wird außerdem nicht etwa als okkasionelle, romantisch-pessimistische Impression vorgetragen, sondern als Dogma und System"(11).
Kommentar.
Carl Schmitt charakterisiert die gedankenwelt des Donoso Cortés'. Das zentrale moment in der welt des Donoso Cortés/Carl Schmitt ist die erlösung, die für den begriff: gott, zumindest in der christlichen tradition zentral ist und die von den romantikern ästhetisch aufgegriffen worden war. Das feld für spekulationen ist offen ... .
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(*1)
die gewählte methode ist angreifbar, weil sie genau den mechanismus ausnutzt, der mit der methode eigentlich kritisiert werden soll; denn der terminus: gott, magisch im emotionalen kontext des glaubens, wird im diskurs über den begriff: gott, und die phänomene der gottheiten als passpartout genutzt und missbraucht. Dieses problem versuche Ich mit einer selbstbeschränkung zu neutralisieren(+1) und Ich überlasse es dem adressaten, sich seinen reim auf die zitate zu machen, weil nur er die einsichten verantworten kann, die er in diesen reflexionen gewonnen hat.
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(+1)
die kommentierenden anmerkungen stellen nur den kontext klar, in dem Ich dieses zitate eingeordnet habe. Meine wertung ist erkennbar, aber sie ist nicht das maass.    (e/01/*1)<==//
(*2)
Schmitt,Carl: Der Leviathan in der Staatslehre des Thomas Hobbes. p.49. /bibliographie //==>2.93.66.    (e/01/*2)<==//
(*3)   a.a.O. p.48-51.     (e/01/*3)<==//
(*4)   a.a.O. kapitel: 3, p.47-60     (e/01/*4)<==//      .
(*5)   a.a.O. p.48.     (e/01/*5)<==//
(*6)   a.a.O. p.48|49.     (e/01/*6)<==//
(*7)   die anmerkung Carl Schmtt's wird nicht zitiert.    (e/01/*7)<==//
(*8)   a.a.O. p.50|51.       (e/01/*8)<==//
(*9)
Schmitt,Carl: Politische Theologie. p.10-12./bibliographie //==>2.93.66.      (e/01/*9)<==//
(*10)  a.a.O. p.11.       (e/01/*10)<==//
(*11)
Schmitt,Carl: Der unbekannte Donoso Cortés(1929). p.133. In: Positionen und Begriff im Kampf mit Weimar - Genf - Versailles 1923- 1939. p.131-137. /bibliographie //==>2.93.66.      (e/01/*11)<==//            (e/01)<==//            (e)<==//
(st/2.61.01/(b/03/*2)<==//


2.61.03

in der summe ist das denken Carl Schmitt's keine theorie der macht(a). Prima vista hatte er darauf abgestellt, seine schriften entweder als teile einer theorie des politischen erscheinen zu lassen oder als teile der juristischen debatte, die die auslegung der verfassung zum gegenstand hat. Secunda vista ist es aber plausibel, alle texte Carl Schmitt's als elemente eines gemäldes zu deuten, das nur ein sujet hat, nämlich den kampf um die macht, in der terminologie Carl Schmitt's, die behauptung der souveränität, mit der der souverän faktisch über den ausnahmezustand entscheidet. Das problem der macht hatte Carl Schmitt in den mir bekannten texten nur einmal unmittelbar angesprochen(b), ein andermal verklausuliert in dem text über den Leviathan des Thomas Hobbes(c). Als nachrangig betrachte Ich die möglichen antworten auf die frage, ob das werk Carl Schmitt's als eine theorie der macht interpretiert werden kann oder gedeutet werden soll. Mein argument ist schlicht das faktum, dass in meiner perspektive auf die dinge der welt allein die art und weise entscheidend sein kann, wie Carl Schmitt die vielfältigen fragen des zusammenlebens der menschen in einer gesellschaft auf den begriff zu bringen versucht, die ihren fokus im terminus: der begriff des politischen, haben. In dieser debatte sagt Carl Schmitt, dass allein die freund/feind-unterscheidung das konstitutive moment sein kann, das die sozialen beziehungen des individuums als ich und seines genossen auf den begriff bringt, eine these, die zumindest den schein der plausibilität für sich hat. Es ist ein faktum der erfahrung, dass der genosse und das individuum als ich, jeder für sich, ihre soziale beziehung nur in bezug auf den jeweils anderen abschätzen können. Insoweit ist das faktum zur kenntnis zu nehmen, dass jede soziale beziehung, bezeichnet mit der relation: individuum_als_ich:_A<==>genosse:_B, als ein phänomen der macht wahrgenommen werden kann, das analysiert und reflektiert werden muss. Die feststellung dieser erfahrung impliziert die these, dass die argumente Carl Schmitt's in der summe auch ein teil jeder theorie der macht sein müssen. Es ist aber etwas anderes, wenn abgeschätzt werden soll, ob die von Carl Schmitt geltend gemachte argumente, die juristischen wie die philosophischen, tauglich sind, die phänomene der macht begrifflich voneinander zu unterscheiden. Der kern der Schmitt'schen these: der begriff des politischen, ist die freund/feind- unterscheidung, die das argument ist, mit der die unterscheidung der machtphänomene nach gut und/oder böse möglich sein soll. Für sich ist das Schmitt'sche programm der unterscheidung rational konstruiert(d), allein die streitfrage ist, ob das programm der unterscheidung mit dem Schmitt'schen argument leistbar ist, weil die immanente logik der freund/feind-unterscheidung das gelingen des projekts ausschliesst. Die phänomene der macht dauern unbegriffen fort.
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(a)
argumente: //==>2.52.04-.07.     (a)<==//
(b)
seine schrift über den zugang zum machthaber(01) ist ein fiktives gespräch, aber als begnadeter theaterschriftsteller kann sich Carl Schmitt nicht ausweisen(02). Der fokus des textes ist die frage, welche chance das individuum als ich: A, hat, unmitelbaren zugang zum machthaber zu finden und zu haben. Es ist also der genosse: B, der in der theorie des Carl Schmitt die funktion des souveräns haben soll, dessen originäre funktion es ist, über den ausnahmezustand zu entscheiden. Der souverän muss, wenn er entscheiden will, wissen, über was er entscheidet. Die frage nach dem experten, der weiss, worüber und mit welchen konsequenzen eine sache entschieden werden soll, ist in den möglichen antworten ein problem der praxis, das im text en detail nicht weiter erläutert wird. Zwar verweist Carl Schmitt wieder auf die grundfrage, nämlich die entscheidung(03), aber über die traditionale auflösung des problems, "daß die Macht an sich böse" sei(04), kommt er nicht hinaus(05).
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(01)
Schmitt,Carl: Gespräch über die Macht und den Zugang zum Machthaber. /bibliographie //==>2.93.66.     (b/01)<==//
(02)
der text ist in form und inhalt schwach, aber das ist kein argument, den text beiseite zu legen, weil der text als indiz für die behauptung gelesen werden kann, dass Carl Schmitt präzis wusste, worauf es in den politischen kämpfen ankommt - es geht um die macht und ein aspekt der macht ist die teilhabe an der macht des mächtigen in der form des unmittelbaren zugangs zum machthaber. Carl Schmitt argumentiert in dieser schrift nicht als jurist und als philosoph kommt er über bekanntes und banales nicht hinaus(*1).
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(*1)
in der form eines "intermezzo" zitiert Carl Schmitt zwei fälle des problems: zugang zum machthaber. Der eine fall ist der rücktritt Bismarck's als reichkanzler. Bismarck begründet seinen rücktritt mit dem argument, dass kaiser Wilhelm II, der formelle souverän, in einer kabinettsordre verfügt hatte, dass jeder minister der reichsregierung dem kaiser unmittelbar "vortrag" halten könne(+1). Dramatisch hat Friedrich Schiller im "Don Carlos" das problem in drei szenen gestaltet(+2). Dies kommentiert Carl Schmitt mit diesen worten: " ... der König befiehlt: Der Ritter - das ist der Marquis Posa - wird künftig unangemeldet vorgelassen! ...  'Das ist wirklich viel', sagt Don Carlos ... 'viel, wahrlich viel'; und der Beichtvater Domingo: 'Unsere Zeiten sind vorbei.'",(+3).
