fortsetzung
Subtext/argumente: 2.51.01 bis 2.51.07

2.51.01

wenn über die phänomene der macht räsoniert wird, dann wird der name: Machiavelli, im zentrum der diskurse stehen - Niccoló Machiavelli(1469-1527), zuerst ein politiker der Republik Florenz (1492- 1512), dann der geschichtsschreiber der macht(a). In meiner perspektive auf die phänomene der macht und der herrschaft instrumentalisiere Ich das werk Machiavelli's(b) mit dem ziel, die begriffe: macht und herrschaft, zu reflektieren, um diese reflexionen als argumente zu verwenden, die im politischen diskurs geltend gemacht werden, wenn der gegenstand der widerstreitenden diskurse die sozialen beziehungen zwischen dem individuum als ich: A, und seinem genossen: B, sind. Das, was der vornehmliche gegenstand der historiker und philologen ist, das setze Ich als gegebenes faktum voraus und greife es selektiv auf, um den gegenstand zu analysieren und zu reflektieren, der das objekt meines interesses ist, nämlich die struktur der wechselseitigen relation: individuum_als_ich:_A<==>genosse:_B, eine relation, der sich weder das individuum als ich noch sein genosse entziehen können, solange sie sich, jeder für sich, als ein individuum begreifen, das ein ich ist. Das konkrete interesse, verfolgt vom individuum als ich: A, und seinem genossen: B, jeder für sich, ist nicht der gegenstand meiner analysen und reflexionen(c), gleichwohl diese interessen in der wechselseitigen relation: A<==>B, als das ausgeschlossene dritte moment immer präsent sind. Bestimmte interessen, so das bedürfnis nach sicherheit(d), müssen immer wieder instrumentalisiert werden, wenn die konkrete relation: A<==>B, fixiert in ihrem so-sein, im moment der gelebten gegenwart als faktum der vergangenheit und/oder als projektion in die zukunft verstanden werden soll.
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(a)
es schmälert nicht den ruf Machiavelli's, wenn angemerkt wird, dass Machiavelli weder der erste geschichtsschreiber der macht gewesen war, noch der letzte sein wird. In der historia der reflexionen über die phänomene der macht, die phänomene der herrschaft eingeschlossen, dürfte seit beginn der menschlichen kultur immer wieder über das problem: herrschaft versus macht, nachgedacht worden sein. Ich zitiere partes pro toto Thukydides(01) und Nizamulmuk(02). Die historia dieser diskurse ist der gegenstand der historiker und dieser gegenstand hat eine spezifische funktion, die mit der geschichte der macht(03) zwar eng verknüpft ist, aber nicht mit dieser verwechselt werden sollte. Die historia der fakten überlasse Ich den historikern, Ich nutze aber die resultate ihrer arbeit, soweit diese ein argument sein können in meinen reflexionen über die begriffe: macht und herrschaft,(04).
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(01)
die lektüre des Peleponesischen Krieges von Thukydides gehört zum kanon der klassischen bildung. In meinen reflexionen über die macht und die herrschaft beschränke mich Ich darauf, die von mir benutzte ausgabe anzuzeigen(*1).
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(*1) Thukydides: Geschichte des Peleponesischen Krieges. /bibliographie //==>2.93.91.    (01)<==//
(02)
Nizamulmuk(*1), der ehrenname des Abu Ali al-Hasan (1018-1092) ist ein im islamischen kulturkreis bekannter politiker, der 1092 in Bagdad ermordet worden war. Er hatte eine schrift verfasst, in der er seine erfahrungen als politiker in der form von geschichten zusammenfasste(*2). Das, was Abu Ali al-Hasan, genannt Nizamulmuk(=ordnung des Reiches) erzählt, das unterscheidet sich nicht von dem, was Machiavelli in seiner schrift: Il Principe, als beobachtungen aufgezeichnet und systematisiert hatte. Die gegenstände, die sozialen beziehungen zwischen dem individuum als ich und seinem genossen, sind vergleichbar, die form der darstellung aber ist jeweils eine andere und sollte nicht miteinander vermengt werden(*3).
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(*1)    die schreibweise habe Ich an meine möglichkeiten angepasst.
(*2)    Nizamulmuk: Das Buch der Staatskunst./bibliographie/ //==>2.93.92.
(*3)
der vergleich der beiden schriften ist unbestritten ein interessantes objekt, für die beurteilung der phänomene von macht und herrschaft kann der vergleich aber neues nicht beitragen, weil das, was als die begriffe: macht und herrschaft, in ihrer differenz herausgearbeitet werden soll, nur mittels einer interpretation der texte erreicht werden kann, interpretationen, die einen bestimmten begriff von macht und/oder herrschaft voraussetzen.    (02)<==//
(03)   //==>INDEX der argumente, stichworte: geschichte und historia.    (03)<==//
(04)
mein interesse ist nicht auf die philologie der einschlägigen literatur fokussiert. Das mag vielleicht dem komment im wissenschaftsgeschäft widerstreiten und schwierig ist es auch, pragmatisch zwischen der philologie und der reflexion der philologisch ausgewiesenen fakten zu trennen. Einiges mag fehlen in den perspektiven der philologen, in der perspektive der reflexion aber, gemeinhin die perspektive des philosophen, kann nur das argument gültig sein, das in seinem kausalen kontext geltend gemacht wird. Das ganze ist immer als ziel präsent, aber auf dem weg zum ziel können es nur die teile sein, die im moment der gelebten gegenwart die aufmerksamkeit der diskurtanten im bann halten.     (04)<==//       (a)<==//
(b)
die biographie des Machiavelli ist ein eigenständiges thema, das nur en passant aufgegriffen wird(01). Auch bleibt die weitläufige bibliographie zum werk Machiavelli's ausser betracht(02). In dieser hinsicht verstehe Ich mich weder als ein biograph Machiavelli's, noch will Ich der fachwissenschaftler für spezielle probleme der rezeption Machiavelli's sein(03). Punktuell greife Ich bestimmte aspekte auf, die im kontext meiner auseinandersetzung mit den phänomenen der macht und der herrschaft verknüpft sind(04).
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(01)
mit dieser festlegung ist entschieden, dass die kontroversen um die biographie Machiavelli's für mich kein thema sein können. Das, was jener Machiavelli in seiner lebenszeit tatsächlich geglaubt hatte, das kann faszinierend gewesen sein, aber die gegenständen seines glaubens sind spekulationen post festum, die in widerstreitenden dokumenten der historia, teile im ganzen, ihren beleg haben können, entscheidend aber ist, dass diese meinungen interpretationen sind, die im fortgang der zeiterfahrungen immer wieder verändert werden(*1).
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(*1) argument: //==>2.51.03.
(02)
die bibliographie über Machiavelli ist als ein ganzes nicht mehr überschaubar. Jedes literaturverzeichnis kann nur eine auswahl sein und oft ist nicht erkennbar, was die kriterien der auswahl gewesen waren, von denen der auswählende autor sich hatte leiten lassen. Ich habe mich auf wenige titel beschränkt(*1) und weiss, dass diese auswahl zu klein ist, um von Nicoló Machiavelli ein umfassendes bild zu malen, aber das ist, wie bemerkt, nicht der brennpunkt meines interesses an Machiavelli.
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(*1)
Machivelli,Nicoló: Il Principe/Der Fürst./bibliographie/ //==>2.93.78.
Schmid,Carlo: Machiavelli./bibliographie/ //==>2.93.88.
König,René: Niccolo Machiavelli./bibliographie/ //==>2.93.89.
Münkler,Herfried: Machiavelli./bibliographie/ //==>2.93.90.
(03)   argument: //==>2.51.03.
(04)   //==>INDEX der argumente, stichwort: kristalisationskern.     (b)<==//
(c)
das problem der macht und/oder der herrschaft in den perspektiven der involvierten interessen zu entfalten ist ein bestimmter ansatz, der für die definition der begriffe: macht und herrschaft, gewählt werden kann - eine wahl, die selbst interessen unterliegt. Die perspektive der interessen ist aber nicht der anknüpfungspunkt meiner reflexionen über die begriffe: macht und/oder herrschaft. Mit dieser festlegung ist entschieden, dass die masse der publikationen über Machiavelli und den machiavellismus nicht das objekt meines interesses sein kann.      (c)<==//
(d)
das interesse der mitglieder einer gemeinschaft auf sicherheit, gelebt in ihren sozialen beziehungen, ist in der beurteilung der macht- und herrschaftsphänomene ein fundamentales interesse. Dieses bestimmte interesse kann auf der argumentebene der analyse als moment in analytischer absicht ausgeblendet werden, auf der argumentebene der reflexion aber, wenn die analytisch getrennten teile wieder verknüpft werden, ist das moment der sicherheit immer als das ausgeschlossene dritte moment präsent. Fixiert in den differenten strukturen der sozialen beziehungen haben die phänomene der macht und der herrschaft die funktion, sicherheit für alle, die es betrifft, zu ermöglichen und sicherzustellen. Wie die struktur der sozialen beziehung auch beschaffen sein mag, sei es als herrschaft oder als macht, diese soziale beziehung hat nur dann bestand, wenn sie als eine form der macht oder der herrschaft interpretiert wird, das problem der bewertung der faktischen strukturen(01) ist dann nachrangig, aber es ist nicht ausschliessbar.
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(01)
die bewertung einer bestimmten sozialen beziehung ist ein anderes problem, das von der definition der begriffe: macht und herrschaft, strikt abzugrenzen ist. Macht und herrschaft sind als relationsbegriffe "wertfrei"; denn als begriff sind die macht und/oder die herrschaft weder gut noch böse, aber die macht und/oder die herrschaft erscheinen als böse und/oder gut, wenn das individuum als ich: A, und sein genosse: B, jeder für sich von interessen geleitet, ihre soziale beziehung als gut und/oder als böse beurteilen(*1).
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(*1)  argument: //==>2.82.06.      (d)<==//
(text/1.1.22b)<==//
2.51.02
Machiavelli wird als empiriker der macht geschätzt(a). Er hörte anderen zu(b) und reflektierte über das gehörte, dieses im Il principe zusammenfassend(c). Das, was interessiert, das ist die methode, mit der er die phänomene der macht, die der herrschaft eingeschlossen, rezipiert hatte, als diplomat in florentinischen diensten die phänomene einerseits aktiv formend, andererseits als exilierter privatier betrachtend(d). Der grund für seinen wechsel der methode, die phänomene der macht zu beurteilen, ist in der situation der krise fundiert, die gemeinhin mit dem terminus: renaissance, bezeichnet wird(e). Das alte hatte seine bindungswirkung verloren und neues ist in das zentrum der welterfahrung gefallen, das mit den bewährten weisen der beurteilung nicht mehr kompatibel war. Der herrschende fürst, die reale verkörperung der macht, kann seinen herrschaftsanspruch in der gewandelten perspektive auf die welt nicht mehr mit dem verweis auf das gebot eines gottes oder das herkommen der tradition legitimieren(f), er muss seinen anspruch auf herrschaft gegen andere herrschaftsansprüche, in gleicher weise begründet, geltend machen und behaupten, ansprüche, die der prätendent nur dann realisieren kann, wenn er über die erforderliche macht verfügt. Als faktum einer sozialen beziehung zwischen dem individuum als ich und seinem genossen ist die macht indiffernent in bezug auf den, der den machtanspruch formuliert - er hat macht oder er hat keine macht, fixiert auf einer skala, die zwischen 0 und 1 eine vielfalt von verhältnissen zulässt. Unter den beobachtern der macht ist Niccoló Machiavelli, ausweislich der dokumente der historia, der erste theoretiker, der für die definition der macht die zweck/mittel-relation aktivierte(g), die ihr maass in der erfahrung hat.
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(a)
die einschätzung Machiavelli's als empiriker(01) ist ein werturteil, das im vergleich mit anderen autoren formuliert wird, die auch über die phänomene der macht reflektiert haben. Es ist eine frage der perspektive, ob über die phänomene der macht in den perspektiven des seins oder des sollens räsoniert wird. Beide perspektiven sind unabdingbar, wenn die phänomene der macht von den phänomenen der herrschaft unterschieden werden(02). Das, was ist, das kann mit dem, was sein soll, im konflikt sein und das, was sein soll, das ist nicht das, was ist. Es ist folglich ein dummes argumentieren, den empiriker gegen den theoretiker ausspielen zu wollen. Die alten fürstenspiegel hatten ihre funktion gehabt, aber sie genügten nicht mehr, um den heranwachsenden fürsten in der situation der krise das erforderliche handwerk zu verschaffen, mit dem der designierte nachfolger sich in den ränkespielen der herrschenden, legitimiert oder nicht, behaupten kann. Ebensowenig genügt die nüchterne empirie, die dem designierten herrscher im komplexen spiel der machthabenden die erforderlichen fertigkeiten vermittelt, sich als herrscher zu behaupten, weil die erlernten fertigkeiten ihm kein ziel anzeigen können, für das er seine macht gebrauchen soll. Machiavelli hatte mit seiner akzentuierung der erfahrung ein notwendiges moment der einschätzung sozialer beziehungen aktiviert, aber es genügt nicht, das moment der macht, konstitutiv in der sozialen beziehung zwischen dem individuum als ich: A, und seinem genossen: B, zureichend zu fixieren(03).
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(01)    argument: //==>2.51.05.
(02)
in der perspektive der analyse können die phänomene der herrschaft beiseite gestellt werden, weil die unterscheidung: herrschaft und macht, in alter zeit nicht so strikt beurteilt wurde, wie es heute mit anderen zwecksetzungen erforderlich ist. Herrschaft und macht können als begriffe nicht identisch fallen, als phänomene aber sind sie im bestimmten fall nur schwer auseinanderzuhalten. Das, was als herrschaft erscheint, das kann blosse macht sein, und das, was als macht erscheint, das kann als legitime herrschaft ausgewiesen werden.
(03)
es dürfte eine fehlinterpretation des wollens Machiavelli's sein, ihn als theoretiker der macht ohne zweck und ohne moral darzustellen; denn Machiavelli wird als republikaner eingeschätzt und das ideal der republik ist, wie bekannt, mit dem ideal einer fürstenherrschaft nicht kompatibel. Als person seiner zeit hatte Machiavelli für die politische ordnung konkrete vorstellungen entwickelt, die er als legitim angesehen hatte, allein, er verfügte, darin Savonarola ähnlich, nicht über die erforderlichen machtmittel, seine vorstellung eines guten staates zu realisieren.      (a)<==//
(b)
im brief an Vettori, 10.12.1513, hatte Machiavelli(01) seine methode, das problem der macht argumentativ abzuhandeln, mit diesen worten kenntlich gemacht: "Dann ((nach der täglichen arbeit auf seinem landgut,ur)) begebe ich mich ins Wirtshaus an der Straße, spreche mit Durchreisenden, frage um Neuigkeiten aus ihrer Heimat, hörte verschiedene Dinge und merkte mir den verschiedenen Geschmack und die mannigfaltigen Phantasien der Menschen."(02). Machiavelli fragte nach und hörte zu, auf die differenzen im gehörten achtend. Der ort ist das wirtshaus, das die kommunikation zwischen allen, die es betrifft, vermittelt. Das, was ist, das ist das entscheidende moment, und nicht das, was sein soll. Das vorgehen Machiavelli's ist in seiner zeit, politisch fragil, neuartig, heute ist es scheinbar selbstverständlich geworden. Machiavelli's methodischer standpunkt ist, erst das zur kenntnis zu nehmen, was ein faktum ist, aber, und das ist die erkenntnis der nachfolger Machiavelli's, die feststellung des faktums kann nicht genügen, wenn die zielvorgabe nicht auch bezeichnet ist, die die einordnung des faktums in einen sinnzusammenhang möglich macht, ein zusammenhang, der aus dem faktum selbst nicht abgeleitet werden kann, sondern als setzung des individuums als ich hinzugefügt werden muss. Diese leerstelle im denken Machiavelli's ist der ansatzpunkt sowohl für die verteidiger Machiavelli's als auch für seine gegner(03).
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(01)
der brief an Vettori dürfte der schlüssel sein für die methode, mit der Machiavelli seine darstellung der machtphänomene ins werk setzte(*1). Es sollte nicht übersehen werden, dass die rezeption des zitierten satzes eine interpretation des fixierten gedankens ist; denn das, was Machiavelli mitgeteilt hat, das ist eigentlich so banal wie jede beschreibung einer bestimmten situation banal sein kann. Erst im wiederaufgreifen der dargestellten situation können momente aufleuchten, die dem verfasser des textes vielleicht nicht bewusst gewesen waren, die aber in der wiederaufnahme durch einen anderen einen neuen stellenwert erhalten können. Die geste, die ein sollen markiert, ist etwas anderes als die handlung, die einen gegebenen sachverhalt fixiert.
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(*1)
in seiner interpretation Machiavelli's hatte René König die these formuliert, dass die machttheorie des Machiavelli ein kunstwerk sei(+1). Das ist eine interpretation, die akzeptabel dann ist, wenn Machiavelli's: Il principe, als ein werk der literatur rezipiert wird, es ist aber etwas anderes, wenn die theorie der macht, die Machiavelli vorgelegt hatte, in das korsett einer ästhetik gesteckt wird. Mit dem argument, das werk: Il Principe, sei ein kunstwerk, wird dieser theorie etwas unterschoben, das für die theorie marginal ist, aber, und das sollte nicht übersehen werden, das unterschobene ist für das bestimmte interesse nicht belanglos, mit dem die theorie der macht instrumentalisiert werden soll(+2).
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(+1)
im nachwort 1979 zur neuausgabe seiner interpretation Machiavelli's schreibt René König: "Machiavellis Werk steht also wirklich auf der Ebene mit dem großartigen Kunstschaffen der Renaissance und der Plünderung Roms ((...)). Als Kunstwerk aber steht es jenseits der immer sich wandelnden Zeit"(§1).
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(§1)  König,René: Machiavelli. p.355. /bibliographie/ //==>2.93.89.
(+2)
die ästhetisierung der macht ist etwas anderes. Ich halte es für abwegig, die theorie des Machiavelli dafür in anspruch zu nehmen. Die kunstvolle darstellung eines problems ist nicht mit der ästhetisierung des dargestellten gegenstandes gleichsetzbar(§1).
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(§1) argument: //==>2.51.04/(f/02).     (01)<==//
(02)
zitiert nach: Schmid,Carlo: Machiavelli.(einleitung). p.12. /bibliographie/ //==>2.93.88.     (02)<==//
(03)   argument: //==>2.51.04.     (03)<==//         (b)<==//
(c)
Machiavelli wusste, dass es die empirie allein nicht sein kann, die analytisch das aufreiht, was beobachtbar ist(01). Die reflexion des analytisch gewonnenen ist auch erforderlich, die, im dafürhalten Machiavelli's, in einem bestimmten ambiente eingebunden sein muss(02). Die reflexion selbst ist von interessen umstellt(03). Zureichend kann das problem einer theorie der macht nicht mit dem verweis auf die empirie aufgelöst werden, weil die macht, jedes phänomen einer herrschaft umgreifend, nicht auf seine blosse funktion reduziert werden kann. Der empirische ansatz greift zu kurz, wenn die macht auf ein moment in der zweck/mittel-relation reduziert wird, es müssen auch die interessen mit einbezogen werden, die im begriff: macht, kein konstitutives moment des begriffs sind, gleichwohl aber den begriff: macht, in seine grenzen verweisen. Das moment der interessen fasst Machiavelli, ganz das kind seiner zeit, in den vorstellungen der tradition, die am status quo der gesellschaftlichen ordnung ausgerichtet ist. In dieser perspektive dürfte Machiavelli nicht der revolutionär gewesen sein, als der er erscheint, wenn er als theoretiker einer krisenzeit, fixiert mit dem terminus: renaissance, interpretiert wird(04). Diese einschätzung mindert aber in keiner weise Machiavelli's funktion, in seiner zeit den anstooss gegeben zu haben, den prozess des politischen neu zu reflektieren.
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(01)
Machiavelli schreibt an Vettori: "Weil Dante sagt, es gebe keine Wissenschaft, ohne das Gehörte zu behalten, habe ich aufgeschrieben, was ich durch ihre Unterhaltung gelernt und ein Werkchen de principatibus geschrieben, worin ich die Fragen über diesen Gegenstand ergründe, so tief ich kann, betrachtend, was ein Fürstentum ist, wie viel Gattungen es gibt, wie man sie erwirbt, wie man sie erhält, warum man sie verliert"(*1).
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(*1) brief vom 10.12.1513. Zitiert nach Schmid,Carlo: Machiavelli. (einleitung) p.13. bibliographie/ //==>2.93.88.     (01)<==//
(02)
Machiavelli beschreibt die situation: "Wenn der Abend kommt, kehre ich nach Hause zurück und gehe in mein Schreibzimmer, an der Schwelle werfe ich die Bauerntracht ab, voll Schmutz und Kot, ich lege prächtige Hofgewänder an, und angemessen gekleidet, begebe ich mich in die Säulenhallen der großen Alten. Freundlich von ihnen aufgenommen, nähre ich mich da mit der Speise, die allein die meinige ist, für die ich geboren ward"(*2).
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(*2)   a.a.O. p.13.     (02)<==//
(03)
Machiavelli berichtet weiter, dass er das "Werkchen de principatibus" den "Herren Medici"(*1) dezidieren wolle. Machiavelli hat interessen, die plausibel nachvollziehbar sind(*2).
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(*1)    a.a.O. p.14.
(*2)
Machiavelli schreibt: ",... daher mein Wunsch, daß mich die Herren Medici zu verwenden begönnen, sollten sie mich auch anfangs einen Fels wälzen lassen"(§1).