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(+1)    a.a.O. p.18-19.
(+2)
Carl Schmitt zitiert Friedrich Schiller; die zitate sind drei szenen entnommen: III/10(vers: 3351-52); IV/4(vers: 3539-40,3542); IV/22(vers: 4434). Die sammlung der zitate ergänze Ich. Herzog von Alba antwortet unmittelbar: "Bin ich derselbe denn nicht mehr, dem hier/ Sonst alle Türen sprangen? Wie ist alles/ Verwandelt um mich her - wie fremd -"(vers: 4435-37).
(+3)   a.a.O. p.19 (das zitat mit meinen auslassungen).      (b/02)<==//
(03)   a.a.O. p.20, 29.      (b/03)<==//
(04)   a.a.O. p.23.      (b/04)<==//
(05)
Carl Schmitt versucht eine begründung und blickt, Nietzsche zitierend, zurück auf das 19.jahrhundert: "Der Auspruch 'Gott ist tot' und der andere Ausspruch 'Die Macht ist an sich böse' ... besagen ... dasselbe"(*1). Als fazit seiner reflexion über die macht ist diese einlassung dürftig, aber als resultat korrespondiert der Schmitt'sche schluss mit seiner prämisse, die eine komposition aus drei aneinandergereihten, sich steigernden zitaten ist: "Homo homini lupus - Homo homini Deus - Homo homini homo"(*2). Die lateinischen formeln mögen beeindrucken, aber sie sind beliebig und daher in ihrer bedeutung manipulierbar.
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(*1)
das zitat im Kontext: "Der Auspruch 'Gott ist tot' und der andere Ausspruch 'Die Macht ist an sich böse' stammen beide aus derselben Zeit und derselben Situation. Im Grunde besagen beide dasselbe"(+1).
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(+1)
a.a.O. p.23.
Zusatz: Die mit den zeichen: '_', markierten teile sind kursiv gesetzt.
(*2)   a.a.O. p.9-10. Und: //==>anmerkung: (c/05).     (b/05)<==//         (b)<==//
(c)
die schrift über den Leviathan des Thomas Hobbes(01), zurückgehend auf zwei vorträge aus dem jahr: 1938,(02) ist ein dokument des zeitgeists(03). Carl Schmitt argumentiert vordergründig nicht als jurist, eher als philologe, der die historia des Leviathan als "politisches Symbol"(04) des staates zusammenfasst. In diesem kontext wird die aneinanderreihung der lateinischen sätze: "Homo homini lupus - Homo homini Deus - Homo homini homo",(05) zwar nachvollziehbar, aber nicht eindeutig bestimmt. Die these Carl Schmitt's ist, dass Thomas Hobbes für seine schrift über den bürgerlichen staat das falsche symbol gewählt habe. Unter bezugnahme auf ein zitat Hamann's: "'Von den transzendenten Ideen bis zur Dämonologie ist nicht weit'"(06) sagt Carl Schmitt, dass "Hobbes den Mut hatte, die Einheit des politischen Gemeinwesens im Bilde eines gewalttätigen Ungetüms zu erblicken, das Gott, Mensch, Tier und Maschine(07) in sich vereinigte. Hobbes glaubte, sich dieses Bildes als eines eindrucksvollen Symbols zu seinem Zwecke zu bedienen und bemerkte nicht, daß er in Wirklichkeit die unsichtbaren Kräfte eines alten, vieldeutigen Mythos(08) auf den Plan rief. Sein Werk wurde vom Leviathan überschattet, und alle seine noch so klaren gedanklichen Konstruktionen und Argumentationen gerieten in das Kraftfeld des beschworenen Symbols"(09). Diese einschätzung Carl Schmitt's kann Ich akzeptieren, weil es die wirkweise jedes symbols ist, doppeldeutig zu sein. Die vergleichung: hier das symbol des Leviathans - da der staat als eine konstruktion des rechts, kann eine frappierende erklärung sein, aber die logik des vergleichens schliesst die identifikation der verglichenen teile logisch nicht ein(10). Es bleibt die differenz: der reale staat in seinem historischen erscheinen und das erklärende symbol. Diesen zusammenhang ignoriert Carl Schmitt(11), mehr noch, er muss ihn bestreiten, wenn er seinen gedanken fortsetzt. Ich zitiere Carl Schmitt weiter, unmittelbar an das letzte zitat anschliessend: "Keine noch so klare Gedankenführung kommt gegen die Kraft echter mythischer Bilder auf. Die Frage kann nur sein, ob ihr Weg im großen Gang des politischen Schicksals ins Gute oder Böse, ins Richtige oder Falsche verläuft. Wer solche Bilder benutzt, gerät daher leicht in die Rolle eines Magiers, der Gewalten herbeiruft, denen weder sein Arm, noch sein Auge, noch das sonstige Maß seiner menschlichen Kraft gewachsen ist. Er läuft dann Gefahr, statt eines Verbündeten einen herzlosen Dämon zu treffen, der ihn seinen Feinden in die Hände liefert"(12). Als seine erfahrung des andauernden bürgerkriegs hatte Thomas Hobbes das problem der macht in seinen analysen der gesellschaftlichen realität thematisiert(13) und die möglichkeit, die macht in kalkulierbare grenzen einzuhegen, in den institutionen des staates verortet, der als vertrag derjenigen konstruiert ist, die entweder macht haben oder keine. Die situation des kampfes ist ein moment des vertrages, aber der kampf ist nicht das konstituierende merkmal des vertrages, sondern sein gegenteil, der konsens aller, die es betrifft. Ich lasse die frage offen, ob Carl Schmitt die differenz klar gewesen ist, die zwischen der theorie des staates von Thomas Hobbes und seinem begriff des politischen besteht, wenn aber diese theorien, versteinert in den dokumenten der historia, miteinander in beziehung gesetzt werden, dann ist diese differenz zu beachten.
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(01)
Schmitt,Carl: Der Leviathan in der Staatslehre des Thomas Hobbes. Sinn und Fehlschlag eines politischen Symbols. /bibliographie
//==>2.93.66.     (c/01)<==//
(02)   a.a.O. p.5.      (c/02)<==//
(03)
die schrift erschien 1938 und wurde 1982 als neudruck wieder aufgelegt(*1). Im text ist ein latenter intellektueller antisemitismus nachweisbar. Diesen kontext lasse Ich beiseite, weil von der aufklärung dieser bezüge, die kernthese Carl Schmitt's nicht berührt wird.
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(+1)   den neudruck habe Ich bisher nicht in der hand gehabt.      (c/03)<==//
(04)
a.a.O. (untertitel). Zusatz. Äquivalent für den terminus: politisches symbol, verwendet Carl Schmitt auch die formel: "Der Leviathan ((...)) als Symbol der politischen Einheit",(*1).
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(*1)   a.a.O. p.10.     (c/04)<==//
(05)   //==>anmerkung: (b/05).   //         (c/05)<==//
(06)
a.a.O. p.123. Und argument: //==>2.61.05/(b/02).     (c/06)<==//
(07)
die formel für den Leviathan: "Gott, Mensch, Tier und Maschine" verwendet Carl Schmitt mehrmals(*1).
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(*1)   a.a.O.(p.48f, p.79, p.123 und p.124).      (c/07)<==//
(08)
mit dem terminus: "alter, vieldeutiger mythos" bezeichnet Carl Schmitt die tradition, die das bild des Leviathan bis heute tradiert hat, die belegstelle in der Bibel ist das buch: Hiob, 40.kapitel. In einem ausgreifenden kapitel verknüpft Carl Schmitt die thesen des Baruch de Spinoza mit denen von Thomas Hobbes(*1), der antisemitische grundbass ist nicht überhörbar. Ich erinnere daran, dass die historia des politischen symbols: Leviathan, ein teil der abendländisch- christlichen kultur ist, der kultur, an der gelehrte juden einen nicht zu unterschätzenden anteil haben. Wer diesen anteil um den gewinn eines tagespolitischen vorteils abschätzig beurteilt, der ist als wissenschaftler diskreditiert. Es kann sein, dass die unterscheidung: privat/öffentlich, im politischen denken Baruch de Spinoza's eine schlüsselfunktion hat, das untersuche Ich hier nicht, eine funktion, die auch das politische denken des Thomas Hobbes beeinflusste, aber die unterscheidung: öffentlich/privat, ist älteren datums und reicht bis in das römische recht zurück - der jurist: Carl Schmitt, sollte als staatsrechtslehrer diesen historischen kontext gekannt haben.
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(*1)   das 5.kapitel, a.a.O. p.85-97.      (c/08)<==//
(09)   a.a.O. p.123.      (c/09)<==//
(10)
wenn die identifikation erzwungen werden soll, dann kann das resultat wieder nur ein phänomen der macht sein neben anderen
phänomenen der macht.     (c/10)<==//
(11)
das ist der trick, mit dem Carl Schmitt einerseits Hobbes argumente über den bürgerlichen staat formal nicht zur kenntnis nehmen muss, um andererseits das motiv Hobbes mit dem symbol: Leviathan, ins zwielicht zu stellen, die furcht Hobbes' nämlich, den gesicherten bürgerlichen zustand zu verfehlen, in dem ein jeder nicht der wolf des anderen ist. Wenn die bürgerliche existenz nur als ein perenierender kampf erlebt werden kann, dann verliert auch die möglichkeit des kampfes seinen sinn, ein moment der entscheidung zu sein. Thomas Hobbes hatte das gewusst, Carl Schmitt muss dieses wissen Hobbes' ignorieren, wenn er an seinem begriff des politischen festhalten will.      (c/11)<==//
(12)   a.a.O. p.123-124.      (c/12)<==//
(13)
Hobbes spricht in seinen texten zumeist von der staatlichen gewalt(force, potestas). Das problem ist die schwankende terminologie, die sowohl den blick auf die Hobbes'sche als auch die Schmitt'sche auseinandersetzung mit den phänomenen der macht verschleiert.      (c/13)<==//         (c)<==//
(d)
ob das Schmitt'sche programm auch akzeptabel sein kann, das ist ein anderes problem, das hier nicht zu erörtern ist, das aber andernorts
erörtert wird(01).
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(01)   argumente: //==>2.62.05 und 2.62.06.       (d)<==//
(st/2.61.01(b/03/*1))<==//
2.61.04
die gültige fassung der abhandlung: "Der Begriff des Politischen", ist der text von 1932(a). Diesen text liess Carl Schmitt 1963 als "Neudruck"(b) in der 2.auflage(c) wieder abdrucken, erweitert um drei selbständige teile(d), die den kerngedanken Carl Schmitt's nicht erweitern, aber in wenigen punkten präzisieren. Im Vorwort 1963 sagt Carl Schmitt: "Der Hauptmangel in der Sache liegt darin, daß die verschiedenen Arten des Feindes - konventioneller, wirklicher oder absoluter Feind - nicht deutlich und präzise genug getrennt und unterschieden werden"(e). Prima vista erscheint die unterscheidung: wirklicher und absoluter feind, resultat seiner untersuchungen über den begriff: partisan,(f) als eine erweiterung seiner freund/feind- unterscheidung, secunda vista ist aber das, was im blick auf die phänomene des krieges seit der Französischen Revolution 1789-1793 plausibel als erweiterung seines begriffs: feind, geltend gemacht werden könnte, ungeeignet, das problem seiner freund/feind- unterscheidung aufzulösen, das nur im kampf auf leben oder tod entschieden werden kann und das im tod des einen oder des anderen verschwunden sein wird. Ob wirklicher feind oder absoluter feind, derjenige, der in dieser weise unterscheidend qualifiziert wird, ist in jedem denkbaren fall ein individuum, das ein ich sein will, das individuum als ich, das zur freund/feind-unterscheidung nur im leben fähig ist, mithin den entscheidenden kampf real nicht ausfechten kann(g).
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(a)
die erste fassung der schrift war bereits 1927 veröffentlicht worden(01). Ich habe nicht untersucht, inwieweit die fassung: 1927, von der fassung: 1932, abweicht. Die möglichen differenzen in den textfassungen können dahingestellt bleiben(02).
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(01)
nachwort 1932(*1).
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(*1)   Schmitt,Carl: Der Begriff des Politischen. p.96. /bibliographie //==>2.93.66
(02)
für die Schmitt-philologie können diese differenzen von belang sein, das ist aber nicht mein thema.      (a)<==//
(b)
den neudruck des "authentischen Wortlaut((s)) einer Aussage" rechtfertigt Carl Schmitt mit dem verweis auf die "Tagespublizistik und ((die)) massenmediale Öffentlichkeit", die "alles den nächsten Zwecken des tagespolitischen Kampfes oder Konsums anpasst". Er schreibt: "In diesem Milieu hat man aus einer vorsichtigen, ersten Absteckung eines Begriffsfeldes ein primitives Schlagwort gemacht, eine sogenannte Freund-Feind-Theorie, die man nur vom Hörensagen kennt und der Gegenpartei in die Schuhe schiebt"(01). Das problem dieser schrift ist nicht der authentische text, der als dokument der historia in der debatte verfügbar sein sollte, das problem ist, dass Carl Schmitt, der die erfahrungen der jahre: 1933-1945, wissend ignoriert, das problem der freund/feind-unterscheidung keiner reflektierenden reflexion unterzogen hat(02).
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(01)   a.a.O. p.16(vorwort,1963).
(02)
in den debatten um die Weimarer Verfassung hatte die schrift: Der Begriff des Politischen, die funktion, ein argument im meinungsstreit zu sein, das mit den kriterien des rationalen diskurses kompatibel ist. Nach 1945 war das nicht mehr möglich. Die atombombe von Hiroshima hatte den schützende schleier zerrissen, auf den Carl Schmitt in der konkreten situation immer wieder verweisen konnte, wenn die entscheidung über den letzten kampf anstand, der, immer ausständig, nicht der letzte sein kann. Mit der atombombe von Hiroshima aber, das menetekel der gegenwart, ist dieser kampf als der letzte kampf real möglich geworden, der kampf, über den keiner wird sprechen können ... .      (b)<==//
(c)
in der chronik der auflagen schreibt der verlag: neuauflage. Die unterscheidung: neudruck/neuauflage, mag eine marginalie sein, sie kann aber als ein indiz gelesen werden, dass sowohl dem autor als auch seinem verleger bewusst gewesen war, dass eine unkommentierte zweitpublikation des umstrittenen textes problematisch sein muss. Über die gründe kann der rezipient nur spekulieren und eine dieser spekulationen ist die these, dass Carl Schmitt sein denken vor 1945 nach 1945 keiner kritischen reflexion unterzogen hatte, er machte einfach weiter, im ton zurückhaltener, die entgleisungen zwischen 1933 bis 1945 vermeidend(01).
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(01)
weder mit den biographien über Carl Schmitt, noch mit der nicht mehr überschaubaren sekundärliteratur habe Ich mich systematisch befasst(*1), Ich habe mich darauf beschränkt, die schriften von Carl Schmitt zu lesen(*2) und diese im horizont meiner erfahrungen zu reflektieren - das genügt(*3).
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(*1)
Ich verweise dazu auf den artikel in der Wikipedia(+1), der eine vorstellung gibt von dem, was über Carl Schmitt geschrieben worden ist. Mein gegenstand der reflexion ist nicht die historia der rezeption Carl Schmitt's, die in ihrer gesammtheit ebenso schillernd ist wie das werk Carl Schmitt's selbst.
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(+1)   Wikipedia: Carl Schmitt. stand: 08.06.2013. /bibliographie //==>2.93.70
(*2)
alles, was Carl Schmitt geschrieben hatte, habe Ich nicht gelesen, es ist allein eine auswahl, die im umkreis der schrift: Der Begriff des Politischen", einschlägig ist.
(*3)
in der perspektive des philologen kann das nicht genügen, aber meine intentionen sind nicht die eines philologen.      (c)<==//
(d)
die erweiterungen der ausgabe von 1963 sind die teile: "vorwort, corollarien und hinweise". Der gegenstand der kritik kann nicht die weiterarbeit am problem sein, wohl unterliegt der kritik das faktum, in welcher form Carl Schmitt seine reflexionen über den begriff des politischen mit neuen erfahrungen angereichert hat. Teilfragen der freund/feind-unterscheidung in der perspektive des juristen sind der gegenstand der drei corrolarien(01). Die hinweise, verfasst als ergänzende anmerkungen für die neuausgabe des textes, umfassen verweise auf die sekundärliteratur, die nach 1932 zum thema publiziert wurde. Im vorwort erläutert Carl Schmitt die gründe zum neudruck des textes von 1932.