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(§1)  a.a.O. p.14.     (03)<==//
(04)
sowohl Herfried Münkler(*1) als auch René König(*2) verwenden im untertitel ihrer interpretationen Machiavelli's den terminus: krise. Die renaissance war eine zeit des umbruchs gewesen. Es war, wie René König sagt, eine "Zeitenwende", weil die alte ordnung durch die gesellschaftlichen entwicklungen obsolet und die konstruktion einer neuen ordnung unausweichlich geworden waren. Das schicksal hatte, wie man so sagt(*3), Niccoló Machiavelli in diese umbruchszeit geworfen und seine leistung ist es, das, was er beobachtet hatte, in dokumenten der historia zu fixieren, die der gegenstand neuer interpretationen sind, interpretationen, die in einer anderen gegenwart vom individuum als ich und seinem genossen geleistet werden müssen.
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(*1)    Münkler,Herfried: Machiavelli./bibliographie //==>2.93.90.
(*2)    König,René: Machiavelli./bibliographie //==>2.93.89.
(*3)
vom schicksal wird geredet, wenn besseres nicht zur hand ist, um das elend und den glanz einer existenz, gegenstand der geschichtserzählungen, irgendwie plausibel zu machen. Es ist nicht notwendig, irgendwelche mächte, übles wollend oder gutes, zu benennen, um die faszination der texte kenntlich zu machen, die seinen urheber in einem zwielicht erscheinen lassen. Das, was heute den bürger, politisch aktiv, an den texten Machiavelli's begeistert oder abstösst, das sind seine beobachtungen, spiegelbilder der zeit, die auch in der gegenwart ihre wirkung haben, weil in den bildern der zeit strukturen erkennbar sind, denen das individuum als ich und sein genosse, damals wie heute, sich nicht entziehen können, wenn sie ihre soziale beziehung im horizont der utopie: das_humanum, bewältigen wollen.      (04)<==//         (c)<==//
(d)
der verlust des politischen amtes, konsequenz der umgebrochenen machtverhältnisse in der Republik Florenz, war ein bestimmendes ereignis in der biographie Machiavelli's gewesen, aber es ist skepsis angezeigt, wenn behauptet würde, dass ein kausaler zusammenhang bestehe zwischen diesem ereignis und der Machiavelli'schen beurteilung der machtphänomene, vor dem ereignis und nach diesem. Das ist unbestreitbar ein aspekt, der bedeutsam sein kann, wenn die biographie Machiavelli's beurteilt wird, für die beurteilung der machtstrukturen aber, gegenstand der texte Machiavelli's, sind diese erwägungen nachrangig.     (d)<==//
(e)
Ich beschränke mich darauf als faktum festzustellen, dass die renaissance als eine periode des umbruchs dargestellt wird(01). Der wechsel der formen wird post festum als krise des alten und als aurora des neuen interpretiert. Das, was die renaissance in ihren erscheinen ist, das ist eine interpretation post festum, in der argumente bestimmend sein können, die im interpretierten objekt nur marginal gewesen sind oder, das ist auch zu erwägen, überhaupt nicht vorhanden waren. Das ist aber ein allgemeines problen, wenn ein bestimmter zeitraum in der historia gedeutet wird. Jeder zeitraum der historia wird mit geschichten über die zeit möbliert.
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(01)
die historische einteilung hängt davon ab, welche kriterien als konstituierend für den wechsel angesehen werden. Es ist üblich, die renaissance im zeitraum: 1420-1560, zu verorten, mit kern: 1480-1540. Diese datierungen sind orientierungspunkte, aber viel mehr als fixpunkte im strömen der zeit können diese datierungen nicht sein.      (e)<==//
(f)
die legitimität der herrschaft, in der bestimmten form einer machausübung erscheinend, wird, das ist ein empirisches faktum, als ein moment der tradition interpretiert. Das denken, der tradition verpflichtet, akzeptiert als dominierende begründung nur das herkommen, das, fixiert in der erzählung der mythen, die legitimität der herrschaft ausweist, der realen herrschaft, die als machtausübung einzelner personen erscheint. Dominant ist der herrschaftsanspruch des machthabende, der mit dem befehl eines gottes unterfüttert ist. Diese formen, die herrschaft in staat und gesellschaft zu legitimieren, war in der "Zeitenwende"(01) durch die tatsächliche ausübung der macht in misskredit gekommen(02).
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(01)    //==>anmerkung: (c/04).
(02)
es sollte nicht aus der erinnerung gefallen sein, dass die reformation Martin Luther's ihren grund in der kritik der kirche gehabt hatte, repräsentiert durch die clique der römischen päpste. Der glaube Luther's an Jesus Christus als gott war nicht der grund für die thesen von Wittenberg, gleichwohl post festum die theologischen erwägungen, quasi collateralprobleme der kirchenkritik, den fortgang der reformation bestimmt hatten, die als streitpunkte bis heute die reformierten von den katholiken trennen.     (f)<==//
(g)
der politikbegriff Machiavelli's ist der gegenstand des arguments: 2.51.03.      (g)<==//
(text/1.3.31)<==//
2.51.03
wenn Machiavelli der überzeugung ist(a), dass das maass aller politischen dinge nicht mehr das ist, was sein soll, sondern dass das zum maass der politischen dinge erklärt wird, was ist(b), dann hat Machiavelli die perspektive gewechselt, folglich ist in der neuen perspektive das alte instrumentarium der politischen reflexion nicht mehr verfügbar, die phänomene der macht, die phänomene der herrschaft eingeschlossen, zureichend zu erfassen. Die geänderte perspektive Machiavelli's bezeichne Ich mit dem terminus: der funktionale politikbegriff. Mit dem funktionalen politikbegriff werden die phänomene der macht als elemente einer zweck/mittel-relation gefasst, die das individuum als ich im horizont seiner interessen beurteilt(c). Die fragen der moral haben im schema der konstituierenden merkmale des begriffs, das sind die merkmale: "zweck/(=ziele), mittel und interessen", keine unmittelbar ausgewiesene funktion(d) und das, was als phänomene der macht erscheint, das ist das wechselspiel der elemente, in jedem moment der gelebten gegenwart des individuums als ich eine andere, eine neue konstellation darstellend. Das schema, selbst als gesellschaftliche realität präsent(e), weist weder das individuum als ich noch seinen genossen als die subjekte des geschehens aus, inszeniert als ein spektakel der macht, und wenn das individuum als ich und sein genosse in das spektakel implementiert werden, dann sind es auswechselbare figuren eines historischen prozesses, der seinen grund in der person hat, die den begriff instrumentalisiert(f). Der funktionale politikbegriff ist ein mittel, das für jeden zweck eingesetzt werden kann, den das verwendende individuum als ich setzt. Das maass für seine verwendung ist der erfolg, für den nicht_erfolg kann nichts prädiziert sein.
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(a)
das ist meine interpretation der dokumente der historia, die mit dem namen: Machiavelli, verknüpft werden. In der weitläufigen rezeptionsgeschichte Machiavelli's ist diese interpretation ein element neben anderen interpretationen und so sollte sie auch beurteilt werden.      (a)<==//
(b)
im wechsel der perspektive, vom sollen zum sein(01), ist die zeitenwende markiert, die mit dem terminus: renaissance, bezeichnet wird(02). Es ist ein paradigmenwechsel der welterfahrung(03). Ich stelle das als ein faktum fest, das in seiner weitläufigen bedeutung hier nicht zu erörtern ist(04).
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(01)
klarstellung. Mit der wahl der termini, festgelegt in der grammatik, ist eine doppeldeutigkeit induziert. Den terminus: sollen, verknüpfe Ich mit der idee des seins, dem, so die behauptung im ontologischen argument, die dinge der welt emanieren, weltdinge, die als dem sein emanierte, ein daseiendes sind; ausser betracht bleiben die bedeutungen, die in der ethik mit dem terminus: sollen, kenntlich gemacht werden.      (b/01)<==//
(02)
die renaissance ist eine epoche in der weltgeschichte und Machiavelli ist einer ihrer typischen vertreter. Er hatte als politiker nicht nur agiert, sondern er reflektierte auch sein tun als exilierter privatier. In dieser doppelfunktion ist er der begründer einer politischen theorie, die in ihrer rezeptionsgeschichte mit einem schlechte leumund konnotiert ist(*1). Sein verdienst sollte in der kontroversen rezeption seiner theorie nicht übersehen werden; denn Machiavelli war es gewesen, der mit seiner methode, den politischen prozess als ein spiel um macht und herrschaft zu beschreiben, die struktur der sozialen beziehungen zwischen den mitgliedern der gesellschaft kenntlich gemacht hat, eine struktur, die von jeder generation in ihrer zeit neu gestaltet werden muss. Wie in der renaissance um macht und pfründe gestritten wurde, das unterscheidet sich signifikant von den formen der moderne, aber in ihrer struktur weisen diese kämpfe keine signifikante differenz aus. Heute wie damals will der eine sein interesse gegen das interesse des anderen durchsetzen, das eine mal mit erfolg, das andere mal erfolglos. Das argument mag zutreffend sein, dass in der renaissance die phänomene der macht im fokus des interesses gestanden hatten, in der moderne sind es vornehmlich die formen korrekter herrschaft(*2), der konstante faktor aber ist immer ein bestimmtes interesse, das der eine gegen den anderen durchzusetzen versucht. Das konkrete interesse kann in der analyse ausgeblendet werden, die struktur dieser kämpfe aber weist in der synthetisierende reflexion keine signifikante differenz aus.
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(*1)   argument: //==>2.51.04.
(*2)
das, was als eine differenz erscheint, das kann als historischer schein beiseite gelegt werden. Die strikte unterscheidung: macht/herrschaft, war in der renaissance nicht geläufig gewesen, auch dann nicht, wenn gelegentlich zwischen guter und schlechter herrschaft unterschieden wurde. Es war allgemein anerkannt, dass der fürst(+1), über die macht faktisch verfügend, auch als der legitime herrscher akzeptiert wurde(+2). Für den menschen in der renaissance war die theoretische figur nicht denkbar, dass der legitime herrscher auch ohne faktische macht regieren könne.
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(+1)  der machthaber in der terminologie von Machiavelli.
(+2)  die militärische potenz des herrschers, legitim oder nicht, war das kennzeichen der macht.     (b/02)<==//
(03)
Ich greife auf den begriff zurück, den T.S.Kuhn in seiner darstellung der geschichte der wissenschaften geprägt hatte(*1). Die details des Kuhn'schen arguments können beiseite gestellt bleiben.
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(*1)  Kuhn,Thomas S.: The Structure of Scientific Revolutions. /bibliographie //==>2.93.93.     (b/03)<==//
(04)
der ausschluss der details ist pragmatisch motiviert. Ich verfasse keinen essay über die renaissance, gleichwohl rekurriere Ich auf bestimmte aspekte der renaissance als teil der Machiavelli- rezeption(*1), um meine sicht der dinge plausibel zu machen.
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(*1) argument: //==>2.51.04.     (b/04)<==//
(b)<==//
(c)
der gedanke wird wieder aufgenommen und fortgeführt, wenn die zweck/mittel-relation im horizont der freund/feind-unterscheidung Carl Schmitt's zu analysieren und zu reflektieren ist(01). Auf die differenz sei schon hier hingewiesen. Die Carl Schmitt'sche formel: freund/feind ist nach meinem dafürhalten bei Machiavelli nicht dominierend, auch dann nicht, wenn ihm die terminologie: hier freund - da feind, geläufig gewesen sein dürfte.
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(01)  argument: //==>2.62.06/(b/02).     (c)<==//
(d)
es ist falsch, den kategorischen ausschluss der moral aus dem kanon der konstitutiven elemente des begriffs: der funktionale politikbegriff, dahingehend zu interpretieren, dass die moral im politischen prozess kein element sein solle(01). Dieser einschätzung des politischen prozesses steht die erfahrung entgegen. Die moral wird, was immer ihre konkreten formen auch sein mögen, immer als argument gebraucht werden, um ein bestimmtes element des begriffs: der funktionale politikbegriff, zu rechtfertigen. Die moral ist ein aspekt der gesellschaftlichen realität, auf die der begriff: der funktionale politikbegriff, appliziert wird und folglich ist die gesellschaftliche realität, in welcher form sie sich auch zeigen mag(02), immer auch ein moment des begriffs. Der begriff: der funktionale politikbegriff, weist als schema mithin vier elemente aus, die in zwei direkten beziehungen über kreuz und in vier indirekten beziehungen parallel verknüpft sind(02). Das schema sollte nicht mit trialektischen modus verwechselt werden.
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(01)  argument: //==>2.51.04.
(02)  argument: //==>2.24.82.     (d)<==//
(e)
im schema des begriffs: der funktionale politikbegriff, ist jedes element durch das moment: das individuum als ich, ersetzbar. Damit ist jede denkbare konstellation der elemente im schema auch im trialektischen modus rekonstruierbar. Es ist aber die einschränkung zu beachten, dass von den vier konstitutiven elemente des schema: der funktionale politikbegriff, jeweils ein element herausfällt und von den jeweils verbleibenden drei elementen jedes element durch das element: individuum als ich, ersetzt werden kann. Das resultat dieser rekonstruktion ist immer eine komplexe anordnung der vier konstitutiven elemente des funktionalen politikbegriffs(01).
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(01) argument: //==>2.24.83.     (e)<==//
(f)
die fokussierung des begriffs: der funktionale politikbegriff, auf die person ist der grund, warum der funktionale politikbegriff universal verwendbar ist. Mit diesem begriff kann jedes phänomen erfasst werden, das der sphäre des politischen zugeordnet wird, aber es wäre ein irrtum anzunehmen, dass mit diesem begriff auch die dinge der welt geklärt seien. Der funktionale politikbegriff ist ein instrument der erkenntnis, aber mit diesem begriff kann nicht entschieden werden, was der sinn der gesellschaftlichen prozesse ist, die mit dem terminus: politisch, kenntlich gemacht werden. Diese entscheidung ist allein im individuum als ich verortet, das sowohl subjekt des politischen prozesses ist als auch das objekt.      (f)<==//
(2.51.02/(g))<==//
2.51.04
das vorurteil steht. Der name: Machiavelli, ist übel beleumundet - wer als "machiavellist" gescholten wird, der gilt als machtmensch ohne moral. Das eine ist, wer sich als machtpolitiker ohne moral gebärdet, das andere ist, wie das werk Niccoló Machiavelli's interpretiert wird, fixiert in den dokumenten der historia, und wieder etwas anderes ist es, ob die person: Niccoló Machiavelli, den clichés(a) genügt, die ihm unterschoben werden(b). Die phänomene der macht hatte Machiavelli nicht erfunden, gleichwohl er diese phänomene beschrieben hatte, um sich klarheit über das zu verschaffen, was in seiner zeit geschah(c), ein geschehen, das heute sich auch ereignet und das mit dem terminus: politischer prozess, gekennzeichnet wird(d). Die strikte unterscheidung zwischen den begriffen: macht und herrschaft, von Machiavelli unterlassen, ist in meiner perspektive auf die phänomene der macht das momentum, das die zeit von heute von der zeit von damals trennt. Diese unterlassung ist der grund, dass Machiavelli die differenz nicht erkannte, die gesetzt ist zwischen der struktur der macht, die ein faktum in der sozialen beziehung zwischen dem individuum als ich: A, und seinem genossen: B, ist, und der struktur der herrschaft, die von dem individuum als ich: A, und seinem genossen: B, im konsens geschaffen werden muss. Das problem der unterscheidung der begriffe: macht und herrschaft, hatte Machiavelli auf den gegensatz: macht und moral, eingegrenzt und in den personen: Cesare Borgia(1475- 1507) und Girolamo Savonarola(1452-1498), einerseits beschrieben - auf der einen seite steht Cesare Borgia, der machtmensch ohne moral, auf der anderen seite ist es Girolamo Savonarola, der moralist ohne macht(e) - beide scheitern. Andererseits kann Machiavelli dieses scheitern nicht mit einer theorie transzendieren, in der die anforderungen der moral und die verfügbaren mittel zur machtausübung so miteinander verknüpft sind, dass das moment der machtmittel und das moment der maximen moralischen handelns als quellgrund des jeweils anderen aufleuchten. Die ungeklärte ambivalenz der beiden momente markiert eine lücke, die von den theoretischen reflexionen gefüllt wird, die unter dem terminus: machiavellismus, geläufig sind(f).
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(a)
die clichés sind zweigeteilt, einerseits die unbedingte zustimmung, andererseits die unbedingte ablehnung der aussagen Machiavelli's über die phänomene der politik. Das eine argument saugt die kraft jeweils aus dem anderen, und die gründe für das eine oder das andere entscheiden diesen streit nicht(01), ein streit, in dem das plausibelste urteil die einschätzung Carlo Schmid's ist, dass "Machiavelli selber kein 'Machiavellist'" gewesen sei(02); denn die beschreibung von fakten und die anerkennung bestimmter sätze als maximen des handelns sind strikt auseinander zu halten(03). Der diskurs über die phänomene der macht, respektive der herrschaft, jeweils der ratio verpflichtet, kann nur dann geführt werden, wenn die feststellung dessen, was ist, als erster schritt akzeptiert wird, dem die schritte: die bewertung der fakten und ihre übernahme als maximen des eigenen handelns, folgen, handlungen, die eine neue entscheidung des individuums als ich und seines genossen erfordern. Soweit mir das werk Machiavelli's en detail bekannt ist, habe Ich kein indiz verfügbar, das die einschätzung stützen könnte, Niccoló Machiavelli habe das gesetz der macht zur maxime seines handelns gemacht(04).
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(01)
die gründe sind im freund/feind-schema verortet und folglich ist das eine argument mit dem jeweils anderen argument nicht widerlegbar, weil alle, die es betrifft, die argumente nicht hören wollen(*1).
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(*1)
dieser gedanke ist zu erörtern, wenn die freund/feind- unterscheidung Carl Schmitt's der gegenstand der analyse und der reflexion ist(+1).
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(+1) argument: //==>2.62.06.
(02)    Schmid,Carlo: Machiavelli. (einleitung). p.19. /bibliographie //==>2.93.88.
(03)    Richter,Ulrich: Erklären - verstehen - rechtfertigen. adm/(05). /bibliographie //==>2.93.76.
(04)
der aspekt der persönlichen verantwortung des amtswalters ist in der reflexion der machtphänomene mit in betracht zu ziehen. Es ist zu erwägen, ob Machiavelli, als beamter der Republik Florenz im namen der Republik die politischen geschäfte besorgend, eine amtshandlung zu verantworten hatte, post festum verortet in dem widerspruch, der konstitutiv ist für die relation, die zwischen dem zweck des verwalteten amtes und den maximen der moral behauptet werden muss, der widerspruch im amt nämlich, der als zynismus seiner amtswalter in den phänomenen der macht wahrgenommen wird. Dieser zynismus, eine resultante zwischen der zwecksetzung des staatsamtes und der notwendigkeit, im namen des staates gewalt anwenden zu müssen, ist dem amtswalter unmittelbar nicht zuordbar, aber der amtswalter ist in seiner pflicht, den zweck des amtes zu realisieren, nicht der schuld ledig, die im möglichen konflikt zwischen den anerkannten maximen der moral und der notwendigkeit des staatszwecks entstehen kann. Die grenzlinie zwischen dem missbrauch der amtsmacht und ihrem satzungskonformen gebrauch, sollte nicht geschliffen werden.        (a)<==//
(b)
die historia der rezeption des Machiavelli'schen werkes, geläufig unter dem terminus: machiavellismus, ist ein eigenständiger gegenstand der reflexion über die phänomene der macht(01). Die benennbaren einteilungen dieser rezeptionsgeschichte sind interpretation der verfügbaren dokumente der historia, interpretationen, jede für sich, die nicht der kritik entzogen sein können(02). Es sollte aber differenziert werden, dass die reflexion der phänomene der macht, heute wie damals, und die wahrnehmungen dieser reflexionen im lauf der epochen zweierlei sind. Der historiker muss eine andere perspektive wählen als der philosoph, der, einem geschichtenerzähler gleich, eine wahrheit erfindet, die der historiker, fixiert auf das dokument der historia, tradiert.
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(01)
die rezeption des Machiavelli'schen werkes hatte schon zu lebzeiten Machiavelli's eingesetzt und dauert bis heute ununterbrochen an(*1). Es sollte genügen, wenn Ich allgemein auf die tradition verweise, die im Historischen Wörterbuch der Philosophie zusammengefasst ist(*2).
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(*1)
meine interpretation Machiavelli's ist ein element in dieser rezeptionsgeschichte, eingebunden in der historia dieser dokumente.
(*2)
Historisches Wörterbuch der Philosophie: Stichwort: Machiavellismus. Bd.5, sp.579-583. /bibliographie //==>2.93.72.
(02)
der einwand ist zutreffend, dass Ich nur weniges aus dem bestand der tradition dezidiert in meiner argumentation über die phänomene der macht, Machiavelli's werk instrumentalisierend, aufgreife(*1). Mein interesse am werk Machiavelli's ist nicht in der philologie gegründet sondern in meinem interesse an den phänomenen der macht, über die Machiavelli geschrieben hatte. Folglich kann die rezeption der meinungen, die in der tradition wirksam gewesen waren, nur fragmentarisch sein; es sind lesefrüchte in den jahren. Die darstellungen von Carlo Schmid, René König und Herfried Münkler(*2) haben mein bild Machiavelli's und das seiner zeit beeinflusst, aber in der reflexion der begriffe: macht und herrschaft, bin Ich den weg gegangen, den Max Weber mir gewiesen hatte(*3).
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(*1)
der blick auf die literaturliste, zusammengestellt von Herfried Münkler in seiner Machiavelli-interpretation, genügt, um erkennen zu können, dass der versuch, diese liste en detail abzuarbeiten, ein unmögliches unterfangen ist. Der erforderliche aufwand an zeit ist so grooss, dass für die analyse der gegenwärtigen machtphänomene und ihre reflexion kein raum mehr offen ist. Es ist also das interesse, das abwägend geklärt sein muss, welche der ziele erreicht werden sollen, die Ich mir mit dem essay über den begriff: das_politische, gesetzt habe. Die darlegung der historia einer rezeptionsgeschichte ist etwas anderes als die fragmentarische nutzung dieser erzählungen, die ein teil der rezeption ist.