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(01)
die corrolarien: 1 und 2, hatte Carl Schmitt 1931 und 1938 formuliert; das 3.corrolarium dürfte auch vor 1939 entstanden sein.      (d)<==//
(e)     a.a.O. p.17(vorwort,1963).      (e)<==//
(f)
Carl Schmitt bezeichnet die abhandlung: "Die Theorie des Partisanen,(01) als selbstständige erweiterung seines textes von 1932(02). Er sagt im schlussatz: "Die Theorie des Partisanen mündet in den Begriff des Politischen ein, in die Frage nach dem wirklichen Feind und einem neuen Nomos der Erde"(03), seine these: "Erst die Ableugnung der wirklichen Feindschaft macht die Bahn frei für das Vernichtungswerk einer absoluten Feindschaft"(04). Es sollte aber nicht übersehen werden, dass die terminologie, einerseits die termini: die wirkliche/absolute feindschaft, andererseits die termini: der wirkliche/absolute feind, differente sachverhalte bezeichnen, mit den bestimmte phänomene des partisanenkriegs plausibel geklärt werden können, argumente, die aber den begriff des politischen im sinne Carl Schmitt's substanziell nicht erweitern können.
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(01)
Schmitt,Carl: Theorie des Partisanen./bibliographie //==>2.93.66.
(02)
Schmitt,Carl: Der Begriff des Politischen. Vorwort, p.18. /bibliographie //==>2.93.66.
(03)
Schmitt,Carl: Theorie des Partisanen. p.96 /bibliographie //==>2.93.66.
Zusatz.
Im untertitel verweist Carl Schmitt auf diesen zusammenhang: "Zwischenbemerkung zum Begriff des Politischen".
(04)   a.a.O.p.96.     (f)<==//
(g)
argumente: //==>2.62.05 und 2.62.06.      (g)<==//
(st/2.93.66)<==//
2.61.05
es verwundert prima vista, dass im engeren umfeld der Carl Schmitt'schen reflexionen über den begriff des politischen(a) eine dezidierte auseinandersetzung Carl Schmitt's mit den rechtsauffassungen Kant's nicht nachweisbar ist. Gelegentlich hat Carl Schmitt den namen: Kant, notiert, aber diesen verweisungen ist eine gewisse beiläufigkeit eigentümlich, sodass das urteil nachvollziehbar ist, dass, wenn diese verweisungen wegfielen, das fehlen nicht auffallen würde(b). Erst nach 1945, als Carl Schmitt die idee eines "Nomos der Erde" umtrieb, ist ein passus nachweisbar, der secunda vista eine modifikation dieser meinung plausibel macht(c). Das argument Carl Schmitt's ist aber nicht geeignet, das urteil über die beiläufigkeit der namensnennung im kern zu revidieren(d).
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(a)
soweit mir die schriften Carl Schmitt's bis 1945 bekannt sind, hat der name: Immanuel Kant, keine rolle gespielt. Für den juristen: Carl Schmitt, war der philosoph: Immanuel Kant, kein gesprächspartner(01). Im text über den begriff des politischen nennt Carl Schmitt den namen Kant's an zwei stellen(02). Diese stellen waren mir erst dann in den verweisen Carl Schmitt's aufgefallen, als Ich bewusst darauf geachtet hatte. Trotz der beiläufigkeit dieser nennungen ist es methodisch zulässig, bestimmte aspekte des Schmitt'schen denkens mit dem denken von Kant zu verknüpfen, weil, und das ist ein banales faktum, das denken Kant's zur tradition des abendländischen denkens gehört, der tradition nämlich, die auch Carl Schmitt rezipiert hatte. Diese verknüpfungen in der form einer gegenüberstellung hat aber derjenige zu verantworten, der die verknüpfung: Schmitt/Kant, vornimmt.
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(01)   //==>anmerkung: (c).
(02)   Schmitt,Carl: Der Begriff des Politischen. p.82 und p.89. /bibliographie //==>2.93.66.      (a)<==//
(b)
in der frühschrift: "Politische Romantik", nennt Carl Schmitt den namen Kant's mehrmals(01). Das sind verweisungen, die eher für die belesenheit des jungen autors sprechen, der sich noch beweisen muss. Als typisches beispiel für die form der Schmitt'schen verweise auf Immanuel Kant zitiere Ich einen beleg, den Ich verkürzt auch andernorts verwendet habe(02). Ich schliesse nicht aus, dass Carl Schmitt auch in den anderen mir bekannten texten den name: Kant, nennt, aber diese nennungen habe Ich überlesen, weil mir seine nennung im kontext des gedankens als nachrangig erschienen war. Den zweiten blick habe Ich unterlassen, weil Ich das interesse Carl Schmitt's an Kant, den philosophen, als gering und für die erkenntnis des problems als nachrangig einschätze(03).
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(01)
Schmitt,Carl: Politische Romantik. Namensregister. /bibliographie //==>2.93.66.
(02)
argument: //==>2.61.03/(c/06).
Zusatz.
Die belegstelle im kontext: "Johann Georg Hamann, der von Wort und Sprache her wissende, größte Philosoph des deutschen Ostens(*1), hat mit Bezug auf Kant gesagt: 'von den transzendentalen Ideen bis zur Dämonologie ist nicht weit'",(*2),(*3).
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(*1)
die sprache Carl Schmitt's, es ist das jahr: 1938, reizt zur polemik, aber diese polemik ist heute, drei generationen später, nicht mehr angemessen; damals war es der übliche jargon.
(*2)
Schmitt,Carl: Der Leviathan in der Staatslehre des Thomas Hobbes. p.123. /bibliographie //==>2.93.66.
(*3)   Carl Schmitt hat das zitat nicht belegt.
(03)   //==>anmerkung: (c).   //    (b)<==//
(c)
die idee eines "Nomos der Erde" hatte Carl Schmitt schon vor 1945 reflektiert, aber seine gedanken hatte er erst nach 1945 in einer abhandlung publiziert(01). In dieser schrift hat ein kapitel die überschrift: "Kant's ungerechter Feind"(02). Im horizont seiner freund/feind-unterscheidung operiert Carl Schmitt mit der juristischen termininologie: (in)iustus hostis, und proponiert sein urteil, dass Kant "den Begriff des gerechten Feindes ... verkenne"(03). Auf der argumentebene der juristen(=jurisprudenz) argumentierend(04) zitiert Carl Schmitt Kant, der auf der argumentebene der philosophen(=ethik) argumentiere. Das verfahren ist nicht zu kritisieren, der kritik unterliegt aber die schlussfolgerung, die Carl Schmitt zieht(05). Carl Schmitt sagt einmal: "Schließlich zeigt sich eben doch, das Kant Philosoph und Ethiker ist und nicht Jurist"(06), dann: "Auch in dieser Hinsicht ist er nicht Jurist und steht er den Theologen näher als den Juristen"(07). In der sache kommt Carl Schmitt nicht über das hinaus, was er als kern seiner freund-feind/unterscheidung bestimmt.
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(01)
Schmitt,Carl: Der Nomos der Erde./bibliographie //==>2.93.66.      (c/01)<==//
(02)   a.a.O. p.140-143.       (c/02)<==//
(03)
das zitat im kontext: "Auf der anderen Seite aber führt Kant in einer höchst überraschende Weise den Begriff des ungerechten Feindes ein. Zwar kann es einen solchen im Naturzustande nicht geben. 'Denn der Naturzustand ist selbst ein Zustand der Ungerechtigkeit.' Aber jetzt fährt der Philosoph in völliger Verwirrung der alten Lehre vom justus hostis folgendermaßen fort: 'Ein gerechter Feind würde der sein, welchem meinerseits zu widerstehen ich unrecht tun würde; dieser aber würde alsdann auch nicht mein Feind sein.' Ärger kann man den Begriff des gerechten Feindes nicht verkennen"(*1).