(*2)    bibliographie //==>2.93.88 //==>2.93.89 //==>2.93.90.
(*3)    bibliographie //==>2.93.82.        (b)<==//
(c)
er spreche "mit langer erfahrung"(01). Das schreibt Machiavelli in der widmung seines werks: Der Fürst. Die methode seiner darstellung der machtphänomene(02) ist nicht mit den methoden der zeitgenossen und seiner vorfahren gleichsetzbar, die auch über die macht und die herrschaft der fürsten geschrieben hatten(03), ein grund, warum die meinungen Machiavelli's, fixiert in seinen schriften, von anfang an aufmerksam zur kenntnis genommen worden sind, ablehnend oder auch nicht. Über die vorteile der neuen methode, das zu analysieren, was ist, sollte aber die kehrseite nicht übersehen werden, nämlich die erfahrung, dass die empirie nicht alles sein kann; denn wenn im haufen der fakten die verbindende struktur nicht mehr erkennbar ist, dann verlieren auch die fakten ihre funktion, sie erscheinen als unverbindlich und werden beliebig ausgetauscht. Es kann darüber gestritten werden, ob Machiavelli die methodischen probleme seiner neuen darstellungsweise rational reflektiert hat oder nicht(04), entscheidend in der perspektive post festum ist, dass die rezipierende öffentlichkeit den methodenwechsel wahrgenommen hatte und Machiavelli darin nachfolgte. Mit Machiavelli verfahre Ich nicht anders. Ich greife auf, was Machiavelli über die macht, so wie er sie erfahren hatte, überliefert hat, Ich analysiere die formen des machterwerbs, der machtbehauptung und des verlustes von macht, fakten, die Ich als ein wichtiges moment interpretiere, wenn das individuum als ich seine relationen mit dem genossen sowohl im binnen- als auch in aussenverhältnis reflektiert. Das individuum als ich ist, nicht anders sein genosse, mit den phänomenen der macht und der herrschaft konfrontiert, das eine als faktum, dem es sich beugen muss, weil es gebeugt wird, das andere als eine forderung, die das individuum als ich mit dem anderen erst schaffen muss.
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(01)
Machiavelli sagt: "con una lunga esperienzia"(*1)
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(*1) Machiavelli,Niccoló: Il principe, p.5. /bibliographie/ //==>2.93.78.       (c/01)<==//
(02)    argument: //==>2.51.02.       (c/02)<==//
(03)
pars pro toto verweise Ich auf die alten schriftsteller. In der fabel leuchten die phänomene der macht für Homer auf, für Platon ist das wesen der macht in der idee verkörpert. Es ist ein historisches vorurteil, sollte den beiden autoren "erfahrung" abgesprochen werden; denn die differenz zur neuen sichtweise ist allein in der beobachtung gegründet, dass der horizont sehr beschränkt ist, in dem wir modernen die texte der alten interpretieren können. Die modernen sind mit einem anderen phänomen konfrontiert, der flut des materials nämlich, das in den archiven mit fleiss gesammelt wird, eine masse, in der die phänomene der macht verschwinden, den begrenzenden horizont im nebel der fülle einreissend.        (c/03)<==//
(04)
Ich betrachte es als gesichert, dass Machiavelli die besonderheit seiner methode erkannt hatte und er sich sicher gewesen war, dass die neue weise der reflexion über die phänomene der macht auch erkannt wird. Mit der methode: trennung der erfassten gegenstände in analytischer absicht(*1) hatte Machiavelli die souveränität erlangt, mit der er über die schändlichsten taten der protagonisten seiner zeit schreiben konnte, ohne in den verdacht zu geraten, dass er sich gemein gemacht habe mit den maximen der täter, tatsächlich macht habend oder vermeintlich.
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(*1)   //==>INDEX der argumente, stichwort: trennung in analytischer absicht.       (c/04)<==//           (c)<==//
(d)
mit der fixierung der regeln, die den machthaber in der verfolgung seiner ziele leiten sollten, hatte Machiavelli weder "die böse macht" erfunden, noch hatte er sich mit ihr als zynischer propagandist gemein gemacht(01). Machiavelli ist der dokumentator und kommentator der machtpolitik seiner zeit, die epoche der renaissance, in der als allgemeine meinung der grundsatz gegolten hatte, dass derjenige, der faktisch über die machtmittel verfügen kann, auch die befugnis zur herrschaft haben sollte, selbstredend gerecht und gottgefällig. Diese meinung wurde von der geltenden rechtsordnung getragen, die für die zwecke einer standesgesellschaft geschaffen worden war. Kandidaten für die funktion: machthaber, konnten nur die adligen sein, die aus ihrer mitte den fürsten kürten, nach wahlordnungen, die als recht in der tradition üblich waren, mit entscheidungen, die in rangordnungskämpfen der beteiligten adelsfamilien real ausgemittelt werden mussten(02). Der horizont dieser kämpfe sind die fragen, für die Machiavelli berühmt geworden ist, aber für die er auch gescholten wird. Pragmatisch hat Machiavelli sein interesse an den phänomenen der macht darauf fokussiert, wie die bestimmte macht erlangt werden konnte, wie diese macht zu behaupten sei, um dieser macht nicht verlustig zu gehen(03), bedingungen, für die die maxime: erlaubt ist, was den erfolg sichert, gültig war. Den mechanismus dieser regel, das gesetz der macht, hatte Machiavelli durchschaut, wenn er als metapher das rad der fortuna aktivierte, das den erfolg und den misserfolg zu einem ganzen verbindet(04).
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(01)
die einschätzung Machiavelli's als zynischen propagandisten der macht ist der werk seiner nachfolger, die, aus welchen motiven auch immer, ein interesse haben, Machiavelli entweder zu verdammen oder in den himmel zu heben(*1). Ihn zum zyniker der macht zu stempeln, nicht anders, ihn als aufklärer der macht vereinnahmen zu wollen, das ist das produkt derjenigen, die sich darauf verstehen, die ihnen verfügbare macht zynisch zu gebrauchen, sei's als täter, sei's als ideologe, um mit den fixierten regeln, als empirie ausgewiesen, ihr schäbiges handeln zu rechtfertigen - ihnen ist zu diensten, vielfältig in den formen, die rhetorische figur des sündenbocks.
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(*1)
die motive, sowohl der verehrer Machiavelli's als auch die seiner feinde, sind in den interessen aller protagonisten verortet. Diesen motiven nachzuspüren, ist ein moment der rezeptionsgeschichte, das Ich nicht weiterverfolgen will.       (d/01)<==//
(02)
im einzelfall war die strikte ordnung der stände immer löchrig gewesen; es war nicht ungewöhnlich, dass ein emporkömmling in diesen kämpfen mitmischen konnte, zumeist über die karrierelaufbahn als soldat, die chance eingeschlossen, selbst regierender fürst zu werden.        (d/02)<==//
(03)
die wichtigste quelle ist Machiavelli's brief an Vettori, 10.12.1513,(*1),(*2).
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(*1)   Schmid,Carlo: Machiavelli. p.11-14. /bibliographie //==>2.93.88
(*2)   argument: //==>2.51.02/(c).       (d/03)<==//
(04)    argument: //==>2.53.09.        (d/04)<==//            (d)<==//
(e)
das auseinanderfallen von moral und die verfügbarkeit über die mittel zur macht ist der kern der analyse Machiavelli's(01). Das entscheidende moment ist die chance, über die erforderlichen mittel zur macht verfügen zu können, damals war es die verfügung über das militär, heute ist es nicht anders, aber ein moment sollte nicht übersehen werden. Die formen militärischer macht unterliegen zwar den bedingungen der jeweiligen zeit, die konstante aber ist das potential physischer gewalt, mit der der eine, ohne diese gewalt im moment der gelebten gegenwart auch real einsetzen zu müssen, den anderen zwingen kann. Die möglichkeit, gewalt anwenden zu können, ist der horizont, in dem die phänomene der macht, jedes phänomen für sich, beurteilt werden(02), unabhängig davon, ob die gewalt real angewendet wird oder nicht. In dieser konstellation der weltdinge hat jeder, so scheint es, die schlechteren karten, wenn er sich im kampf(03) auf die maximen der moral beruft oder auf diese eingeschränkt wird, er wird der gewalt weichen müssen - das war das schicksal Savonarola's, nicht anders das schicksal Cäsare Borgia's, der, gelöst von den fesseln moralischer maximen, scheinbar unbeschränkt die verfügbaren gewaltmittel einsetzen zu können, die unüberwindbare grenze in einem stärkeren erfahren hatte. Mit gewalt kann macht nicht auf dauer behauptet werden.
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(01)
Machiavelli,Niccoló: Der Fürst. Kapitel: VI und VII. /bibliographie //==>2.93.78.
(02)
klarstellung. Es sollte beachtet werden, dass mit dieser festlegung die gewalt nicht in ein konstitutives merkmal der macht umgedeutet wird. Als begriff ist die gewalt nicht vereinbar mit dem begriff: macht, als phänomene aber sind macht und gewalt nur schwer unterscheidbar, vor allem dann, wenn der legitime amtswalter gewalt übt, d'accord mit dem gesetz(*1).
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(*1)   argument: //==>2.62.04/(a/02).
(03)
der begriff und die phänomene des kampfes werden im kontext der meinungen Carl Schmitt's erörtert(*1).
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(*1) argument: //==>2.62.05.       (e)<==//
(f)
in der rezeptionsgeschichte des machiavellismus sollten die versuche nicht übersehen werden, mit denen das werk Machiavelli's den kategorien der ästhetik unterworfen wird. Strikt ist zu trennen zwischen dem werk Machiavelli's als einem dokument der literatur und der hyposthasierung bestimmter weltdinge, gehändelt unter dem schlagwort: ästhetisierung der macht. Machiavelli's fertigkeiten als schriftsteller sind anders zu beurteilen als die fakten der politischen prozesse, die gegenstände seiner überlieferten schriften sind. Das eine ist gegenstand der literaturkritik(01), das andere ist der gegenstand der politischen theorie(02). Wird diese grenzlinie geschliffen, dann wird das argument beliebig, die sätze Machiavelli's werden jedem interesse dienstbar und jeder kann sich auf Machiavelli berufen, ihn als zeugen für die eigne meinung missbrauchend(03).
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(01)
in der öffentlichen meinung ist weniger geläufig, dass Machiavelli sich auch als literat(*1) betätigt hatte. In der rezension einer seiner bekanntesten novellen in deutscher übersetzung(*2), sind diese sätze zu lesen: "Wo unbezweifelbar moralische Normen fehlen, wird die Ästhetik zu einem wichtigen Faktor der Stablisierung und Selbstregulierung der Macht. Der moderne politische Führer ohne intakte traditionale Bindungen muß sich selbst wie ein Kunstwerk aus dem Nichts erschaffen und inszenieren"(*3). Ich widerspreche nicht der behauptung des autors im 2.satz des zitats, aber diese aussage ist nicht mit dem 1.satz begründbar. Der zusammenhang von moral und ästhetik ist immer das werk des individuums als ich, das eine relation zu den momenten: moral und ethik, setzt, die als dritte relation im trialektischen modus die relation: moral<==|==>ästhetik, impliziert.
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(*1)
der terminus: literat, ist zumeist abwertend konnotiert. Das wäre aber im fall von Machiavelli eine falsche spur; denn in der renaissance gehörte es zum kanon gesellschaftlicher bildung, sich auch als autor von poesie auszuweisen. Machivalli hatte diese texte auch verfasst, nur sind diese texte vom ruhm seines "berüchtigten" Il principe überlagert.
(*2)
Herzinger,Richard: Und Fortuna ist doch stärker. Niccolò Machiavellis Beschreibung der Selbsterschaffung eines idealen Herrschers. Rezension zu: Niccolò Machiavelli: Das Leben Castruccio Castracanis aus Lucca. Aus dem Italienischen und mit einem Essay "Zur Ästhetik der Macht herausgegeben von Dirk Hoeges. München 1998. in: DIE ZEIT, nr.28, 02.07.1998,(+1).
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(+1)   nicht in die bibliographie aufgenommen.
(*3)   a.a.O.       (f/01)<==//
(02)
René König, ausgewiesen als soziologe, überschreitet die grenzen der politischen theorie, wenn er das werk Machiavelli's, form und inhalt vermengend, "als Kunstwerk"(*1) einschätzt. D'accord, Machiavelli hatte sich als typischer vertreter der renaisance verstanden und dem kunstschaffen seiner zeit stand er aktiv nahe. Auch Machiavelli's anstrengungen, einen guten stil zu pflegen, kann der sache nur von vorteil sein, ohne den gegenstand zu einem objekt ästhetischer urteilskraft zu machen(*2). Das argument René König's verliert seine kraft nicht, wenn er das werk Machiavelli's, ohne den rückgriff auf die normen der ästhetik, als analyse einer krisensituation interpretiert(*3).
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(*1) König,René: Machiavelli. p.355. /bibliographie //==>2.93.89.
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(*2) argument: //==>2.51.02/(b/01/*1).
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(*3)
König schreibt: "Ich versuche dem gegenüber von einer Krisenanalyse auszugehen, wobei das Werk Machiavellis als der Versuch zur Krisenüberwindung erscheint"(+1).
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(+1)   a.a.O.: p.354.       (f/02)<==//
(03)
im windschatten der Nietzsche-tradition, berufen sich auch die ideologen des faschismus auf Machiavelli. Die ästhetisierung der macht ist ein konstitutives merkmal der ideologie: faschismus,(*1) und in allen historisch belegten formen der faschismen sind die machthaber bemüht gewesen, die präsentation ihrer macht gemäss ästhetischer normen zu gestalten. Ich belasse es hier bei einer knappen bemerkung, weil die ästhetisierung der macht ein teilproblem ist, das in der analyse, wenn die phänomene der macht voneinander abgegrenzt werden, in analytischer absicht ausgeblendet werden kann(*2).
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(*1)
das spiegelbild des faschismus, der kommunismus, bedient sich auch der äthetisierung der macht, aber der geschichtliche kontext ist prima vista ein anderer, secunda vista ist aber das fundament identisch. Es sind versuche, die ordnung der welt nach einem prinzip zu gestalten, das das ganze sein soll, in seinen phänomenen, ästhetisch überhöht oder nicht, aber nur als teil eines ganzen erscheinen kann.
(*2)   argument: //==>2.63.21.       (f/03)<==//           (f)<==//
(2.51.03/(b/02/*1))<==//
2.51.05
Machiavelli, der empirist(a), kalkuliert realistisch, wenn er den menschen, allgemein gesprochen, dieses zeugnis ausstellt: "Die menschen sind undankbar, wankelmütig, unaufrichtig, heuchlerisch, furchtsam und habgierig; und solange du ihnen Gutes erweist, sind sie dir völlig ergeben: sie bieten dir ihr Blut, ihre Habe, ihr Leben und ihre Kinder, wenn ((...)) die Not fern ist; kommt diese dir aber näher, so begehren sie auf"(b). Mit dieser einschätzung seiner genossen ist der horizont markiert, in dem das zu beurteilen ist, was Machivelli als die regeln der macht formuliert hatte, die, versehen mit dem etikett: machiavellismus, als maximen der macht in der tradition kolportiert werden(c). In der perspektive Machiavelli's ist das streben der menschen nach macht(d) im spannungsfeld der "virtù" und der "fortuna" verortet, eine konfliktsituation, die von der "necessità" begrenzt wird(e). Virtù und fortuna sind in einer wechselwirkung verknüpft, die nach dem prinzip der zweck/mittel-relation funktioniert. Die tugend des fürsten, also seine individuellen fähigkeiten, das charisma eingeschlossen, ist vom glück abhängig, nicht anders das glück, das in den fähigkeiten des fürsten optimiert erscheint. Die dialektik von glück und tauglichkeit, in ihrem prozess nicht abschliessbar, ist begrenzt durch faktoren, die weder der fortuna noch der virtù eindeutig zuordbar sind. Diese bedingungen, die in der "necessità" begrenzte "virtù" und "fortuna", sind momente der erfahrung, die in vielfältigen kombinationen der momente: "virtù, fortuna und necessità" die phänomene der macht spiegeln, regeln der erfahrung, die als begriff der macht gefasst sind. Es ist aber methodisch unzulässig aus diesen kombinationen den schluss abzuleiten, dass die bezeichneten momente konstitutive merkmale des begriffs: macht, sein müssen; denn das, was als soziale beziehung zwischen dem individuum als ich: A, und seinem genossen: B, ein blosses faktum ist, das ist für Machiavelli real präsent in den führern seiner zeit, die um die vorherrschaft, also um macht, streiten. Wenn die soziale beziehung zwischen dem einen führer: A, und seinem unabdingbaren kontrahenten: B, analysiert wird, ein ereignis, für das als akzidentien persönliche fertigkeiten, günstige gelegenheiten und reale zwänge in der umwelt geltend gemacht werden können, dann ist aus den elementen der analyse die bewertung des faktums nicht ableitbar, die als reflexion das analytisch getrennte nach den kategorien: gut/böse, wieder zusammenfügt. Für diese reflexion ist ein weiteres argument erforderlich, nämlich das bestimmte interesse, das das wertende individuum als ich oder sein genosse in ihren reflexionen geltend machen können. Die Machiavelli'sche einschätzung des menschen ist im spektakel der macht und herrschaft kein geringzuschätzendes moment; denn es bestimmt, interessengeleitet, die einschätzung der machtphänomene im horizont der verfolgten ziele und der verfügbaren mittel, aber es kann kein rationales argument sein, die regeln der macht, wirksam in den machtrelationen zwischen dem individuum als ich: A, und seines genossen: B, als moralisch korrekt oder nicht zu qualifizieren. Die regeln der macht unterliegen nicht den regeln der moral, wer aber die regeln der macht nutzt, sei's zum eignen vorteil, sei's zum nachteil des anderen, der muss sich rechtfertigen, und diese gründe sind auffindar in den maximen, die als moral von allen, die es betrifft, anerkannt sind.
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(a)
Machiavelli, sich selbst einschätzend(01), sagt, dass es seiner absicht angemessener sei, "der Wirklichkeit der Dinge nachzugehen als den bloßen Vorstellungen über sie"(02).
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(01)    argument: //==>2.51.02.
(02)
das zitat im kontext: "Da es aber meine Absicht ist, etwas Nützliches für den(*1) zu schreiben, der es versteht, schien es mir angemessener, der Wirklichkeit der Dinge nachzugehen als den bloßen Vorstellungen über sie"(*2).
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(*1)
Machiavelli meint den widmungsträger seiner schrift: "Der Fürst", das ist der regierende fürst von Florenz: Lorenzo de' Medici(1492-1519).
(*2)
Machiavelli,Nicoló: Der Fürst. Kap.XV. p.119./bibliographie //==>2.93.78.       (a)<==//
(b)
das zitat(fassung des italienischen originals) im kontext: "Perché degli uomini si può dire questo generalmente: che sieno ingrati, volubili, simulatori es dissimulatori, fugitori de' pericoli, cupido di guadagno; e mentre | fai loro bene, sono tutti tua, offeronti el sangue, la roba, la vita, e' figliuoli, come di sopra dissi, quando il bisogno è discosto; ma, quando ti si appressa, e' si revoltano"(01).
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(01)
Machiavelli,Nicoló: Il Principe/ Der Fürst. Kap.XVII. p.128|130, (129|131). /bibliographie //==>2.93.78.       (b)<==//
(c)
der terminus: regeln der macht, bedarf einer ergänzenden erläuterung. Die sogenannten regeln der macht sind sätze der erfahrung, die, von den generationen global formuliert, in der praxis bewährt sind, es sind sätze, die sich dann als problematisch erweisen, wenn sie, interpretiert als maximen des handelns, zu einem gesetz umfunktioniert und eingefordert werden. Ich greife eine dieser Machiavelli'schen regeln der macht pars pro toto(01) heraus. Machiavelli sagt: "Es ist nämlich eine allgemeine Regel, die nie fehlgeht, daß ein Fürst, der nicht selbst klug ist, auch nicht gut beraten werden kann"(02). Machiavelli erläutert diese regel pragmatisch und folgert, "daß gute Ratschläge, von wem sie auch kommen mögen, notwendig aus der Klugheit des Fürsten erwachsen, und nicht die Klugheit des Fürsten aus guten Ratschlägen"(02). Diese regel und alle anderen regeln, die Machiavelli als ergebnis seiner beobachtungen formuliert hatte, zielen darauf ab, die beziehungen zwischen den verfolgten zwecken und den zur realisation verfügbaren mitteln festzustellen. Die regeln sind funktionen von zwei parametern, die als gesetze erscheinen, die aber dem begriff des gesetzes nicht genügen können(03). Das, was als gesetz angesehen wird, das sind sätze der allgemeinen erfahrung, in raum und zeit bewährt, sätze, die, tradiert als regeln der macht, weder moralisch sein können noch a-moralisch sind. Wenn das individuum als ich seinen gesetzten zweck erreichen will, der zweck ist als moralisch ausgewiesen oder auch nicht, dann ist für das individuum als ich das ziel, den zweck zu realisieren, nur dann erreichbar, wenn es über die erforderlichen mittel zur erreichung des ziels verfügen kann, diese seien als machtmittel moralisch gerechtfertigt oder auch nicht. Es ist eine nicht erträgliche heuchelei, wenn die bestimmte handlung eines individuums als ich im fall des erfolgs anders beurteilt wird als im fall des misserfolgs; denn die erforderliche differenzierung kann nicht in der bewirkenden handlung verortet sein, gleichwohl diese handlung in einem bestimmten interesse fundiert ist, das moralisch ausgewiesen wird - mal so und mal so.