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(*1)
a.a.O. p.140
Zusatz. Die zitate Kant's in: '_'.      (c/03)<==//
(04)
Carl Schmitt verbleibt in der tradition des völkerrechts im 16.- 18.jahrhundert, das er mit dem terminus: jus publicum Europaeum, kennzeichnet(*1).
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(*1)   a.a.O. p.141.      (c/04)<==//
(05)
das urteil Carl Schmitt's über Immanuel Kant sollte im horizont der aussage analysiert und reflektiert werden, mit der Carl Schmitt das vorwort zu der abhandlung über den Nomos der Erde öffnet. Carl Schmitt schreibt: "Dieses Buch, die wehrlose Frucht harter Erfahrungen, lege ich auf dem Altar der Rechtswissenschaft nieder, einer Wissenschaft, der ich über vierzig Jahre gedient habe. Ich kann nicht voraussehen, wer sich meiner Opfergabe bemächtigen wird, sei es ein denkender Mensch, sei es ein praktischer Verwerter, sei es ein Zerstörer und Vernichter, der das Asyl mißachtet. Die Schicksale eines Buches stehen nicht in der Hand des Autors, so wenig wie sein persönliches Schicksal, das daran hängt."(*1). Es ist der pseudosakrale ton, der verdruss schafft und widerspruch provoziert. Seine perspektive auf Immanuel Kant hat Carl Schmitt auf die perspektive des juristen verkürzt, in der die perspektive des philosophen ausgeblendet sein muss, wenn Carl Schmitt seinem begriff des politischen den anschein einer in der ratio gegründeten plausibilität verschaffen will. Der "Nomos der Erde", das ist die um 200 jahre verspätete ideologie des christlich/europäischen kolonialismus(*2).
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(*1)   a.a.O. (vorwort).
(*2)
der schlüsselbegriff seiner theorie vom nomos der erde ist die landnahme, das heisst: die besitzergreifung von land. Die besitzergreifung von land sei, so Carl Schmitt, der grundakt des rechts(+1). Die dokumente der historia weisen ohne ausnahme aus, dass die faktische landnahme immer der raub fremden landes ist, immer gerechtfertigt mit dem vorwurf, man nehme es nur dem feind weg.
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(+1)  a.a.O. p.15-18.      (c/05)<==//
(06)   a.a.O.p.142.       (c/06)<==//
(07)   a.a.O.p.143.       (c/07)<==//          (c)<==//
(d)
über die gründe Carl Schmitt's, Kant's denken entweder zu übersehen oder es zu missverstehen, kann weitläufig spekuliert werden, spekulationen, an denen Ich mich nicht beteilige. Für meinen zweck genügt es, wenn Ich mich darauf beschränke, den begriff: das_politische, im horizont des relationalen arguments zu reflektieren, der als gegensatz zum Schmitt'schen begriff des politischen entfaltet ist, ein gegensatz, der auch im politischen denken Kant's seine wurzeln hat.       (d)<==//
(st/2.61.03/(c/06))<==//
2.61.06
Ich kann mich kurz fassen - andernorts wird hinreichend über die philosophie des Königsbergers reflektiert(a). Das erkenntnistheoretische werk Immanuel Kant's kann hier nicht der gegenstand der reflexion sein(b) und das interesse an Kant ist auf seine Schrift: Zum ewigen Frieden, fokussiert(c). Der korpus der Kant- rezeption bleibt ausser betracht, weil die rezeption des Kant'schen denkens ein eigenständiges thema ist, das dann, wenn die meinung des einen oder anderen im kontext meines arguments relevant ist, in einer anmerkung am rande verzeichnet wird(d). Die gedanken Kant's über den begriff: das_politische, fixiert in seinen Schriften, sind für mein denken kristallisationskerne - sie sind mittel zum zweck.
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(a)
das ist eine banalität, aber auf diese ist hinzuweisen, um einerseits erwartungen einzugrenzen und andererseits möglicher kritik die spitze zu nehmen.      (a)<==//
(b)
die frage, inwieweit die kritische philosophie Kant's ein konstitutives moment im fundament des relationalen arguments ist, wird im kontext einer reflexion über den begriff: das_politische, nicht erörtert. Den kerngedanken des relationalen arguments habe Ich in einer kritik Hegel's entwickelt, aber mir war immer präsent gewesen, dass die voraussetzungen für diese weiterentwickelnde kritik bei Kant zu verorten sind. Diesen zusammenhang kann Ich hier nur andeuten, weil die ausführung dieses gedankens für eine andere situation aufgeschoben ist(01).
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(01)   //==>anmerkung: (d).   //    (b)<==//
(c)
die politische philosophie Kant's kann in ihrem ganzen umfang mit dem terminus: freiheit, markiert werden, aber die freiheit des individuums als ich ist prima vista nicht der gegenstand der schrift: zum ewigen frieden, sondern ihr gegenstand ist der frieden, der zwischen dem genossen und dem individuum als ich gestiftet sein muss, wenn beide, das individuum als ich und sein genosse, ihre bürgerlichen freiheiten geniessen wollen(01). Secunda vista ist aber erkennbar, dass die idee des dauernden friedens ohne den begriff der freiheit, so wie Kant diesen begriff gedacht hatte, weder vorgestellt noch gedacht werden kann, weil einerseits die reflexion über den dauernden frieden nur dann möglich ist, wenn das individuum als ich in seinem forum internum die vorstellung gedacht hat, was die freiheit sein muss, damit es den erhoffte frieden auf dem forum publicum mit dem genossen realisieren kann, und, weil andererseits seine reflexionen über die bürgerlichen freiheiten nur dann möglich sind, wenn das individuum als ich mit seinem genossen die idee des friedens als das_humanum, traumbilder im forum internum, auf dem forum publicum realisiert. In der perspektive der reflexion(=synthese) sind die vorstellungen von freiheit und frieden als bedingungen einer humanen existenz nicht voneinander ablösbar, in der perspektive der analyse aber sind die bedingungen, die frieden und freiheit gewährleisten sollen, in analytischer absicht voneinander trennbar(02). Die vorstellungen von der freiheit, so wie Kant das problem der freiheit in vielfältigen facetten, vor allem in seinen kritischen schriften, erörtert hatte, sind ausgeklammert, aber, vor die klammer gezogen, immer präsent.
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(01)   argument: //==>2.61.07.
(02)
im blick auf die methode ist die strikte trennung von analyse und synthese zu beachten(*1).
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(*1)   //==>INDEX der argumente, stichwort: trennung in analytischer absicht.      (c)<==//
(d)
das methodische problem der rezeption ist andernorts bereits erörtert(01). In der rezeptionsgeschichte Kant's ist der beitrag Carl Schmitt's nur eine nachrangige fussnote(02) und das, was im namen Carl Schmitt's, pro und/oder kontra Kant, in Stellung gebracht wird, das ist nicht der gegenstand meiner analysen und synthesen.
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(01)
Richter,Ulrich: Der terminus: freiheit, und die möglichen freiheitsbegriffe im denken Kant's, Hegel's und des rezipierenden individuums als ich. 024:rezeption. /bibliographie //==>2.94.76.
(02)   argument: //==>2.61.05/(c).       (d)<==//
(text/1.1.22b/)<==//
2.61.07
Kant's schrift: zum ewigen frieden, ist schon vielfach interpretiert worden(a), diesen interpretationen will Ich keine weitere hinzufügen, weil mich allein die idee Kant's fasziniert, dass nur im gedanken einer utopie das gedacht werden könne, was realisiert sein muss, wenn das individuum als ich und sein genosse ihre existenz als eine dem humanum angemessene geniessen wollen. Der gedanke ist das eine, die realität ist das andere, und mit beidem ist das individuum als ich wie sein genosse konfrontiert(b). In der lebenswelt der menschen, eingeschlossen im horizont ihrer raum/zeit-erfahrungen, ist eine dauernde ordnung ohne gewalt nicht real(c), aber der gedanke, dass eine dauernde ordnung ohne gewalt herstellbar sei(d), muss in der form einer utopie gedacht werden(e); denn die gewalt ist das konstitutive merkmal des naturzustandes, der mit dem begriff: das_humanum, nicht vereinbar ist(f). Das anstehende problem, präsent in jedem moment der gelebten gegenwart, ist die anstrengung, eine differenz aufzuheben, die in raum und zeit nicht aufhebbar ist - das, was möglich ist, das sind soziale verhältnisse, in denen jeder nach seinen vorstellungen soll leben können(g). Es ist ein allgemeiner brauch, den angestrebten zustand des friedens in der form eines vertrages vorzustellen(h). Das ist einerseits zutreffend, andererseits kann der friede als vertrag interessengeleiteter parteien nicht das sein, was die idee des friedens sein muss, wenn sie ihren zweck erreichen soll, lebenschancen für alle offen zu halten. Wenn der frieden, der das fundament der sozialen beziehungen des individuums als ich mit seinen genossen sein soll, dann ist der zustand des friedens nur in der form der anerkennung des anderen als der_andere denkbar, und die anerkennung des anderen als der andere können nur das individuum als ich und sein genosse, jeder für sich, autonom, sich selbst bindend, leisten(i). In jeder reflexion über den frieden ist der blick des reflektierenden immer auch auf sich selbst gerichtet.