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(01)
ein katalog dieser regeln, von Machiavelli dezidiert benannt, kann der gegenstandes einer mit fleiss bearbeiteten seminararbeit sein, aber aus der auflistung der fülle von guten ratschlägen, die Machiavelli zusammengetragen hatte, kann die transformation dieser regeln in maximen des moralischen handelns logisch zwingend nicht bewerkstelligt werden. Diese transformation ist nur dann möglich, wenn ein individuum als ich, sich selbst bindend, entscheidet, die bestimmte regel der macht zu einer maxime seines handelns zu machen. Das ist eine entscheidung, die das individuum als ich allein im horizont seiner interessen treffen kann. Das interesse des individuums als ich ist, obgleich immer ein gegenstand in der machtbeziehung des individuums als ich: A, und seines genossen: B, kein konstitutives merkmal des begriffs: macht. Wenn über die regeln der macht moralisch geurteilt wird, dann liegt ein anderer fall vor und es ist unzulässig, die beiden fälle miteinander gleichzusetzen(*1).
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(*1) klarstellung. Eine gleichsetzung der fälle ist dann zulässig, wenn ein weiteres argument in die reflexion der machtphänomene einbezogen wird, aber dieses argument kann kein element des reflektierten phänomens der macht sein.       (c/01)<==//
(02)    Machiavelli,Niccoló: Der Fürst. Kap.XXIII. p.187. /bibliographie //==>2.93.78        (c/02)<==//
(03)
in den diskursen über die phänomene der macht, immer interessengeleitet, wird mit unterscheidbaren begriffen argumentiert, die in dem terminus: gesetz, das vermittelnde moment haben. Die regeln der macht sind aber nicht das gesetz, das den begriff: macht, bestimmt, weil die phänomene der macht nicht mit dem begriff: gesetz, gültig im relationalen argument, voneinander unterschieden werden können. Im kontext des relationalen arguments ist das gesetz die vom individuum als ich gesetzte regel, an die, die regel setzend, das individuum als ich sich autonom gebunden hat. Dieser gesetzesbegriff ist nicht vereinbar mit dem begriff: gesetz, gültig im kontext des ontologischen arguments, der irreführend mit dem terminus: naturgesetz, bezeichnet wird. Wieder etwas anderes ist das gesetz im juristischen sinn, das durch das verfahren legitimiert wird(*1).
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(*1)
seine reflexionen über die phänomene der macht hat Machiavelli im juristischen gesetzesbegriff fundiert. Er meint, dass die machtverhältnisse mit zwei "kampfesweisen" ausgemittelt werden. Über diese kampfesweisen sagt Machiavelli: "die eine mit der Waffe der Gesetze, die andere mit bloßer Gewalt; die erste ist dem Menschen eigen, die zweite den Tieren"(+1). D'accord mit der traditionalen unterscheidung: tier/mensch, markiert Machiavelli die differenz, dass die regeln, die der mensch gesetzt hat, etwas anderes sein müssen als die regeln, die als das gesetz der natur gelten, gesetze, denen das tier als lebewesen ausnahmslos unterworfen ist. Diese unterscheidung lässt zumindest die bewertung jedes gesetzes nach gut oder böse als plausibel erscheinen, wobei die grenzlinie durch die tradition gezogen ist.
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(+1)
das zitat (fassung des italienischen originals) im kontext: "Dovete, adunque, sapere como sono dua generazioni di combattere: l'uno con de leggi, l'atro con la forza: quel primo è propio dello uomo, quel secondo è delle bestie"(§1).
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(§1)   Machiavelli,Niccoló: Il principe/ Der Fürst. Kap.XVIII. p.134,135. /bibliographie //==>2.93.78.       (c/03)<==//            (c)<==//
(d)
die formel: der wille zur macht, findet sich in der textausgabe, die Carlo Schmid besorgt hat(01). Diese ausgabe ist eine thematisch
geordnete zusammenstellung von zitaten aus dem werk Machiavelli's. Ich denke, dass die übersetzung in der historia des sogenannten machiavellismus ein moment ist, das als teil der Nietzsche-rezeption interpretiert werden kann(02). Dieser verweis sollte aber nicht überbewertet werden.
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(01)
zitatfragment nr.45, aus: "Discorsi ..., 3.Teil"(*1).
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(*1) Schmid,Carlo: Machiavelli. p.58 /bibliographie //==>2.93.88.
(02)   argument: //==>2.51.04/(f/03).        (d)<==//
(e)
Ich greife einen gedanken auf, den Carlo Schmid formuliert hatte(01). Diese formulierung, die enge verknüpfung der termini, ist mir in der übersetzung von Philipp Rippel(02) nicht aufgefallen. Zwar gebraucht Machiavelli die termini: virtú und fortuna, in enger verknüpfung, der gedanke aber, den Carlo Schmid mit dem terminus: necessità, bezeichnet, wird von Machiavelli mit dem terminus: è necessario (=es ist notwendig), ausgedrückt(03). Das mag eine stilistische finesse sein, aber Ich interpretiere diese differenz als punktuelle markierung der dialektik, der die phänomene der macht unterliegen, und die Machiavelli mit den termini: virtù und fortuna, bezeichnet hatte(04), eine unentschiedene situation, in der er selbst position bezieht(05).
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(01)
Carlo Schmid schreibt: "Dem Wirken der Virtù und der Fortuna sind aber absolute Grenzen gezogen: die Necessità, die Notwendigkeit, jene starre, statische Macht, die sich wie ein Gebilde aus Stein gegen jede Bewegung der Geschichte durch den Menschen auflehnt und ihm und den in der historischen Situation wirkenden Kräften das Bett vorzeichnet, in dem ihre Energien sich bewegen können, wie die Dämme den Fluten des Stroms"(*1). Ich merke an, dass Ich die Schmid'sche einschätzung der macht als "starr und statisch", also als naturmacht, nicht teile. Die tradition ist noch wirksam, die nicht präzis zwischen natur und kultur, respektive kraft(=natur) und macht(=kultur) in den formen der herrschaft unterscheidet(*2).
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(*1)   Schmid,Carlo: Machiavelli. p.23./bibliographie //==>2.93.88.
(*2)   argumente: //==>2.22.32 und //==>2.62.10.       (e/01)<==//
(02)    cf. Machiavelli,Niccoló: Der Fürst. /bibliographie //==>2.93.78       (e/02)<==//
(03)
cf. Machiavelli,Niccoló: Il Principe/ Der Fürst. Kap.XXV/schluss. p.198, p.199 /bibliographie //==>2.93.78.       (e/03)<==//
(04)
Machiavelli sagt: "Wo den Menschen nur wenig zielgerichtete Kraft((=virtù, anmerkung von Carlo Schmid,ur)) eigen ist, zeigt Fortuna ihre Macht besonders. Da sie aber in stetigem Wechsel lebt, so leben die Republiken, so leben die Träger der Macht in ständigem Wechsel und sie werden immer in diesem Wechsel leben, bis einer aufsteht, der von den Tugenden des Altertums also liebend durchdrungen ist, daß er Fortuna so in die rechte Ordnung reiht, daß sie nicht mehr bei jedem Umschwung der Sonne eine Gelegenheit findet, zu zeigen, wie viel sie vermag"(*1)
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(*1)
zitatfragment nr.86, aus: "Discorsi ..., 2.Teil"(+1).
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(+)   Schmid,Carlo: Machiavelli. p.72. /bibliographie //==>2.93.88.       (e/04)<==//
(05)
Machiavelli vergleicht, d'accord mit der tradition(*1), fortuna(*2) mit einem "weib"(*3), das aus notwendigkeit geschlagen und gestossen werden müsse. Das ist eine konfliktlage, in der Machiavelli für den stürmischen((=piú feroci, originale fassung,ur)) jüngling optiert, der von fortuna, dem weib, geliebt werde(*4).
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(*1)    argument: //==>2.53.04.
(*2)    argument: //==>2.53.09.
(*3)
Machiavelli formuliert es versöhnlicher: "la fortuna è donna"(+1).
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(+1)   Machiavelli,Niccoló: Il Principe/ Der Fürst. Kap.XXV/schluss, p. 198,199 /bibliographie //==>2.93.78.
(*4)
das zitat im kontext: "Doch halte ich es für besser, stürmisch als besonnen zu sein; denn Fortuna ist ein Weib, und es ist notwendig, wenn man sie niederhalten will, sie zu schlagen und zu stoßen. Man sieht auch, daß sie sich von denen, die so verfahren, eher besiegen läßt als von jenen, die mit kühlem Kopf vorangehen; daher ist sie als Weib stets den Jünglingen zugetan, weil diese weniger besonnen und stürmischer sind und mit größerer Kühnheit befehlen"(+1).
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(+1)   a.a.O. p.199.       (e/05)<==//            (e)<==//
(2.51.02/(a/01))<==//
2.51.06
Ich greife selektiv auf das werk Max Weber's zu(a). Die gegenstände meines interesses sind zum einen die definitionen der macht und der herrschaft, von Max Weber als grundbegriffe des soziologie definiert(b), zum anderen seine argumente zu den typen der herrschaft(c). Andere facetten seines werks nutze Ich en passant, die autorität Max Weber's in anspruch nehmend(d). Die thesen Max Weber's haben für mich die funktion von kristallisationskernen, mit denen Ich meine sicht auf die dinge der welt zu klären versuche.
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(a)
der fokus meines interesses ist das problem der macht und/oder der herrschaft, ein komplex von problemen, über die Max Weber im kontext seiner soziologie auch reflektieren musste, wenn er die mechanismen des gesellschaftlichen zusammenlebens der menschen angemessen analysieren und verstehen will. Die analyse des Weber'schen werks, seine systematische analyse und reflektion der macht- und herrschaftsphänomene in der perspektive des soziologen, ist nicht der gegenstand meines interesses. Die perspektive des philologen ist also ausgeblendet und folglich kann Ich die gesamte sekundärliteratur beiseite gestellt sein lassen. Die einschätzungen Max Weber's durch die rezipierende fachwelt ist nicht der gegenstand meiner annäherung an Max Weber(01).
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(01)
etwas anderes ist die kritik Max Weber's als soziologe und philosoph, ein thema, das in einem anderen kontext angemessener diskutiert werden kann.     (a)<==//
(b)
die begriffe: macht und herrschaft, erörtert Max Weber im schluss seiner systematik soziologischer grundbegriffe(01). Mit dieser anordnung der grundbegriffe der soziologie unterstellt Max Weber die begriffe einer sachlogik, die methodisch unzulässig ist, weil die systematische stellung der phänomene: herrschaft und macht, unterschieden mit den begriffen: macht und herrschaft, nicht aus dem listenplatz dieser begriffe abgeleitet werden kann. Die begriffe: macht und herrschaft, haben nicht die funktion, die schlussteine einer theorie zu sein, die den bogen der argumente als das ganze tragen, gleichwohl müssen die phänomene der herrschaft und der macht als wichtige aspekte der sozialen ordnung kalkuliert werden, aspekte, die in jeder realen gesellschaft wirksam sind. Die behauptete meinung ist falsch, dass mit einer theorie der sozialen ordnung das geheimnis der gesellschaft auf den begriff gebracht werde, das geheimnis nämlich, das in den phänomenen der macht und der herrschaft als gegenstände der analyse und der reflexion real gegenwärtig ist. Macht und herrschaft sind phänomene der gesellschaftlichen ordnung, aber es können nur teile in einem ganzen sein, die nicht das ganze sind. Die funktion dieser teile im ganzen kann mit den Weber'schen definitionen rational bestimmt werden.