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(a)
pars pro toto verweise Ich auf die werkinterpretation von Volker Gerhardt(01).
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(01)
Gerhardt,Volker: Immanuel Kants Entwurf "Zum ewigen Frieden". /bibliographie //==>2.93.74.     (a)<==//
(b)
im vollzug ihres lebens sind das individuum als ich und sein genosse in der situation, mit ihren begriffen als begriff die dinge der welt von den dingen der welt als phänomene zu unterscheiden, ohne dass der begriff von dem ding der welt und das ding der welt als phänomen identisch fallen können(01). Der begriff: friede, gedacht im forum internum, kann nicht dasselbe sein, was die phänomene des friedens auf dem forum publicum, raum und zeit unterworfen, als erfahrene realität sind, dinge der welt, die einen bestimmten zustand von frieden und/oder krieg markieren(02). In raum und zeit aber, zumeist als friedlos wahrgenommen, werden der gedanke: der frieden, und die erfahrenen realitäten als phänomene begriffen, die im modus der dialektik als gegensatz gedeutet werden(03). Das, was das individuum als ich und sein genosse, jeder für sich, als gedanke des friedens oder als friedloser realität in relationen fassen, das können sie nur im horizont des jeweils ausgeschlossenen dritten moments bestimmt begreifen. Jede vorstellung eines bestimmten friedens und jede real erfahrene soziale beziehung, oft als zustand des kriegs, wird im modus der dialektik als streitig wahrgenommen, ohne diesen streit abschliessend auflösen zu können. Im trialektischen modus wird der dialektische widerstreit nicht aufgehoben, aber nachvollziehbar dargestellt(04).
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(01)
argumente: //==>2.22.08, //==>2.22.34. Und: //==>INDEX der argumente, stichwort: begriff (und verweisung).     (b/01)<==//
(02)
das, was als zustand eines friedens erfahren wird, das kann, wenn die bedingungen des situativen zustandes analysiert werden, der zustand eines krieges sein. Es ist also eine frage der perspektive, ob das, was in raum und zeit als phänomen erfahren wird, als zustand des friedens und/oder des krieges gedeutet wird. Das problem sind nicht die phänomene, die sind, was sie sind, das problem sind die begriffe: krieg und frieden,(*1) die das individuum als ich und sein genosse denken müssen, wenn sie die streitigen phänomene voneinander unterscheiden wollen.
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(*1)
klarstellung. Die begriffe: frieden und krieg,(+1) sind zueinander keine relationsbegriffe, sondern klassenbegriffe, für die bestimmte merkmale definiert sein müssen(+2). Es ist also möglich, über den frieden analytisch zu argumentieren, ohne auf den krieg rekurrieren zu müssen, nicht anders, wenn die phänomene des krieges analysiert werden und kein wort über den frieden verloren wird. Wenn aber über den frieden oder über den krieg reflektiert wird, vor allem, wenn die formen der möglichkeit eines zu stiftenden friedens oder eines zu beendenden krieges der gegenstand des diskurses sind, dann hat der krieg für den frieden, nicht anders der frieden für den krieg, die funktion des begrenzenden horizonts.
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(+1)   argumente: //==>2.62.07, //==>2.62.08.
(+2)   argument: //==>2.62.03.     (b/02)<==//
(03)
wenn von der dialektik der gegensätze gesprochen wird, dann ist es, d'accord mit dem jargon, üblich, von widersprüchen zu reden. Das ist falsch. Der begriff und die mit dem begriff unterschiedenen phänomene, realität und gedanke, sind dinge der welt, die zueinander nicht in einem widerspruch stehen können(*1), gleichwohl sie als gegensätze erscheinen.
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(*1)
klarstellung. Der begriff: widerspruch, hat nur in der logik seinen angemessenen ort. Alle weltdinge der erfahrung stehen zueinander im verhältnis eines gegensatzes, der auch den wechselseitigen ausschluss der weltdinge einschliesst.     (b/03)<==//
(04)   //==>argument: 2.24.84.     (b/04)<==//         (b)<==//
(c)
die feststellung, dass die welt friedlos sei, ist ein allgemeinplatz, es ist aber etwas anderes, wenn behauptet wird, dass die gewalt ein konstitutives merkmal des lebens sei(01). Kein leben ist ohne einschluss der gewalt möglich, gleichviel, was die phänomene der gewalt sein mögen(02), aber es ist nicht zulässig, diese phänomene eins zu eins gleichzusetzen, weil zwischen der gewalt in der natur(03) und der gewalt in der kultur(04) unterschieden werden muss, wenn das sprechen vom humanen leben(05) einen ausweisbaren sinn haben soll. In der natur ist die gewalt ein ereignis, das als nicht geregelt erscheint(06), ohne die kontrolle der gewalt ist unter den bedingungen der kultur eine zivile gesellschaft nicht möglich(07).
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(01)   argument: //==>2.62.04.
(02)   argument: //==>2.22.29.
(03)   argument: //==>2.22.32.
(04)   argument: //==>2.62.10.
(05)   argument: //==>2.22.23.
(06)
jede form der gewalt hat in den formen der gegengewalt ihre grenze. Die natur ist, insofern sie als ein dauerndes system vorgestellt wird, ein sich selbst regelndes system, das die vorstellung als widerspruch ausschliesst, ein gesetzgeber könne der natur regeln vorschreiben. Auf dieser argumentebene ist die moral als mögliche perspektive ausgeschlossen.
(07)
der zweck der kultur ist die einhegung der gewalt. Dieser zweck sollte unter dem zeichen des friedens realisierbar sein(*1).
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(*1)
der begriff: einhegung der gewalt, wird im kontext der C.Schmitt'schen these von der "hegung des krieges", wieder aufgegriffen(+1).
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(+1) argument: //==>2.62.07/(d/16).     (c)<==//
(d)
der satzteil: eine dauernde ordnung ohne gewalt sei herstellbar, ist ein selbstzitat(01). Das individuum als ich und sein genosse, selbst dem zustand der natur unterworfen, heben in der pflege der kultur die gewalt der natur auf. Eines der denkbaren mittel zum zweck ist die konstruktion eines staates, mit der das individuum als ich und sein genosse versuchen, die nicht aufhebbare gewalt der natur in den formen der kultur einzuhegen. Darauf zielt Immanuel Kant mit seiner friedensschrift ab, wenn er die bedingungen, diese begründend, benennt, wie ein dauernder friedenszustand möglich sein könne, den zu schaffen die aufgabe jeder generation ist.
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(01)   argument: //==>2.32.13/(j/03).  //       (d)<==//
(e)
es ist darüber zu streiten, ob Kant's schrift zum ewigen frieden eine utopie sein kann oder sein soll. Volker Gerhardt meint, dass "der Entwurf 'Zum ewigen Frieden' nicht als Utopie verstanden werden" dürfe(01). Diese meinung ist dann richtig, wenn der terminus: utopie, eine ausgepinselte erzählung bezeichnen soll, pars pro toto sei die schrift von Thomas Morus: Utopia, zitiert. Eine vergleichbare utopie hatte Kant nicht intendiert, aber Kant hatte das idealbild des ewigen friedens als "süßen Traum"(02) eingefordert und den staatsoberhäuptern es als pflicht auferlegt, diesem ideal sich anzunähern(03). Kant war kein utopist, eher ist er als realist einzuschätzen, der ohne illusionen die bedingungen benannt hatte, unter denen, im einklang mit den bedingungen der vernunft, ein politischer zustand geschaffen werden kann, der dem idealbild eines ewigen friedens gleich komme. Vom politiker erwartet Kant die anstrengung, die bedingungen des friedens real auch zu schaffen(04). Um dieses projekt auf den weg zu bringen, ist eine vorstellung von dem erforderlich, wie das, was sein soll, beschaffen sein müsste(05). Diese notwendige vorstellung ist der traum des künftigen, einer zukunft, die gemeinhin mit dem terminus: utopie, bezeichnet wird. In diesem kontext präferiere Ich den terminus: projektion in die zukunft(06) und in diesem sinne ist Kant's friedensschrift die utopie des möglichen friedens.
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(01)
Gerhardt,Volker: Immanuel Kants Entwurf "zum ewigen Frieden". p. 82, auch p.91 und 233. /bibliographie //==>2.93.74.     (e/01)<==//
(02)
Kant,Immanuel: Zu ewigen Frieden. Vorspruch. p.195./bibliographie //==>2.93.73.     (e/02)<==//
(03)
das problem der utopie(*1) hat Kant im horizont der moralität erörtert und sich gefragt, inwieweit diese erörterungen ein "Fortschritt zum Besseren"(*2) sein können. Seine skepsis ist nicht überlesbar: "Denn wir müssen uns von Menschen in ihren Fortschritten zum Besseren auch nicht zu viel versprechen, um nicht in den Spott des Politikers |(366) mit Grund zu verfallen, der die Hoffnung des ersteren gerne für Träumerei eines überspannten Kopfs halten möchte*"(*3). In der dazugehörigen anmerkung sagt Kant abschliessend: "* ((...)) Ein Staatsprodukt, wie man es hier denkt, als dereinst, so spät es auch sei, als vollendet zu hoffen, ist ein süßer Traum; aber sich ihm immer zu nähern, nicht allein denkbar, sondern, so weit es mit dem moralischen Gesetze zusammen bestehen kann, Pflicht, nicht der Staatsbürger, sondern des Staatsoberhaupts"(*4).
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(*1)
den terminus: utopie, gebraucht Kant offenbar nicht(+1); mir ist nur der verweis auf Thomas Morus' schrift: Utopia, bekannt(+2).
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(+1)
im register der Weischedel'schen Kant-ausgabe ist das wort: utopie, nicht verzeichnet(§1). Im Kantlexikon von Eisler ist der verweis auf die hier zitierte stelle im Streit der Fakultäten notiert(§2).
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(§1)   Kant,Immanuel: Werke. Register. /bibliographie //==>2.93.73.
(§2)   Eisler,Rudolf: Kant-Lexikon. p.568. /bibliographie //==>2.93.75.
(+2)
Kant verweist auf das misslingen der ausgepinselten utopien. Das zitat im kontext: "((...)) Platos Atlantica, Morus' Utopia,
Harringtons Oceana und Allais' Severambia sind nach und nach auf die Bühne gebracht, aber nie (Cromwells verunglückte Mißgeburt einer despotischen Republik ausgenommen) auch nur versucht worden. - ((...))",(§1).
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(§1) Kant,Immanuel: Der Streit der Fakultäten. p.366. /bibliographie //==>2.93.73.     (e/03/*1)<==//
(*2)
Kant,Immanuel: Der Streit der Fakultäten. p.365. /bibliographie //==>2.93.73.     (e/03/*2)<==//
(*3)   a.a.O. p.365/366      (e/03/*3)<==//
(*4)   a.a.O. p.366      (e/03/*4)<==//         (e/03)<==//
(04)
der blick auf die weltlage: 2015, ist desolat, vom frieden wird geschwätzt und die damen/herren: politiker, eingedenkt der interessen ihrer staaten, tun alles, den frieden faktisch zu unterbinden(*1).
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(*1)
die demokratisch legitimierten damen/herren: politiker, haben das mandat, frieden zu schaffen, aber sie tun es nicht, weil sie sich anderen interessen verpflichtet fühlen(+1).
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(+1)   argument: //==>2.83.05.     (e/04)<==//
(05)
wer als politiker utopien nachhänge, der sollte zum psychiater gehen(*1). Das bonmot ist flott, aber falsch. Ein politiker, der nur noch funktioniert, der ist fehl am platze und wird vor allem dann, wenn er auf grund seiner funktion über grosse macht verfügen kann, zu einer gemeinen gefahr. Es sollte unterschieden werden zwischen den phantastereien über das zukünftige geschehen(*2) und den realen vorstellungen einer gerechten sozialen ordnung, die dann möglich ist, wenn diese ordnung wenigstens vorgestellt werden kann. Die utopie einer gerechten ordnung ist ein moment, das real sein muss, wenn das, was ist, mehr sein soll als der naturzustand, also die blosse abfolge von sítuationen.
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(*1)
das bonmot wird dem altkanzler Helmut Schmidt zugeschrieben und in varianten, ohne angabe der quelle, immer wieder zitiert.
(*2)
es genügt auf die kaste der futurologen zu verweisen, die zumindest post festum als schwätzer ausgewiesen sind.      (e/05)<==//
(06)   //==>INDEX der argumente, stichwort: projektionen in die zukunft.     (e/06)<==//         (e)<==//
(f)
die idee des friedens muss universal gedacht werden - ubiquitär ist die gewalt als phänomen. Es ist philosophischer brauch, das mit den termini: kultur und natur, zu bezeichnen, das mit den begriffen: naturzustand und das_humanum, getrennt wird. Das individuum als ich und sein genosse sind unablässig gefordert, diese begriffe als phänomene in praktikablen formen des zusammenlebens zu verknüpfen, die als begriffe ein widerspruch sein müssen, in den phänomenen aber als gegensätze wahrgenommen werden, die wechselseitigen ausschliessungen eingeschlossen. Diese verknüpfungen denken das individuum als ich und sein genosse, jeder für sich, in relationen, in denen das relationierte moment nur im horizont des jeweils ausgeschlossenen anderen moments bestimmt gefasst ist. Mit bestimmten vorstellungen denken sie diese verknüpfungen und gemeinschaftlich versuchen das individuum als ich und sein genosse, ihre erfahrenen wirklichkeiten den gefassten vorstellungen verändernd anzupassen. Mit ihrer arbeit, den bedingungen von raum und zeit unterliegend, können sie die identität der momente: vorstellung und realität, nicht erreichen, aber das, was sie in raum und zeit erreichen können, das sollte als identifikation für alle, die es betrifft, eine lebbare realität sein, und diese realen lebensverhältnisse sind möglich, wenn sie von allen, die es betrifft, gewollt werden.      (f)<==//
(g)
die utopie einer gesellschaftlichen ordnung, von Kant aber nicht als utopie bezeichnet, hat Kant mit seiner definition der (politischen) freiheit fixiert. Die formel der definition, immer wieder zitiert, kann nur unverkürzt notiert werden: "Niemand kann mich zwingen, auf seine Art (wie er sich das Wohlsein anderer Menschen dünkt) glücklich zu sein, sondern ein jeder darf seine Glückseligkeit auf dem Wege suchen, welcher ihm selbst gut dünkt, wenn er nur der Freiheit anderer, einem ähnlichen Zwecke nachzustreben, die mit der Freiheit von jedermann nach einem möglichen allgemeinen Gesetze zusammen bestehen kann, (d.i. diesem Rechte des anderen) nicht Abbruch tut."(01).