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(01)
die liste der grundbegriffe ist der gegenstand im 1.kapitel seiner soziologischen kategorienlehre. Im charakter der darstellung ist das kapitel die summe seiner soziologischen forschungen(*1).
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(*1)
Weber,Max: Wirtschaft und Gesellschaft. Soziologische Kategorienlehre. p.1-30./bibliographie //==>2.93.82
Zusatz.
Es sollte nicht übersehen werden, dass Max Weber auch in der perspektive der methodenkritik das problem der soziologischen grundbegriffe erörtert hatte(+1). Obgleich dieser aspekt nicht der gegenstand meiner reflexionen über den begriff: das_politische, ist, werde Ich gleichwohl gelegentlich darauf zurückkommen müssen(+2).
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(+1)  Weber,Max: Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre. /bibliographie //==>2.93.82.
(+2)  argument: //==>2.51.07.    (b)<==//
(c)
für den terminus: typen der herrschaft, hat Max Weber auch den terminus: legitime herrschaft, gebraucht(01). Traditional wird die legitimität der herrschaft(02) als ein juristisches problem erörtert(03). Max Weber hat mit seinen forschungen gezeigt, dass das fundament des gesellschaftlichen zusammenlebens der menschen ihre sozialen beziehungen sind. Auf diesem fundament sind die juristischen formeln der legitimität gegründet. Das konstitutive merkmal des juristischen legitimitätsbegriffs ist die legalität der gesetzten norm, die in einem vorherbestimmten verfahren der normsetzung geschaffen worden ist. Max Weber erweitert den blick und verweist analysierend und reflektierend auf andere quellen der legitimität gesellschaftlichen handels, das sind vor allem die konventionen der tradition und die glaubenssätze der religionsgemeinschaften(04). Ich greife die Weber'sche erweiterung des begriffs: legitimität, einerseits auf und schränke andererseits den Weber'schen legitimitätsbegriff ein, wenn Ich die legitimität einer sozialen beziehung zwischen dem individuum als ich: A, und seinem genossen: B, im prinzip der anerkennung des anderen als der_andere fundiere, die anerkennung, die das individuum als ich und sein genosse, jeder für sich, autonom leisten. Wenn über die phänomene der herrschaft und der macht in den diskursen gestritten wird, dann kann die legitimität der handlungen, die das individuum als ich und sein genosse zu verantworten haben(05), nur mit dem begriff: herrschaft, begründet werden, der begriff: macht, scheidet aus. Die unterscheidung der streitig gefallenen phänomene kann mit den Weber'schen definitionen der macht und der herrschaft rational begründet werden.
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(01)    argument: //==>2.52.08.
(02)
in den diskursen über die phänomene der herrschaft und der macht wird immer wieder von einer legitimität der macht geschwafelt. Die gründe dieser falschen redeweisen sind das unwissen über die begriffe: macht und herrschaft, und der vorsatz, die faktische machtausübung als herrschaft erscheinen zu lassen. Das unwissen kann geklärt werden, der vorsatz, real in den verfolgten interessen, ist das problem.
(03)   argument: //==>2.32.16.
(04)
Weber,Max: Wirtschaft und Gesellschaft. Soziologische Kategorienlehre. 3.kapitel. p.122-176. /bibliographie //==>2.93.82.
Zusatz.
Wesentliche anregungen habe Ich auch der abhandlung von Johannes Winckelmann über Max Weber's legitimitätsbegriff entlehnt(*1).
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(*1)   Winckelmann,Johannes: Legitimität und Legalität in Max Webers Herrschaftssoziologie. /bibliographie //==>2.93.83.
(05)
die macht als faktum kann vom individuum als ich nicht verantwortet werden und das verfügen über die macht, also die herrschaft über die mittel der machtausübung, ist immer ein moment der herrschaft, die das individuum verantworten muss, ohne dieser verantwortung sich entziehen zu können.    (c)<==//
(d)
das ist der fall, wenn Ich auf Max Weber's bekannteste schrift zurückgreife(01). Das werk Max Weber's weist viele facetten auf, die auch mein interesse gefunden haben, denen im kontext meiner reflexionen über den begriff: das_politische, aber nur die funktion von randthemen zukommen kann(02).
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(01)    Weber,Max: Politik als Beruf./bibliographie //==>2.93.82.

(02)

das gilt insbesondere für die religionssoziologie Max Weber's. In jeder praktizierten religion stehen die phänomene der macht und der herrschaft im fokus des interesses. Für die begriffe: macht und herrschaft, kann den phänomenen der herrschaft und macht, real im horizont der religionsausübung, für die analyse und reflexion der begriffe nicht mehr entnommen werden als den einschlägigen phänomenen im horizont des politischen.     (d)<==//
(text/1.1.22b)<==//
2.51.07
die Weber'schen idealtypen(a) sind klassifikatorische begriffe(b). Sie haben die funktion, die gegenstände der soziologie rational nach begriffen zu ordnen, begriffe, die die vielfalt der phänomene auf wenige "generelle Regeln des Geschehens"(c) reduzieren. Methodisch ist das verfahren unbestritten, aber problematisch ist der kontext, in dem Max Weber seine abstraktionen situiert. In seinem schema der begriffsbildung ist das subjekt ausgeschlossen, das ein konstitutives moment der begriffsbildung ist(d). Max Weber kann dafür gute gründe geltend machen, die auf der argumentebene der analyse zwingend sind, die aber auf der argumentebene der synthese des analytisch getrennten nicht genügen können(e).
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(a)
zusammenfassend das stichwort im Historischen Wörterbuch der Philosophie(01), und Max Weber's darlegung in seiner soziologischen kategorienlehre(02).
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(01)
Historisches Wörterbuch der Philosophie. Stichwort: Idealtypus Bd.4, sp.47-48./bibliographie //==>2.93.72.
(02)
Max Weber: Soziologische Kategorienlehre. §1,11. In: ders.: Wirtschaft und Gesellschaft. p.9-11./bibliographie //==>2.93.82.     (a)<==//
(b)
die Weber'schen idealtypen können keine relationsbegriffe sein. Seine definitionen der macht und herrschaft(01) sind formal klassenbegriffe, aber Max Weber verweist auf ein moment(02), dass die beiden begriffe so eng miteinander verknüpft, dass sie in der funktion von relationsbegriffen instrumentalisiert werden können.
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(01)   argument: //==>2.52.06.
(02)   argument: //==>2.52.07/(a/01/*2).     (b)<==//
(c)
das zitat im kontext. In wenigen sätzen hat Max Weber die struktur der soziologischen begriffe in der funktion, idealtypus zu sein, zusammengefasst(01). Max Weber sagt: "11. Die Soziologie bildet ((...))(02) Typen-Begriffe und sucht generelle Regeln des Geschehens.
((..||..)) Damit mit diesen Worten etwas eindeutiges gemeint sei, muß die Soziologie ihrerseits 'reine'('Ideal'-)Typen von Gebilden jener Art entwerfen, welche je in sich die konsequente Einheit möglichst vollständiger Sinnadäquanz zeigen, eben deshalb aber in dieser absolut idealen reinen Form vielleicht ebensowenig je in der Realität auftreten wie eine physikalische Reaktion, die unter Voraussetzung eines absolut leeren Raumes errechnet ist. Nur vom reinen ('Ideal'-)Typus her ist soziologische Kasuistik möglich. Daß die Soziologie außerdem nach Gelegenheit auch den Durchschnitts-Typus von der Art der empirisch- statistischen Typen verwendet: - ein Gebilde, welches der methodischen Erläuterung nicht besonders bedarf, versteht sich von selbst. Aber wenn sie von 'typischen' Fällen spricht, meint sie im Zweifel den Idealtypus, der seinerseits rational oder irrational sein kann, zumeist (in der nationalökonomischen Theorie z.B. immer) rational ist, stets aber sinnadäquat konstruiert wird"(03).
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(01)
die abgrenzung zum "Durchschnitts-Typus" kann ausser betracht bleiben, gleichwohl diese durchschnittsbegriffe das tägliche brot der soziologen sind.
(02)    auslassung, die sperrung einzelner worte gestrichen.
(03)    Weber,Max: Soziologische Kategorienlehre. §1,11. In: ders.: Wirtschaft und Gesellschaft. p.9-10./bibliographie //==>2.93.82.     (c)<==//
(d)
die ausschliessung der subjektität im wissenschaftlichen denken wetterleuchtet in den diskussionen um die "Wertfreiheit" in den wissenschaften(01). In der perspektive der analyse dessen, was zur debatte steht, kann es sinnvoll sein, vom subjekt abzusehen, das ist aber ausgeschlossen, wenn es darum geht, die resultate der analyse in einer synthese wieder zu verknüpfen. Im horizont des relationalen arguments ist das individuum als ich das zentrum, von dem aus die welt gesehen und beurteilt werden kann. Insofern ist jede aussage über die welt, als ganzes wie in den teilen, subjektiv, oder, wie es auch formuliert werden kann, wertbesetzt. Das problem ist nicht die subjektivtät der weltsicht, das problem ist, wie die verschiedenen ansichten der welt so miteinander verknüpft werden können, dass sie rational nachvollziehbar sind. Die Weber'schen idealtypen können ein instrument sein, diese rationalität zu vermitteln, und in diesem kontext greife Ich auf diese auch zurück.
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(01)
ein anderes schlagwort in diesen debatten ist der terminus: objektivität. Ich verweise allgemein auf Weber's gesammelte aufsätze zur wissenschaftslehre(*1).
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(*1)   Weber,Max: Gesammelte Aufsätze. /bibliographie //==>2.93.82.     (d)<==//
(e)
es ist trügerisch, das subjekt, traditional formuliert, in der erkenntnis der weltdinge aus der erkenntnis dieser ausschliessen zu wollen. Das, was methodisch in der analyse gefordert ist, nämlich das erklärte ausschliessen bestimmter aspekte des gegenstands(01), das ist in der synthese methodisch unzulässig, weil das erkennende subjekt, das individuum als ich, nicht von sich selbst absehen kann. Zwar haben die Weber'schen idealtypen in der analyse der probleme eine nützliche funktion, in der synthese aber können die argumente des analytisch getrennten zu verknüpfungen führen, die falsch sind. Mit dem instrumentarium der reinen typen von herrschaft und macht ist es praktisch nicht möglich, die phänomene der macht und/oder herrschaft als reine herrschaft oder als reine macht auszuweisen, immer wieder muss das urteilende subjekt hilfserwägungen einfügen, die nicht der rationalität der gewählten klassifikationen folgt.
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(01)
die kontroversen um die wertfreiheit in den wissenschaften sind ein aspekt, der die methoden der erkenntnisgewinnung zum objekt hat, ein feld von problemen, die nicht vernachlässigt werden sollten, aber im kontext meines essays sind das probleme am rand, die nicht weiter verfolgt werden.      (e)<==//
(2.51.06/(b/01/*1/+2))<==//
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fortsetzung:
subtext: 2.52.01 bis 2.52.05

<==// (anfang/bibliograpische angaben)

stand: 16.04.01.

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