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(01)
Kant,Immanuel: Über den Gemeinspruch. p.145. /bibliographie //==>2.93.73.     (g)<==//
(h)
es ist üblich, die idee des friedens in den formen eines vertrages zu fixieren(01). Das grundmuster dürfte Thomas Hobbes geliefert haben, der den staat als vertrag zwischen bürgern definiert hatte, die, weil sie miteinander in frieden leben wollen, auf ihr (vermeintliches) recht, die gewalt zur selbstverteidigung anwenden zu dürfen, verzichten und ihr recht auf gegengewalt an den staat in der gestalt des Leviathan's abgetreten haben. Dieser imaginierte vertragsschluss, eine utopie zum gegenstand habend, ist von den verträgen abzugrenzen, die von den staaten als juristische personen miteinander abgeschlossen werden, wenn sie ohne krieg koexistieren wollen(02). Diese verträge sind es, die prima vista als gegenstand der Kant'schen friedensschrift erscheinen, unter der glatten oberfläche juristischer verträge kommt aber secunda vista eine weitere schicht in den blick, die mit der vorstellung des friedens als vertrag nicht zusammenpassen kann. Das ist die somatisch gefühlte einstellung des individuums als ich zu seinem genossen mit diesem, im interesse beider, ohne gewaltanwendung auszukommen. Mit ihrer gefühlten einstellung zum idealen bild des friedens, markieren das individuum als ich und sein genosse ihr wollen, das gemeinsame leben ohne gewalt zu leben. Das ist die bedingung jedes vertragsschlusses, der eine ordnung der gemeinschaft zum gegenstand hat, die frei von vernichtender gewalt ist. Auf das wollen(03) ist abzustellen, wenn ein vertragsschluss in dauer gehalten werden soll.
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(01)
die praxis, den frieden als form eines vertragsschlusses erscheinen zu lassen(*1),ist plausibel; denn das, was pragmatisch bewährt ist, das sollte ohne not nicht aufgegeben werden, nämlich dann, wenn die einsicht präsent gehalten bleibt, dass der friede als idee nicht das resultat eines vertrages sein kann, gleichwohl der friede die bedingung ist, mit der das versprechen einer friedensordnung auch wahr gemacht werden kann. Ursache und wirkung sind also strikt zu scheiden und in der richtigen folge anzuordnen.
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(*1)
es genügt, auf die termini: friedensvertrag und friedensschluss, zu verweisen.     (h(01)<==//
(02)
der streitgegenstand der diskurse über den frieden ist in der perspektive der juristen der friede als vertrag. Diese perspektive ist in meiner reflexion des begriffs: das_politische, nachrangig. Das ist der grund, warum Ich Kant's friedensschrift in scheinbar einseitiger weise für meine argumente heranziehe.      (h/02)<==//
(03)
auf dieses wollen zielt Kant ab, wenn er im 1. präliminarartikel zum ewigen frieden den "geheimen Vorbehalt"(*1) akzentuiert, der als grund für einen künftigen krieg ausgebeutet werden kann. Das individuum als ich und sein genosse müssen wollen, ohne vorbehalt miteinander in frieden zu leben, ein wollen, das den gedanken an gewalt ausschliesst.
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(*1)   Kant,Immanuel: Zum ewigen Frieden. p.196. /bibliographie //==>2.93.73.      (h/03)<==//          (h)<==//
(i)
argument: //==>2.61.08. Und: //==>INDEX der argumente, stichwort: anerkennung/anerkennen.      (i)<==//
(text/1.3.44)<==//
2.61.08
Immanuel Kant hat in seiner Friedensschrift das postulat der wahrheit als bedingung des friedens nicht expressis verbis formuliert, aber es sollte unstreitig sein, dass kein friedensschluss bestand habe kann, wenn dieser einen "geheimen Vorbehalt"(a) zum fundament hat. Entgegen der konventionen ist die lüge nicht die verneinung der wahrheit(b) und es ist ausgeschlossen, die verneinung der lüge in eine wahrheit umzudichten(c), aber aus dem verbot der lüge, das ist die logik des geheimen vorbehalts, ist die maxime der moral ableitbar, nicht zu lügen - im widerstreit stehen die wahrheit und die wahrhaftigkeit(d). Das alte gebot: du sollst nicht lügen,(e) ist der schlüssel für den möglichen frieden. In den formen der wahrhaftigkeit ist das postulat der wahrheit ein problem der praxis, das ohne den begrenzenden horizont der theorie nicht auflösbar ist, nämlich den formen der wahrheit. Immanuel Kant's argument erscheint gedoppelt. Einerseits ist die wahrheit nicht nur der grund für den möglichen frieden, sondern die wahrhaftigkeit ist auch der garant des friedens. Andererseits ist die lüge als verfehlung der wahrhaftigkeit - vorsätzlich oder nicht, nicht nur der grund für die verhinderung eines möglichen friedensschlusses, sondern die lüge hat auch den zustand der menschlichen beziehungen, der ohne die wahrheit nicht denkbar ist, als frieden zerstört. Die praktikable auflösung der dialektik von wahrheit und wahrhaftigkeit ist möglich(f) und muss vom individuum als ich und seinem genossen, wenn sie in frieden miteinander existieren wollen, aufgelöst werden - so oder so. Im raum und zeit kann es keine letzte lösung geben.
---
(a)
Kant,Immanuel: Zum ewigen Frieden. 1.Präliminartikel, p.196(B5). /bibliographie //==>2.94.73.     (a)<==//
(b)
klarstellung. Die verneinung der wahrheit kann im relationalen argument nur mit dem zeichen: nicht_wahrheit, kenntlich gemacht werden. Die lüge, was immer sie auch sein mag, ist eine position, die zu einer wahrheit, die zu denken nur als position möglich ist, in einem gegensatz stehen kann, die wechselseitige ausschliessung eingeschlossen. Die begriffe: lüge oder wahrheit, sind als begriffe zueinander ein widerspruch und es gehört zur erfahrung, dass mit diesen begriffen ein ding der welt, identisch mit sich, sowohl als eine wahrheit erscheinen kann als auch als eine lüge - im tagesgeschäft der der damen/herren: politiker, eine gewohnte sache.     (b)<==//
(c)
die umdichtung einer lüge in eine wahrheit ist das geschäft der geschichtenerzähler, wenn sie sich als historiker gerieren, die deklarierung der wahrheit als lüge ist das geschäft der damen/herren: politiker, wenn sie ihre macht behaupten wollen. Die gewalt ist immer nur eine addition.     (c)<==//
(d)
es ist beeindruckend, in Eisler's Kant-Lexikon die stichworte: wahrhaftigkeit und wahrheit, zu vergleichen(01). Das erkenntnistheoretische problem der wahrheit, klassisch in der formel: was ist wahrheit?, hat einen anderen gegenstand als das moralische problem, ob es erlaubt sein könne, unter bestimmten bedingungen auch zu lügen. Kant trennt strikt und das problem ist, dass die wahrheit als postulat für die möglichkeit des ewigen friedens nur in den formen der moral lösbar ist.
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(01)
Eisler,Rudolf: Kant-Lexikon.p.589-595./bibliographie //==>2.93.75.     (d)<==//
(e)
in der fassung des dekalogs: VIII. Du sollst gegen deinen Nächsten kein falsches Zeugnis abgeben!(2.Mose, Ex.20.16)(01).
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(01)   Bibel/die./bibliographie //==>2.93.71.     (e)<==//
(f)
die Kant'sche maxime ist mir in dieser lesart bekannt: "man muss nicht immer die wahrheit sagen, aber das, was man sagt, dass müsse wahr sein". Diese lesart ist bei Kant nicht nachweisbar, aber in seinem essay: "Verkündigung des nahen Abschlusses eines Traktats zum ewigen Frieden in der Philosophie", hat er gesagt: "Es kann sein, daß nicht alles wahr ist, was ein Mensche dafür hält (denn er kann irren); aber in allem was er sagt, muß er wahrhaft sein (er soll nicht täuschen); es mag nun sein, daß sein Bekenntnis bloß innerlich (vor Gott) oder auch ein äußeres sei. - Die Übertretung dieser Pflicht der Wahrheit heißt die Lüge"(*1). Kant schliesst seinen essay mit diesem satz: "Das Gebot: du sollst (und wenn es auch in der frömmsten Absicht wäre) nicht lügen, zum Grundsatz in die Philosophie als eine Weisheitslehre innigst aufgenommen, würde allein den ewigen Frieden in ihr nicht nur bewirken, sondern auch in alle Zukunft sichern können"(*2).
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(*1)
Kant,Immanuel: Verkündigung des nahen Abschlusses eines Traktats zum ewigen Frieden in der Philosophie. Bd.VI. p.415/(A504)/bibliographie //==>2.93.73.
(*2)   a.a.O. p.416/(A504).      (f)<==//
(st/2.61.07/(i))<==//
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fortsetzung:
subtext: 2.62.01 bis 2.62.04

<==// (anfang/bibliograpische angaben)

stand: 16.04.01.

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